06.05.2010 | Feuerversicherung
Anzeigepflichtverletzung: Rücktritt des VR nur, wenn er nach den Gefahrumständen gefragt hat
von RiOLG Dr. Dirk Halbach, Köln
1. Dem VR obliegt beim Vertragsschluss die Frageobliegenheit nach Gefahrumständen. Diese muss er selber ausüben. Fragen durch einen Dritten (Makler) stehen dem nicht gleich. |
2. Ein Rücktritt vom Versicherungsvertrag wegen nicht angezeigter Gefahrumstände ist dem VR nur möglich, wenn er zuvor nach diesen Gefahrumständen in Textform gefragt hat. |
(LG Hagen 19.12.09, 23 O 40/09, Abruf-Nr. 101267). |
Sachverhalt
Der VN verlangt Entschädigung wegen eines Brandschadens in seinen Betriebsgebäuden. Für die Isolierung wurde Polyurethan bzw. Polysterol als Dämmmaterial verwendet. In der Nachbarschaft befinden sich Betriebsräume eines Chemiebetriebs, der sich mit der Destillation von Lösemitteln befasst. Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags über einen Makler kam es zu einer Besichtigung des zu versichernden Grundstücks. Im Anschluss wurde ein Besichtigungsbericht zur Feuer- und Feuerbetriebsunterbrechungs-Versicherung seitens der Streitverkündeten (Makler) gefertigt, der neben einer Beschreibung der Gebäude eine Reihe von vorformulierten Fragen enthielt. Die Frage Ziffer 5 „Befinden sich auf dem Vers.-Grundstück feuergefährliche und explosionsgefährliche Stoffe (ohne Brennstoffe)?“ wurde mit „ja“ beantwortet. Bei der Frage Ziffer 6 „Betriebe/Läger in der Nachbarschaft?“ wurde das Feld „nein“ mit einem Häkchen versehen.
Als es in dem benachbarten Werk zu einer Explosion kam, breitete sich das entstandene Feuer auch auf dem Betriebsgelände des VN aus. Der VR erklärte anschließend den Rücktritt vom Versicherungsvertrag. Mit der Klage hat der VN beantragt festzustellen, dass der Rücktritt unwirksam sei. Mit der Hilfswiderklage beantragt der VR, festzustellen, dass nur solche Gebäude feuerversichert seien, bei denen kein Styropor verbaut worden sei. Die Klage hatte Erfolg, die Hilfswiderklage wurde abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Der VR war nicht berechtigt, gemäß § 19 Abs. 2 VVG vom Versicherungsvertrag zurückzutreten. Zwar hat der VN ihm bekannte Gefahrumstände nicht angezeigt. Es handelt sich hierbei um die Nachbarbebauung. Die unterlassenen Anzeigen berechtigen den VR aber nicht zum Rücktritt vom Versicherungsvertrag, da er nach diesen Umständen nicht gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 VVG in Textform gefragt hat. Die Vorschrift in der nunmehr gültigen neuen Fassung erhebt den Umstand, dass der VR nach einem nicht angezeigten gefahrerheblichen Umstand in Textform gefragt hat, zur Voraussetzung für eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht und damit für ein Rücktrittsrecht des VR. Der VR hat unstreitig keine Fragen zu den gefahrerheblichen Umständen, auf die er seinen Rücktritt stützt, gestellt. Die in dem von dem Streitverkündeten (Makler) ausgearbeiteten Fragebogen enthaltenen Fragen können auch nicht so behandelt werden, als seien sie vom VR gestellt worden.
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses VK Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 18,10 € / Monat
Tagespass
einmalig 10 €
- 24 Stunden Zugriff auf alle Inhalte
- Endet automatisch; keine Kündigung notwendig