· Fachbeitrag · AGG
Benachteiligung wegen der Weltanschauung
von Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FA Arbeitsrecht, Prof. Dr. Jesgarzewski & Kollegen Rechtsanwälte, Osterholz-Scharmbeck, FOM Hochschule Bremen
Die Diskriminierung eines ArbN wegen seiner Weltanschauung oder seiner vermuteten Weltanschauung kann Entschädigungs- und Schaden-ersatzansprüche nach dem AGG auslösen. Persönliche Einstellungen, Sympathien oder Haltungen sind jedoch keine Weltanschauungen (BAG 20.6.13, 8 AZR 482/12, Abruf-Nr. 132261). |
Sachverhalt
Die ArbN bewarb sich erfolglos um eine Festanstellung bei einer Rundfunkanstalt in der China-Redaktion, nachdem sie dort bereits als Honorarkraft beschäftigt war. Der ArbG verlängerte auch den befristet bestehenden Honorarvertrag nicht. Die ArbN behauptet, die Ablehnung und Nichtverlängerung seien wegen einer vermuteten „Sympathie für die Volksrepublik China“ und einer darauf fußenden Unterstützung der KP Chinas durch regierungsfreundliche Berichterstattung erfolgt.
Entscheidungsgründe
Das BAG hat die Klage auf Entschädigung und Schadenersatz nach dem AGG abgewiesen. Unter Verweis auf die Beweislastregel des § 22 Abs. 1 AGG hat es seine ständige Rechtsprechung dahingehend bestätigt, dass der ArbN zumindest Indizien vortragen und beweisen müsse, aus denen sich eine Benachteiligung wegen der Weltanschauung ergebe. Dies sei im vorliegenden Fall nicht erfolgt, sodass die Klage bereits unschlüssig sei.
Bei dieser Gelegenheit hat das Gericht den Rechtsbegriff der Weltanschauung näher konturiert. Persönliche Einstellungen, Sympathien oder Haltungen seien gerade keine Weltanschauungen. Die im vorliegenden Fall vorgetragene Behauptung, der ArbG habe eine Sympathie für die Volksrepublik China bei der ArbN vermutet, sei daher kein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Weltanschauung. Eine Sympathie für ein Land lasse noch nicht auf eine Sympathie für dessen Regierung schließen.
Praxishinweis
Der grundsätzliche Aufbau der Prüfung eines Entschädigungs- oder Schadenersatzanspruchs nach § 15 AGG ist in der Rechtsprechung des BAG gefestigt. Der gesetzlichen Beweislastverteilung folgend, muss der ArbN nach § 22 AGG nur Indizien vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich eine Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG ergibt. Der ArbG muss dann Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, die ihn vom Vorwurf der Benachteiligung aus den in § 1 AGG genannten Gründen entlasten.
Weiterführender Hinweis
- Jesgarzewski: Neues zum Auskunftsanspruch nicht berücksichtigter Stellenbewerber: AA 13, 125