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  • · Fachbeitrag · Treuhändertätigkeit

    Anwaltsfehler: Was deckt die Berufshaftpflicht?

    | Anwälte sind längst auf vielen Feldern aktiv, die nicht zum klassischen Anwaltsgeschäft gehören. Dann ist die Frage nicht weit, ob bei Beratungsfehlern auch die Berufshaftpflicht zahlt. Stichwort: erweitertes Berufsbild. Das OLG München entschied jetzt, dass es auf den Schwerpunkt des Auftrags ankommt. Was das heißt und warum Anwälte gut daran tun, in ihre Police zu schauen, erklärt dieser Beitrag. |

     

    Sachverhalt

    Der Anwalt war für eine in der Schweiz sitzende AG bzw. für deren deutsche Kunden als Treuhänder tätig. Die AG kaufte Lebensversicherungen auf dem sogenannten Zweitmarkt an, ließ sich Ansprüche und Rechte abtreten und bot Kunden zeitlich verzögerte Auszahlungen an, die deutlich über den üblichen Kaufpreisen lagen. Die Aufgabe des Anwalts dabei: Vermögensanlagen kündigen, Verträge abwickeln, das Guthaben entgegennehmen und im Namen der Versicherten einen Kaufvertrag vorbereiten, mit dem die Versicherung das Geld erhält. Der Anwalt erhielt hierfür zwei Prozent des Abwicklungsguthabens.

     

    So tat er es auch für die Klägerin (Lebensversicherung, Rückkaufswert: 53.334,76 EUR). Die AG bestätigte gegenüber der Klägerin den Vertrag und versprach eine Auszahlung von 106.669,52 EUR nach 72 Monaten. Im weiteren Verlauf schaltete sich die Schweizer Bankenaufsicht ein, die AG wurde aufgelöst. Die Klägerin enthielt keine Zahlungen und verklagte den Anwalt auf Schadenersatz. Der Anwalt trat seine Freistellungs- und Zahlungsansprüche gegen die Beklagte (Haftpflichtversicherer des Anwalts) an die Klägerin ab. Diese war der Ansicht, dass sie einen Anwaltsvertrag geschlossen und der Jurist seine Pflichten hieraus verletzt habe, sodass sein Versicherer Schadenersatz leisten müsse. Der Anwalt habe bei Vertragsschluss prüfen müssen, ob dieser wirksam ist. Da der Versicherer keine Bankerlaubnis (32 Abs. 1 KWG) hatte, sei der Kaufvertrag unwirksam. Das hätte der Anwalt erkennen können und müssen.

     

    Der Versicherer stufte den Auftrag als nicht versicherte anwaltliche Tätigkeit ein. Zudem habe er Pflichten wissentlich verletzt. Das LG wies die Klage ab. Auch die Berufung der Klägerin zum OLG München blieb erfolglos (25.1.19, 25 U 623/18, Abruf-Nr. 208284).

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG habe korrekt entschieden, dass die Treuhänder-Tätigkeit nicht als versicherte Tätigkeit im Sinne der vorliegend vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB-A) zu bewerten ist. Insoweit hatte das LG die BGH-Rechtsprechung korrekt interpretiert (23.9.15, IV ZR 484/14, Abruf-Nr. 183217). Das OLG entschied zur Frage, wann die Anwaltstätigkeit versichert ist, wie folgt:

     

     

    Anwälte gehen oft mit sehr hohen Werten und Risiken um, die für Mandanten existenzielle Bedeutung haben. Dies spricht dafür, auf den jeweiligen Auftrag abzustellen und nicht darauf, welches Risiko sich im jeweiligen Schadensfall verwirklicht hat. Ebenfalls dafür spricht, dass gem. B S. 2 BBR-RA ‒ ebenso wie in den streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen (AVB; Mitversicherte Tätigkeiten Nr. 1b‒6) ‒ auch solche Tätigkeiten einbezogen sind, die ganz überwiegend kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Inhalt haben, aber zum etablierten anwaltlichen Berufsbild gehören, wie z. B. Insolvenzverwalter oder Testamentsvollstrecker. Auch hier steht die Höhe der anvertrauten Werte und damit die Höhe des Schadensrisikos im Vordergrund, und nicht irgendwelche spezifischen Haftungsgefahren aus rechtsberatender Tätigkeit. Die Risikobeschreibung ist daher so auszulegen, dass mit der Bezeichnung „gegenüber dem Auftraggeber freiberuflich ausgeübte Tätigkeit als Rechtsanwalt“ grundsätzlich nur die Kerntätigkeit des Anwaltsberufs vom Versicherungsschutz erfasst sein soll. Dazu gehört eine treuhänderische Tätigkeit nicht. Soweit eine Tätigkeit zum erweiterten Berufsbild des Anwalts gehört, ist sie somit nur versichert, wenn dies in den AVB ausdrücklich vereinbart ist.

     

    Relevanz für die Praxis

    Das OLG hat das Problem klar benannt: Zwischen anwaltlichen und versicherten sowie nicht versicherten sonstigen Tätigkeiten abzugrenzen, ist schwierig, denn das Berufsbild des Anwalts ist nicht definiert. Anwälte müssen die Versicherungsbedingungen ihrer Haftpflicht kennen und regelmäßig ein Auge darauf haben, inwieweit ihr Beratungsangebot wächst und sich vielleicht dergestalt ändert, dass sie sich im Bereich des „erweiterten Berufsbilds“ bewegen und dieses konkret als Leistungen anbieten. Dann ist die Berufshaftpflicht ggf. entsprechend anzupassen. Ist der Hauptauftrag (Schwerpunkt) stets rechtsberatend und anwaltstypisch, ist der Anwalt auf der sicheren Seite. Das gilt auch in den Mandaten, in dem sich kleinere nicht anwaltstypische Aufgaben ergeben, die der Anwalt ebenfalls erledigt.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Absicherung für wirtschaftliche und kaufmännische Tätigkeiten des Anwalts, VK 18, 194
    • So sind Sie für Beratung und Vertretung des Mandanten im ausländischen Recht abgesichert, VK 18, 213
    Quelle: Ausgabe 08 / 2019 | Seite 131 | ID 45876386