19.11.2024 · IWW-Abrufnummer 244896
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 01.03.2024 – 8 Sa 136/23
1. Im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen nach § 850c Abs. 2 ZPO sind Unterhaltsverpflichtungen nur dann zu berücksichtigen, wenn der Schuldner sie erfüllt.
2. Ein Lohnvorschuss setzt voraus, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei der Auszahlung darüber einig sind, dass es sich um einen Vorschuss handelt, der bei Fälligkeit der Forderung verrechnet wird.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil vom 01.03.2024
Tenor:
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10.05.2023, Az. 4 Ca 2024/22, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:1. Das Versäumnisurteil vom 22.02.2023 wird hinsichtlich eines Betrags von 443,57 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.09.2022 aufrechterhalten.
2. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil vom 22.02.2023 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten beider Rechtszüge trägt der Kläger mit Ausnahme der Kosten der Säumnis im Termin vom 22.02.2023, die von der Beklagten zu tragen sind.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war bei der Beklagten vom 01.04.2019 bis 31.07.2022 als Monteur beschäftigt. In § 11 seines Arbeitsvertrages ("Schlussbestimmungen") heißt es u. a.:
"Alle finanziellen Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind binnen einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit in Textform geltend zu machen und im Falle der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von drei Monaten mit bezifferter Leistungsklage einzuklagen. Ansprüche, die aus einer vorsätzlichen Schädigung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer resultieren, sind vom Geltungsbereich dieser Ausschlussfristen ausgenommen."
Am 01.04.2021 schlossen die Parteien einen Darlehensvertrag, ausweislich dessen die Beklagte dem Kläger ein Darlehen in Höhe von 1.000,00 € gewährte. In diesem Vertrag heißt es u. a.:
"Das Darlehen wird mit 4% verzinst und ist rückzahlbar in monatlichen Raten von 100,00 €. Die Rückzahlung beginnt mit der Abrechnung April 2021 ... Des Weiteren tritt (der Kläger) die pfändbaren Beträge, die ihm aus Arbeitsentgelt ... oder sonstigen Bezügen zustehen bis zur Höhe der Gesamtrestschuld an die (Beklagte) rechtsverbindlich ab."
Am 09.07.2021 schlossen die Parteien einen weiteren Darlehensvertrag über ein Arbeitgeberdarlehen in Höhe von 2.000,00 €. In diesem Vertrag heißt es u. a.:
"Das Darlehen wird mit 4% verzinst und ist rückzahlbar in monatlichen Raten von 100,00 €. Die Rückzahlung beginnt mit der Abrechnung Juli 2021. Ab Februar 2022 erhöht sich die monatliche Rate auf 200,00 € ... Des Weiteren tritt (der Kläger) die pfändbaren Beträge, die ihm aus Arbeitsentgelt ... oder sonstigen Bezügen zustehen bis zur Höhe der Gesamtrestschuld an die (Beklagte) rechtsverbindlich ab."
Die Beklagte zahlte dem Kläger seinen monatlichen Lohn in zwei Tranchen. Die erste betrug 520,00 € netto und wurde zu Beginn des laufenden Monats gezahlt, die zweite, in Höhe des jeweiligen Rest-Nettolohns, zum 15. des Folgemonats.
Am 23.03.2021 erließ das Amtsgericht Westerburg einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugunsten des dem Kläger gegenüber unterhaltsberechtigten Kindes S. S.. Der Beschluss bezog sich hinsichtlich der Beklagten als Arbeitgeber des Klägers "auf Zahlung des gesamten gegenwärtigen und künftigen Arbeitseinkommens (einschließlich des Geldwertes von Sachbezügen)" und bestimmte als monatlichen pfandfreien Betrag 840,00 € zzgl. 50 % des verbleibenden Restbetrags. Vor diesem Hintergrund schlossen am 31.03.2021 S., gesetzlich vertreten durch die Kreisverwaltung des W. in B., und der Kläger eine Lohnabtretungsvereinbarung. In dieser heißt es, der Kläger sei gemäß aktueller Titulierung verpflichtet, S. laufenden Unterhalt von monatlich derzeit 364,50 € zu zahlen, und schulde ferner rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 02.02.2013 bis 31.03.2021 in Höhe von 6.173,09 €. Zur Deckung dieser Unterhaltsverpflichtung trete er von seinem Arbeitseinkommen einen Betrag von monatlich 450,00 € ab, die Beklagte als Arbeitgeber werde gebeten, die insoweit einzubehaltenden Abtretungsbeträge an die Kreiskasse des W. zu überweisen. Die Abtretung werde sofort rechtswirksam, Arbeitseinkommen sei nur insoweit abtretbar, als es pfändbar sei (§ 400 BGB, 850d ZPO). Mit Schreiben vom 31.03.2021 bat die Kreisverwaltung des W. die Beklagte, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vorerst ruhen zu lassen und Beträge vom Einkommen des Klägers entsprechend dem Lohnabtretungsvertrag einzubehalten.
Mit weiterem Schreiben vom 26.08.2021 bat sie die Beklagte, die Lohnabtretung vorerst ruhen zu lassen und keine Beträge vom Einkommen des Klägers einzubehalten, da mit diesem zwischenzeitlich eine freiwillige Zahlungsvereinbarung habe getroffen werden können. Mit Schreiben vom 30.08.2021 bat sie um Reduzierung der Lohnabtretung auf 350,00 € monatlich. Mit Schreiben vom 01.02.2022 teilte sie der Beklagten schließlich mit, sie bitte, die Lohnpfändung bis zu einem Betrag von 400,00 € wieder aufleben zu lassen, da der Kläger seiner freiwilligen Unterhaltszahlung seit Dezember 2021 nicht nachgekommen sei.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, die Beklagte habe ihm für die Zeit von Januar 2021 bis Juni 2022 ausweislich der Lohnabrechnungen zu wenig Arbeitslohn gezahlt. Geschuldet gewesen seien 37.450,66 € netto, erhalten habe er lediglich 27.996,41 €. Die von der Beklagten vorgenommenen Abzüge seien überwiegend nicht nachvollziehbar.
Nachdem der Kläger erstinstanzlich ursprünglich beantragt hatte,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.454,25 € netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
am 22.02.2023 ein klagestattgebendes Versäumnisurteil ergangen war, gegen das die Beklagte form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hat, hat der Kläger zuletzt beantragt,
das Versäumnisurteil vom 22.02.2023 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 22.02.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, sämtliche Lohnabzüge seien im Hinblick auf geschuldete Darlehensrückzahlungen, erhaltene Vorschüsse, Pfändungen bzw. Lohnabtretungen oder aus sonstigen Gründen gerechtfertigt. Hierzu verweist sie auf ihre mit Schriftsatz vom 04.04.2023 eingereichte Gesamtübersicht für den streitgegenständlichen Zeitraum (Bl. 95 d.A.). Aus dieser ergebe sich, dass die Pfändungsfreigrenze des Klägers lediglich im Juli 2021 sowie im Februar, April und Mai 2022 mit 104,36 € / 24,58 € / 24,85 € / 126,34 € unterschritten worden sei. Zudem verweise sie auf die arbeitsvertragliche Ausschlussfrist.
Mit Urteil vom 10.05.2023 hat das Arbeitsgericht sein Versäumnisurteil vom 22.02.2023 hinsichtlich eines Betrages von 280,12 € nebst Zinsen aufrechterhalten. Im Übrigen hat es das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Darlegungen der Beklagten in deren Gesamtübersicht verwiesen, welchen der Kläger nicht entgegengetreten sei. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung stehe dem Vergütungsanspruch nicht entgegen, da die Ausschlussklausel als neunter Absatz im laufenden Text des § 11 "Schlussbestimmungen" nicht optisch besonders hervorgehoben oder durch eine Überschrift kenntlich gemacht und daher überraschend iSv § 305c Abs. 1 BGB sei. Zudem sei sie gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, da sie keinen Hinweis darauf enthalte, dass der gesetzlich unverzichtbare Mindestlohn vom Verfall ausgenommen wäre. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Urteilsgründe (Bl. 190 ff. d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses ihm am 22.05.2023 zugestellte Urteil hat der Kläger mit beim Landesarbeitsgericht am 12.06.2023 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt und diese mit beim Landesarbeitsgericht am 22.08.2023 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage innerhalb verlängerter Frist begründet. Zur Begründung führt er nach Maßgabe seiner Berufungsschriftsätze vom 22.08.2023 (Bl. 213 ff. d.A.), 15.02.2024 (Bl. 236 ff. d.A.) und 21.02.2024 (Bl. 262 f. d.A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, aus, die Beklagte habe seine Pfändungsfreigrenze nach § 850c ZPO nicht beachtet. Er habe eine Ehefrau ohne Einkommen sowie zwei unterhaltspflichtige Kinder. Lohnansprüche an die Pfändung betreibende Gläubiger habe er nicht abgetreten, jedenfalls wäre eine solche Abtretung in Anbetracht des Pfändungsfreibetrages nach § 400 BGB unwirksam.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10.05.2023, Az. 4 Ca 2024/22, teilweise abzuändern und das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.02.2023 insgesamt aufrecht zu erhalten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschriftsätze vom 22.01.2024 (Bl. 229 ff. d.A.), 15.02.2024 (Bl. 241 ff. d.A.) und 27.02.2024 (Bl. 267 ff. d.A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, aus, dem Kläger habe für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Nettolohn von 38.533,19 € zugestanden. Erhalten habe er 28.390,64 €. Der Differenzbetrag setze sich aus berechtigten Lohnabzügen im Hinblick auf Pfändungen, Vorschüsse, Darlehensrückzahlungen oder sonstiges zusammen. Hinsichtlich der Pfändungsfreibeträge für Januar und Februar 2021 sei sein zweites Kind nicht zu berücksichtigen, da er ihm in dieser Zeit unstreitig keinen Unterhalt geleistet habe. Daher habe sich sein Pfändungsfreibetrag in diesen Monaten lediglich auf 1.869,28 € belaufen. Ab März 2021 griffen die Festlegungen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Die Abtretungserklärung an den die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger habe er im Abtretungsvertrag vom 31.03.2021 eigenhändig unterzeichnet. Weitere, im Juni 2021 erfolgte Lohnabzüge resultierten aus einer, ihr am 10.06.2021 vom Finanzamt mitgeteilten Änderung seiner Steuerklasse von 3 zu 4 rückwirkend ab Januar 2021. Die sich daraus ergebenden Lohnsteuernachzahlungen habe sie ihm mit der Juniabrechnung in Abzug gebracht, ohne dass - wegen § 38 Abs. 4 EStG - eine Pfändungsfreigrenze zu beachten gewesen sei. Statt des Lohnabtretungsbetrages von 450,00 € habe sie ihm im April 2021 lediglich 85,50 € vom Nettoeinkommen abgezogen. Sie habe indes mit ihm vereinbart, die restlichen 364,50 € in zwei gleichen monatlichen Raten im Mai und Juni 2021 von seinem Nettolohn abzuziehen. Da es sich insoweit um Vorschusszahlungen gehandelt habe, sei eine etwaige Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze im Juni 2021 unbeachtlich. Die in der Gesamtübersicht angeführte Auszahlungskorrektur für April 2022 in Höhe von 126,53 € resultiere daraus, dass sie den 21. und 22.03.2022 als Urlaub berücksichtigt und entsprechend vergütet habe, nach Erstellung der Lohnabrechnung vom Kläger indes eine Bescheinigung erhalten habe, dass er in diesem Zeitraum sein erkranktes Kind betreut habe. Daher stehe ihm für die beiden Tage ein Krankengeldanspruch gegen seine Krankenkasse zu. In Höhe der von ihr erhaltenen Urlaubsvergütung (126,53 € netto) sei er daher überzahlt. Dies habe sie in der Aprilabrechnung ausgeglichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die nach § 64 Abs. 1 und 2 lit. b) ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.
II.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur zu einem geringen Teil Erfolg.
1. Für den Zeitraum von Januar 2021 bis Juni 2022 ergibt sich aus dem Vortrag der Parteien sowie der von der Beklagten zur Akte gereichten Gesamtübersicht (Bl. 95 d.A.), dass die Beklagte die von ihr zu beachtende Pfändungsfreigrenze des Klägers in mehreren Monaten unzulässigerweise unterschritten hat (im Juni und Juli 2021 sowie Februar, April und Mai 2022). Die von ihr insoweit zu Unrecht vom Nettolohn einbehaltenen Beträge hat sie dem Kläger auf dessen Leistungsklage hin nachzuzahlen. Im Einzelnen gilt Folgendes:
a) Im Januar 2021 lag die Pfändungsfreigrenze des Klägers nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten bei 1.869,28 €. Eine Unterhaltsverpflichtung für ein zweites Kind des Klägers war nicht zu berücksichtigen. Im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen nach § 850c Abs. 2 ZPO werden Unterhaltsverpflichtungen nur dann berücksichtigt, wenn der Schuldner sie auch erfüllt, sei es in Form von Natural- oder Barunterhalt, sei es freiwillig oder zwangsweise wie etwa infolge einer Pfändung (BAG 28.08.2013 - 10 AZR 323/12 - Rn. 14, juris; MüKo-ZPO/Smid, 6. Aufl. 2020, § 850c Rn. 12; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 850c Rn. 4; BeckOK-ZPO/Riedel, 01.12.2023, § 850c Rn. 11 f., 14). Darlegungs- und beweispflichtig für die Erbringung von Unterhaltsleistungen ist der Schuldner (BAG 28.08.2013 - 10 AZR 323/12 - Rn. 25, juris; BeckOK-ZPO/Riedel, § 850c ZPO Rn. 13a).
Ausgehend hiervon ist die Pfändungsfreigrenze des Klägers nicht unterschritten. Er erhielt von der Beklagten Nettozahlungen über insgesamt (520,00 + 1.478,69 =) 1.998,69 €. Dieser Betrag liegt über seiner Pfändungsfreigrenze, auch nach Abzug der in der Lohnabrechnung ausgewiesenen "Darlehenszinsen für die Zeit von Januar bis September 2020" in Höhe von 26,25 €.
b) Entsprechendes gilt für Februar 2021. Für diesen Monat steht dem Kläger ein Nettolohn von 2.093,29 € zu. Erhalten hat er sogar 3,00 € mehr. Damit ist eine Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze nicht ersichtlich.
c) Für März 2021 steht ihm ein Nettolohn von 2.091,61 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 1.121,61 =) 1.641,61 €.
aa) Sein Pfändungsfreibetrag setzt sich gemäß dem ab diesem Monat geltenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zusammen aus einem Sockelbetrag von 840,00 € zzgl. der Hälfte des verbleibenden Nettolohns. Dies sind hier ([2.091,61 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.465,81 €. Pfändbar waren mithin (2.091,61 - 1.465,81 =) 625,80 €. Die Beklagte behielt für die ab März 2021 greifende, vom Kläger unterzeichnete Abtretungsvereinbarung 450,00 € als "Lohnabtretung/Pfändung" ein. Damit hat sie die Pfändungsfreigrenze beachtet.
bb) Die Einwände des Klägers gegen die Lohnabtretung verfangen nicht. Bei Lohnpfändungen besteht nicht nur ein Einbehaltungsrecht des Arbeitgebers, sondern eine Einbehaltungspflicht (vgl. BAG 06.05.2009 - 10 AZR 834/08 - Rn. 17, juris; Brandis/Heuermann/Wackerbeck, EStG, November 2023, § 38 Rn. 122). die Beklagte als Drittschuldner hatte den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu beachten. Zudem hat der Kläger im Hinblick auf seine in diesem Beschluss titulierten Unterhaltsverpflichtungen/-rückstände mit der Kreisverwaltung einen Lohnabtretungsvertrag geschlossen und diesen eigenhändig unterzeichnet (Bl. 62 d.A.). Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, mit welcher Begründung er seine Abtretungserklärung in Abrede stellen will.
d) Für April 2021 steht dem Kläger ein Nettoverdienst von 2.375,40 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 1.669,90 =) 2.189,90 €. Der pfändungsfreie Betrag lag mithin bei ([2.375,40 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.607,70 €, der pfändbare Betrag bei (2.375,40 - 1.607,70 =) 767,70 €. Einbehalten hat die Beklagte 85,50 € als Lohnabtretung/Pfändung sowie 100,00 € zur Tilgung des ersten Darlehens vom 01.04.2021. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Pfändungsfreigrenze ist eingehalten.
e) Gleiches gilt für Mai 2021. Für diesen Monat steht dem Kläger ein Nettoverdienst von 2.455,50 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 1.192,85 =) 1.712,85 €. Sein pfändungsfreier Betrag lag bei ([2.455,50 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.647,75 €, der pfändbare Betrag damit bei (2.455,50 - 1.647,75 =) 807,75 €. Einbehalten hat die Beklagte 450,00 € für Lohnabtretung/Pfändung, weitere 100,00 € zur Tilgung des ersten Darlehens, weitere 182,25 € als vereinbarte erste Hälfte der aus dem Vormonat verbleibenden Rest-Lohnabtretung/Pfändung ([450,00 - 85,50]: 2) sowie schließlich 10,40 € als Auszahlungskorrektur. Unter Berücksichtigung sämtlicher vorgenannter Beträge liegt der Lohneinbehalt bei 742,65 € und unterschreitet die Pfändungsfreigrenze damit nicht.
f) Im Juni 2021 hat die Beklagte die Pfändungsfreigrenze des Klägers nicht beachtet.
aa) Für diesen Monat steht dem Kläger ein Nettolohn von 2.230,66 € zu. Erhalten hat er lediglich eine erste Lohnzahlung über 520,00 €. Als Pfändungsfreibetrag zu berücksichtigen waren ([2.230,66 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.535,33 €. Pfändbar waren mithin (2.230,66 - 1.535,33 =) 695,33 €.
bb) Einbehalten hat die Beklagte 450,00 € für Lohnabtretung/Pfändung, 182,25 € als zweite vereinbarte nachzuzahlende Hälfte der Lohnpfändung aus April ([450,00 - 85,50]: 2) sowie 100,00 € Tilgung für das erste Darlehen. Damit hat sie die Pfändungsfreigrenze um (732,25 - 695,33 =) 36,92 € unterschritten.
cc) Diese Unterschreitung ist nicht gerechtfertigt. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, bei den 182,25 € handle es sich in der Sache um einen Lohnvorschuss, weshalb die Pfändungsfreigrenze insoweit nicht zu beachten sei.
aaa) Vorschüsse sind Vorauszahlungen auf nicht verdienten Lohn. Der Vorschussnehmer erhält Geld für eine Forderung, die entweder noch nicht oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist (BAG 21.01.2015 - 10 AZR 84/14 - Rn. 21, juris). Zudem setzt ein Vorschuss voraus, dass sich beide Seiten bei der Auszahlung darüber einig sind, dass es sich um einen Vorschuss handelt, der bei Fälligkeit der Forderung verrechnet wird (BAG 11.07.1961 - 3 AZR 216/60 - Rn. 20; 13.12.2000 - 5 AZR 334/99 - Rn. 36; LAG Rheinland-Pfalz 24.04.2007 - 9 SaGa 1/07 - Rn. 17, juris). Wer eine Zahlung als Vorschuss erhält, muss damit rechnen, dass sie ihm nicht endgültig zusteht. Daher setzt ein Vorschuss voraus, dass der Empfänger weiß, dass er nur einen Vorschuss erhält, damit er entsprechend vorsichtig wirtschaften kann (BAG 11.07.1961 - 3 AZR 216/60 - Rn. 20, juris).
bbb) An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Zum einen handelt es sich bei den im April 2021 nicht einbehaltenen 364,50 € nicht um vom Kläger noch nicht verdienten Lohn. Vielmehr hat die Beklagte, die die vollen 450,00 € als Lohnabtretung/Pfändung hätte einbehalten dürfen, lediglich 85,50 € einbehalten. Indem sie es lediglich unterließ, den vollen Betrag einzubehalten, gewährte sie dem Kläger damit jedoch keine Vorauszahlung auf noch nicht verdienten Lohn oder eine sonstige, entweder noch nicht oder nur aufschiebend bedingt entstandene oder zwar entstandene, aber noch nicht fällige Forderung im Sinne der vorgenannten BAG-Rechtsprechung. Vielmehr erfolgte die Auszahlung auf vom Kläger bereits verdienten Lohn und stellte damit gerade keinen Vorschuss dar. Unabhängig hiervon fehlt es an einem erforderlichen ausdrücklichen Hinweis des Arbeitgebers und der Einigkeit beider Seiten darüber, dass es sich bei dem Betrag um einen Lohnvorschuss handeln sollte. Es ist aber weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen, man habe die im April nicht einbehaltenen 364,50 € als Lohnvorschuss verstanden. Dass sich der Kläger mit dem Abzug der 182,25 € von seinem Nettolohn einverstanden erklärt haben mag, ändert daran nichts.
dd) Die darüber hinaus von der Beklagten vorgenommenen Auszahlungskorrekturen, die in ihrer Summe zusammen mit den weiteren Lohnabzügen dazu geführt haben, dass dem Kläger gar keine zweite Lohntranche gezahlt wurde, sind dagegen nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat vorgetragen und belegt, am 10.06.2021 vom Finanzamt darüber informiert worden zu sein, dass der Kläger seit Januar 2021 seine Steuerklasse gewechselt hatte (vgl. Anlage B1, Bl. 246 d.A.). Die sich daraus ergebenden Lohnsteuernachzahlungen hat der Kläger weder dem Grunde noch der Höhe nach angegriffen. Diese durfte die Beklagte ohne Berücksichtigung der Pfändungsfreigrenzen von seinem Nettoverdienst in Abzug bringen. Gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers vom Arbeitslohn einzubehalten (BAG 10.02.2004 - 9 AZR 183/03 - Rn. 39, 45, juris). Auf die Einhaltung der Pfändungsfreigrenzen nach § 850c ZPO kann sich der Arbeitnehmer in diesem Rahmen nicht berufen (BAG 10.02.2004 - 9 AZR 183/03 - Rn. 45, juris). Zudem hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gem. § 38 Abs. 4 Satz 1 EStG, wenn der geschuldete Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht, den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen oder der Arbeitgeber einen entsprechenden Teil der anderen Bezüge des Arbeitnehmers zurückzubehalten.
ee) Daher war die Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze lediglich in Höhe von 36,92 € ungerechtfertigt. Insoweit ist die Klageforderung begründet und das Versäumnisurteil abzuändern.
g) Für Juli 2021 steht dem Kläger ein Nettoverdienst von 1.931,29 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 549,34 =) 1.069,34 €. Sein Pfändungsfreibetrag lag bei ([1.931,29 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.385,65 €, sein pfändbarer Betrag bei (1.931,29 - 1.385,65 =) 545,64 €. Hiervon hat die Beklagte 100,00 € für das erste Darlehen, weitere 100,00 € für die in diesem Monat einsetzende Tilgung des zweiten Darlehens vom 09.07.2021 sowie 450,00 € für Lohnabtretung/Pfändung in Abzug gebracht, insgesamt 650,00 €. Daraus ergibt sich eine Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze um (650,00 - 545,65 =) 104,35 €. In ihrer Gesamtübersicht hat die Beklagte bereits eingeräumt, 104,36 € ungerechtfertigt vom Lohn des Klägers einbehalten zu haben. Zum Ausgleich dieses Betrages hat sie das Arbeitsgericht verurteilt. Daher wirkt sich dieser Betrag im Rahmen der Berufung nicht erneut zu ihren Lasten aus.
Der zudem in der Juliabrechnung ausgewiesene Betrag von 211,95 € wurde zu Recht vom Nettoverdienst des Klägers einbehalten, da er aus der steuerklassenwechselbedingten Auszahlungskorrektur aus dem Vormonat resultiert, der dortige Betrag in Höhe von 1.190,36 € indes nicht vollständig durch Lohneinbehalt abgedeckt werden konnte und der verbleibende Restbetrag von 211,95 € in den Folgemonat (Juli) hinein übertragen wurde. Insoweit gelten die obigen Ausführungen zu § 38 Abs. 3 und 4 EStG entsprechend, die Beklagte hatte diesbzgl. keine Pfändungsfreigrenze zu berücksichtigen.
h) Für August 2021 steht dem Kläger Nettolohn von 2.172,81 € zu. Hiervon erhalten hat er (520,00 + 902,81 =) 1.422,81 €. Daraus ergibt sich ein Pfändungsfreibetrag von ([2.172,81 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.506,41 €, was einem pfändbaren Betrag von (2.172,81 - 1.506,41 =) 666,40 € entspricht.
Hiervon hat die Beklagte 100,00 € für das erste Darlehen, weitere 100,00 € für das zweite Darlehen sowie 350,00 € für Lohnabtretung/Pfändung in Abzug gebracht, insgesamt 550,00 €. Damit hat sie den pfändungsfreien Betrag beachtet. Bei den darüber hinaus abgezogenen 200,00 € handelt es sich unstreitig um einen Lohnvorschuss vom 17.08.2021 (über 400,00 €), weshalb die dadurch erfolgte Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze zulässig ist (vgl. BAG 15.03.2000 - 10 AZR 101/99 - Rn. 61; LAG Rheinland-Pfalz 24.04.2007 - 9 SaGa 1/07 - Rn. 17; 21.07.2014 - 2 Sa 117/14 - Rn. 54; LAG Köln 25.01.2012 - 8 Sa 1080/11 - Rn. 49, juris).
i) Für September 2021 hat der Kläger einen Nettolohn von 2.388,53 € verdient. Erhalten hat er (520,00 + 1.468,53 =) 1.988,53 €. Damit ergibt sich ein Pfändungsfreibetrag von ([2.388,53 - 840,00]: 2 + 840 =) 1.614,27 €, mithin ein pfändbarer Betrag von (2.388,53 - 1.614,27 =) 774,26 €. Vom Nettolohn abgezogen hat ihm die Beklagte 100,00 € für das erste Darlehen, weitere 100,00 € für das zweite Darlehen sowie 200,00 € als zweite Hälfte des Lohnvorschusses von 400,00 € aus dem Vormonat. Auch insoweit liegt keine Missachtung der Pfändungsfreigrenze vor.
j) Für Oktober 2021 steht dem Kläger ein Nettolohn von 2.026,10 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 1.306,10 =) 1.826,10 €. Es ergibt sich ein Pfändungsfreibetrag von ([2.026,10 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.433,05 € und damit ein pfändbarer Betrag von (2.026,10 - 1.433,05 =) 593,05 €. Vom Nettolohn abgezogen hat ihm die Beklagte 100,00 € für das erste sowie weitere 100,00 € für das zweite Darlehen. Damit liegt keine Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze vor.
k) Für November 2021 steht dem Kläger ein Nettoverdienst von 2.483,45 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 1.563,45 =) 2.083,45 €. Damit ergibt sich ein Pfändungsfreibetrag von ([2.483,45 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.661,73 €. Dies entspricht einem pfändbaren Betrag von (2.483,45 - 1.661,73 =) 821,72 €. Vom Nettolohn in Abzug gebracht hat die Beklagte 100,00 € für das erste und weitere 100,00 € für das zweite Darlehen sowie 200,00 € für einen Lohnvorschuss vom 29.11.2021 über 400,00 € (als 1. Hälfte). Damit ist die Pfändungsfreigrenze beachtet.
l) Für Dezember 2021 steht dem Kläger ein Nettoverdienst von 2.242,15 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 1.307,38 =) 1.827,38 €. Es ergibt sich ein pfändungsfreier Betrag von ([2.242,15 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.541,08 €, mithin ein pfändbarer Betrag von (2.242,15 - 1.541,08 =) 701,07 €. Abgezogen hat die Beklagte für die beiden Darlehen jeweils 100,00 € sowie weitere 200,00 € als zweite Hälfte des im Vormonat gewährten Vorschusses von 400,00 €. Dies ist nicht zu beanstanden.
m) Für Januar 2022 stehen dem Kläger 2.224,21 € netto zu. Davon erhalten hat er (520,00 + 1.104,21 =) 1.624,21 €. Daraus ergibt sich ein pfändungsfreier Betrag von ([2.224,21 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.532,11 €, mithin ein pfändbarer Betrag von (2.224,21 - 1.532,11 =) 692,10 €. Vom Nettolohn in Abzug gebracht hat die Beklagte je 100,00 € für die beiden Darlehen sowie 400,00 € für Lohnabtretung/Pfändung, insgesamt 600,00 €. Damit hat sie die Pfändungsfreigrenze beachtet.
n) Für Februar 2022 steht dem Kläger ein Nettolohn von 1.990,85 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 870,85 =) 1.390,85 €. Die Pfändungsfreigrenze lag in diesem Monat bei ([1.990,85 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.415,43 €, was einem pfändbaren Betrag von (1.990,85 - 1.415,43 =) 575,42 € entspricht. Abgezogen hat die Beklagte dem Kläger 200,00 € für das ab diesem Monat in dieser Höhe zu bedienende zweite Darlehen sowie 400,00 € für Lohnabtretung/Pfändung, insgesamt 600,00 €. Damit hat sie die Pfändungsfreigrenze um (600,00 - 575,43 =) 24,57 € unterschritten. In ihrer Gesamtübersicht weist sie einen Unterschreitungsbetrag von 24,58 € aus, zu dessen Begleichung sie bereits vom Arbeitsgericht verurteilt wurde. Dieser Betrag ist daher nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens.
o) Für März 2022 steht dem Kläger (gemäß der zweiten Korrekturabrechnung von Juli 2022) ein Nettolohn von 2.233,37 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 713,37 =) 1.233,37 €. Es ergibt sich ein pfändungsfreier Betrag von ([2.233,37 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.536,69 €, mithin ein pfändbarer Betrag von (2.233,37 - 1.536,69 =) 696,68 €. Davon hat die Beklagte für das zweite Darlehen 200,00 € sowie weitere 400,00 € für Lohnabtretung/Pfändung in Abzug gebracht, insgesamt 600,00 €. Damit hat sie sich im Rahmen der Pfändungsfreigrenze gehalten. Die von ihr darüber hinaus in Abzug gebrachten 400,00 € resultieren aus einem dem Kläger in dieser Höhe am 16.03.2022 geleisteten weiteren Lohnvorschuss und durften die Pfändungsfreigrenze daher unterschreiten.
p) Für April 2022 steht dem Kläger ein Nettoverdienst von 1.990,30 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 743,77 =) 1.263,77 €. Es ergibt sich ein pfändungsfreier Betrag von ([1.990,30 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.415,15 €, mithin ein pfändbarer Betrag von (1.990,30 - 1.415,15 =) 575,15 €.
aa) Vom Nettoverdienst in Abzug gebracht hat die Beklagte dem Kläger 200,00 € für das zweite Darlehen sowie 400,00 € für Lohnabtretung/Pfändung, insgesamt 600,00 €. Damit hat sie die Pfändungsfreigrenze um (600,00 - 575,15 =) 24,85 € unterschritten. Auch dieser Betrag wurde dem Kläger bereits vom Arbeitsgericht zugesprochen, da ihn die Beklagte in ihrer Gesamtübersicht eingeräumt hat.
bb) Hinzu kommen indes weitere 126,53 € netto. Diese hat die Beklagte dem Kläger unzulässigerweise vom Lohn abgezogen. Sie beruft sich insoweit darauf, es handle sich um eine zu Unrecht an den Kläger geleistete Urlaubsvergütung für den 21. und 22.03.2022. Tatsächlich habe dieser, wie sich im Nachhinein herausgestellt habe, sein krankes Kind zu betreuen gehabt und daher lediglich einen Anspruch gegen die Krankenkasse. Zwar mag dies in der Tat einen Rückforderungsanspruch der Beklagten begründen. Bei dessen Realisierung hat sie jedoch die Pfändungsfreigrenze des Klägers zu beachten. Da sie diese aber bereits mit ihren übrigen Lohnabzügen unterschritten hatte, war sie in diesem Monat nicht befugt, einen weiteren Betrag von 126,53 € zu Lasten des Klägers zu verrechnen. Es handelt sich in der Sache um eine schlichte Überzahlung. Diese unterliegt hinsichtlich der Pfändungsfreigrenze keinen besonderen Regelungen, insbesondere führt sie nicht dazu, dass die Beklagte die Pfändungsfreigrenze nicht mehr zu beachten hätte. Die o.g. Voraussetzungen einer Lohnvorschusszahlung im Rechtssinne sind ersichtlich nicht gegeben, da die Beklagte davon ausging, dem Kläger reguläres Urlaubsentgelt zu zahlen.
cc) Daher ist die Klageforderung in Höhe dieses Betrages begründet. Auch insoweit war das erstinstanzliche Versäumnisurteil abzuändern.
q) Für Mai 2022 steht dem Kläger (ausweislich der zweiten Korrekturabrechnung aus Juli 2022) ein Nettolohn von 1.798,63 € zu. Erhalten hat er (350,00 + 771,39 + 11,30 + 65,94 =) 1.198,63 €. Es ergibt sich ein pfändungsfreier Betrag von ([1.798,63 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.319,32 € und damit ein pfändbarer Betrag von (1.798,63 - 1.319,32 =) 479,31 €. Vom Nettolohn abgezogen hat die Beklagte dem Kläger 200,00 € für das zweite Darlehen sowie 400,00 € für Lohnabtretung/Pfändung. Damit hat sie die Pfändungsfreigrenze des Klägers um (600,00 - 479,32 =) 120,68 € unterschritten. In ihrer Übersicht eingeräumt hat sie für diesen Monat einen Betrag von 126,34 €, die dem Kläger durch das Arbeitsgericht bereits zugesprochen wurden. Daher war das Urteil auf seine Berufung insoweit nicht weiter abzuändern.
r) Für Juni 2022 steht dem Kläger ein Nettolohn von 1.802,97 € zu. Erhalten hat er (520,00 + 805,73 =) 1.325,73 €. Es ergibt sich ein pfändungsfreier Betrag von ([1.802,97 - 840,00]: 2 + 840,00 =) 1.321,49 €, mithin ein pfändbarer Betrag von (1.802,97 - 1.321,49 =) 481,48 €. Vom Nettolohn abgezogen hat ihm die Beklagte 400,00 € für Lohnabtretung/Pfändung, 1,85 € Darlehenszinsen sowie 75,39 € zur Darlehenstilgung (ursprünglicher Abzug von 554,06 € minus Rückerstattung von 478,67 € [vgl. die Lohnabrechnung aus Juni sowie die Korrekturabrechnung für Juni aus Juli 2022 (Bl. 96 ff. d.A.)]), insgesamt 477,24 €. Damit hat sie die Pfändungsfreigrenze beachtet.
2. Insgesamt ergibt sich über die dem Kläger vom Arbeitsgericht bereits zugesprochenen 280,12 € ein weiterer Betrag in Höhe von (36,92 + 126,53 =) 163,45 €. Dementsprechend war das Versäumnisurteil der ersten Instanz teilweise abzuändern und insgesamt in Höhe von (280,12 + 163,45 =) 443,57 € aufrechtzuerhalten. Im Übrigen war die Berufung zurück- und die Klage abzuweisen.
B.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 344 ZPO.
C.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst (§ 72 Abs. 2 ArbGG).
RechtsgebietLohnpfändungVorschriften§ 850c ZPO