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  • 01.09.2005 | Schuldrecht

    Darlehensvertrag: Besonderheiten bei der gerichtlichen Rückzahlungsforderung

    von RiOLG Frank-Michael Goebel, Koblenz/Rhens

    Wird ein Darlehen nach Ablauf der Vertragszeit oder nach erfolgter Kündigung nicht zurückgezahlt, muss der Bevollmächtigte gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen (zur Kündigung des Darlehens siehe Goebel, VK 05, 109). Der Beitrag erläutert, worauf er dabei besonders achten muss.  

     

    Das prozessuale Vorgehen

    Ist zu erwarten, dass der Darlehensnehmer keine sachlichen Einwendungen gegen die Rückzahlungsverpflichtung erhebt, kann er sich dabei des Mahnverfahrens bedienen. Gerade bei Darlehensgewährungen in persönlichen Verhältnissen wird aber häufig eingewandt, es habe sich nicht um ein Darlehen gehandelt, sondern um eine Schenkung. In diesem Fall sollte unmittelbar Klage erhoben werden. So wird eine Verzögerung der Gesamtauseinandersetzung vermieden, da ohnehin mit einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid zu rechnen ist.  

     

    Prozessuale Besonderheiten im Klageverfahren

    Bei der gerichtlichen Geltendmachung ist zu beachten:  

     

    • Der Darlehensnehmer kann nach §§ 12, 13 ZPO an seinem Wohnsitz verklagt werden. Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 ZPO ist nicht einschlägig, da bei Kreditgeschäften auch die Rückzahlungsverpflichtung am Wohnort des Darlehensnehmers zu erfüllen ist (Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 29, Rn. 25). Eine vorherige Gerichtsstandsvereinbarung unter Privatpersonen scheitert an § 38 Abs. 1 ZPO, eine spätere Gerichtsstandsvereinbarung ist aber nach § 40 Abs. 3 Nr. 2 ZPO oder durch rügelose Einlassung nach Belehrung möglich.

     

    • Um eine Verzögerung des Rechtsstreits zu vermeiden, sollte der Kläger die Bestimmung eines frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung anregen, jedenfalls schon rein vorsorglich einer Verlängerung der Klageerwiderungsfrist widersprechen.

     

    • Der Darlehensgeber trägt die volle Beweislast für den Abschluss des Darlehensvertrags und seine Laufzeit. Soweit der Darlehensvertrag nicht schriftlich abgeschlossen wurde, muss der Bevollmächtigte also prüfen, mit welchen Beweismitteln – insbesondere Zeugen – dieser Nachweis geführt werden kann. Dabei muss darauf geachtet werden, dass im Einzelnen dargelegt wird, wann und wo der Darlehensvertrag zu welchen Bedingungen abgeschlossen wurde und in welcher Beziehung der Zeuge zu diesem Geschehen steht.

     

    Praxishinweis: Soweit keine Zeugen zur Verfügung stehen, muss der Bevollmächtigte den Mandanten auf das erhebliche Prozesskostenrisiko hinweisen. Ihm bleibt dann nur,
    • die wenig Erfolg versprechende Beantragung der Parteivernehmung des Gegners,
    • die Beantragung der Parteivernehmung des eigenen Mandanten, die jedoch regelmäßig an der fehlenden Zustimmung des Gegners scheitert oder
    • die Beantragung der Anhörung beider Parteien nach § 141 ZPO.

     

    • Umstritten ist, ob der Darlehensgeber auch die Verzinslichkeit des Darlehens beweisen muss. Nach einer Auffassung ist ein Darlehen immer zumindest in Höhe der gesetzlichen Zinsen nach § 246 BGB in Höhe von vier Prozent p.a. zu verzinsen (Palandt-Putzo, BGB, 64. Aufl., § 488, Rn. 39). Der Darlehensgeber trägt dann nur die Beweislast, wenn er einen höheren Zins begehrt (OLG Oldenburg NJW-RR 95, 1452). In diesem Fall trägt der Darlehensnehmer die Beweislast für einen niedrigeren Zinssatz bzw. für die Unverzinslichkeit des Darlehens. Nach anderer Auffassung (Bamberger/Roth-Rohe, BGB, § 588, Rn. 51) trägt der Darlehensgeber die volle Beweislast für die Verzinslichkeit und die Höhe des Zinssatzes.

     

    • Der Darlehensgeber trägt die volle Beweislast dafür, dass das Darlehen auch tatsächlich ausgezahlt wurde. Die Auszahlung sollte er sich deshalb schriftlich bestätigen lassen oder durch einen Überweisungsbeleg nachweisen können. Liegt eine solche Bestätigung bzw. ein solcher Nachweis vor, muss der Darlehensnehmer auf Grund der sich aus § 363 BGB ergebenden Beweislastumkehr beweisen, dass es gleichwohl nicht zur Auszahlung gekommen ist.

     

    • Der Darlehensnehmer muss darlegen und beweisen, dass er das Darlehen nebst Zinsen ganz oder teilweise zurückgezahlt hat. Auch hier gilt, dass der Darlehensnehmer jede Rückzahlung dokumentieren sollte.

     

    • Der Darlehensgeber muss nachweisen, dass das Darlehen ordnungsgemäß gekündigt wurde, insbesondere dass und wann die Kündigungserklärung zugegangen ist. Das ist auch der erforderliche Nachweis, ab wann die Rückzahlungsverpflichtung fällig geworden ist.

     

    Praxishinweis: Wurde keine außergerichtliche Kündigung ausgesprochen, gilt die Klage auf Rückerstattung des Darlehens als Kündigung. Der Rückforderungsanspruch kann damit auch im laufenden Prozessverfahren fällig werden. Erkennt der Darlehensnehmer nach Eintritt der Fälligkeit aber sofort an, trifft den Darlehensgeber nach § 93 ZPO die Kostenlast. Dies kann sich für den Bevollmächtigten als Haftungsfall darstellen.

     

    Musterklage auf Rückforderung des Darlehensbetrags

    An das  

    Amts-/Landgericht  

    – Zivilkammer –  

     

    Klage  

    des/der Herrn/Frau...  

    – Klägers –

     

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...  

     

    gegen  

     

    Herrn/Frau ...  

    – Beklagten –

     

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ... (nur soweit als zustellungsbevollmächtigt bekannt)  

     

    wegen: Darlehensrückforderung  

    Streitwert: ... EUR  

     

    Namens des Klägers erheben wir Klage mit den Anträgen,  

     

    1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ... EUR nebst Zinsen
    • in Höhe von ... Prozent seit dem ... (Datum)
    • in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem ... (Datum)
    • ...
    zu zahlen;
    2. dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen;
    3. das Urteil – notfalls gegen Sicherheitsleistung – für vorläufig vollstreckbar zu erklären;
    4. hilfsweise – für den Fall des Unterliegens – dem Kläger Vollstreckungsschutz zu gewähren.

     

    Es wird angeregt, frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen, da das außergerichtliche Verhalten des Beklagten nahe legt, dass dieser sich der begründeten Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung entziehen möchte und das vorliegende Verfahren zur zeitlichen Verzögerung nutzen wird. Es wird insoweit auf die nachfolgenden Ausführungen in der Sache verwiesen.  

     

    Soweit das erkennende Gericht gleichwohl das schriftliche Vorverfahren anordnet, wird beantragt,  

     

    den Beklagten für den Fall der Versäumung der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft nach § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO entsprechend der Bestimmung des § 331 ZPO durch Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren zu verurteilen.

     

    Soweit der Beklagte den Klageanspruch anerkennt, wird gebeten, gemäß der gesetzlichen Regelung in § 307 ZPO von Amts wegen durch Anerkenntnisurteil zu entscheiden und eine vollstreckbare Ausfertigung nebst Zustellbescheinigung zu übersenden.  

     

    Zur Klagebegründung wird Folgendes ausgeführt:  

     

    Die Parteien haben am ... einen Darlehensvertrag über ... EUR nebst Zinsen in Höhe von ... Prozent geschlossen. Der Vertrag ist unbefristet geschlossen worden, er enthält keine Kündigungsfrist.  

    Beweis: Schriftlicher Darlehensvertrag vom ..., der im Bestreitensfall vorgelegt wird; Zeugnis ...  

     

    Der benannte Zeuge war am ... anwesend, als der Darlehensvertrag in ... geschlossen wurde. Er kann bekunden, dass die Parteien ausdrücklich eine Darlehensgewährung zu den dargelegten Bedingungen vereinbart haben.  

     

    Das Darlehen wurde am ... ausgezahlt.  

    Beweis: Auszahlungsbestätigung des Beklagten vom, die im Bestreitensfall vorgelegt wird; Überweisungsbeleg vom ..., anliegend in beglaubigter Kopie; Zeugnis ...  

     

    Der benannte Zeuge war anwesend, als der Kläger dem Beklagten die Darlehenssumme in bar vorgezählt und übergeben hat. Hierbei wurde nochmals ausdrücklich betont, dass es sich um die Auszahlung des Darlehens handele.  

     

    Derzeit valutiert das Darlehen noch  

    • in voller Höhe nebst Zinsen seit dem Auszahlungszeitpunkt;
    • in voller Höhe, nachdem bisher regelmäßig allein die Zinsen gezahlt wurden;
    • in Höhe eines Betrags von ... EUR nebst Zinsen in Höhe von ... Prozent seit dem ...
    • ...

     

    Der Kläger hat das Darlehen mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom ..., dem eine Originalvollmacht beigefügt war, gekündigt.  

    Beweis: Kündigungsschreiben vom ..., anliegend in beglaubigter Kopie  

     

    Das Kündigungsschreiben ist dem Beklagten am ... zugegangen,  

    Beweis: Zustellungsurkunde vom ..., anliegend in beglaubigter Kopie; Rückschein vom ..., anliegend in beglaubigter Kopie; Zeugnis ...  

     

    Der Zeuge hat das Kündigungsschreiben vom Unterzeichner erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen, sodann hat er dieses als Bote dem Beklagten überbracht, der es aus der Hand des Zeugen persönlich entgegengenommen hat.  

     

    Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungsfrist in § 488 Abs. 3 S. 2 BGB von drei Monaten ist das Darlehen damit seit dem ... zur Rückzahlung fällig. Trotz der im Kündigungsschreiben bereits enthaltenen Aufforderung zur Rückzahlung ist diese bis heute nicht erfolgt. Der Kläger ist daher auf die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe angewiesen.  

     

    Der Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter stehen keine Gründe entgegen. Eine Gütever-handlung erscheint aussichtslos, da der Kläger nicht bereit ist, auf die begründete Rückzahlung des Darlehens zu verzichten. ... EUR als Gerichtskostenvorschuss sind in Gerichtskostenmarken beigefügt, so dass um unverzügliche Zustellung der Klage gebeten wird.  

     

    Beglaubigte und einfache Abschriften der Klageschrift nebst Anlagen sind beigefügt.  

    gez. Rechtsanwalt  

     

     

     

    Quelle: Ausgabe 09 / 2005 | Seite 145 | ID 94512