· Nachricht · Vollstreckungspraxis
Wenn Gerichte Ihre Drittauskunftsansprüche beschneiden wollen …
| Seit dem 1.1.22 gelten erleichterte Voraussetzungen, wenn Gerichtsvollzieher Drittauskünfte nach § 802l ZPO einholen ( VE 22, 15 ). Das LG Nürnberg-Fürth stärkt insoweit die Gläubigerrechte und sagt: Ein (erfolgloser) Zustellversuch der Ladung zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Schuldner ist nicht zwingend notwendig, um diese Drittauskünfte geltend zu machen ( 14.2.23, 15 T 799/23, Abruf-Nr. 244894 ). |
Die Gläubigerin vollstreckte gegen den Schuldner aus einem Vollstreckungsbescheid. Der Gerichtsvollzieher traf den Schuldner jedoch nicht an. Die Gläubigerin beauftragte den Gerichtsvollzieher nun mit einer Drittauskunft nach § 802l Abs. 1 ZPO, also Informationen bei der Rentenversicherung, dem Kraftfahrt-Bundesamt und dem Bundeszentralamt für Steuern einzuholen (VE 24, 200). Neben dem Vollstreckungsbescheid selbst übersandte sie dem Gerichtsvollzieher die Auskunft einer R. GmbH über eine Melderegisterauskunft, wonach der Schuldner „unbekannt verzogen“ sei. Der Gerichtsvollzieher verlangte von der Gläubigerin nun entsprechende Nachweise. Sie habe die Abnahme der Vermögensauskunft nicht beauftragt und keine Nachweise vorgelegt, dass eine Ladung zum Termin zur Vermögensauskunft nicht zugestellt werden konnte. So sehe es das Gesetz in § 802l Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ZPO vor.
Die Gläubigerin legte Erinnerung ein. Sie argumentierte, der Schuldner sei unbekannten Aufenthalts und ein erneuter Zustellversuch verursache nur unnötige Kosten. Das AG Nürnberg (Vollstreckungsgericht) widersprach: Der „bloße unbekannte Aufenthalt“ eines Schuldners reiche für die begehrten Drittauskünfte nicht aus. Das LG Nürnberg-Fürth sah dies anders und hob auf die Beschwerde der Gläubigerin den Beschluss des AG auf. Ein zwingend vorausgehender „erfolgloser Zustellversuch“ ließe sich aus der ZPO nicht ableiten.
Einleitend stellt § 802l Abs. 1 S. 2 HS 1 ZPO darauf ab, dass die Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht zustellbar ist. Der im Präsens formulierte Gesetzestext fordert eben nicht, dass zwingend ein Zustellversuch unternommen worden und erfolglos geblieben sein muss. Andernfalls stünde im Gesetz die Vergangenheitsform.
Hier traf § 802l Abs. 1 S. 2 Nr. 1 c) ZPO zu: Von vornherein ‒ also vor einem etwaigen Zustellversuch ‒ war aufgrund von Auskünften nach § 755 Abs. 1, 2 ZPO bekannt, dass der Schuldner schon vor dem erteilten Vollstreckungsauftrag unbekannt verzogen war. Die Gläubigerin hatte mit ihrem Vollstreckungsauftrag auch eine Melderegisterauskunft eingereicht, die dies bestätigte. Somit waren die Voraussetzungen des Drittauskunftsanspruchs erfüllt. Daher musste das LG den Beschluss des AG aufheben und den Gerichtsvollzieher anweisen, die Auskünfte einzuholen. Fazit: Es genügt, dem Gerichtsvollzieher einen (nicht über drei Monate alten) Melderegisternachweis vorzulegen, dass die derzeitige Anschrift des Schuldners unbekannt ist.
Weiterführende Hinweise
- Klarna & Co.: Kontenabrufe bringen (viele) Konten ans Licht, VE 24, 200
- Pfändungen können weiterhin ruhend gestellt werden, aber … , VE 24, 184