01.04.2007 | Berufshaftpflichtversicherung
Auslegung: Einschluss bestimmter Schäden begründet keinen anderweitigen Ausschluss
1. Die Prüfung der Wünsche potenzieller Kunden eines Bauträgers auf ihre baurechtliche Zulässigkeit ist versicherte Architektentätigkeit. |
2. Im vorweggenommenen Deckungsprozess kommt es maßgeblich auf den Vortrag des Geschädigten an, aus dem dieser seine Ansprüche herleitet. |
3. Wird der Zweck vom Bauträger aufgewandter Vermessungs- oder Notarkosten verfehlt, ist darauf der Erfüllungsausschluss nicht anzuwenden (§ 4 Nr. 6 Abs. 3 AHB). |
4. Die Klausel A II RBB betreffend den Einschluss von Schäden am Bauwerk begründet keinen Ausschluss für anderweitige Schäden. |
(OLG Hamm, 7.3.07, 20 U 118/06, Abruf-Nr. 071104) |
Sachverhalt
Der VN ist Architekt. Seiner Berufshaftpflichtversicherung liegen die AHB und Besondere Risikobeschreibungen, Besondere Bedingungen für die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten, Bauingenieuren und Beratenden Ingenieuren (RBB) zugrunde. Er arbeitete mit einem Bauträger zusammen, der eine größere Grundstücksfläche vermarktete. Dabei wurden nach den Wünschen potenzieller Kunden Grundstücksflächen aufgeteilt, falls deren Bauwünsche auf dem zu parzellierenden Grundstück zu verwirklichen waren. Dies zu prüfen war Aufgabe des VN. In einem Falle übersah er, dass das gewünschte Haus wegen einer Baulinienüberschreitung nicht zu verwirklichen war. Da ein Dispens von der Stadt nicht zu erhalten war, musste der Kaufvertrag rückabgewickelt werden. Die dafür anfallenden Kosten einschließlich solcher Kosten, die sich als nutzlos herausgestellt hatten, verlangte der Bauträger vom VN erstattet.
Der VR lehnte die Gewährung von Versicherungsschutz ab. Es habe sich nicht um eine versicherte Tätigkeit gehandelt. Bei Inanspruchnahme auf Schadenersatz wegen Nichterfüllung seien lediglich Schäden an einem Bauwerk versichert. Im Übrigen habe der VN den Schaden durch bewusst vorschriftswidriges Verhalten verursacht. Die Klage hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe und Praxishinweis
Versicherte Tätigkeit war im Streitfall nur die des VN als Architekt, nicht eine etwaige Tätigkeit als Gutachter. Der VR meinte, es habe sich um eine Gutachtertätigkeit gehandelt. Tatsächlich sollte der VN aber keine Gutachten abgeben, sondern die Pläne der Bauherrn auf ihre Realisierbarkeit planerisch abklären. Die Prüfung möglicher Grundstücksaufteilungen und die der Realisierbarkeit von Wünschen potenzieller Käufer gehört aber zur Leistungsphase der Grundlagenermittlung nach der Gebührenordnung für Architekten. Diese wird als Klärung der Aufgabenstellung, Abfragen und Besprechen der Wünsche, Vorstellungen und Forderungen eines künftigen Bauherrn beschrieben. Sie ist zugleich klärende Beratung über die Möglichkeiten der Bebauung auf einem Grundstück. Die Tätigkeit des VN war danach versicherte Architektentätigkeit.
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