· Fachbeitrag · Ehegattenarbeitsverhältnis
Familien- oder arbeitsrechtliche Grundlage?
von RAin Andrea Worch, Bonn
| Auf welcher Basis erfolgt die Mitarbeit von Familienmitgliedern in einem Familienbetrieb? Die Autorin grenzt rein familiäre Mitarbeit von solcher ab, die aufgrund eines Arbeitsvertrags erfolgt. |
Ob es sich bei der Arbeit eines Familienangehörigen um eine auf familienrechtlicher Grundlage erfolgende Mitarbeit oder um Tätigkeiten auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses handelt, ist durch wertende Betrachtung zu ermitteln. Anzeichen, die für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses sprechen, sind unter anderem (LAG Schleswig-Holstein NZA-RR 07, 9):
- Eingliederung in den Betrieb,
- Vorliegen eines Über-/Unterordnungsverhältnisses,
- Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen,
- Deklarierung von Zahlungsbeträgen als Vergütung und
- Vergleichbarkeit mit fremden Arbeitskräften.
Führt die Gesamtschau zu der Einschätzung, es handele sich lediglich um eine Mitarbeit auf familienrechtlicher Grundlage, scheiden arbeitsrechtliche Ansprüche aus. Besteht hingegen ein offensichtliches Ehegattenarbeitsverhältnis, steht dies der Annahme eines stillschweigend zustande gekommenen familienrechtlichen Vertrags sui generis ebenso entgegen wie der Annahme eines stillschweigend eingegangenen Gesellschaftsverhältnisses (BGH FamRZ 90, 1219; NJW 95, 3383).
Ergibt die wertende Betrachtung, dass die Mitarbeit eines Ehegatten im Betrieb des anderen nur familienrechtlich zu beurteilen ist, stellt sich die Frage, ob und wie diese Mitarbeit zu vergüten ist. Nach einer Scheidung kann sich ein Ausgleichsanspruch für die eheliche Mitarbeit aus einem ausdrücklich oder stillschweigend geschlossenen Gesellschaftsvertrag ergeben.
An die sogenannte Ehegatteninnengesellschaft, die sich nach §§ 705 ff. BGB richtet, ist immer zu denken, wenn arbeitsrechtliche Vergütungsansprüche ausscheiden und die Mitarbeit des Ehegatten über dessen gesetzliche Verpflichtungen hinausgeht. Ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsanspruch kann neben einem Anspruch auf Zugewinnausgleich bestehen, da keine Subsidiarität gegeben ist (BGH NJW 06, 1268). Für die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft kommt es maßgeblich darauf an, welche Zielvorstellungen die Ehegatten mit der Vermögensbildung verfolgen. Sie müssen mit der Tätigkeit einen über die bloße Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck erreichen wollen. Die Gesellschafter werden die Vorstellung haben, das gemeinsam geschaffene Vermögen solle nicht nur dem formal Berechtigten, sondern auch dem anderen Ehegatten zustehen (BGH NJW 99, 2962).
Ist von einer Ehegatteninnengesellschaft nach § 705 BGB auszugehen, führt die Beendigung der Gesellschaft zu einem Ausgleichsanspruch seitens des mitarbeitenden Ehegatten. Der nach §§ 730 ff. BGB zu beurteilende Anspruch ist auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens gerichtet. Für die Anspruchshöhe muss geprüft werden, ob Anhaltspunkte für die Verteilungsgröße vorliegen. Fehlen sie, folgt die Höhe aus § 722 Abs. 1 BGB. Hiernach erhält jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf Art und Größe seines Beitrags einen gleich hohen Anteil am Gewinn und Verlust.
Liegt weder ein Arbeitsvertrag, noch eine Ehegatteninnengesellschaft vor, kann ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht kommen. Hintergrund des Anspruchs ist ein stillschweigend geschlossener familienrechtlicher Vertrag sui generis, ein familienrechtlicher Kooperationsvertrag. Der BGH nimmt einen solchen Vertrag an, wenn eine Ehegatteninnengesellschaft nicht begründet wurde, aber folgende Voraussetzungen beide erfüllt sind:
- Ein Ehegatte erbringt Leistungen, die über die Unterhaltspflichten gemäß § 1360 S. 1 BGB und das im Rahmen der Beistandspflicht des § 1353 Abs. 1 BGB geschuldete Maß hinausgehen.
- Diese Leistungen haben zu einem messbaren und noch vorhandenen Vermögenszuwachs des anderen Ehegatten geführt (BGH NJW 11, 2880). Sie erfolgten um der Ehe willen als Beitrag zur Verwirklichung, Ausgestaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft.
Im Fall des Scheiterns der Ehe oder Partnerschaft entfällt die im ungestörten Fortbestand der Beziehung/Ehe begründete Geschäftsgrundlage, was zu einem Ausgleichsanspruch aus § 313 BGB führen kann (BGH NJW 99, 2962). Der finanzielle Ausgleich erfolgt unter Anwendung des § 313 BGB nicht in Form einer Bezahlung. Es kann nur eine angemessene Beteiligung am gemeinsam Erarbeiteten verlangt werden. Der Ausgleichsbetrag ist begrenzt durch den Betrag, um den das Vermögen des anderen zur Zeit der Störung der Geschäftsgrundlage noch vermehrt ist. Das kann der Fall sein in Form von ersparten Kosten einer fremden Arbeitskraft (BGH NJW 11, 2880). Ein Ausgleich von Arbeit für den anderen Ehegatten, die einen messbaren vermögensmäßigen Niederschlag gefunden hat, wird im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach § 1372 BGB ausgeglichen. Nur im Fall eines unbilligen Ergebnisses wegen einer deutlichen Benachteiligung des mitarbeitenden Ehegatten kann ein Ausgleichsanspruch nach § 313 Abs. 1 BGB bestehen. Liegt eine Ehegatteninnengesellschaft vor, besteht der gesellschaftsrechtliche Ausgleichsanspruch neben dem Zugewinnausgleichsanspruch (BGH NJW 06, 1268). Ist Gütertrennung vereinbart, kommt auch ein Anspruch nach § 313 Abs. 1 BGB in Betracht. Der BGH stellt hier geringere Anforderungen als beim gesetzlichen Güterstand (BGH FamRZ 97, 933).
Weiterführende Hinweise
- Arbeitsrecht aktiv 13, 85: Anerkennung von Ehegattenarbeitsverträgen
- In einer der folgenden Ausgaben von FK widmet sich die Autorin dem Ehegattenarbeitsverhältnis aus arbeitsrechtlicher Perspektive.