· Fachbeitrag · Privathaftpflichtversicherung
Entladevorgang gehört zum Gebrauch des Kfz
| Beschädigt die Fahrerin eines Transporters beim Entladen ein Reklameschild, besteht kein Versicherungsschutz in der privaten Haftpflichtversicherung. So entschied es das LG Wuppertal. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Die VN hatte einen Transporter angemietet. Als sie auf dessen Hebebühne stehend eine Leiter entladen wollte, beschädigte sie mit dieser ein in den Luftraum ragendes Reklameschild. Es entstand ein Nettoschaden von 1.310 EUR. Ihr Privathaftpflicht-VR hielt sich nicht für eintrittspflichtig.
Das LG Wuppertal gab dem VR recht (14.11.19, 9 S 125/19, Abruf-Nr. 214512). Es verwies auf die in den Vertrag einbezogene Benzinklausel. Danach ist ein Schaden nicht versichert, der durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht wurde. Das sei hier der Fall:
- Zwar stand das Fahrzeug im Moment der Schadenszufügung. Gleichwohl war die VN nach wie vor Führerin des Transporters.
- Der ‒ aus sich heraus und eng auszulegende ‒ Ausschluss greift im Einzelfall nur, wenn sich eine Gefahr verwirklicht hat, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen und diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist. Der Schaden muss deshalb dem Kraftfahrzeugrisiko näher stehen als dem Privat-/Betriebs-/Tierhalter-Risiko, also bei natürlicher Betrachtung diesem zuzuordnen sein. Das ist bei Be- und Entladevorgängen zumindest dann der Fall, wenn und solange das Kraftfahrzeug in innerem Zusammenhang mit seiner Funktion als Verkehrs- und Transportmittel be- und entladen wird.
- Ein solcher innerer Zusammenhang besteht, wenn das Entladen mit Hilfe einer speziellen Entladevorrichtung des Kraftfahrzeugs selbst erfolgt.
- Damit ist der Schaden vorliegend beim Einsatz von Vorrichtungen des Transporters, nämlich der Hebebühne, entstanden. Es hat sich zudem eine dem Fahrzeuggebrauch eigene Gefahr und nicht bloß ein Alltagsrisiko verwirklicht. Die VN konnte nämlich die Reklameeinrichtung nur schädigen, weil sie auf der Hebebühne des Transporters stand.
Relevanz für die Praxis
Nach der BGH-Rechtsprechung gehört ein Entladevorgang zum Gebrauch des Kfz, solange dieses oder seine an und auf ihm befindlichen Vorrichtungen dabei beteiligt sind. Der Schaden, der beim Hantieren mit Ladegut eintritt, ist „durch den Gebrauch“ des Kfz entstanden, d. h. diesem Gebrauch noch zuzurechnen, wenn es für die schadensstiftende Verrichtung aktuell, unmittelbar, zeitlich und örtlich nahe eingesetzt gewesen ist (BGH, VI ZR 122/78).
Weiterführender Hinweis
- Benzinklausel: Beim Aussteigen aus Kfz fällt Flasche herunter: OLG Hamm VK 18, 21