24.05.2017 · IWW-Abrufnummer 194113
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 11.05.2017 – 5 Sa 110/16
1. Die Auskunftspflicht nach § 840 Abs. 1 ZPO hängt nicht davon ab, ob dem Hauptschuldner die gepfändeten Forderungen tatsächlich zustehen. Die Auskunftspflicht besteht auch dann, wenn die Pfändung ins Leere geht.
2. Die Zustellungsurkunde begründet vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen; der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig ( § 418 Abs. 1 und 2 ZPO ). Für den Beweis der Unrichtigkeit genügt es nicht, wenn der Adressat der Zustellung schlicht behauptet, das Schriftstück nicht erhalten zu haben. Für den Gegenbeweis ist es vielmehr erforderlich, einen anderen als den beurkundeten Geschehensablauf zu beweisen und somit ein Fehlverhalten des Zustellers und eine objektive Falschbeurkundung zu belegen. Notwendig ist der volle Beweis in der Weise, dass die Beweiswirkung der Zustellungsurkunde vollständig entkräftet und jede Möglichkeit der Richtigkeit der in ihr niedergelegten Tatsachen ausgeschlossen ist.
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 03.05.2016 - 1 Ca 25/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Abgabe der Drittschuldnererklärung.
Die Klägerin erwirkte am 18.11.2008 beim Amtsgericht Bremen (Aktenzeichen: 08-4480951-0-8) einen Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung von € 31.491,68 zuzüglich Nebenforderungen und Zinsen gegen Herrn A. S. auf Rückzahlung eines Darlehens.
Auf der Grundlage dieses Vollstreckungsbescheides erließ das Amtsgericht Düsseldorf (Aktenzeichen: 668 M 922/14) am 11.09.2014 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen Herrn S. wegen einer noch ausstehenden Restforderung von insgesamt € 25.166,01, mit dem dessen angebliche Forderungen gegenüber der Beklagten auf gegenwärtiges und künftiges Arbeitseinkommen gepfändet wurden. Die Beklagte betreibt in C-Stadt ein Restaurant unter dem Namen T.. Auf ihrer Homepage befand sich seinerzeit auf der Seite "Impressum" der folgende Eintrag:
"Veranstaltungen / Küche / Menü:
A. S."
Auf derselben Seite waren des Weiteren die für "Personalwesen" und "Patisserie / Eis" zuständigen Mitarbeiterinnen angegeben sowie rechts daneben Firma, Adresse, Telefon, Fax, Handelsregistereintrag und Geschäftsführer der Beklagten.
Den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss übergab der Gerichtsvollzieher ausweislich der Zustellungsurkunde am 14.10.2014 um 11:45 Uhr im Geschäftslokal der Beklagten, da er den Geschäftsführer nicht persönlich angetroffen hatte, dem dort beim Adressaten beschäftigten Herrn W.. Die Zustellungsurkunde enthält die Aufforderung an die Beklagte, der Klägerin zu erklären, 1. ob und inwieweit die Drittschuldnerin die Forderung als begründet anerkennt und Zahlung zu leisten bereit sei, 2. ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen und 3. ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei.
Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 11.11.2014 nochmals auf, die Fragen gemäß § 840 Abs. 1 Nr. 1 - 3 ZPO binnen 14 Tagen zu beantworten. Mit Schreiben vom 18.12.2014 erinnerte sie die Beklagte erneut an die Drittschuldnerauskunft und setzte ihr eine Frist bis zum 15.01.2015.
Da die Beklagte hierauf nicht reagierte, hat die Klägerin unter dem 05.02.2015 Zahlungsklage erhoben und zugleich Herrn S. den Streit verkündet. Mit Schriftsatz vom 04.03.2015 hat die Beklagte erklärt, Herrn S. weder zu beschäftigen noch zu entlohnen. Zwischenzeitlich löschte sie die namentliche Nennung des Streitverkündeten auf ihrer Homepage. Die Klägerin hat daraufhin ihren Klageantrag mit Schriftsatz vom 30.03.2015 umgestellt auf Zahlung der im Prozess entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 2.738,45.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse die nutzlos aufgewandten Prozesskosten erstatten, da sie ihrer Auskunftspflicht nicht nachgekommen sei. Die Klage hätte sich erübrigt, wenn die Beklagte die Auskunft rechtzeitig erteilt hätte. Die Klägerin habe aufgrund des Hinweises im Impressum davon ausgehen dürfen, dass Herr S. bei der Beklagten arbeite. Die Beklagte habe dadurch zumindest den Anschein eines Beschäftigungsverhältnisses erweckt. Wenn dieser Anschein aber nicht richtig sei, so sei die Beklagte verpflichtet gewesen, genau das mitzuteilen. Diese Auskunft hätte sie ohne weiteres früher erteilen können, ohne dass das mit Aufwand oder Kosten verbunden gewesen wäre.
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sei der Beklagten nebst der Aufforderung zur Abgabe der Erklärung nach § 840 ZPO ordnungsgemäß zugestellt worden. Die Zustellung habe ein Mitarbeiter im Machtbereich der Beklagten entgegengenommen. Ob der Geschäftsführer der Beklagten die Zustellung tatsächlich zur Kenntnis genommen habe, sei unerheblich. Zumindest aber habe er die späteren Schreiben der Klägerin erhalten und dennoch die Fragen nicht beantwortet.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 2.738,45 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 21.03.2015 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, nicht zur Auskunft verpflichtet gewesen zu sein, da sie mangels eines Arbeitsverhältnisses mit dem Streitverkündeten überhaupt nicht die Stellung einer Drittschuldnerin gehabt habe. Die Auskunftspflicht treffe nur einen Drittschuldner. Die Beklagte habe eine Auskunft weder erteilen können noch erteilen müssen. Jedenfalls fehle es am Verschulden. Anstatt die Klage auf eine bloße Vermutung hin zu erheben, hätte sich die Klägerin zuvor Klarheit verschaffen müssen, ob der Streitverkündete tatsächlich bei ihr beschäftigt sei. Die Klägerin habe aus dem Impressum der Beklagten, das im Übrigen kein Impressum im presserechtlichen Sinne sei, nicht auf eine Beschäftigung des Streitverkündeten bei ihr schließen können. Der Hinweis auf Herrn S. sei bei Verlegung des Sitzes der Beklagten von D. nach C-Stadt im Jahr 2011 wegen fehlender Kontrolle nicht entfernt worden.
Zudem sei der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Der bei der Beklagten beschäftigte Herr R. W. habe nach Vorlage der Zustellungsurkunde erklärt, diese nicht unterschrieben zu haben. Seine Unterschrift sehe gänzlich anders aus. Einen anderen Mitarbeiter namens W. beschäftige die Beklagte nicht. Der Geschäftsführer der Beklagten habe den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erst im Zuge des Rechtsstreits erhalten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung angeführt, dass die Beklagte ihre Pflicht zur Abgabe der Drittschuldnererklärung verletzt habe. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sei der Beklagten ordnungsgemäß zugestellt worden. Die Zustellungsurkunde habe die Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung enthalten. Die Urkunde begründe den vollen Beweis des in ihr beurkundeten Vorgangs. Die Beklagte habe die Unrichtigkeit nicht bewiesen. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Unterschrift von Herrn R. W. stamme, da sich das der Urkunde ohnehin nicht entnehmen lasse, weil ein Vorname nicht angegeben sei.
Des Weiteren sei die Beklagte Drittschuldnerin im Sinne des § 840 ZPO. Wenn auch der Streitverkündete nicht bei ihr beschäftigt sei, so habe die Beklagte jedoch auf ihrer Homepage den Anschein eines Beschäftigungsverhältnisses gesetzt. Das genüge unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der gesetzlichen Vollstreckungsregelungen. Dem Gläubiger dürfe die Vollstreckung in Arbeitseinkommen nicht unzumutbar erschwert werden. Der Drittschuldner sei nicht schutzwürdig, wenn er wie hier einen Anschein gesetzt habe, der ein Beschäftigungsverhältnis nahelege. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sich die Beklagte nicht rechtzeitig erklärt habe.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Sie geht weiterhin davon aus, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde. Die Zustellung sei offensichtlich an einen nicht kompetenten Mitarbeiter erfolgt, der mit falschem Namen unterschrieben habe. Der Gerichtsvollzieher sei verpflichtet, sich davon zu überzeugen, ob es sich um einen tatsächlich empfangsberechtigten Mitarbeiter handele. Da die Geschäftsführung der Beklagten keine Kenntnis von der Pfändung gehabt habe, treffe sie kein Verschulden. Des Weiteren sei das Arbeitsgericht zu Unrecht von einer Drittschuldnerstellung ausgegangen. Weil die Beklagte Herrn S. kein Arbeitseinkommen schulde, habe sie keine Pflicht, eine Erklärung hierzu abzugeben.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 03.05.2016 - 1 Ca 25/15 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts und verweist auf die zutreffende Argumentation des Arbeitsgerichts zu den einzelnen Streitpunkten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht schließt sich den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts an.
Die Klägerin hat nach § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen nicht rechtzeitiger Abgabe der Drittschuldnererklärung.
a) Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten (§ 829 Abs. 1 Sätze 1 und 2 ZPO). Die gepfändete Geldforderung ist dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert zu überweisen (§ 835 Abs. 1 ZPO).
Die Klägerin hat am 11.09.2014 einen solchen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beim Vollstreckungsgericht erwirkt.
b) Zustellung des Pfändungsbeschlusses
Nach § 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat der Gläubiger den Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen (§ 829 Abs. 3 ZPO).
Wird die Person, der zugestellt werden soll, in dem Geschäftsraum nicht angetroffen, kann das Schriftstück in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person zugestellt werden (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Geschäftsraum ist regelmäßig derjenige Raum, in dem sich der Publikumsverkehr abspielt und zu dem der mit der Ausführung der Zustellung beauftragte Bedienstete Zutritt hat, wenn er das Schriftstück abgibt (BT-Drs. 14/4554 S. 20). Aus dem Umstand, dass der Geschäftsinhaber dem Beschäftigten das Geschäftslokal überlässt, ist zu schließen, dass der Geschäftsinhaber dem Beschäftigten auch das für Zustellungen notwendige Vertrauen entgegenbringt (BT-Drs. 14/4554 S. 20). Ob der Mitarbeiter entgeltlich oder unentgeltlich (z. B. mithelfender Familienangehöriger) tätig wird, ist unerheblich (Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 178, Rn. 18). Keine Beschäftigten in diesem Sinne sind jedoch Personen, die sich nur zufällig im Geschäftsraum aufhalten, wie z. B. Monteure oder Außendienstmitarbeiter (OLG Hamburg, Beschluss vom 14. September 2007 - 6 W 46/07 - Rn. 20, juris = OLGR Hamburg 2008, 264).
Zum Nachweis der Zustellung ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen (§ 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für diese Zustellungsurkunde gilt § 418 ZPO (§ 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Zustellungsurkunde begründet vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen; der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsachen ist zulässig (§ 418 Abs. 1 und 2 ZPO).
Für den Beweis der Unrichtigkeit genügt es nicht, wenn der Adressat der Zustellung schlicht behauptet, das Schriftstück nicht erhalten zu haben. Für den Gegenbeweis ist es vielmehr erforderlich, einen anderen als den beurkundeten Geschehensablauf zu beweisen und somit ein Fehlverhalten des Zustellers und eine objektive Falschbeurkundung zu belegen. Notwendig ist der volle Beweis in der Weise, dass die Beweiswirkung der Zustellungsurkunde vollständig entkräftet und jede Möglichkeit der Richtigkeit der in ihr niedergelegten Tatsachen ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 10. November 2005 - III ZR 104/05 - Rn. 12, juris = NJW 2006, 150
[BGH 10.11.2005 - III ZR 104/05]
; BFH, Urteil vom 21. Januar 2015 - X R 16/12 - Rn. 31, juris = GmbHR 2015, 776
[BFH 21.01.2015 - X R 16/12]
).
Die Beklagte hat nichts vorgebracht, was die vom Gerichtsvollzieher beurkundete Übergabe am 14.10.2014 um 11:45 Uhr im Geschäftslokal der Beklagten an eine dort beim Adressaten beschäftigte Person ausschließt. Sie hat keinen anderen Geschehensablauf dargelegt, nach dem die beurkundeten Tatsachen zwingend falsch sein müssen. Sie hat nicht vorgetragen, dass sich am Zustelltag zu der angegebenen Uhrzeit weder der Mitarbeiter W. noch eine sonst bei ihr beschäftigte Person in ihrem Restaurant aufgehalten hat. Die Beklagte weiß aufgrund der Diensteinteilung, wer wann mit welchen Aufgaben im Restaurant tätig ist. Der Gerichtsvollzieher kann an jede in den Geschäftsräumen beschäftigte Person zustellen. Soweit die Beklagte einwendet, die Zustellung habe jedenfalls nicht Herr R. W. entgegengenommen, ist damit die Richtigkeit des beurkundeten Vorgangs noch nicht widerlegt. Die Beklagte bemängelt zwar die Unterschrift auf der Zustellungsurkunde, legt aber nicht dar, ob und wann sich der Mitarbeiter R. W. im Restaurant aufgehalten hat. Die Unrichtigkeit der Beurkundung ist erst dann nachgewiesen, wenn feststeht, dass keiner der im Geschäftsraum anwesenden Bediensteten die Zustellung entgegengenommen haben kann. Sollte ein dort Beschäftigter dem Gerichtsvollzieher einen falschen Namen genannt und damit unterzeichnet haben, schließt das allein noch nicht eine ordnungsgemäße Zustellung aus. Maßgeblich ist nur, ob eine in dem Restaurant beschäftigte Person die Sendung angenommen hat. Das ist trotz der vorgebrachten Einwände nicht ausgeschlossen. Für den zu führenden Gegenbeweis genügt es nicht, den Geschehensablauf lediglich in Zweifel zu ziehen.
c) Nichterfüllung der Erklärungspflicht
Der Drittschuldner hat gemäß § 840 Abs. 1 ZPO binnen zwei Wochen, von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläubiger zu erklären: 1. ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei; 2. ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen; 3. ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei. Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärungen muss in die Zustellungsurkunde aufgenommen werden (§ 840 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Die Zustellungsurkunde vom 14.10.2014 enthielt die Aufforderung an die Beklagte, sich binnen zwei Wochen nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zu den oben genannten Fragen zu erklären. Diese Verpflichtung hat die Beklagte selbst nach zwei nochmaligen schriftlichen Aufforderungen nicht erfüllt. Dadurch sind der Beklagten Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 2.738,45 entstanden.
Die Auskunftspflicht nach § 840 Abs. 1 ZPO hängt nicht davon ab, ob dem Hauptschuldner die gepfändeten Forderungen tatsächlich zustehen. Die Auskunftspflicht besteht auch dann, wenn die Pfändung ins Leere geht (OLG Schleswig, Urteil vom 24.11.1989 - 11 U 51/89 - NJW-RR 1990, 448; LG Mönchengladbach, Urteil vom 20. November 2008 - 10 O 97/08 - Rn. 16, juris = JurBüro 2009, 273; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 840, Rn. 2).
Das Vollstreckungsgericht prüft bei der Pfändung nicht, ob die gepfändete Forderung tatsächlich besteht. Gegenstand der Pfändung ist nur eine "angebliche" Forderung. Der Auskunftsanspruch bezweckt, dem Gläubiger so schnell wie möglich Klarheit über seine Befriedigungsaussichten zu verschaffen. Dazu muss er insbesondere wissen, ob dem Schuldner gegenüber dem Drittschuldner überhaupt ein der Pfändung unterliegender Anspruch zusteht. Gerade deshalb hat der Gesetzgeber die Frage nach dem Ob in den Katalog der zu erteilenden Auskünfte aufgenommen. Der Drittschuldner hat zunächst zu erklären, ob er die Forderung als begründet anerkennt. Unterlässt der Drittschuldner die nach § 840 Abs. 1 ZPO geforderten Angaben, so kann der Gläubiger von der Beitreibbarkeit des gepfändeten Anspruchs ausgehen und diesen einklagen (BGH, Urteil vom 04. Mai 2006 - IX ZR 189/04 - Rn. 11, juris = NJW-RR 2006, 1566
[BGH 04.05.2006 - IX ZR 189/04]
). Eine weitere - zusätzliche Kosten auslösende - Aufforderung des Gläubigers ist nicht erforderlich, weshalb die hiermit ggf. verbundenen Anwaltskosten nicht zu erstatten sind (BGH, Urteil vom 04. Mai 2006 - IX ZR 189/04 - Rn. 14, juris = NJW-RR 2006, 1566
[BGH 04.05.2006 - IX ZR 189/04]
).
Die Erklärungspflicht des Drittschuldners dient nicht nur dem Gläubigerinteresse, sondern ist auch Ausdruck staatlicher Ordnungsinteressen, die eine Belastung der Gerichte durch unnötige Prozesse verhindern soll. Der Gläubiger soll eben nicht gezwungen werden, auf einen bloßen Verdacht hin den vermuteten Drittschuldner mit einer Klage zu überziehen (OLG Schleswig, Urteil vom 24.11.1989 - 11 U 51/89 - NJW-RR 1990, 448; LG Mönchengladbach, Urteil vom 20. November 2008 - 10 O 97/08 - Rn. 16, juris = JurBüro 2009, 273; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 840, Rn. 2). Der Drittschuldner ist demgegenüber nicht schutzbedürftig, da er die erbetenen Auskünfte regelmäßig ohne größeren Zeit- und Kostenaufwand erteilen kann. Es gibt kein schützenswertes Interesse, die Angabe, dass eine Forderung nicht besteht, also nicht als begründet anerkannt wird, zu verweigern.
Die Beklagte hätte die verlangte Auskunft ohne weiteres rechtzeitig erteilen und damit die Zahlungsklage vermeiden können. Es gab keinen Anlass, die erst im Laufe des Rechtsstreits mit Schriftsatz vom 04.03.2015 vorgelegte Erklärung nicht schon vor der Klageerhebung abzugeben. Die verspätete Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis mit dem Streitverkündeten hat unnötige Prozesskosten verursacht und zu einer unnötigen Inanspruchnahme der Gerichte geführt.
d) Verschulden
Die Beklagte hat die verspätete Erteilung der Auskunft verschuldet.
Der Schadensersatzanspruch aus § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO setzt Verschulden voraus (BAG, Urteil vom 16. Mai 1990 - 4 AZR 56/90 - Rn. 16, juris = NJW 1990, 2643
[BAG 16.05.1990 - 4 AZR 56/90]
; BGH, Urteil vom 28. Januar 1981 - VIII ZR 1/80 - Rn. 13, juris = NJW 1981, 990
[BGH 28.01.1981 - VIII ZR 1/80]
; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 840, Rn. 12). Der Schuldner trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Nichterteilung bzw. die nicht rechtzeitige Erteilung der Auskunft nicht auf einem Verschulden seinerseits beruht (BAG, Urteil vom 16. Mai 1990 - 4 AZR 56/90 - Rn. 16, juris = NJW 1990, 2643
[BAG 16.05.1990 - 4 AZR 56/90]
; BGH, Urteil vom 28. Januar 1981 - VIII ZR 1/80 - Rn. 14, juris = NJW 1981, 990
[BGH 28.01.1981 - VIII ZR 1/80]
; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 840, Rn. 12).
Der Schuldner hat, wenn nichts anderes bestimmt ist oder sich ergibt, Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Zur im Geschäftsverkehr üblichen Sorgfalt gehört es u. a., durch entsprechende organisatorische Maßnahmen und Einweisung der Mitarbeiter die Bearbeitung der eingehenden Geschäftspost sicherzustellen. Abgesehen davon hat der Schuldner ein Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden (§ 278 Satz 1 BGB).
Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die verspätete Erteilung der Auskunft eben nicht auf mangelnder Sorgfalt im Geschäftsverkehr beruht. Sollte der Geschäftsführer, wie er behauptet hat, erst später von der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfahren haben, kann das durchaus auf eine unzureichende Organisation des Betriebs oder auf eine unzureichende Unterweisung von Beschäftigten zurückgehen. Einzelheiten zum Verbleib oder Verlust der zugestellten Unterlagen sind nicht vorgetragen. Die Beklagte hat nicht weiter aufgeklärt, weshalb der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht zur Geschäftsführung gelangt und wo er verblieben ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die Unterlagen trotz Beachtung der im Geschäftsverkehr gebotenen Sorgfalt aus anderen Gründen (z. B. aufgrund eines Brand- oder Wasserschadens) verloren gegangen sind und nicht rechtzeitig bearbeitet werden konnten.
Keinesfalls entsprach es mehr der im Geschäftsverkehr gebotenen Sorgfalt, die späteren Schreiben der Klägerin vom 11.11.2014 und 18.12.2014 unbeachtet zu lassen. Die letztlich unnötige Klage hätte sich auch zu diesem Zeitpunkt noch mit geringem Aufwand vermeiden lassen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.