· Fachbeitrag · Vermieterpfandrecht
Einbringungszeitraum der Sache in die Mieträume ist entscheidend
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Entscheidungsgründe
Die Entscheidung stärkt die Rechte von ehemaligen Eigentümern als Vermieter und Erwerbern als neue Eigentümer.
Der BGH betont, dass der Erwerber anstelle des Veräußerers als Vermieter in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten eintritt. Mit dem Eigentumsübergang entsteht ein neues Mietverhältnis zwischen dem Erwerber des Grundstücks und dem Mieter, jedoch mit dem gleichen Inhalt, mit dem es zuvor mit dem Veräußerer bestanden hat. Der Eigentumsübergang ändert hieran nichts.
Das Vermieterpfandrecht des Veräußerers geht dabei allerdings nicht auf den Erwerber über, da der Erwerber nicht Rechtsnachfolger des Veräußerers ist. Vielmehr findet ein unmittelbarer Rechtserwerb kraft Gesetzes statt. Daher entsteht neben dem Vermieterpfandrecht des Veräußerers, das dessen Forderungen aus dem Mietverhältnis sichert, ein eigenständiges Vermieterpfandrecht des Erwerbers.
Dieses Vermieterpfandrecht bleibt seinem Umfang nach nicht hinter demjenigen des Veräußerers zurück und wird insbesondere nicht durch eine Sicherungsübereignung nach Einbringung der Sache berührt. Vielmehr ist für die Frage, ob dem Vermieterpfandrecht des Erwerbers die bei Eigentumsübergang in den Mieträumen befindlichen Sachen unterfallen, ebenfalls der Zeitpunkt von deren Einbringung maßgeblich, sodass die Vermieterpfandrechte von Veräußerer und Erwerber insoweit dieselben Sachen erfassen.
Praxishinweis
Das Vermieter-/Erwerberpfandrecht spielt in der vollstreckungsrechtlichen Praxis eine bedeutende Rolle. Hier muss allerdings im Hinblick auf eine Gläubigerbefriedigung der dem Pfandrecht unterliegenden Sachen wie folgt unterschieden werden:
Verwertung außerhalb der Insolvenz
Die Befriedigung des Vermieterpfandrechtsgläubigers erfolgt durch Verkauf der Gegenstände, auf die sich das Pfandrecht erstreckt (§§ 1257, 1228 Abs. 1 BGB). Das bedeutet aber nicht, dass der Pfandgläubiger die Sachen an jeden beliebigen Käufer verkaufen kann. Die gepfändeten Gegenstände werden vielmehr öffentlich versteigert (§ 1235 Abs. 1 BGB). Die Versteigerung muss dabei durch eine der folgenden Personen erfolgen (§ 383 Abs. 3 BGB):
- für den Versteigerungsort bestellter Gerichtsvollzieher (§§ 181 ff. GVGA),
- befugter anderer Beamter (z.B. Notar, § 20 Abs. 2 BnotO) oder
- öffentlich angestellter Versteigerer nach § 34b Abs. 5 GewO.
Verwertung innerhalb der Insolvenz
Das wirksame Vermieter-/Erwerberpfandrecht begründet in der Insolvenz des Mieters ein sog. Absonderungsrecht (§§ 49, 50 Abs. 1 InsO). Das gibt dem Vermieter das Recht, aus den in dem Objekt eingebrachten und pfändbaren Gegenständen eine vorzugsweise Befriedigung aus dem Pfandgegenstand zu verlangen.
Das Vermieterpfandrecht ist allerdings auf die Rückstände der letzten 12 Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschränkt (§ 50 Abs. 2 InsO). Folge: Die dem Pfandrecht nicht unterliegenden Forderungen sind einfache Insolvenzforderungen, die gegebenenfalls eine Quotenzuteilung erhalten.
Absonderungsgläubiger sind regelmäßig daneben auch Insolvenzgläubiger, soweit der Insolvenzschuldner für die Ansprüche persönlich haftet. Insofern sollte die Forderung für den sog. „Ausfall“ angemeldet werden. Dieser Ausfall muss beim Insolvenzverwalter förmlich angemeldet werden (§ 52 InsO). Geschieht dies nicht, oder nicht fristgemäß, wird der Gläubiger bei der späteren Verteilung der Insolvenzmasse nicht berücksichtigt (§ 190 Abs. 2 InsO).
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Mieter M. ist mit der monatlichen Miete von 700 EUR seit zehn Monaten im Rückstand. Vermieter V. macht gegenüber M. rechtzeitig sein Vermieterpfandrecht geltend. Über das Vermögen des M. wird schließlich das Insolvenzverfahren eröffnet. V. teilt dem Insolvenzverwalter mit, dass er an den in der Wohnung eingebrachten Gegenständen ein Vermieterpfandrecht habe. V. meldet seine Forderung wegen Mietrückständen von 7.000 EUR für den Ausfall zur Insolvenztabelle an.
Der Insolvenzverwalter verwertet die Sachen zu einem Betrag von 5.000 EUR. Hiervon erhält V. abzüglich einer Kostenpauschale von 9 Prozent (= 450 EUR; s.u., S. 6) den Restbetrag von 4.550 EUR auf seine Forderung ausgezahlt. Hinsichtlich des offenstehenden Restes (= Ausfall) von 2.450 EUR (= 7.000 EUR ./. 4.550 EUR) erhält V. bei vorhandener Insolvenzmasse eine quotale Befriedigung, wenn er zuvor seinen Ausfall angemeldet hat. |
Verwertungsrecht liegt grundsätzlich beim Insolvenzverwalter
In der Verbraucherinsolvenz kann seit dem 1.7.14 nicht mehr der Vermieter selbst die Verwertung der seinem Pfandrecht unterliegenden Gegenstände betreiben, da § 313 Abs. 3 InsO a. F. seit diesem Stichtag ersatzlos entfallen ist.
Die Besonderheit in der Insolvenz liegt somit darin, dass das Absonderungsrecht bei beweglichen Gegenständen nach den §§ 166 bis 173 InsO nur durch den Insolvenzverwalter anstelle des Gläubigers ausgeübt wird. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Insolvenzverwalter die Sache in seinem unmittelbaren Besitz hat, also die tatsächliche Herrschaft über den Gegenstand besitzt (§ 166 InsO). Ist dies der Fall, hat der Insolvenzverwalter die Wahl zwischen drei Verwertungsmöglichkeiten (s.u.).
MERKE | Der Unterschied zwischen den Verwertungsarten ergibt sich aus der Höhe der anfallenden Kosten, die der Gläubiger an den Insolvenzverwalter abführen muss. Diese Kosten werden vom Erlös abgezogen und fließen der Insolvenzmasse als Gutschrift zu. Zum einen werden Feststellungskosten für die tatsächliche Feststellung des Gegenstandes und an ihm bestehender Rechte erhoben. Diese betragen pauschal 4 Prozent aus dem Verwertungserlöses (§ 171 Abs. 1 InsO). Daneben werden Verwertungskosten (z.B. Kosten für Auktionator) pauschal mit 5 Prozent des Verkaufserlöses veranschlagt. Sofern die Verwertung umsatzsteuerpflichtig ist, wird weiter die Umsatzsteuer abgezogen. |
MERKE | Bei allen Verwertungsmöglichkeiten muss der Gläubiger den Betrag, mit dem er bei der Verwertung des Absonderungsguts ausgefallen ist (sog. ausgefallener Erlös) beim Insolvenzverwalter förmlich anmelden (§ 52 InsO). Geschieht dies nicht, oder nicht fristgemäß, wird der Gläubiger bei der späteren Verteilung der Insolvenzmasse nicht berücksichtigt. |
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Im o.g. Fall erhält V. daher nur dann eine Zahlung hinsichtlich des offenstehenden Restes (= Ausfall) von 2.450 EUR (= 7.000 EUR ./. 4.550 EUR), wenn er neben der Anmeldung zum Ausfall diesen auch tatsächlich gegenüber dem Verwalter nachweist und angemeldet hat. |
Anfechtungsfalle bei Herausgabe an Gläubiger vor Insolvenzeröffnung
Hat der Vermieter als Gläubiger bereits im Vorfeld des Insolvenzverfahrens seinen Herausgabeanspruch realisiert und ist folglich im Besitz der Sache, liegen das Verwertungsrecht und damit der Erlösanspruch grundsätzlich allein bei ihm. Eine Herausgabepflicht an den Insolvenzverwalter ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Jedoch kann der Insolvenzverwalter solche Handlungen nachträglich anfechten, die die anderen Insolvenzgläubiger benachteiligen (§ 129 InsO). So kann z.B. der Insolvenzverwalter die Herausgabe des Gläubigers innerhalb der letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (sog. Krise) zur Erlangung eines eigenen Verwertungsrechts anfechten, wenn der Gläubiger (z.B. aufgrund der ausbleibenden Tilgung der Forderung) schon Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte (§ 130 InsO).
Stellt sich heraus, dass ein Absonderungsrecht nicht wirksam begründet wurde, teilt dies in der Regel der Insolvenzverwalter dem Gläubiger mit. Er fordert ihn zum Verzicht auf sein geltend gemachtes Absonderungsrecht auf.
Der Gläubiger sollte dann unbedingt dem Verwalter gegenüber den Verzicht erklären, andernfalls muss der Verwalter eine zeit- und kostenaufwendige Anfechtungsklage erheben. Für diese Kosten haftet dann der Gläubiger(Vertreter).
Weiterführende Hinweise
- So beantragen Sie die Räumungsvollstreckung bei geltend gemachtem Vermieterpfandrecht, VE 08, 14
- Räumung einer Wohnung bleibt kostengünstig, VE 07, 44
- BGH erleichtert Räumungsvollstreckung, VE 06, 63
- Vermieterpfandrecht richtig geltend machen, VE 06, 58