06.09.2010 | Lebensversicherung
Insolvenzsicher: Versicherungsschein hat Legitimationswirkung
1. Der Versicherungsschein einer (Kapital-)Lebensversicherung fingiert als qualifiziertes Legitimationspapier zugunsten des Schuldners/VR, dass er den Inhaber des Versicherungsscheins als verfügungs-, insbesondere empfangsberechtigt ansehen kann. Demgemäß erstreckt sich die Legitimationswirkung des Versicherungsscheins auch auf das Kündigungsrecht zur Erlangung des Rückkaufswerts. Der VR kann den Inhaber, der die Auszahlung des Rückkaufswerts erstrebt, als zur Kündigung berechtigt ansehen. |
2. Bei Vorlage des Versicherungsscheins muss der VR die materielle Berechtigung des Inhabers nicht prüfen. Eine befreiende Leistung ist daher auch möglich, wenn der VN (als der ursprüngliche Gläubiger) in seiner Verfügungsbefugnis durch ein insolvenzrechtliches Verfügungsverbot eingeschränkt war und daher die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht wirksam auf den Inhaber übertragen konnte. Einer befreienden Leistung an diesen steht also nicht entgegen, dass dieser die verbriefte Forderung nicht wirksam erworben hat. |
3. Die Legitimationswirkung des Versicherungsscheins greift nur dann nicht ein, wenn der VR die mangelnde Verfügungsbefugnis positiv kennt oder die Leistung sonst gegen Treu und Glauben bewirkt hat. |
(BGH 10.3.10, IV ZR 207/08, Abruf-Nr. 102630). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Am 21.8.06 wurde auf einen Insolvenzantrag der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und angeordnet, dass Verfügungen des Schuldners (VN) über Gegenstände seines Vermögens nur noch mit dessen Zustimmung wirksam seien. Die Streithelferin des VR teilte am 22.8.06 mit, dass ihr der Schuldner die Lebensversicherungen abgetreten habe, und bat um Angabe der Rückkaufswerte.
Am 9.9.06 erhielt der VR auch die schriftliche Abtretungserklärung v. 16.9.03. Am 22.9.06 kündigte die Streithelferin die fünf Lebensversicherungsverträge und legte dem VR die Versicherungsscheine im Original vor. Am 1.10.06 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, am 26.10.06 zahlte der VR an die Streithelferin insgesamt 52.995,04 EUR aus, die der Insolvenzverwalter nun erneut begehrt. Das LG hat den VR verurteilt, das OLG die Klage abgewiesen.
Nach § 11 Abs. 1 S. 1 der den Versicherungsverträgen zugrunde liegenden AVB für die Großlebens-Versicherung mit Kapitalleistung im Todes- und Erlebensfall kann der VR den Inhaber des Versicherungsscheins als verfügungs-, insbesondere empfangsberechtigt ansehen. Die Abtretung der Versicherungsansprüche ist gemäß § 13 Abs. 3 AVB „dem VR gegenüber nur und erst dann wirksam, wenn sie der bisherige Verfügungsberechtigte schriftlich angezeigt hat.“
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