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  • 01.07.2005 | Schuldrecht

    Online-Auktion: So verlangen Sie die Rücknahme einer negativen Bewertung

    von RA Christian Stake, Werne

    Eine negative Bewertung in einer Online-Auktion wird üblicherweise durch Online-Auktionshäuser nur entfernt, wenn beide Parteien dies gemeinsam beantragen oder aber ein entsprechendes Gerichtsurteil vorliegt (siehe dazu Stake, VK 05, 96). Der Beitrag gibt im Rahmen einer Musterformulierung Argumente, mit denen die Zustimmung zur Bewertungslöschung verlangt werden kann. Die Argumente können natürlich ebenso gut im Rahmen einer Klage verwandt werden. Sie sind jeweils darauf zu prüfen, ob sie auf den Sachverhalt im Einzelfall passen.  

     

    Musterformulierung: Rücknahmeforderung bei negativer Bewertung

    Sehr geehrte/r ....  

     

    hiermit zeige ich Ihnen an, die rechtlichen Interessen...  

     

    Sie haben von meinem Mandanten am ... (Datum) unter der ebay-Nr. ... ein ... (Gegenstand) erworben. Diesen Kauf haben Sie am ... (Datum) mit „negativ“ bewertet und diese Bewertung durch folgenden Kommentar ergänzt: „...“.  

     

    Mit dieser Bewertung ist mein Mandant nicht einverstanden. Sie ist unzutreffend, weil ... (Begründung des Einzelfalls).  

     

    Mein Mandant hat Sie bereits mit E-Mail vom ... (Datum) unter Fristsetzung zur Rücknahme dieser Bewertung aufgefordert. Hierauf haben Sie nicht reagiert.  

     

    Sie sind verpflichtet, die Löschung der beanstandeten Bewertung gegenüber ebay zu veranlassen:  

     

    • Dieser Anspruch ergibt sich aus § 1004 BGB analog. Bei dem Kommentar Ihrer Bewertung handelt es sich um Tatsachenbehauptungen, die vom wirklichen Geschehen nicht gedeckt sind. Die Unterstellung einer falschen Behauptung beeinträchtigt meinen Mandanten in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG. Dies muss er nicht hinnehmen. Auch das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit i.S. von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gibt Ihnen nicht die Befugnis, falsche Tatsachenbehauptungen in Bezug auf meinen Mandanten aufzustellen.

     

    • Es liegt ein rechtswidriger Eingriff in das Recht des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs meines Mandanten vor. Auch außerhalb des Wettbewerbsrechts kommt ein Unterlassungsanspruch insbesondere aus § 823 Abs.1, § 1004 BGB bei falschen Tatsachenbehauptungen oder bei Werturteilen in Betracht, die als „Schmähkritik“ zu bezeichnen sind und ausschließlich dazu dienen, den Kritisierten zu diffamieren (LG Düsseldorf CR 04, 623, Abruf-Nr. 050882).

     

    • Soweit Sie schreiben „...“ (z.B. mein Mandant habe aus Kaufreue einen Transportschaden vorgetäuscht), liegt eine Tatsachenbehauptung vor, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht meines Mandanten in seiner Ausprägung im Rahmen der Individualsphäre verletzt. Diese Verletzung ist auch widerrechtlich erfolgt. Das ergibt sich aus einer Würdigung der Umstände unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie aus einer Güter- und Interessenabwägung. Von Relevanz ist dabei insbesondere die Tatsache, dass die Bewertung geeignet ist, negativen Einfluss auf weitere Geschäfte über ebay zu nehmen. Hinzu tritt, dass Ihr Bewertungskommentar nachweislich falsch ist, weil ... (z.B. Ihnen die Niederschrift der Postfiliale bekannt ist, die einen Transportschaden festhielt).

     

    • Der Anspruch auf Zustimmung zur Zurücknahme der beanstandeten Bewertung ergibt sich aus § 280, § 241 Abs. 2 BGB. Schuldverhältnis i.S. dieser Vorschriften ist der zwischen Ihnen und meinem Mandanten geschlossene Kaufvertrag. Ihre sachlich nicht gerechtfertigte negative Bewertung stellt eine Nebenpflichtverletzung dar.

     

    • Nach § 6 Nr. 3 AGB ebay – dem Sie bei Ihrer Anmeldung zugestimmt haben – ist jedes Mitglied verpflichtet, nur faire und sachliche Kommentare abzugeben. Das ist bei Ihrer Bewertung „...“ (z.B. hier würde ich nichts mehr kaufen) nicht der Fall. Dieser Kommentierung fehlt jeglicher Bezug zur Transaktion. Sie ist allein abwertend ohne jegliche sachliche Begründung. Liegt eine überspitzte Beurteilung ohne sachlichen Bezug vor, die durch das dem Geschäft zu Grunde liegende Verhalten nicht gerechtfertigt ist, stellt dies eine vertragliche Nebenpflichtverletzung gem. § 241 Abs. 2, § 280 BGB dar (AG Erlangen NJW 04, 3720, Abruf Nr. 050885).

     

    • Bei der Bewertungsplattform von ebay handelt es sich (entgegen der Ansicht AG Koblenz MMR 04, 638, Abruf-Nr. 050883) nicht ausschließlich um ein Meinungsforum. Es ist zwar richtig, dass hier hauptsächlich subjektive Meinungen zur Abwicklung und zum Geschäftspartner abgegeben werden. Diese werden jedoch um die von ebay bestimmte und vorgegebene Sachlichkeit ergänzt. Erst diese gewährleistet die von allen Nutzern gewünschte Funktion, sich über seinen Vertragspartner ein angemessenes Bild machen zu können (AG Erlangen NJW 04, 3720, Abruf Nr. 050885).

     

    • Die Einordnung des Bewertungssystems als allgemeines Meinungsforum ist angesichts der uneingeschränkten Verknüpfung jeder Bewertung mit einer konkreten Transaktion unzutreffend. Sie wird auch der wirtschaftlichen Bedeutung des Bewertungssystems als einzigem Medium zur Darstellung der Zuverlässigkeit eines Nutzers nicht gerecht. Entsprechend müssen sich die Bewertungen auch an diesem Maßstab orientieren und ein Mindestmaß an Sachlichkeit durch Herstellung eines Bezugs zu der jeweiligen Transaktion wahren. Dem steht auch die Beschränkung der Bewertungskommentare auf wenige Zeichen (ebay: 80 Zeichen) nicht entgegen. Berechtigte Kritik lässt sich im Regelfall auch in wenigen Worten artikulieren (Noack/Kremer, AnwBl 04, 602).

     

    • Sofern entsprechender Vortrag der Gegenseite: Der Löschungsanspruch ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass meinem Mandanten die Möglichkeit einer Gegendarstellung zur Verfügung steht. Eine solche setzt nämlich gerade voraus, dass man sich gegen einen konkreten sachlichen Vorwurf in der Beurteilung wehren kann. Ein solcher liegt jedoch gar nicht vor, da Ihr Kommentar keinen solchen sachlichen Vorwurf darstellt.

     

    • Das von ebay propagierte Bewertungssystem kann nur funktionieren, wenn alle Nutzer die Vorgaben einhalten, denen sie sich unterworfen haben. Unsachliche, überspitzte und mehrdeutige Meinungsäußerungen müssen der Sachlichkeit weichen. Anderenfalls kann die von allen Seiten gewünschte Funktion des Beurteilungssytems nicht gewährleistet werden.

     

    Mein Mandant hat somit einen Anspruch auf Widerruf der Bewertung und im Hinblick auf die durch die Rechtsgutverletzung indizierte Wiederholungsgefahr zudem einen Anspruch auf Unterlassung entsprechender Äußerungen in der Zukunft.  

     

    Ich fordere Sie daher auf, unverzüglich, spätestens aber bis zum ... (Datum) mir gegenüber schriftlich zu bestätigen, dass Sie mit einer Löschung der beanstandeten Bewertung einverstanden sind. Sollte diese Bestätigung nicht innerhalb der gesetzten Frist hier eingehen, wird eine gerichtliche Geltendmachung unumgänglich.  

     

    Mit freundlichen Grüßen  

    gez. Rechtsanwalt  

     

    Soweit Sie den Geschäftspartner vertreten, der zur Rücknahme der umstrittenen Bewertung aufgefordert wurde, können Sie dem Anspruch mit folgenden Argumenten entgegentreten:  

     

    Musterformulierung: Zurückweisung eines Löschungsverlangens
    • Den Bewertungskommentar „...“ müssen Sie gem. § 1004 Abs. 2 BGB analog hinnehmen. Im Unterschied zu den weiteren Bewertungselementen enthält diese Bewertung keine Tatsachenbehauptung, sondern eine bloße Wertung (zur Bezeichnung als „unglaublich unverschämt“ siehe AG Eggenfelden CR 04, 858, Abruf-Nr. 050465). Diese unterfällt dem Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG und entzieht sich einer Einstufung als richtig oder falsch, als vertretbar oder unvertretbar.

     

    • Zwar ist dem Bewertungskommentar „...“ ein ehrenrühriger Gehalt i.S. von Art. 5 Abs. 2 GG nicht abzusprechen. Hier muss jedoch beachtet werden, dass diese Schranke ihrerseits in Wechselwirkung mit dem Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit steht.

     

    • Bei dem Bewertungssystem von ebay ist derjenige, der als Handelspartner mit einer Beschwerde in Form einer Äußerung konfrontiert wird, nicht schutzlos. Vielmehr eröffnet ihm das Bewertungssystem die Möglichkeit, direkt und in einem unmittelbaren Zusammenhang eine Gegenäußerung vorzunehmen. Somit werden auch seine schutzwürdigen Belange berücksichtigt. Er kann also auf die Bewertung sofort reagieren, um Dritten eine eigene Bewertungsgrundlage von der Sachlage zu verschaffen (LG Düsseldorf CR 04, 623, Abruf-Nr. 050882).

     

    • Ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs.1, § 1004 BGB besteht nicht. Es liegt kein Fall der „Schmähkritik“ vor. Wegen seines die Meinungsäußerungsfreiheit verdrängenden Effekts ist dieser Begriff eng definiert. Danach macht auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Sie muss jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der persönlichen Herabsetzung bestehen (BVerfG NJW 95, 3303). Das ist hier nicht der Fall, weil ...