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  • · Fachbeitrag · Zwangsvollstreckungsformulare

    Addition Arbeitseinkommen und Sozialleistungen: So funktioniert es

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Bereits in VE 23, 182 haben wir dargestellt, wie Sie eine Addition mehrerer Einkommen mit den neuen Formularen beantragen müssen. Der folgende Beitrag schließt hieran an und zeigt, was bei der Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Sozialleistungen zu beachten ist. |

    1. Allgemeines

    Arbeitseinkommen ist auch mit Sozialleistungen zusammenrechenbar (§ 850e Nr. 2a ZPO). Die Regelung erfasst aber nur Geldleistungen nach dem SGB. Die Möglichkeit, Sozialleistungen (z. B. Wohngeld, Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, Kindergeld, Bundeserziehungsgeld, Landeserziehungsgeld) zusammenzurechnen, ist anerkannt (BGH VE 23, 170). Anspruch auf laufende Geldleistungen nach §§ 18 bis 29 SGB I oder andere Sozialleistungen (§ 54 Abs. 4 SGB I) gehören ebenfalls dazu, z. B. ALG I, Krankengeld, Verletzten- bzw. Hinterbliebenenrente und Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Ihre Pfändbarkeit bestimmt sich nach § 54 SGB I; Ausnahmen sind in § 54 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 SGB I geregelt.

     

    Beachten Sie | Sowohl § 850e Nr. 2a ZPO als auch § 54 Abs. 4 SGB I schließen es aus, Ansprüche auf Arbeitseinkommen mit Sozialleistungen oder Ansprüche auf verschiedene Sozialleistungen untereinander zusammenzurechnen, soweit diese der Pfändung nicht unterworfen sind (BGH, a. a. O.). In der Praxis kommt es in diesem Zusammenhang immer wieder vor, dass beantragt wird, Rentenansprüche nach dem SGB und ergänzende Sozialleistungen zu addieren. Solche Anträge sind unzulässig und daher zurückzuweisen.

    2. Zwingend: Ausfüllen von Modul N

    Nur auf Antrag des Gläubigers werden alle Einkünfte bei der Pfändung von Forderungen gegenüber Arbeitgebern (Modul E) und der Pfändung von Forderungen gegenüber der Agentur für Arbeit, dem Versicherungsträger bzw. der Versorgungseinrichtung (Modul F) addiert.

     

    Beachten Sie | Er muss dies durch Ankreuzen (Ausfüllen) der entsprechenden Kontrollkästchen im Modul N beantragen.

     

    Nur in diesem Fall werden die Angaben im erlassenen Beschluss übernommen und dadurch die entsprechenden Anordnungen erlassen. Es obliegt also dem Gläubiger, die einzelnen Anordnungen zu konkretisieren.

    3. Verfahren

    • Schritt 1: Antrag Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Anlage 4 zu § 1 Abs. 3 ZVFV)
     

     

    • Schritt 2: Entwurf Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (Anlage 5 zu § 1 Abs. 3 ZVFV)
     

     

    Beachten Sie | Hier ist der jeweilige Arbeitgeber des Schuldners als Drittschuldner, sowie die Agentur für Arbeit, Versicherungsträger bzw. die Versorgungseinrichtung einzutragen.

     

    Bei mehreren Drittschuldnern ist zu beachten:

     

    • Das Formular beinhaltet getrennte Texteingabefelder für maximal drei Drittschuldner. Jedem Drittschuldner ist in der vorhandenen Klammer eine Ziffer zuzuordnen. Dies ist u.a. wichtig, wenn im Modul M verschiedene Anordnungen nach § 836 Abs. 3 ZPO ergehen. Es ist dann nämlich möglich, jedem Drittschuldner die entsprechende Anordnung zuzuordnen.
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    • Mehr als drei Drittschuldner:
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      • Verwendung des BMJ Formulars: Ab dem vierten Drittschuldner ist das Kontrollkästchen „sowie den weiteren Drittschuldnern aufgeführt in weiterer Anlage“ im dortigen Rahmen zu markieren. Im Antragsformular der Anlage 4 (Seite 2) ist auf die Anlage hinzuweisen. Auch hier muss bei jedem weiteren Drittschuldner eine Ziffer vergeben werden.
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      • Verwendung softwareunterstütztes Formular: Der Text einschließlich des Rahmens für die Angabe des zweiten Drittschuldners kann mehrfach verwendet werden (§ 3 Abs. 2 Nr. 6 Buchst. a) ZVFV).

     

    • Modul E
     

     

    Beachten Sie |

    • Reicht der Platz im Texteingabefeld nicht aus, ist es bei softwareunterstützten Formularen zulässig, den Umfang zu erweitern (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ZVFV).

     

    • Verwendet der Antragsteller die vom BMJ auf dessen Website bereitgestellten Formulare, können weitere Eintragungen über das Modul K erfolgen oder es kann eine Anlage verwendet werden. In diesem Fall ist im Antragsformular der Anlage 4 Seite 2 darauf hinzuweisen.

     

    • Auf Antrag des Gläubigers kann das Vollstreckungsgericht die Mitpfändung im PfÜB noch nachträglich mittels Ergänzungsantrag klarstellend aussprechen.

     

    • Modul F
     

     

    Beachten Sie | Modul F sieht u. a. die Pfändungsmöglichkeiten bei Versorgungseinrichtungen vor. Hierbei ist darauf zu achten, dass der Pfändungsausspruch im Modul K eingetragen wird. Erst dadurch wird die Verbindung zum Modul F zur berufsständischen Versorgung, die ähnlich einer Sozialleistung zu behandeln ist, hergestellt (BGH VE 23, 173).

     

    • Reicht der Platz in den Modulen F und K nicht, ist es bei softwareunterstützten Formularen zulässig, ihn zu erweitern (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ZVFV).
    • Verwenden Sie die vom BMJ auf seiner Website bereitgestellten Formulare, können Sie weitere Eintragungen über Modul K vornehmen oder eine Anlage verwenden. Dann ist im Formular der Anlage 4 S. 2 darauf hinzuweisen.

     

    • Modul N
     

    Beachten Sie | Der unpfändbare Grundfreibetrag ist ‒ soweit die Pfändung nicht wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche (§ 850d ZPO) erfolgt ‒ in erster Linie den laufenden Geldleistungen nach dem SGB zu entnehmen (§ 850e Nr. 2a S. 3 ZPO). Dies gilt auch, wenn das Einkommen beim Arbeitgeber als Drittschuldner geringer sein sollte. Hierauf müssen Gläubiger bei ihrem Antrag achten, da sonst eine zeitaufwendige gerichtliche Zwischenverfügung folgt.

    4. Nachträgliche Zusammenrechnung

    Erfährt der Gläubiger erst nachträglich ‒ also z. B., nachdem er bereits das Ersteinkommen des Schuldners gepfändet hat ‒ von weiteren Einkünften, kann er nachträglich beantragen, dass diese mit dem zuvor gepfändeten Einkommen bzw. den Sozialleistungen zusammengerechnet werden.

     

    MERKE | Eine zusätzliche Pfändung ist dabei nicht erforderlich; die Pfändung des Haupteinkommens sowie der formlose Antrag auf Addition genügen. Dieser Fall ist durch die Verwendung der amtlichen Pfändungsformulare nicht geregelt. Ebenso nicht erfasst ist der Fall, dass der Gläubiger bereits zuvor ein Einkommen bzw. eine Sozialleistung gepfändet hat und sodann das ihm nachträglich bekannt gewordene Einkommen bzw. die Sozialleistung ebenfalls pfänden und mit dem bereits zuvor gepfändeten Einkommen bzw. der Sozialleistung addieren lassen will. Die Verwendung der amtlichen Formulare ist in diesen Fällen ebenfalls nicht erforderlich, sodass eine formlose Antragstellung möglich ist.

     

    Beachten Sie | Ein Nachteil der späteren Zusammenrechnung besteht für den Gläubiger darin, dass dem Schuldner vor der Anordnung der nachträglichen Addition rechtliches Gehör zu gewähren ist. Der Gläubiger muss daher die erforderlichen Angaben, z. B. ungefähre Höhe des Einkommens, genaue Drittschuldnerangabe sowie die Zahl unterhaltsberechtigter Personen, belegen. Bei fehlenden Angaben ist der Antrag wegen des in der Vollstreckung geltenden Beibringungsgrundsatzes abzulehnen.

     

    Die Nachweise über zusätzliches Einkommen des Schuldners kann sich der Gläubiger durch seine Informations- und Herausgabeansprüche nach §§ 840, 836 Abs. 3, 802c, 802l Abs. 1 Nr. 1 ZPO (Drittschuldnerauskunft, Herausgabe von Lohnsteuerkarte/Lohnbescheinigung, Vermögensauskunft und Drittauskünfte) vom Drittschuldner, Schuldner oder Gerichtsvollzieher beschaffen.

     

    Obwohl die zusätzliche Pfändung nicht erforderlich ist, ist sie doch stets zu empfehlen. Sonst kann ein anderer Gläubiger durch eine Pfändung zugreifen und damit die Grundlage einer Addition vereiteln.

     

    • Beispiel

    Gläubiger G.1 pfändet die Rente des ledigen und kinderlosen Schuldners S. Die Rente beträgt monatlich 1.800 EUR netto. G.1 erfährt nachträglich, dass S. noch Nebeneinkünfte von 1.500 EUR bezieht. Er beantragt daher, dass diese Einkünfte der zuvor gepfändeten Sozialleistung hinzuaddiert werden. Das Vollstreckungsgericht ordnet dies an. Kurze Zeit später pfändet Gläubiger G.2 in das Nebeneinkommen.

     

    Lösung: Aus dem Gesamteinkommen von 3.300 EUR ermittelt sich ein monatlich pfändbarer Betrag von 1.328,40 EUR gemäß der amtlichen Tabelle nach § 850c Abs. 5 S. 3 ZPO Sp. 0 (Stand: 1.7.23). Infolge der Pfändung des Einkommens von 1.500 EUR durch G.2 „bricht“die Addition der Einkünfte zugunsten G.1 „in sich zusammen“. Denn sie bewirkt nicht auch die Pfändung des Einkommens von 1.500 EUR. Der pfändbare Betrag für G.1 berechnet sich nur noch aus dem gepfändeten Einkommen (1.800 EUR) und beträgt 278,40 EUR. Der monatliche Verlust für G.1 beträgt somit 1.050 EUR (1.328,40 EUR - 278,40 EUR)!

     

    Beachten Sie | Hat ein Gläubiger bereits zuvor ein Einkommen gepfändet und möchte er ebenfalls das ihm nachträglich bekannt gewordene Einkommen pfänden und mit dem bereits zuvor gepfändeten addieren lassen, empfiehlt es sich, die nachträgliche Addition mehrerer Einkünfte wie folgt mittels gesondertem Schriftsatz zum Pfändungsantrag einzureichen:

     

    • Musterantrag auf nachträgliche Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen bzw. Sozialleistungen, wenn bereits zuvor ein Einkommen gepfändet wurde
     

     

    • Anlage: Antrag auf nachträgliche Zusammenrechnung

    Es wird beantragt, nach § 850e Nr. 2, 2a ZPO zur Berechnung des Pfändungsfreibetrags anzuordnen, dass das Einkommen der Drittschuldnerin, das bereits durch Beschluss des Amtsgerichts … vom …, Az. … M … ./. … gepfändet wurde, mit dem Einkommen der Drittschuldnerin zusammenzurechnen. Der unpfändbare Grundbetrag ist in erster Linie aus dem Einkommen der Drittschuldnerin (genaue Angabe) nach dem SGB zu entnehmen (§ 850e Nr. 2a S. 3 ZPO).

     

    Rechtsanwalt

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2023 | Seite 197 | ID 49693318