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  • · Fachbeitrag · PKH-/VKH-Checkliste

    Besondere Belastungen können abgezogen werden

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Im PKH-Verfahren sind zugunsten des Antragstellers Beträge absetzbar, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist. Der Begriff „besondere Belastungen“ erfasst alles, was durch den Regelsatz nicht gedeckt ist, d. h. was über die Kosten der allgemeinen Lebensführung hinausgeht. |

     

    Übersicht / Abzugsfähige besondere Belastungen bei PKH/VKH

    Art
    Abzugsfähigkeit

    ADAC-Mitgliedsbeitrag

    Nein (LAG Rheinland-Pfalz 22.6.10, 7 Ta 80/10; LAG Rheinland-Pfalz 31.5.11, 10 Ta 101/11; OLG Stuttgart 4.1.12, 17 WF 250/11; OLG Bamberg 2.4.01, 3 U 194/99).

    Alleinerziehungspauschale

    Ja. Abzugsfähig nach Maßgabe der § 30 Abs. 3 SGB XII, § 21 Abs. 3 SGB II.

     

    Merke | Der Mehrbedarf entfällt beim Zusammenleben mit einer weiteren erwachsenen Person, die in erheblichem Umfang Erziehungsaufgaben wahrnimmt (OLG Bamberg FamRZ 21, 614; OLG Brandenburg FamRZ 15, 946).

     

    Nein bis zum 1.1.14: kein pauschaler Abzug des Mehrbedarfs (BGH FamRZ 10, 1424). Seither gilt ein neuer § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO!

    Anwaltshonorar aus früheren Prozessen (mit Ausnahme Strafsachen, siehe Geldstrafe)

    Ja (OLG Köln FamRZ 93, 579).

    Arzneimittel

    Siehe Mehrkosten aus Krankheitsgründen

    Aufwendungen Pflegebedürftiger

    Ja, soweit nicht durch die Pflegeversicherung abgedeckt.

     

    Merke | Soweit der PKH-Antragsteller zusätzlich zum Freibetrag nach § 66a SGB XII (oder an dessen Stelle, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind) einen aus der Pflegebedürftigkeit abgeleiteten weiteren Freibetrag geltend machen will, bedarf es weiterer besonderer Umstände des Einzelfalls zur Begründung der besonderen Notlage. Die Pflegebedürftigkeit für sich genommen genügt nicht (BSG 9.6.20, B 1 KR 13/19 BH).

    Bausparbeiträge

    Ja, soweit der Bausparvertrag zur Absicherung eines Darlehens für den Erwerb oder die Instandsetzung eines Familienheims oder einer Eigentumswohnung dient (LSG Thüringen 16.9.04, L 6 SF 280/04).

     

    Nein, soweit der Vertrag nur der Vermögensbildung dient.

    Darlehen (Pkw)

    Ja, soweit dieser beruflich benötigt wird und die Anschaffungskosten angemessen sind (BGH FamFR 12, 476; BGH FamFR 12, 395; OLG Saarbrücken 29.7.14, 6 WF 131/14, n. v.; OLG Stuttgart 30.6.05, 8 WF 55/05).

     

    Merke | Es ist grds. darauf abzustellen, ob es sich um notwendige Anschaffungen für den persönlichen oder zumindest auch für den beruflichen Bedarf handelt, die entweder nicht aufschiebbar oder aus anderen Gründen gegenüber der Erstattung der Prozesskosten vorrangig sind (LAG Hamm 31.5.11, 14 Ta 98/10; 6.3.12, 14 Ta 48/12; LAG Hamm AA 18, 157).

    Darlehen (Sonstiges)

    Ja, wenn diese vor Prozessbeginn oder in Unkenntnis des bevorstehenden Verfahrens aufgenommen wurden (OLG Hamm 1.6.87, 11 W 55/87; OLG Köln 8.2.94, 25 WF 10/94).

    Die Tilgungsraten sind nur in angemessener Höhe berücksichtigungsfähig (BGH 15.11.89, IVb ZR 70/89). Die Schulden müssen bedient werden können (OLG Zweibrücken 9.8.00, 5 WF 68/00; LAG Rheinland-Pfalz 17.3.04, 2 Ta 60/04).

     

    Nein bei Verpflichtungen, die mutwillig eingegangen wurden, um die Bedürftigkeit herbeizuführen (BGH MDR 84, 383; OLG Stuttgart 30.6.05, 8 WF 55/05; OLG Koblenz MDR 92, 80; OLG Zweibrücken 3.8.98, 5 WF 85/98).

     

    Merke | Bei unabweisbar lebensnotwendigen Anschaffungen, wie Waschmaschine, werden wiederum Ausnahmen gemacht: OLG Zweibrücken FamRZ 04, 1501; OLG Koblenz FamRZ 07, 645; OLG Brandenburg FamRZ 08, 158; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl., § 115 Rn. 44).

    Dispositionskredit

    Ja, wenn die zugrunde liegende Kreditaufnahme vor Prozessbeginn erfolgt oder die Darlehensschulden zur Finanzierung lebenswichtiger Anschaffungen gedient haben und die Höhe der Zins- und Tilgungsraten angemessen ist (LAG Köln 26.11.10, 1 Ta 270/10).

    Essensgeld (in Kindertagesstätte, Schule)

    Ja, unter Berücksichtigung eines Eigenanteils i. H. v. 1 EUR je Essen (LAG Baden-Württemberg AA 19, 36).

     

    Nein, da bereits vom Kinderfreibetrag umfasst (OLG Koblenz FamRZ 15, 1314; LAG Berlin-Brandenburg NZA-RR 15, 44; OLG Dresden FuR 20, 488).

    Familienereignisse

    Ja, soweit angemessen, z. B. zur Geburt (§ 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB II), zu Todesfällen (LAG Rheinland-Pfalz 30.12.08, 6 Ta 213/08).

    Geldstrafen, Geldbußen und damit verbundene Anwaltskosten, Bewährungsauflagen

    Nein (BGH RVG prof. 11, 56).

    GEZ, Kabelanschluss

    Nein (OLG Celle MDR 18, 1468; OVG Lüneburg FA 19, 131; OLG Stuttgart 4.1.12, 17 WF 250/11; LAG Rheinland-Pfalz 22.6.10, 7 Ta 80/10).

    Hundesteuer

    Nein (LAG Köln 14.7.10, 1 Ta 161/10; OLG Brandenburg NJW 09, 2069).

    Kindertagesstätte,

    Kinderbetreuung

    Ja, sofern ein Betreuungsanspruch oder eine Förderungsfähigkeit nach § 24 SGB VIII besteht und die Kosten angemessen sind (LAG Baden-Württemberg AA 13, 144; LAG Baden-Württemberg AA 19, 36; OLG Celle FamRZ 18, 1592).

    Klassenfahrt,

    Schulausflüge

    Ja (in Anlehnung an § 34 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB XII).

    Kontoführungsgebühren

    Nein (LAG Köln 28.3.18, 9 Ta 13/18; OLG Brandenburg 13.11.07, 9 WF 301/07; OLG Stuttgart 4.1.12, 17 WF 250/11).

    Mehrkosten aus Behinderung

    Ja. Zusätzliche Einkünfte (Blindengeld, Schwerbehindertenzulage etc.) sind sogleich ohne konkreten Nachweis als besondere Belastung abzuziehen (§ 1610a BGB; BGH FamRZ 10, 1424).

    Mehrkosten aus Krankheitsgründen, Medikamentenzuzahlung

    Ja, in angemessener Höhe, soweit sie hinreichend nachgewiesen werden (§ 30 Abs. 5 SGB XII; LAG Hamm NZA-RR 14, 580; bei kieferorthopädischer Behandlung: OLG Düsseldorf FamRZ 81, 76).

    Mieterschutzbund

    Nein (OLG Köln FamRZ 93, 579).

    Musikschule

    Ja, i. H. v. 10 EUR monatlich in Anlehnung an § 34 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 SGB XII, im Einzelfall auch höhere Beträge (§ 34 Abs. 7 S. 2 SGB XII; OLG Karlsruhe 7.2.01, 16 WF 217/00; offengelassen: OLG Dresden OLGR 02, 551).

     

    Nein (OLG Bamberg JurBüro 88, 95).

    Nachhilfeunterricht

    Ja, in Anlehnung an § 34 Abs. 5 SGB XII, soweit Kosten angemessen sind (OLG Düsseldorf 29.8.80, 3 WF 191/80).

     

    Nein, wenn Kosten Einkommen des Kindes einschließlich Kindergeld übersteigen, weil sie aus dem Einkommen des Kindes finanziert werden können (LAG Berlin-Brandenburg NZFam 15, 82).

    PKH-Raten aus anderen Verfahren

    Ja (OLG Saarbrücken JurBüro 13, 208; OLG Stuttgart FamRZ 09, 1163).

    Schulbedarf

    Ja, in Anlehnung an § 34 Abs. 3 SGB XII i. H.  v. 70 EUR für das erste und 30 EUR für das zweite Schulhalbjahr.

    Sozialrechtliche Bedarfsgemeinschaft

    Ja: Soweit bei der Gewährung von SGB-II-Leistungen Einkünfte des Lebensgefährten im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft herangezogen wurden, ist das einzusetzende Einkommen bis zur Höhe der sich aus § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. a) und b) ZPO ergebenden Freibeträge nach § 115 Abs. 1 Nr. 5 ZPO um diesen Betrag zu vermindern (LAG Berlin-Brandenburg JurBüro 14, 594; OLG Frankfurt FamRZ 15, 1918; OLG Karlsruhe FamRZ 16, 1478).

     

    Nein (OLG Koblenz FamRZ 15, 1312).

    Strom

    Nein, soweit nicht für Heizung benötigt (BGH FamRB 08, 141; LSG Sachsen-Anhalt ZInsO 21, 626; LAG Hamm FA 19, 320).

    Telefon, Handy

    Nein, da vom Freibetrag gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 Buchst. a) ZPO erfasst (LAG Hamm AA 18, 157; LAG Hamm FA 19, 320; OLG Nürnberg FamRZ 09, 1423).

    Umgangsbesuche des nicht sorgeberechtigten Elternteils

    Ja, als sozialhilferechtlicher Mehrbedarf (0,28 EUR/km unter Berücksichtigung der Einsparmöglichkeiten durch Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel; OLG Zweibrücken FamRB 16, 307).

    Umzugskosten

    Ja, soweit beruflich veranlasst (aber steuerrechtliche Entlastung ist dabei zu berücksichtigen!) oder soweit im Einzelfall notwendig (OLG Braunschweig FuR 2017, 513; LAG Hamm 30.4.12, 4 Ta 662/11).

     

    Nein (OLG Stuttgart FamRZ 10, 311; OLG Bamberg FamRZ 08, 156).

    Unterhaltsleistungen

    Stiefkinder, Lebensgefährte

    Ja, soweit sie einer sittlichen Pflicht entsprechen (OLG Stuttgart FamRZ 05, 1182; OLG Karlsruhe 7.11.07, 16 WF 164/07; OLG Köln 8.12.11, 4 WF 192/11; OLG Hamburg FamRZ 16, 1952).

     

    Nein (BGH VE 18, 131 zu Pfändungsfreibetrag und Bedarfsgemeinschaft).

    Vereinsbeiträge

    Ja, i. H. v. 10 EUR monatlich in Anlehnung an § 34 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 SGB XII; im Einzelfall auch höhere Beträge (§ 34 Abs. 7 S. 2 SGB XII).

    Zuzahlung Arzneimittel, Arztkosten

    Siehe Mehrkosten aus Krankheitsgründen

     

    Beachten Sie | PKH und VKH sind spezialgesetzlich geregelte Einrichtungen der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege, sodass bei der Prüfung der Angemessenheit auch sozialhilferechtliche Bestimmungen herangezogen werden können (BGH FK 12, 169). Belastungen werden dabei jeweils nur berücksichtigt, soweit diese belegt sind (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 ZPO).