06.04.2009 | Haftpflichtversicherung
Berufshaftpflichtversicherung: Ausweitung der Haftung auf Scheinsozien ist unwirksam
von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte
Eine Regelung in den AVB einer Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte, wonach auch ein angestellter Scheinsozius keinen Deckungsschutz gegen Schadenersatzansprüche von Mandanten wegen Veruntreuungen von echten Sozien haben soll, ist unwirksam (OLG München 8.8.08, 25 U 5188/07, Abruf-Nr. 083311). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Eine Rechtsanwältin hatte für sich eine eigene Berufshaftpflichtversicherung genommen. Sie war in einer Sozietät angestellt, im Kanzleibriefbogen aber ohne eine entsprechende Kennzeichnung mit aufgeführt. Als ein Sozius Mandantengelder unterschlagen hatte, wurde sie von dem Mandanten als Scheinsozia in Anspruch genommen. Ihr VR lehnte Versicherungsschutz ab unter Hinweis auf § 4 AVB-Vermögen. Die VN müsse sich die wissentliche Pflichtverletzung des Sozius nach § 12 AVB zurechnen lassen. Dort heißt es unter der Überschrift „Sozien“:
- § 12 Abs. 1: Als Sozien gelten Berufsangehörige, die ihren Beruf nach außen hin gemeinschaftlich ausüben, ohne Rücksicht darauf, ob sie durch Gesellschaftsvertrag oder einen anderen Vertag verbunden sind.
- § 12 Abs. 3: Ein Ausschlussgrund nach § 4, der in der Person eines Sozius vorliegt, geht zulasten aller Sozien.
Die VN hat Feststellungsklage auf Gewährung von Deckungsschutz erhoben. Das OLG hielt die Klage für zulässig und begründet. Eine Zurechnung des durch den Sozius verwirklichten Ausschlusstatbestands auf die VN komme nicht in Betracht. § 12 AVB sei jedenfalls unwirksam, soweit es um Scheinsozien gehe. Die Klausel sei zwar hinreichend transparent. Sie sei aber schon mit Rücksicht auf die Überschrift von § 12 AVB, die keine Regelung für Scheinsozien erwarten lasse, überraschend und deshalb nach § 305c Abs. 1 BGB unwirksam. Sie sei auch inhaltlich unangemessen, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweiche und dadurch die Erreichung des Vertragszwecks gefährde (§ 307 Abs. 2 BGB). Durch die Ausweitung der Zurechnung auf Scheinsozien werde der nach § 51 Abs. 1 BRAO vorgeschriebenen Versicherungspflicht nicht mehr genügt. Zudem widerspreche sie dem versicherungsrechtlichen Grundsatz, dass eine Zurechnung des Verhaltens Dritter nur in Betracht komme, wenn dieser Repräsentant sei. Die Ausweitung der Repräsentantenhaftung auf Scheinsozien sei eine nicht hinnehmbare und deshalb zur Unwirksamkeit führende unangemessene Benachteiligung des Scheinsozius.
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