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  • Vollstreckungspraxis

    Die Pfändung von Mietforderungen

    von RiLG Frank-Michael Goebel, Koblenz/Rhens

    Verfügt der Schuldner überMieteinnahmen, stellen diese grundsätzlich eine aussichtsreicheMöglichkeit zum Vollstreckungszugriff dar. Allerdings sind einigeBesonderheiten zu beachten. Der folgende Beitrag erläutert dieEinzelheiten.

    Mietzinsanspruch ist grundsätzlich pfändbar

    Der Gläubiger kann den Mietzinsanspruch desSchuldners gegen seinen Mieter ohne Weiteres pfänden, da es sichum eine Geldforderung handelt. Drittschuldner ist in diesem Fall derMieter. Zuständig für den Erlass des Pfändungs- undÜberweisungsbeschlusses ist nach § 828 ZPO dasVollstreckungsgericht in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinenWohnsitz hat. Insoweit ist unerheblich, wo der Drittschuldner wohnt.

    Sichern Sie sich frühzeitig denForderungszugriff, indem Sie parallel zur Beantragung desPfändungs- und Überweisungsbeschlusses eine Vorpfändungausbringen: Die binnen eines Monats zu bewirkende Pfändung wirktauf den Zeitpunkt der Vorpfändung zurück §§ 845Abs. 2, 930 ZPO. Dies kann den Zugriff auf eine Mietzahlung„mehr“ bedeuten. Die Pfändung ist nach § 829 Abs.3 ZPO bewirkt, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschlussdem Drittschuldner zugestellt wird.

    Praxishinweis:Beachten Sie, dass bei mehreren Mietern allen der Beschluss alsDrittschuldner zugestellt werden muss, weil sonst der nicht erfassteMieter mangels Zahlungsverbot mit befreiender Wirkung an den Schuldnerzahlen kann. Mehrere Mieter einer Wohnung sind Gesamtschuldner §427 BGB. Achtung: Nicht nur die rückständige Miete istpfändbar, sondern auch der Anspruch auf zukünftigeMietforderungen.

    Prüfen Sie, ob eine nahestehende Person Mieter ist

    Erscheint Ihnen die Miete im Verhältnis zumMietobjekt unverhältnismäßig niedrig, prüfen SieFolgendes: Handelt es sich bei dem Drittschuldner gegebenenfalls umeine nahestehende Person § 138 InsO des Schuldners oder ist ersonst mit diesem näher bekannt und liegt deshalb einZusammenwirken zum Nachteil des Gläubigers nahe? In diesem Fallkommt eine Anfechtung des „Mietverzichts“ nach dem AnfG unddamit ein weiterer Zahlungsanspruch in Betracht Goebel VE 2/01, 23;3/01, 37; 4/01, 52.

    Greifen Sie auch auf die Mietkaution zu

    Regelmäßig ist der Mieter, dasheißt der Drittschuldner, verpflichtet, zu Beginn desMietverhältnisses eine Kaution zu hinterlegen. Hier kann derGläubiger auf den Auszahlungsoder den Leistungsanspruch zugreifen.Die Verwertung der Kaution ist von der Absprache zwischen Schuldner undDrittschuldner abhängig. Soweit diese eine rückständigeMiete umfasst, kann sofort auf die Kaution zurückgegriffen werden,wenn der Drittschuldner mit der Miete in Rückstand ist.Entsprechendes gilt bei anderen Zweckbestimmungen.

    Kommt es zwischen Mieter und Vermieter beiBeendigung des Mietverhältnisses zu Streit überSchönheitsreparaturen, sollte der Gläubiger auf diePfändung verzichten § 843 ZPO. Der Prozess mit demDrittschuldner dürfte mehr Geld kosten als die Kautionübriglässt.

    Praxishinweis: Soweitder Drittschuldner über diese Verhältnisse nicht schon selbstnach § 840 ZPO im Rahmen der Drittschuldnererklärung Auskunfterteilt, hat der Schuldner nach § 836 Abs. 3 ZPO demGläubiger gegenüber die Verpflichtung, alle notwendigenAuskünfte zu erteilen und die entsprechenden Urkunden,insbesondere den Mietvertrag, vorzulegen Leißing, VE 1/01, 8.Nehmen Sie daher diese Verpflichtung schon in den Antrag auf Erlasseines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mit auf.

    Nebenkostenvorauszahlungen sind nicht pfändbar

    Beachtet werden muss, dassNebenkostenvorauszahlungen nach § 851 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 399BGB grundsätzlich nicht pfändbar sind. Sie sind im Hinblickauf die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen des Mieters,die allein über den Vermieter abgerechnet werden, zweckgebunden.Dies gilt allerdings nicht, wenn der Gläubiger gegen den Schuldner= Vermieter gerade deshalb vollstreckt, weil dieser die denNebenkostenvorauszahlungen zu Grunde liegenden Leistungen nicht bezahlthat.

    Schuldner kann besonderen Pfändungsschutz in Anspruch nehmen

    Der Schuldner wird regelmäßigversuchen, sich der Pfändung dadurch zu entziehen, dass er einenAntrag auf Pfändungsschutz nach § 851b ZPO stellt. Nach§ 851b ZPO ist die Pfändung der Miete aufzuheben, wenn dieseals Einkünfte für den Schuldner zur

    • laufenden Unterhaltung des Grundstücks,
    • zur Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten und
    • zurBefriedigung von Ansprüchen unentbehrlich sind, die bei einerZwangsvollstreckung in das Grundstück dem Anspruch desGläubigers nach § 10 ZVG vorgehen würden.

    Für den Gläubiger ergeben sich dabeizwei wichtige Aspekte: Zum einen greift der Pfändungsschutzzunächst nur auf Antrag des Schuldners, so dass der Gläubigerhierauf bei der Antragstellung keine Rücksicht zu nehmen braucht.Zum anderen setzt der Pfändungsschutz voraus, dass dem Schuldnerneben den Miet- und Pachteinnahmen keine anderen Mittel zurVerfügung stehen, um die Unterhaltung, Instandsetzung oderBefriedigung vorrangiger dinglicher Gläubiger zu bewirken. Diesmuss der Schuldner nachweisen. Der Gläubiger erhält damitumfassend Auskunft über dessen wirtschaftliche Verhältnisse.

    Achtung: DerPfändungsschutz des § 851b ZPO greift auch nicht, wenn dievom Schuldner auszugleichende Belastung auf den Mieter im Wege derNebenkostenvorauszahlung umgelegt ist. Erhält der Schuldner dieseVorauszahlung tatsächlich, stehen ihm diese anderweitigen Mittelzum Ausgleich zur Verfügung. Dies wird insbesondere für dieumlagefähigen Belastungen nach der 2. Berechnungsverordnung wieetwa die Grundsteuer, die Haftpflichtversicherung für das Anwesenoder Abwasser-, Oberflächenwasser- oder Wasserabgaben zu beachtensein.

    Praxishinweis: DerPfändungsschutz des § 851b ZPO gilt allerdings nur fürden Vermieter, der zugleich auch Eigentümer der Mietsache ist.Tipp: In diesen Fällen sollte überprüft werden, ob zuGunsten des Gläubigers parallel zur Pfändung eineZwangsversteigerung, Zwangsverwaltung oder die Eintragung einerSicherungshypothek möglich ist. Ist der Schuldner selbst nurMieter und pfändet der Gläubiger die Forderung gegen einenUntermieter, bleibt der Antrag des Schuldners nach § 851b BGB ohneErfolg h.M., vgl. Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rn.247 m.w.N.; a.A. OLG München MDR 57, 10.

    Der Pfändungsschutz kann nur soweit gehen,wie die Mieteinnahmen zum tatsächlichen Ausgleich der in §851b ZPO aufgeführten Forderungen benötigt werden.Regelmäßig wird also nur ein fester Betrag, etwa dieHypothekenzinsen, als Teil der Miete als unpfändbar geltenddürfen.

    Leserservice: Diesen Musterantrag können Sie unter www.iww.de mit der Abruf-Nr. 020807 herunterladen.

    Praxishinweis: Es istumstritten, ob § 832 ZPO auf Mietforderungen anwendbar istdafür Musielak/Becker, ZPO, 3. Aufl., § 832 Rn. 2; dagegenZöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 832 Rn. 4. DerRechtspfleger kann den Überweisungsbeschluss in der imMusterantrag vorgesehenen Form daher zurückweisen und ihn unterdie Bedingung stellen, dass die Überweisung jeweils durch dieFälligkeit des Mietanspruchs bedingt ist. Im Musterantrag wurdedieser Aspekt jedoch unberücksichtigt gelassen, da die Praxiszeigt, dass die meisten Rechtspfleger über diesen Aspekthinweggehen, wenn der Schuldner sich selbst nicht zur Wehr setzt. DieEntscheidung sollte also zunächst einmal abgewartet werden.

    Quelle: Vollstreckung effektiv - Ausgabe 08/2002, Seite 115

    Quelle: Ausgabe 08 / 2002 | Seite 115 | ID 107573