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  • · Fachbeitrag · Schönheitsreparaturen

    Schönheitsreparatur- und Kostenquotenklausel: Ändert der BGH seine Rechtsprechung?

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    • 1. Ist eine Schönheitsreparaturklausel bei Überlassung einer unrenovierten oder renovierungsbedürftigen Wohnung unwirksam?
    • 2. Sind Kostenquotenklauseln generell unwirksam?

    (BGH 22.1.14, VIII ZR 352/12, Abruf-Nr. 140816)

     

    Sachverhalt

    Der Mietvertrag enthält folgende vorformulierte Klauseln:

     

    • Vorformulierte Klauseln des Mietvertrags

    § 18 Schönheitsreparaturen: a) Der Mieter ist verpflichtet, auf seine Kosten die Schönheitsreparaturen (das Tapezieren, Anstreichen der Wände und Decken, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre und eventuell auch der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen) in den Mieträumen in der nachstehenden Zeitfolge fachgerecht auszuführen. b) Die Zeitfolge beträgt im Normalfall bei Küche und Bad 3 Jahre, bei Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten 5 Jahre, bei allen anderen Nebenräumen 7 Jahre. Diese Fristen werden berechnet vom Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses, bzw. soweit Schönheitsreparaturen nach diesem Zeitpunkt seitens des Mieters fachgerecht durchgeführt worden sind, von diesem Zeitpunkt an. Soweit eine übermäßige Beanspruchung der Räume vorliegt und sich hieraus ein vorzeitiger Renovierungsbedarf ergibt, sind die Schönheitsreparaturen in den betroffenen Räumen entsprechend eher durchzuführen. Soweit eine unterdurchschnittliche Beanspruchung der Räume erfolgt ist (z.B. infolge längerer Abwesenheitszeiten), brauchen Schönheitsreparaturen erst bei Eintritt des Renovierungsbedarfs vorgenommen werden. Naturlasiertes Holzwerk, kunststoffbeschichtete Türen sowie Kunststoff- und Aluminiumfenster dürfen nicht mit Farbe behandelt werden.

     

    § 22 Beendigung des Mietverhältnisses: 1. Endet das Mietverhältnis, bevor die in § 18 Ziff. 2b geregelten Zeiträume - gerechnet ab Mietbeginn oder sonst ab dem Zeitpunkt der letzten vom Mieter selbst oder in seinem Auftrag ausgeführten Schönheitsreparaturen - ablaufen, so hat der Mieter die auf diese Mietzeit anteilig entfallenden Kosten der Schönheitsreparaturen zu tragen, es sei denn, er führt die Schönheitsreparaturen zum Ende der Mietzeit sach- und fachgerecht selbst aus oder lässt dies tun. Der Anteil an den Kosten - jeweils bezogen auf den einzuholenden Kostenvoranschlag einer Fachfirma - beträgt bei normaler Abnutzung:

     

    bei Küche und Bad

    33 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als ein Jahr zurückliegen,

    66 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als zwei Jahre zurückliegen,

    bei Wohn-, Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten

    20 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als ein Jahr zurückliegen,

    40 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als zwei Jahre zurückliegen,

    60 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als drei Jahre zurückliegen,

    80 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als vier Jahre zurückliegen,

    und bei allen anderen Nebenräumen

    14 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als ein Jahr zurückliegen,

    28 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als zwei Jahre zurückliegen,

    42 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als drei Jahre zurückliegen,

    56 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als vier Jahre zurückliegen,

    70 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als fünf Jahre zurückliegen,

    84 % - wenn die Schönheitsreparaturen länger als sechs Jahre zurückliegen,

     

    Gegenüber der Klage auf Rückzahlung der Kaution rechnete die Vermieterin in 2. Instanz erfolgreich mit einem Anspruch wegen Schönheitsreparaturen auf. Das LG lässt die Revision zu. Grund: In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei nicht geklärt, ob Klauseln, die die Pflicht des Mieters zur Rückgabe der Mietsache konkretisierten und im Ergebnis auf renovierungsähnliche Pflichten hinauslaufen könnten, mit einer Klausel, die den Mieter zu laufenden Schönheitsreparaturen verpflichtet, dergestalt zusammenhängen, dass die Unwirksamkeit der einen Klausel auch die Unwirksamkeit der anderen Klausel nach sich zieht.

     

    Praxishinweis

    Der VIII. Senat beschließt, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten und sieht sich zu folgenden Hinweisen veranlasst:

     

    • In BGH MK 08, 37 (Abruf-Nr. 073468) hat der Senat Bedenken geäußert, ob eine Quotenabgeltungsklausel bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassener Wohnung der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält. Grund:

     

      • Entweder lässt sich - wenn der Mieter während der Mietzeit keine Schönheitsreparaturen durchgeführt hat - am Ende der Mietzeit nicht feststellen, in welchem Umfang die Abnutzung durch den Mieter selbst oder durch den Vormieter herbeigeführt worden ist, oder

     

      • der Mieter wird - wenn er während der Mietzeit renoviert hat - doppelt belastet, indem er zusätzlich zu dem Schönheitsreparaturaufwand eine Kostenquote zu tragen hat, obwohl bzw. weil er die von ihm (jedenfalls auch zur Beseitigung der Abnutzung durch den Vormieter) vorgenommenen Dekorationsarbeiten noch nicht vollständig abgenutzt hat.

     

    • Dahinter steht der Gedanke, dass es eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstellen könnte, wenn der Mieter die Kosten für die Beseitigung von Gebrauchsspuren (mit)tragen muss, die nicht er, sondern der Vormieter verursacht hat. Wenn diese Bedenken entgegen BGHZ 105, 71 für durchgreifend erachtet würden, käme es im Streitfall darauf an, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert übergeben wurde.

     

    • Die Argumentation könnte zur Folge haben, dass bei unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassener Wohnung entgegen BGHZ 105, 71 auch bereits die Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen als den Mieter unangemessen benachteiligend anzusehen wäre. Denn auch durch eine solche Klausel würde er zur Beseitigung von Gebrauchsspuren verpflichtet, die nicht er, sondern der Vormieter verursacht hat.
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    • Unabhängig hiervon stellt sich die grundsätzliche Frage, ob Quotenabgeltungsklauseln der Inhaltskontrolle unter einem anderen Gesichtspunkt überhaupt standhalten können. Der Senat hat zwar in BGH MK 08, 37 - im Anschluss an BGHZ 105, 71 - eine Quotenabgeltungsklausel über eine vom Vermieter renoviert überlassene Wohnung für unbedenklich gehalten. Dies setzt aber voraus, dass sie den tatsächlichen Erhaltungszustand der Wohnung in der Weise berücksichtigt, dass für die Berechnung der Quote das Verhältnis zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen und dem Zeitraum nach Durchführung der letzten Schönheitsreparaturen maßgeblich ist, nach dem bei einer hypothetischen Fortsetzung aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovierungsbedarf bestünde.
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    • Es ist jedoch fraglich, ob sich auf der Grundlage des tatsächlichen Zustands der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses eine realistische Feststellung dazu treffen lässt, welcher hypothetischen Nutzungsdauer bei „normaler“ Nutzung der bei Beendigung des Mietverhältnisses bestehende Abnutzungsgrad der einzelnen Wohnräume entspricht und ob darüber hinaus eine empirische Prognose über den (hypothetischen) Zeitpunkt des voraussichtlich eintretenden Renovierungsbedarfs bei unterstellter Fortdauer des tatsächlichen Nutzungsverhaltens des Mieters zuverlässig möglich ist oder ob dies nicht vielmehr einer Fiktion gleichkommt. Darin könnte eine unangemessene Benachteiligung des Mieters gesehen werden. Auf die Frage, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert überlassen wurde, käme es dann nicht an.

     

    Der Vorgang selbst ist auch für den BGH ungewöhnlich. Die Nachberatung hat - wie seine Ausführungen belegen - augenscheinlich zu einer rechtlichen Neubewertung der Schönheitsreparatur- und Kostenquotenklauseln geführt, die der BGH vor der mündlichen Verhandlung so offensichtlich nicht im Fokus hatte. Gelingt es den Parteien nicht, die Bedenken des BGH auszuräumen, steht das Ende der Quotenklausel bevor. In diesem Fall könnte der BGH offen lassen, ob eine Schönheitsreparaturklausel bei unrenoviert überlassener Wohnung dem Maßstab des § 307 BGB noch gerecht wird. Wie auch immer der BGH entscheidet, es bleibt spannend.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 58 | ID 42571315