01.12.2005 | Schuldrecht
Was bei einem Gewährleistungsausschluss bei Verträgen zwischen Verbrauchern zu beachten ist
Durch die Schuldrechtsmodernisierung sind die Möglichkeiten eines vertraglichen Ausschlusses der Gewährleistungsrechte geändert worden. Beim Verbrauchsgüterkauf sind haftungsausschließende Klauseln größtenteils unwirksam (§ 475 Abs. 1 S. 1 BGB). Liegt kein Verbrauchsgüterkauf vor, können die Parteien weiterhin die Käuferrechte ausschließen. Verbraucher untereinander können daher ihre Gewährleistungsrechte in vollem Umfang verlieren bzw. haben die Möglichkeit, sich von den Gewährleistungspflichten freizuzeichnen. Der Beitrag erläutert, unter welchen Voraussetzungen ein Haftungsausschluss zulässig ist und was die Parteien dabei beachten müssen.
Voraussetzungen eines Haftungsausschlusses
Soweit kein gesetzlicher Haftungsausschluss (z.B. § 377 Abs. 2 HGB oder §§ 445, 442 BGB) eingreift, ist zwischen den Parteien eine Vereinbarung über eine Freizeichnung der Haftung erforderlich. Unerheblich ist dabei, ob eine solche ausdrücklich erklärt wird oder ob sie sich stillschweigend ergibt. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt der Vereinbarung. Sie kann z.B. auch erst nach dem Abschluss des Vertrags getroffen werden (Palandt-Putzo, BGB, 64. Aufl., § 444, Rn. 6).
Praxishinweis: Vom Haftungsausschluss werden allerdings Mängel nicht mehr erfasst, die zwischen Vertragsschluss und Gefahrübergang auftreten (BGH NJW 03, 1316; anders: Zimmermann/Bischhoff, NJW 03, 2506). Auch auf Tertiäransprüche (z.B. stellvertretendes commodum gem. § 285 BGB) bezieht sich ein Haftungsausschluss im Zweifel nicht (Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 8; v. Olshausen, ZGS 02, 194). Allgemeine Schadenersatzansprüche werden dagegen nach der Ausdehnung der Gewährleistungsrechte im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung vom Haftungsausschluss erfasst (Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 1; Tiedtke/Burgmann, NJW 05, 1153).
Individualvertraglicher Haftungsausschluss
Vertragliche Abreden über einen Ausschluss der Gewährleistungshaftung können individualvertraglich zwischen den Parteien vereinbart werden oder aber durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen werden. Fragen zu Zulässigkeit individuell vereinbarter Haftungsausschlussklauseln sind gem. §§ 138, 242 BGB auszulegen, zum Unfang nach §§ 133, 157 BGB. Die Auslegung erfolgt im Zweifel zu Gunsten des Käufers (Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 15).
- ausdrücklicher Gewährleistungsausschluss
- konkludenter Gewährleistungsausschluss
Beispiele |
Ein konkludenter Haftungsausschluss wird bei der Vereinbarung eines Freundschaftspreises angenommen. Bei üblichen Schluss-, Aktions- und Ausverkaufsangeboten wird das Vorliegen eines Gewährleistungsausschlusses dagegen abgelehnt (MüKo-Westermann, § 444 BGB, Rn. 5). Des Weiteren wird auch im Kauf vom Ramsch ein Umstand gesehen, der auf einen Gewährleistungsausschluss hindeutet (Staudinger-Köhler, BGB, Vorbem. § 433, Rn. 27). Schließlich wird auch beim Kauf einer Sammlung vermutet, dass der Käufer wegen der fehlenden Möglichkeit zur Überprüfung der Mangelfreiheit der einzelnen Gegenstände auf seine Gewährleistungsrechte verzichtet (OLG Stuttgart NJW 69, 610). |
Haftungsausschluss in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Neben einem individualvertraglich vorgenommen Gewährleistungsausschluss kann im Verhältnis zwischen Verbrauchern auch der Möglichkeit einer Haftungsfreizeichnung durch AGB eine erhebliche praktische Bedeutung zukommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich auch bei Klauseln, die von Verbrauchern nur einmalig verwendet werden, um AGB handeln kann. So ist es ausreichend, dass die Klauseln für einen mehrfachen Gebrauch formuliert wurden (BGH VK 05, 198, Abruf-Nr. 052610). Dies ist immer der Fall, wenn der Verbraucher vorgefertigte Formularverträge aus Schreibwarengeschäften, dem Internet oder von Organisationen oder Verbänden verwendet (Tiedtke/Burgmann, NJW 05, 1153, 1157).
Für die Wirksamkeit der in AGB eingefügten Haftungsausschlussklauseln sind §§ 307bis 309 BGB maßgeblich. Dabei ist zu unterscheiden:
- neu hergestellte Sachen
- gebrauchte Sachen
Unterschied zwischen Mangelschaden und Mangelfolgeschaden
Im Hinblick auf den in § 437 BGB verankerten Schadenersatzanspruch ist allerdings zwischen Mangelschäden, die den Schaden an der Kaufsache selbst bilden und den Mangelfolgeschäden, also den Schäden außerhalb der Kaufsache und alle damit in Zusammenhang stehenden Vermögensnachteile, zu unterscheiden:
- Hinsichtlich der Schäden an der Sache selbst kommt gem. § 280 Abs. 1und 3, § 281 BGB ein Haftungsausschluss lediglich bei leichter Fahrlässigkeit in Betracht.
- Geht es dagegen um einen Schadenersatzanspruch neben der Leistung nach § 280 Abs. 1 BGB, wird vertreten, dass die Grenze der unangemessenen Benachteiligung gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu berücksichtigen ist (Tiedtke/Burgmann, NJW 05, 1153; a.A. Stölting, ZGS 05, 299). Dies bedeutet, dass sich die Haftung für leichte Fahrlässigkeit bei Vorliegen eines typischen, vorhersehbaren Schadens nicht auf die Erfüllung wesentlicher Vertragspflichten beziehen darf (BGH NJW 02, 673). Maßgeblich zur Bestimmung solcher Kardinalspflichten ist die Vertragsart. Beim Kaufvertrag stellt in der Regel die Verschaffung des Besitzes und des Eigentums an einer mangelfreien Sache die wesentlichen Pflichten dar (v. Westphalen, NJW 03, 12; Arnold, ZGS 04, 16). Dies bedeutet aber nicht, dass sich die Bestimmung der Kardinalpflichten zwingend aus den Hauptleistungspflichten ergeben muss. Vielmehr geben diese lediglich einen Hinweis (BGH NJW 02, 673; Müko-Basedow, § 309 BGB, Rn. 26).
Checkliste: Häufig genutzte Vertragsklauseln |
Verbraucher die sich von der Verpflichtung zur Gewährleistungshaftung freistellen wollen, greifen regelmäßig auf folgende gängige Typen von Vertragsklauseln zurück:
Bei der Verwendung dieser Klausel sollen lediglich die Mängel der Haftungsfreistellung unterworfen werden, die der Käufer nach eigener Besichtigung ohne die Hilfe von Sachverständigen feststellen kann (Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 16). So wird z.B. die Haftung für die Unleserlichkeit oder das gänzliche Fehlen von Motor- und Fahrgestellnummer oder auch das Vorhandensein von Schad- und Roststellen an der Unterseite des Pkw durch die genannte Klausel nicht ausgeschlossen (OLG Köln NJW–RR 92, 49). Dagegen wird die Betriebs- und Verkehrssicherheit eines Pkw von der genannten Vertragsklausel umfasst (MüKo-Westermann, § 444 BGB, Rn. 7; OLG Köln NJW 93, 271). Enthält ein zwischen Privatpersonen geschlossener Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug einen formularmäßigen Ausschluss jeder Gewährleistung, wird dieser durch den handschriftlichen Zusatz „gekauft wie gesehen“ nicht eingeschränkt (BGH 6.7.05, VIII ZR 136/04, Abruf-Nr. 052571).
Wird der Zusatz „..unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung...“ verwendet, bezieht sich die Haftungsausschlusswirkung auch auf verborgene Mängel (MüKo-Westermann, § 444 BGB, Rn. 7). Dies gilt insbesondere im Gebrauchtwagenhandel und beim Kauf von Altbauten (BGH NJW 86, 2824). Bei neu herzustellenden Sachen oder bei noch zu errichtenden Gebäuden wird einem solchen generellen Ausschluss dagegen die Wirksamkeit abgesprochen (BGH NJW 84, 2094; Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 18).
Diese Klausel wird üblicherweise in Hinblick auf Rechtsgeschäfte über Immobilien verwendet. Sie unterscheidet sich von der Formel „gekauft wie besichtigt“ vor allem dadurch, dass es nicht auf eine Besichtigung des Käufers ankommt. Die Kaufsache muss so akzeptiert werden, wie sie ist (MüKo-Westermann, § 444 BGB, Rn. 7). Dies führt im Ergebnis zu einem vollständigen Haftungsausschluss, der auch verborgene Mängel mit einbezieht (Palandt-Putzo, a.a.O., § 444, Rn. 18). Beim notariellen Grundstückskauf ist allerdings zu berücksichtigen, dass der BGH bei der Verwendung von Standardformulierungen und Mustertexten strengere Voraussetzungen aufgestellt hat. Danach ist ein Ausschluss der Käuferrechte nur zulässig, wenn der Notar die Klausel des Haftungsausschlusses den Parteien nicht nur vorliest, sondern auch eingehend und nicht nur formelhaft erörtert (BGH NJW 76, 515; Litzenburger, NJW 02, 1244). |