07.12.2010 | Betriebshaftpflichtversicherung
In diesen Fällen hat ein Versäumnisurteil Bindungswirkung für den Deckungsprozess
von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte
1. Auch einem rechtskräftigen Versäumnisurteil kann bei Voraussetzungsidentität Bindungswirkung für den nachfolgenden Deckungsprozess zukommen. |
2. Voraussetzungsidentität ist nur gegeben, wenn die Tatsache für beide Prozesse entscheidungserheblich ist. |
(BGH 13.1.10, IV ZR 188/07, Abruf-Nr. 103813) |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Das Gericht des Haftpflichtprozesses hatte durch rechtskräftiges Versäumnisurteil die VN zu Schadenersatz verurteilt. Sie hatte ein Geschäftslokal angemietet und darin eine chemische Reinigung betrieben. Das Geschäftslokal hatte sie mangelfrei übernommen, aber mangelhaft zurückgegeben. Der Mangel bestand darin, dass das Erdreich unmittelbar und seitlich versetzt unter der angemieteten Ladenfläche mit leicht halogenisierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) kontaminiert war. Der VR hielt sich für leistungsfrei. Mit dem Versäumnisurteil stehe bindend fest, dass die Voraussetzungen der vereinbarten Besitzklausel (§ 4I Abs. 6 a AHB a.F., ähnlich Nr. 7.6 AHB 2008), wonach Schäden an fremden, gemieteten Sachen nicht versichert sind, erfüllt seien.
Dem sind weder die Instanzgerichte noch der BGH gefolgt:
- Bindungswirkung komme zwar auch für ein Versäumnisurteil in Betracht. Wenn man deshalb das dortige Klagevorbringen in den Blick nehme, ergebe sich zwar der zuvor erwähnte Mangel. Für die Entscheidung des Haftpflichtprozesses sei aber ohne Bedeutung, ob der Mangel, wie es der versicherungsrechtliche Ausschluss erfordere, an der Mietsache eingetreten sei.
- Ein Schadenersatzanspruch habe wegen der Verletzung einer Nebenpflicht aus dem Mietvertrag nach § 280 BGB bestanden. Zwar ist der Mieter gemäß § 546 BGB auch verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses an den Vermieter zurückzugeben. Für diese Rückgabeverpflichtung ist der Zustand der Mietsache (d.h. die Mangelfreiheit) jedoch grundsätzlich ohne Bedeutung (BGHZ 104, 285, 289; 86, 204, 209). Gibt der Mieter eine mangelhafte Mietsache zurück, kann dies aber seine Schadenersatzpflicht wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht begründen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., § 546 Rn. 5). Hier ist der gemietete Laden selbst vollständig geräumt übergeben worden. Für eine Schadenersatzverpflichtung nach § 280 BGB reichte es aus, dass der von der Vermieterin beanstandete Mangel auf einer äußeren Einwirkung auf die Mietsache beruhte (vgl. dazu Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 536 Rn. 20), nämlich die durch die Ausgasung von LHKW aus dem Boden verursachte Gefahr für künftige Mieter und andere Personen. Einer Substanzschädigung der gemieteten Sache bedurfte es für den Anspruch deshalb nicht. Damit lag keine Voraussetzungsidentität vor, da die Frage nicht für beide Prozesse von entscheidungserheblicher Bedeutung war. Eine Bindungswirkung kommt somit nicht in Betracht.
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