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  • · Fachbeitrag · Privathaftpflichtversicherung

    In diesen Fällen kann die Tierhaltung ein übermäßiger Gebrauch der Mietwohnung sein

    von VRiOLG a.D. Werner Lücke, Telgte

    Eine den Privathaftpflichtversicherungsschutz ausschließende übermäßige Beanspruchung einer Mietsache liegt vor, wenn ein VN in der von ihm gemieteten Wohnung mehrere Katzen tagsüber unbeaufsichtigt hält und dadurch erhebliche Substanzschäden durch Verunreinigung entstehen.(OLG Saarbrücken 9.9.13, 5 W 72/13, Abruf-Nr. 133553).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die Antragstellerin begehrte Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen ihren Haftpflicht-VR auf Deckungsschutz. Ihre tagsüber regelmäßig unbeaufsichtigt in der Wohnung verbliebenen drei Katzen hatten die Mietwohnung durch Urin erheblich beschädigt. Es musste nicht nur der Parkettboden und dessen Unterkonstruktion vollständig ausgetauscht, sondern auch die Betondecke abgefräst werden. Der VR hat Deckung abgelehnt, weil die VN den Schaden vorsätzlich herbeigeführt habe. Außerdem greife der vereinbarte Ausschluss für Abnutzung, Verschleiß und übermäßige Abnutzung. Ihr Antrag auf PKH und ihre nach Ablehnung eingelegte Beschwerde sind erfolglos geblieben.

     

    Nach Ziff. 5 der vereinbarten Bedingungen (wie Nr. 1.7 der etwa im Prölss/Martin abgedruckten Musterbedingungen) ist die gesetzliche Haftpflicht als Halter von zahmen Haustieren mitversichert, welche nicht lediglich den Tatbestand des § 833 BGB erfüllende Schadensfälle umfasst, sondern alle Schäden, die - wie hier - vom Versicherten gerade in seiner Eigenschaft als Tierhalter verursacht werden (vgl. BGH VersR 07, 939). Für Schäden an Mietsachen richtet sich der Umfang des Versicherungsschutzes nach der - gleichrangigen - Regelung in Ziff. 4 der Bedingungen. Diese bezieht Mietsachschäden abweichend von Ziff. 7.6 AHB im Wege des Wiedereinschlusses in den Versicherungsschutz ein, sieht in Ziff. 4.2.1 der Besonderen Bedingungen aber einen Rückausschluss für Haftpflichtansprüche wegen „Abnutzung, Verschleiß und übermäßiger Beanspruchung“ vor (wie Nr. 5.2 der Musterbedingungen). Danach ist der Versicherungsschutz im Streitfall ausgeschlossen.

     

    Eine übermäßige Beanspruchung der Mietsache wird in Rechtsprechung und Literatur angenommen, wenn sie über das für den einzelnen Raum vereinbarte oder übliche Maß (§ 538 BGB) quantitativ oder qualitativ erheblich hinausgeht und deshalb zu erhöhter Abnutzung oder erhöhtem Verschleiß oder einem erhöhten Schadensrisiko führt, wie etwa beim Halten zahlreicher Haustiere. Nach dem Wortlaut der Klausel („Beanspruchung“), an welchem sich deren Auslegung in erster Linie zu orientieren hat (BGH NJW 12, 3238), ist allein an die Nutzung der Mietsache anzuknüpfen. Ist diese nicht „übermäßig“, sind auch gravierende Substanzschäden nicht vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Die Wirksamkeit der in dem vorstehenden Sinne auszulegenden Klausel begegnet keinen Bedenken.

     

    Ob das Halten von Haustieren als übermäßige Beanspruchung einer Mietwohnung anzusehen ist, kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls entschieden werden. § 7 des Mietvertrags erlaubt das Halten von Haustieren, soweit dies nach Anzahl und Größe der Tiere allgemein üblichen Vorstellungen entspricht. Nach der Rechtsprechung des BGH muss zwischen den Interessen des Vermieters und des Mieters sowie etwaiger weiterer Beteiligter umfassend abgewogen werden. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage der Wohnung sowie des Hauses, in dem sich die Wohnung befindet (BGH NJW 08, 218). Die Antragstellerin war tagsüber jeweils über viele Stunde außerstande, die Katzen zu beaufsichtigen. Eine unter diesen Umständen erforderliche regelmäßige Kontrolle sämtlicher den Katzen zugänglicher Räume scheiterte nach ihrem eigenen Vorbringen daran, dass das streitgegenständliche Zimmer völlig mit Möbeln zugestellt gewesen ist. Eine solche Tierhaltung, welche die Mietwohnung einem hohen Risiko der Verursachung erheblicher Schäden durch die weitgehend unbeaufsichtigten Tiere aussetzte, ist als übermäßige Beanspruchung im Sinne der Bedingungen anzusehen.

     

    Die streitgegenständlichen Schäden am Parkettboden und der darunterliegenden Betondecke sind auch nicht nur gelegentlich der über den vertragsgemäßen Gebrauch hinausgehenden Tierhaltung, sondern gerade durch diese verursacht worden (vgl. Lücke in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., Nr. 5 BesBed PHV Rn. 8 - ausgeschlossen sind nur Haftpflichtansprüche „wegen“ übermäßiger Beanspruchung).

     

    Praxishinweis

    Mietsachschäden sind in den AHB ausgeschlossen, in der PHV aber regelmäßig wieder eingeschlossen mit der Unterausnahme insbesondere für übermäßige Beanspruchung. Ob eine solche vorliegt, ist anhand des Mietvertrags zu entscheiden. Schließt dieser das Halten von Hunden oder Katzen wirksam aus (ein generelles Verbot in AGB ist allerdings regelmäßig unwirksam, BGH NJW 13, 1526), kann schon das Halten eines Tieres eine übermäßige Beanspruchung darstellen. Anderenfalls kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an. Diese waren im Streitfall besonders wegen der ständigen, stundenlangen Abwesenheit der VN und der deshalb nicht artgerechten Haltung der Tiere extrem und haben deshalb den Ausschluss begründet Das Urteil darf deshalb nicht dahin missverstanden werden, dass jedwedes Halten mehrerer Tiere eine übermäßige Beanspruchung darstellt.

     

    Zutreffend weist das OLG ferner darauf hin, dass nur Schäden durch übermäßigen Gebrauch ausgeschlossen sind. Werden die Schäden durch ein Tier oder durch mehrere Tiere verursacht, die in zulässiger Weise in der Wohnung gehalten werden, ist das deshalb versichert. Die übermäßige Beanspruchung muss in der Person des Mieters vorliegen, eine solche durch das Tier genügt deshalb nicht.

     

    Weiterführender Hinweis

    • In diesen Fällen sind Mietsachschäden in die Privathaftpflichtversicherung eingeschlossen (LG Dortmund: Bürostuhl auf Echtholzparkett - ja; OLG Köln: Urinierende Hunde - nein): VK 10, 182
    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 21 | ID 42487181