01.10.2006 | Private Krankenversicherung
Gemischte Anstalt: Beweis durch Prospekte und Internetauftritt?
Stützt sich der VR zum Nachweis der Heilbehandlung in einer „gemischten Anstalt“ i.S.v. § 4 Abs. 5 MBKK 94 auf Prospekte und den Internetauftritt der Klinik, kann der Versicherte den Gegenbeweis durch das Zeugnis des ärztlichen Direktors der Klinik führen (OLG Karlsruhe 2.3.06, 12 U 244/05, Abruf-Nr. 062742). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Die Parteien streiten um die Kostenerstattung für eine stationäre Heilbehandlung. Das LG hatte die Klage wegen § 4 Abs. 5 MBKK 94 abgewiesen. Das Krankenhaus sei eine gemischte Anstalt, in der sich der VN ohne Zusage des VR behandeln ließ. Nach § 4 Abs. 5 MBKK 94 erbringt der VR nur Leistungen für stationäre Heilbehandlungen in Krankenanstalten, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlungen durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen, wenn er dies vor Behandlungsbeginn schriftlich zugesagt hat. Das OLG bejahte dagegen einen Anspruch des VN, weil der VR den ihm obliegenden Beweis einer gemischten Anstalt nicht geführt habe:
- Erhebliche Bedeutung für die Beweisführung des VR kann das Leistungs-angebot der Klinik haben, wie es sich etwa aus dem Internetauftritt und Werbeprospekten ergibt. Danach sprach für das Vorliegen einer gemischten Anstalt zum einen das Therapieangebot der Klinik, das nicht typisch stationärer Krankenhausbehandlung entsprach. Der Prospekt bot insbesondere Angebote an (Sport, Entspannungstraining, autogenes Training etc.), die eher auf die Förderung des Allgemeinzustands gerichtet zu sein schienen, wie es für eine Kur- oder Sanatoriumsbehandlung typisch ist. Daneben warb die Klinik mit einer Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenkassen nach § 111 SGB V, also für medizinische Leistungen zur Vorsorge, Rehabilitation und Anschlussheilbehandlung, die eine stationäre Behandlungen, aber keine Krankenhausbehandlung erfordern. Ein weiteres Indiz war die Werbung für die Möglichkeit der Aufnahme von Personen auf Veranlassung der gesetzlichen Rentenversicherungsträger.
- Nach Vernehmung des Klinikdirektors als Zeugen des VN hielt es das OLG jedoch für bewiesen, dass in der Klinik keine Kur- oder Sanatoriumsbehandlungen durchgeführt oder Rekonvaleszenten aufgenommen werden. Der Zeuge bekundete, dass die einzelnen Therapieangebote integrierter Bestandteil eines intensiven, stationären, psychotherapeutischen Behandlungskonzepts seien. Im Rahmen des § 111 SGB V und in den Fällen der Kostenübernahme durch gesetzliche Rentenversicherer würden nur stationäre psychotherapeutische Behandlungen durchgeführt. Allein das Angebot von Rehabilitationsmaßnahmen oder Anschlussheilbehandlungen erfüllt den Ausschlusstatbestand nicht. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 5 MBKK ist es erforderlich, dass Rekonvaleszenten auch tatsächlich aufgenommen werden.
Praxishinweis
Streitigkeiten über „gemischte Anstalten“ kommen in der Praxis immer wieder vor. § 4 Abs. 5 MBKK enthält eine Einschränkung der Leistungspflicht. Sie soll den VR davor schützen, wegen einer als Krankenhausbehandlung deklarierten Kur- oder Rehabilitationsmaßnahme in Anspruch genommen zu werden, für die nach § 5 Abs. 1 d MBKK 94 kein Versicherungsschutz besteht. Die Klausel dient dazu, medizinischen Abgrenzungsstreitigkeiten aus dem Wege zu gehen. Denn der Aufenthalt in einer gemischten Anstalt ist mit einem für den VR größeren Risiko verbunden. Dort ist die nachträgliche Feststellung erschwert, ob es sich um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung oder aber um einen nicht versicherten Kur- oder Sanatoriumsaufenthalt gehandelt hat.
Möchten Sie diesen Fachbeitrag lesen?
Kostenloses VK Probeabo
0,00 €*
- Zugriff auf die neuesten Fachbeiträge und das komplette Archiv
- Viele Arbeitshilfen, Checklisten und Sonderausgaben als Download
- Nach dem Test jederzeit zum Monatsende kündbar
* Danach ab 18,10 € / Monat
Tagespass
einmalig 10 €
- 24 Stunden Zugriff auf alle Inhalte
- Endet automatisch; keine Kündigung notwendig