01.11.2007 | Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
Wie Sie bei der Auslegung der Klausel über fingierte Berufsunfähigkeit argumentieren können
Fallen Vertragsschluss und möglicher Eintritt einer Berufsunfähigkeit (BU) zeitlich eng zusammen, kann dies zu Problemen führen.
Beispiel |
Der VN forderte am 19.1.07 Leistungen vom VR aus einer seit dem 1.12.06 bestehenden BU-Versicherung, deren Abschluss er am 25.10.06 beantragt hatte. Seit dem 21.10.06 war der VN bereits krankgeschrieben. Der VR verweigerte eine Zahlung. Die anzuwendenden Vorschriften lauteten:
§ 3 Abs. 1 BUZ: BU liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50 Prozent außerstande sein wird, ihren Beruf auszuüben.
§ 3 Abs. 2 BUZ: Kann nicht festgestellt werden, dass der Zustand i.S.v. § 3 Abs. 1 BUZ voraussichtlich sechs Monate andauern wird, hat er jedoch länger als sechs Monate ununterbrochen angedauert, so gilt dessen Fortdauer von Beginn an als BU. |
Der Anspruch ist nicht wegen Vorvertraglichkeit ausgeschlossen, wenn wegen der kurz vor Antragstellung aufgetretenen Krankheit keine Diagnose einer BU nach § 3 Abs. 1 BUZ gestellt werden kann, der Erkrankungszustand dann aber über den Vertragsbeginn hinaus dauernd fortbesteht und eine BU nach § 3 Abs. 2 BUZ begründet (OLG Celle VersR 06, 1201 = r+s 06, 162 = Abruf-Nr. 053257). Die BU ist nicht bereits vor Vertragsschluss eingetreten:
- Nach der für § 3 Abs. 1 BUZ erforderlichen Prognoseentscheidung (BGH VersR 90, 729) ist keine BU im Zeitraum vor dem 1.12.06 feststellbar.
- Es liegt auch keine vor Vertragsschluss bestehende fingierte BU nach § 3 Abs. 2 BUZ vor. Die Klausel weicht von der Standardbedingung des § 2 Abs. 3 BB-BUZ ab. Die für den VN günstigere Regelung darf nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden. Sie schafft zusätzlich weitere Vergünstigungen für den VN, indem Abs. 1 bei der Prognoseentscheidung das Merkmal „voraussichtlich dauernd“, durch „mindestens sechs Monate“ ersetzt und in Abs. 2 die unwiderlegliche Vermutung der BU nicht nur für die Fortdauer über 6 Monate hinaus, sondern von Beginn an gilt. Die Verbesserungen gegenüber den BB-BUZ würden in ihr Gegenteil verkehrt, wenn die allein dem Schutz des VN dienende Regelung über die unwiderlegliche Vermutung der BU dazu führen könnte, dass bereits für den Eintritt des Versicherungsfalls an eine Zeit vor Vertragsschluss angeknüpft wird und der Versicherungsschutz damit entfällt (OLG Celle a.a.O.).
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