08.12.2009 | Unfallversicherung
Geltendmachung von Invalidität kann auch in der Unfallanzeige zu sehen sein
von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte
1. Die Geltendmachung der Invalidität gemäß § 7 I AUB 94 kann in Ausnahmefällen auch bereits in einer zeitnah erstatteten Unfallanzeige liegen, wenn in ihr Verletzungsfolgen genannt sind, die notwendigerweise zu einer Invalidität führen. Werden Ganzkörperverbrennungen dritten Grades mitgeteilt, muss dies auch als Geltendmachung von Invalidität angesehen werden. |
2. Die Frist nach § 12 Abs. 3 VVG a.F. wird auch durch eine Feststellungsklage gewahrt. |
3. Eine Belehrungspflicht des VR dürfte nicht schon durch Absenden der Erklärung erfüllt sein. |
(OLG Stuttgart 14.5.09, 7 U 174/08, Abruf-Nr. 093759) |
Sachverhalt
Am 25.8.05 hatte der VN, der eine Unfallversicherung unter Geltung der AUB 94 abgeschlossen hatte, einen Arbeitsunfall. Bei Reinigungsarbeiten kam es zu einer Verpuffung bzw. Explosion, bei der der VN Feuer fing. Dabei erlitt er schwere Verbrennungen. Betroffen waren die Beine, die Arme, der Hals und das Gesicht. Nach dem Unfall befand sich der VN längere Zeit - jedenfalls bis 25.11.05 - in stationärer Behandlung. Am 8.10.05 übersandte seine Lebensgefährtin eine Unfallanzeige an den VR, in der bei den Unfallfolgen mitgeteilt wurde, dass „Ganzkörperverbrennungen dritten Grades“ vorliegen. Beigefügt war ein Zeitungsartikel über das Unfallereignis. Streitig ist, ob dem VN danach ein Schreiben des VR vom 27.10.05 zuging, in dem auf einzuhaltende Fristen hingewiesen wurde. Am 12.12.06 wurde die genannte Unfallanzeige nochmals übersandt. Daraufhin meldete sich der VR und lehnte die geltend gemachte Invaliditätsleistung wegen Fristversäumung ab.
Das LG hat wegen fehlender fristgerechter Geltendmachung der Invalidität (§ 7 I Abs. 1 AUB 94, gleichlautend mit Nr. 2.1.1.1 AUB 99/2008) Leistungen abgelehnt. Der VR sei der Hinweispflicht nachgekommen, da es nicht auf den Zugang, sondern nur auf das Absenden des Hinweisschreibens vom 27.10.05 ankomme. In der Berufungsinstanz ist der VN von der Feststellungsklage zur Leistungsklage übergegangen und hat nunmehr entsprechend dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten eine Invalidität von 80 Prozent geltend gemacht. Dies rügt der VR als unzulässige Klageänderung, der auch § 12 Abs. 3 VVG a.F. entgegenstünde.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hatte Erfolg. Die Invalidität sei als geltend gemacht anzusehen, wenn die in der Unfallanzeige mitgeteilten Verletzungen so groß seien, dass notwendigerweise mit Dauerfolgen gerechnet werden müsse. Das sei bei schwersten Verbrennungen der Fall. Die Auffassung des LG, dass der von ihm angenommenen Belehrungspflicht bereits durch Absenden genügt sei, sei sehr zweifelhaft. Hierauf komme es aber nicht an. Die Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG a.F. sei schon gewahrt, weil die Invalidität vom vorherigen Feststellungsantrag vollständig umfasst gewesen sei.
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