01.07.2006 | Unfallversicherung
Was bei der Drei-Jahresfrist im Rahmen der Invaliditätsfeststellung zu beachten ist
Ist vor Ablauf der Dreijahresfrist des § 13 Nr. 3a AUB 61 eine Heilbehandlung eingeleitet, aber nicht abgeschlossen, so hat ein nur zeitweise eingetretener Erfolg oder ein zum Zeitpunkt des Fristablaufs noch ungewisser Erfolg der Behandlung bei der Bewertung der Invalidität außer Betracht zu bleiben. Demgegenüber ist eine mit der Heilbehandlung notwendigerweise verbundene, vor Ablauf der Dreijahresfrist eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustands des Versicherten (hier: Verlust des körpereigenen Knies im Rahmen einer Knietransplantation) zu berücksichtigen (BGH 20.4.05, IV ZR 237/03, Abruf-Nr. 051580). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Bei einem Unfall vom 21.6.95 erlitt der VN kniegelenksnahe Beinverletzungen, die vom Sachverständigen mit 2/3-Beinwert bewertet wurden, „falls es nicht gelinge, eine erfolgreiche Versteifungsoperation durchzuführen“. Der VN entschloss sich stattdessen zu einer Knietransplantation, die am 31.7.97 durchgeführt wurde. Der Gutachter bewertete den nachoperativen Zustand mit 1/3-Beinwert, wies aber darauf hin, dass der Endzustand noch nicht erreicht sei. Im Mai 98 erfolgt die Regulierung auf der Basis von 1/3-Beinwert. Im September 98 traten Komplikationen ein, die im März 00 zur Amputation des Beins führten. Die Klage auf Entschädigung nach dem vollen Beinwert hatte vor dem BGH – das OLG hatte 2/3-Beinwert entschädigt – aus den im Leitsatz genannten Gründen Erfolg.
Praxishinweis
Für die Einschätzung der Invalidität kommt es nach § 13 Nr. 3a AUB 61 auf den drei Jahre nach dem Unfall vorliegenden und den zu diesem Zeitpunkt erkennbaren, d.h. hinreichend prognostizierbaren Dauerzustand an. Spätere Veränderungen, seien sie positiv oder negativ, bleiben außer Betracht. Das OLG Frankfurt a.M. als Vorinstanz (VersR 05, 779) hatte angenommen, Heilmaßnahmen (hier die Knietransplantation), deren Erfolg oder Misserfolg bei Ablauf der Dreijahresfrist unklar seien, seien bei der Beurteilung der Invalidität hinwegzudenken. Es sei deshalb, da eine Versteifungsoperation nicht durchgeführt worden war, von der für das „unbehandelte“ Knie festgestellten Invalidität von 2/3-Beinwert auszugehen.
Dem ist der BGH nicht gefolgt. Bleibt im Bewertungszeitpunkt – nach Ausschöpfung aller Erkenntnismittel – unsicher, ob eine Heilmaßnahme Erfolg haben wird, muss sie bei der Bewertung der Invalidität außer Betracht bleiben. Das war hier von der Knietransplantation anzunehmen. Andererseits stand im Bewertungszeitpunkt fest, dass das körpereigene Knie entfernt worden war. Dies darf nicht hinweggedacht werden, weil der Erfolg der Transplantation unsicher war (so aber das OLG). Es war vielmehr ein – unumkehrbares – Fakt, das deshalb auch zu berücksichtigen war und zur Bewertung mit dem vollen Beinwert geführt hat.
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