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  • · Fachbeitrag · Erbscheinsverfahren

    Erbe oder Vermächtnisnehmer?

    | Das OLG München hatte sich in seinem Beschluss vom 8.11.16 mit der Frage zu beschäftigen, wer im Erbscheinsverfahren zu beteiligen ist. |

     

    Sachverhalt

    In dem handschriftlichen Testament des Erblassers heißt es auszugsweise: „Ferner ist mein Wille, dass Herr X Wohnung nach Wahl von 4 erhält, die das lebenslange Wohnrecht gewährleistet./“ Gestützt auf diese Verfügung beantragte der X seine förmliche Beteiligung am Erbscheinsverfahren. Das Nachlassgericht wies diesen Antrag zurück. Es ist der Ansicht, X sei nur Vermächtnisnehmer.

     

    Auf Antrag hat eine Beteiligung am Erbscheinserteilungsverfahren zu erfolgen, wenn das Bestehen eines Erbrechts nicht von vornherein gänzlich fernliegend erscheint. Ob ein Erbrecht tatsächlich besteht, ist erst nach förmlicher Beteiligung am Verfahren abschließend zu klären (Abruf-Nr. 190082).

     

    Entscheidungsgründe

    Am Nachlassverfahren sind gemäß §§ 7, 345 FamFG diejenigen Personen zu beteiligen,

    • die einen Antrag gestellt haben (§ 7 Abs. 1 FamFG, § 345 Abs. 1 S. 1 FamFG),
    • deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen ist (§ 7 Abs. 2 FamFG),
    • die als Kann-Beteiligte i. S. des § 345 Abs. 1 S. 2 FamFG einen Antrag auf Hinzuziehung gestellt haben (§ 345 Abs. 1 S. 3 FamFG).

     

    Im Bereich des § 345 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 FamFG kann fraglich sein, wie das Tatbestandsmerkmal „als Erben in Betracht kommen“ auszulegen ist. Die Vorschrift dient der Sicherstellung der Gewährung rechtlichen Gehörs. Daher ist die Vorschrift eher weit auszulegen. Danach hat eine Beteiligung immer dann zu erfolgen, wenn das behauptete Recht nicht von vornherein gänzlich fernliegend ist. Ein derartiges Verständnis der Norm findet auch im Wortlaut selbst eine Stütze. Die Formulierung „in Betracht kommen“ impliziert gerade, dass bei der Bestimmung des Personenkreises der Beteiligten noch keine abschließende Würdigung des materiellen Erbrechts erfolgen soll.

     

    Relevanz für die Praxis

    Soweit sich der X im vorliegenden Fall darauf beruft, er sei testamentarischer Erbe geworden, ist eine derartige Auslegung des Testaments nicht von vornherein völlig ausgeschlossen. Für sie lässt sich immerhin die Rechtsprechung der Obergerichte anführen, wonach die Zuwendung eines wesentlichen Vermögensgegenstands, zumal einer Immobilie, eine Erbeinsetzung darstellen kann. Dies zu klären, ist jedoch gerade Aufgabe des (materiellen) Erbscheinserteilungsverfahrens unter Mitwirkung der Erbprätendenten, nachdem diesen rechtliches Gehör gewährt worden ist und ihre Erklärungen im Verfahren berücksichtigt worden sind. (GS)

    Quelle: Ausgabe 01 / 2017 | Seite 9 | ID 44425983