01.05.2005 | Schuldrecht
Abgabe einer Willenserklärung: § 193 BGB gilt nicht bei Kündigungsfristen
von RA Christian Stake, Werne
§ 193 BGB ist auf Kündigungsfristen weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (BGH 17.2.05, III ZR 172/04, Abruf-Nr. 050833). |
Praxishinweis
Nach § 193 BGB kann eine abzugebende Willenserklärung noch am nächsten Werktag abgegeben werden, wenn der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Dies soll im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit aber bei allen Kündigungsfristen ohne Rücksicht auf die Natur der in Rede stehenden Verträge und die Frage einer besonderen Schutzbedürftigkeit des Kündigungsempfängers ausgeschlossen sein:
- Wenn mit einer Frist zu einem bestimmten Tag gekündigt werden kann, bedeutet dies weder, dass die Willenserklärung an einem bestimmten Tag abzugeben ist, noch, dass die Kündigung innerhalb einer Frist abgegeben werden müsste.
- § 193 BGB dient dem Schutz und den Interessen desjenigen, der die Willenserklärung abzugeben hat. Wer innerhalb einer Frist eine Erklärung abgeben muss, soll davor bewahrt werden, dass sein Recht zur Ausnutzung der Frist bis zum letzten Tag wegen der Arbeits- und Behördenruhe am Wochenende und an Feiertagen verkürzt wird. Demgegenüber dient die Pflicht zur Einhaltung bestimmter Kündigungsfristen stets dem Schutz des Kündigungsgegners. Dieser soll sich rechtzeitig auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses einstellen können. Insofern sind alle zu seinen Gunsten bestehenden Fristen, auch soweit es sich um vertraglich vereinbarte Fristen handelt, Mindestfristen, die ihm ungekürzt zur Verfügung stehen sollen.
Quelle: Ausgabe 05 / 2005 | Seite 88 | ID 94428