01.10.2007 | Krankentagegeldversicherung
BGH stellt klar: Nicht jede Berufsausübung bei Arbeitsunfähigkeit berechtigt VR zur Kündigung
1. Von § 1 Abs. 3 MBKT 94 wird die Ausübung jedweder, auch geringfügiger Tätigkeiten erfasst, die dem Berufsfeld des VN zuzuordnen sind (hier: Akquisitionstätigkeiten eines selbstständigen Architekten). |
2. Das (versuchte) Erschleichen von Leistungen durch tatsächliche Berufsausübung während des Bezugs von Krankentagegeld begründet nicht stets ein außerordentliches Kündigungsrecht des VR aus wichtigem Grund nach § 314 Abs. 1 BGB. |
3. Dem VR muss die Fortsetzung der Krankentagegeldversicherung vielmehr unzumutbar sein. Das ist durch eine wertende Betrachtung zu ermitteln, bei der nach § 314 Abs. 1 S. 2 BGB alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und die beiderseitigen Interessen abzuwägen sind. |
4. Das außerordentliche Kündigungsrecht des VR aus wichtigem Grund kann ausgeschlossen sein, wenn sich sein Vorgehen auf die Verschaffung eines Kündigungsgrunds gerichtet und damit selbst als unredlich darstellt. Das kann der Fall sein, wenn er Ermittler einsetzt, obwohl eine entsprechende Verdachtslage fehlt und diese nachhaltig auf den VN einwirken. |
(BGH 18.7.07, IV ZR 129/06, Abruf-Nr. 072413) |
Tatbestand
Der als freiberuflicher Architekt tätige VN unterhielt beim VR eine Krankheitskosten-, Pflegepflicht- und Krankentagegeldversicherung. Letzterer lagen die MBKT 94 zugrunde. Auf seine Anzeige der Arbeitsunfähigkeit erbrachte der VR wiederholt Krankentagegeldleistungen, die er endgültig zum 22.2. einstellte. Der VR bezweifelte, dass der VN nach medizinischem Befund außerstande sei, seinen Beruf auszuüben. Daher beauftragte er einen Ermittler mit der Überprüfung des VN im Hinblick auf eine tatsächliche Berufsausübung. Dieser nahm Kontakt zum VN auf und gab sich als Bauinteressent aus. Es kam zu drei Treffen im März, bei denen es um einen angeblich beabsichtigten Hausbau ging. Der VN erklärte u.a. exemplarisch, welche Pläne grundsätzlich für den Bau eines Hauses benötigt werden.
Nachdem der VR hiervon erfahren hatte, erklärte er am 30.3. die fristlose Kündigung des gesamten Krankenversicherungsvertrags aus wichtigem Grund, da der VN während seiner Arbeitsunfähigkeit seine berufliche Tätigkeit ausgeübt und gleichzeitig Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung in Anspruch genommen habe.
Entscheidungsgründe
Das OLG Stuttgart (VersR 06, 1485) als Vorinstanz hatte die Kündigung des VR als insgesamt wirksam angesehen. Dem folgte der BGH nicht.
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