· Fachbeitrag · Forderungspfändung
Neue Gebühren bei Grundbuchberichtigungsantrag?
| Immer wieder werden im Rahmen einer Forderungspfändung Einträge in das Grundbuch vorgenommen, z. B. bei der Pfändung von Buchhypotheken, Erbteilen, grundschuldrechtlichen Rückgewähransprüchen. Insoweit besteht oft eine Verunsicherung darüber, ob der Antrag auf Grundbucheintragung neue Gebühren bei anwaltlich vertretenen Gläubigern auslöst. |
1. Ausgangsfall
Gläubiger G., vertreten durch Rechtsanwalt R., pfändet wegen einer Forderung von 5.000 EUR den Miterbenanteil des Schuldners S. Wie viele Gebühren kann er verlangen? Es sind zwei Fälle zu unterscheiden: Im Grundbuch ist entweder der Erblasser als Eigentümer (a) oder die Erbengemeinschaft (b) eingetragen.
2. Notwendige Unterscheidung
Grundsätzlich bilden die gesamten zu einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme gehörenden und miteinander in einem inneren Zusammenhang stehenden Einzelmaßnahmen dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit. Dabei stehen die Einzelmaßnahmen in einem inneren Zusammenhang, die die eingeleitete Maßnahme mit demselben Ziel der Befriedigung fortsetzen (BGH VE 19, 182; § 18 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). So stellt z. B. der gescheiterte Versuch der gütlichen Einigung im Fall eines kombinierten Vollstreckungsauftrags sich nur als vorbereitende Vollstreckungshandlung dar. Denn diese dient allein dazu, die folgenden Vollstreckungsmaßnahmen zu betreiben (BGH, a. a. O.). Folge: Dem Anwalt erwächst die Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG nur einmal. Die Vollstreckungsmaßnahme ist dabei von der Vollstreckungshandlung zu unterscheiden:
- Unter Vollstreckungsmaßnahme ist die vom Gläubiger jeweils gewählte Art der Vollstreckung zu verstehen, z. B. Sach- bzw. Forderungsvollstreckung (AnwK-RVG/Volpert, 9. Aufl., VV 3309, Rn. 106). Ungleichartige Vollstreckungsmaßnahmen stellen somit regelmäßig eigene gebührenrechtliche Angelegenheiten dar und lösen die Gebühren gesondert aus.
- Vollstreckungshandlungen sind die einzelnen, in einem inneren Zusammenhang stehenden Tätigkeiten im Rahmen einer Vollstreckungsmaßnahme (AnwK-RVG/Volpert, a. a. O.). Insofern sind die Tätigkeiten von der Mandatserteilung bis zur Gläubigerbefriedigung bzw. Beendigung der konkreten Vollstreckungsmaßnahme hiervon erfasst. Daher stehen die Einzelmaßnahmen bzw. Vollstreckungshandlungen, die die einmal eingeleitete Maßnahme mit demselben Ziel der Gläubigerbefriedigung fortsetzen, in einem inneren Zusammenhang (BGH, a. a. O.).
Beachten Sie | Eine Vollstreckungsmaßnahme liegt nur vor, wenn einzelne Teilakte in einem inneren Zusammenhang stehen und der jeweils nächste Akt sich als eine Fortsetzung der vorausgehenden Vollstreckungshandlung darstellt (BGH, a. a. O.). Gerade bei der Pfändung von Buchhypotheken bzw. -grundschulden ist dies der Fall. Denn zum Wirksamwerden der Pfändung bedarf es neben dem Erlass eines PfÜB der Eintragung der Pfändung in das Grundbuch (§ 830 Abs. 1 ZPO). Es liegt daher nur eine Vollstreckungsmaßnahme vor, da die einzelnen Teilakte (Erlass des PfÜB und anschließende Grundbucheintragung) in einem inneren Zusammenhang stehen und sich die Grundbucheintragung als nächster, erforderlicher Akt und damit als eine Fortsetzung der vorausgehenden Vollstreckungshandlung darstellt.
3. Grundbuchberichtigungsanträge
Bei Variante a) (s. o., S. 13) ergibt sich folgende Lösung: Für die Eintragung der Erbteilspfändung ist eine vorherige Grundbuchberichtigung erforderlich (§ 39 GBO; OLG Frankfurt Rpfleger 79, 205), also die Eintragung der Miterben in Erbengemeinschaft als Grundstückseigentümer. Diese Grundbuchberichtigung muss der Gläubiger nach § 13 Abs. 1 S. 2 GBO beantragen, damit er die Zwangsvollstreckung in die Immobilie ggf. durch eine Teilungsversteigerung betreiben kann. Insofern stehen vorherige Pfändung des Miterbenanteils und anschließender Grundbucheintrag in einem unmittelbaren Zusammenhang. Folge: R. kann nur eine Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG beanspruchen.
Bei Variante b) (s. o., S. 13) ergibt sich folgende Lösung: Hier hat die Grundbucheintragung nur deklaratorischen bzw. berichtigenden Charakter. Sie ist nicht erforderlich, damit der Gläubiger sein Recht durchsetzen kann. Vielmehr hat der Gläubiger das Recht, sich durch eine grundbuchberichtigende Eintragung vor benachteiligenden Verfügungen des Schuldners zu schützen, indem er so den gutgläubigen Erwerb eines Dritten verhindert (Stöber/Rellermeyer, Forderungspfändung, 17. Aufl. E. 279 f.). Solche Tätigkeiten werden von der Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG nicht erfasst. Vielmehr löst der Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs neue Gebührenansprüche aus. Es kann also zusätzlich zur Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG anfallen, mindestens aber eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG.
Beantragt der Rechtsanwalt beim Grundbuchamt nur die Grundbuchberichtigung und nimmt eine Entscheidung entgegen, bekommt er eine auf 0,8 reduzierte Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG i. V. m. Nr. 3100 VV RVG.
Begründet er den Antrag, entsteht eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG und die Ermäßigung auf 0,8 greift nicht, wenn der Anwalt den Antrag direkt oder nachträglich ‒ etwa auf Nachfrage des Grundbuchamts hin ‒ begründet. Der Anwalt setzt sich dann nämlich mit dem Antrag auseinander und prüft, ob etwas zu unternehmen ist. Damit hat er nicht „lediglich einen Antrag gestellt“, sondern ein Mehr an Tätigkeit entfaltet.
Dasselbe gilt, wenn weitere Ausführungen erforderlich werden oder nachträglich noch Unterlagen (z. B. Vorlage des erlassenen PfÜB) beizubringen sind. Ob der Antrag begründet ist, spielt in diesen Fällen keine Rolle.
Beachten Sie | Eine Gegenausnahme von Nr. 3101 Nr. 3 VV RVG ist Nr. 3101 Abs. 2 VV RVG. Danach bleibt es bei einer 1,3-Verfahrensgebühr, wenn es sich um ein streitiges Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt. Diese kennt aber keine streitigen Verfahren. Daher ist darauf abzustellen, dass das Verfahren im Einzelfall streitig geführt wird, also gegensätzliche Argumente ausgetauscht werden.