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  • · Fachbeitrag · Vollstreckungskosten

    Kosten einer Avalbürgschaft sind notwendig und erstattungsfähig

    Die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Avalbürgschaft, die der Gläubiger beibringt, um die Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil zu ermöglichen, hängt nicht davon ab, dass dem Schuldner zuvor eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels zugestellt wurde. Vielmehr reicht es grundsätzlich aus, dass der Gläubiger im Zeitpunkt der kostenauslösenden Maßnahme im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels ist und der Schuldner in Kenntnis seiner unbedingten Zahlungsverpflichtung einen Zeitraum von 14 Tagen zur freiwilligen Erfüllung der titulierten Forderung hat verstreichen lassen (BGH 4.10.12, VII ZB 11/10, Abruf-Nr. 123339).

     

    Sachverhalt

    Die Parteien streiten über die Erstattungsfähigkeit von Bürgschaftskosten. Am 8.1.08 verurteilte das LG den Schuldner, 41.506,70 EUR nebst Zinsen an den Gläubiger zu zahlen. Das vorläufig vollstreckbare Urteil wurde den Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners am 11.1.08 zugestellt. Nachdem dem Gläubiger am 18.1.08 eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils erteilt worden war, beauftragte er am 28.1.08 den Gerichtsvollzieher mit der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO. Am 29.1.08 erhielt der Gläubiger zur Durchführung der endgültigen Vollstreckung eine Bankbürgschaft. Unter dem 31.1.08 beauftragte er den Gerichtsvollzieher unter Nachweis der Bürgschaft mit der endgültigen Vollstreckung. Die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils wurde dem Schuldner am 6.2.08 zugestellt. Er bezahlte die titulierten Forderungen am 7.2.08.

     

    Das AG - Vollstreckungsgericht - hat die Kosten der Bankbürgschaft auf Antrag des Gläubigers als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung angesehen und durch Beschluss vom 23.1.09 gemäß § 788 Abs. 2 ZPO gegen den Schuldner festgesetzt. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Schuldners hat das Beschwerdegericht den Beschluss aufgehoben und den Festsetzungsantrag des Gläubigers zurückgewiesen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte dieser die Entscheidung des AG wiederhergestellt wissen. Der BGH hält die eingelegte Rechtsbeschwerde für begründet.

     

    Entscheidungsgründe

    Bei den Aufwendungen der Gläubiger für die Beibringung einer Bürgschaft handelt es sich dem Grunde nach um notwendige und deshalb erstattungsfähige Kosten der Rechtsverfolgung nach §§ 788 Abs. 1 oder 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Kosten auslösende Maßnahmen des Gläubigers, die der Zwangsvollstreckung oder - wie im vorliegenden Fall - ihrer Vorbereitung dienen, sind notwendig, wenn der Gläubiger sie bei verständiger Würdigung der Sachlage im Zeitpunkt ihrer Vornahme zur Durchsetzung seines titulierten Anspruchs objektiv für 
erforderlich halten durfte (BGH, VE 10, 44). Hierzu muss er jedenfalls im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels über eine im maßgeblichen Zeitpunkt fällige Forderung sein und es muss dem Schuldner eine nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls angemessene Frist zur freiwilligen Leistung zur Verfügung gestanden haben (BGH, VE 03, 144).

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung reiht sich in die des BGH vom 18.7.03 ein (BGH VE 03, 144). Hier haben die Richter bereits entschieden, dass die Erstattungsfähigkeit der durch eine Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung ausgelösten anwaltlichen Vollstreckungsgebühr nicht davon abhängt, ob der Anwalt zuvor die Zustellung einer Ausfertigung des Titels bewirkt hat. In einem solchen Fall reicht es vielmehr aus, dass der Gläubiger im Besitz einer Ausfertigung des Schuldtitels ist und die schutzwürdigen Belange des Schuldners dadurch gewahrt sind, dass dieser in Kenntnis seiner unbedingten Zahlungsverpflichtung eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Erfüllung der titulierten Forderung hat verstreichen lassen.

     

    Diese Grundsätze gelten ebenso für die Kosten einer Avalbürgschaft, die der Gläubiger beibringt, um die Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil zu ermöglichen. Das Gesetz eröffnet ihm ungeachtet der nach § 720a ZPO vorgesehenen Sicherungsvollstreckung gemäß §§ 709, 750 Abs. 1 ZPO die Möglichkeit, auch die endgültige, seinen Anspruch befriedigende Vollstreckung eines für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils schon vor dem Eintritt der Rechtskraft und unabhängig davon einzuleiten, ob dem Schuldner eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels zugestellt wurde. Hierzu ist er vor allem ohne Einhaltung der Wartefrist des § 750 Abs. 3 ZPO berechtigt, die nur für den Beginn einer Sicherungsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung maßgebend ist. Bei Anwendung dieser Grundsätze sind die vom Gläubiger zur Festsetzung angemeldeten Bürgschaftskosten dem Grunde nach erstattungsfähige Kosten der Rechtsverfolgung. Der BGH betont, dass die Beschaffung der Bürgschaft zur Vorbereitung der Vollstreckung des Schuldtitels insbesondere nicht schon verfrüht war, weil sie vor Ablauf der Rechtsmittelfrist und zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem dem Schuldner eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils noch nicht zugestellt worden war. Grund: Das Gesetz erlaubt dem Gläubiger nämlich eine solche Vorgehensweise, ohne dass er hierfür eine besondere Eilbedürftigkeit der von ihm eingeleiteten Vollstreckung darlegen muss.

     

    Neben den oben genannten Voraussetzungen einer vollstreckbaren Ausfertigung und der Fälligkeit der Forderung muss der Gläubiger dem Schuldner somit zur freiwilligen Erfüllung auch einen angemessenen Zeitraum zur Verfügung stellen. Dessen Dauer richtet sich allerdings nach den Umständen des Einzelfalls. Bedeutsam ist dies vor allem bei Banküberweisungen. Denn gerade bei üblichen Überweisungslaufzeiten von bis zu einer Woche kann mit einem Zahlungseingang erst in der darauf folgenden Woche gerechnet werden (OLG Koblenz JurBüro 95, 208; OLG Düsseldorf MDR 91, 162; zur Ausführungsfrist für Zahlungsvorgänge vgl. § 675s BGB). Insofern kann unter 
Umständen auch eine längere als eine 14-tägige Frist in Betracht kommen. Beachtet werden muss darüber hinaus, dass in Einzelfällen auch das Gesetz eine Wartefrist vorsehen kann, die erst mit der Zustellung des Titels zu laufen beginnt. Der wichtigste Fall ist § 798 ZPO. Hiernach ist eine zweiwöchige Wartefrist ab der Zustellung abzuwarten bei

    • Kostenfestsetzungsbeschluss, der nicht auf das Urteil gesetzt ist (§§ 104, 106 ZPO),
    • Beschlüsse über eine Vollstreckbarerklärung von Anwaltsvergleichen (§ 794 Abs. 1 Nr. 4b ZPO) und
    • vollstreckbare Urkunden nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO.
    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 99 | ID 39477430