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  • 09.05.2011 | Krankentagegeldversicherung

    Arbeitsunfähigkeit kann auch bei - empfundener - Mobbingsituation vorliegen

    von RiLG Dr. Sven Marlow, Berlin

    Arbeitsunfähigkeit (AU) i.S. von § 1 Abs. 3 MB/KT 94 (Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherungen 1994) liegt auch vor, wenn sich der Versicherte an seinem Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihm als solcher empfundenen Mobbingsituation ausgesetzt sieht, hierdurch psychisch oder physisch erkrankt und infolgedessen seinem bisher ausgeübten Beruf in seiner konkreten Ausprägung nicht nachgehen kann (BGH 9.3.11, IV ZR 137/10, Abruf-Nr. 111122).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der VN begehrte die Fortzahlung von Krankentagegeld. Er sei infolge Mobbings an seinem früheren Arbeitsplatz psychisch erkrankt und deshalb nicht in der Lage, seine bisherige Arbeitstätigkeit auszuüben. Der VR stellte seine Leistungen ein, nachdem ein von ihm außergerichtlich eingeholtes Gutachten zum Ergebnis einer 100-prozentigen Arbeitsfähigkeit gekommen war. Er berief sich darauf, eine allein „konfliktbedingte Arbeitsplatzunverträglichkeit“ begründe keinen Krankentagegeldanspruch.  

     

    Das LG hatte die Klage abgewiesen. Auf die Berufung hatte das OLG der Klage stattgegeben. Hiergegen wandte sich der VR mit seiner Revision. Der BGH bejahte einen Anspruch des VN. Das Berufungsgericht habe zu Recht eine Arbeitsunfähigkeit angenommen:  

     

    • Die Definition der AU in § 1 Abs. 3 MB/KT knüpfe an die konkrete berufliche Tätigkeit der versicherten Person und nicht allgemein an ihre beruflichen Möglichkeiten an. Maßstab für die Prüfung der AU sei der bisherige Beruf in seiner konkreten Ausprägung.
    • Mit Blick darauf könne der Krankentagegeld-VR vom Versicherten, der durch besondere Umstände an seinem bisherigen Arbeitsplatz krank geworden ist, nicht einen Wechsel des Arbeitsplatzes, die Wahl eines anderen Arbeitsumfelds oder arbeitsrechtliche Schritte gegen den Arbeitgeber verlangen.
    • Dies gelte auch, wenn sich der Versicherte an seinem Arbeitsplatz einer tatsächlichen oder von ihm als solcher empfundenen Mobbingsituation ausgesetzt sieht, hierdurch psychisch und/oder physisch erkrankt ist und infolgedessen seine berufliche Tätigkeit nicht ausüben kann. Es handle sich nicht um eine bloße „Arbeitsplatzunverträglichkeit“, wenn die zur AU führende Erkrankung der versicherten Person durch Umstände an ihrem bisherigen Arbeitsplatz verursacht oder verstärkt worden ist. Vielmehr könne der Versicherte auch arbeitsunfähig i.S. von § 1 Abs. 3 MB/KT sein, wenn die seine Erkrankung auslösenden Umstände mit seinem bisherigen Arbeitsplatz zusammenhängen.

     

    Praxishinweis