· Fachbeitrag · Berufsunfähigkeitszusatzversicherung
So genau müssen psychische Probleme im Rahmen der Berufsunfähigkeit dargelegt werden
| Behauptet der VN eine Berufsunfähigkeit wegen psychischer Probleme, muss er zum einen die bisher ausgeübte Tätigkeit genau beschreiben und zum anderen konkret darlegen, welche gesundheitlichen Hindernisse der Fortführung der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit entgegenstehen. Den Umfang der notwendigen Darlegung hat das OLG Saarbrücken nun näher beschrieben. |
Sachverhalt
Der VN begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage, mit der er eine Berufsunfähigkeitsrente, Beitragsfreistellung und Rückzahlung von Beiträgen verlangt. Das LG hat die Prozesskostenhilfe verweigert, weil der VN einen Anspruch nicht schlüssig dargelegt habe. Es fehle an einer konkreten Schilderung seines Berufsbilds als Student bzw. als Werksstudent. Es sei auch nicht dargelegt, warum er sein Studium nicht fortführen könne.
Gegen diesen Beschluss hat der VN sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt.
Entscheidungsgründe
Das OLG Saarbrücken sah das anders als das LG. Es hielt die sofortige Beschwerde für begründet (25.1.18, 5 W 5/18, Abruf-Nr. 205410). Der PKH-Antrag biete hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Weitere Substanziierungen des Vortrags seien nicht erforderlich.
Dazu führte das OLG die Grundregeln zur Ermittlung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit noch einmal vor Augen:
- Maßgebend ist grundsätzlich die letzte konkrete Berufsausübung des Versicherten, so wie sie in gesunden Tagen ausgestaltet war, d. h. solange seine Leistungsfähigkeit noch nicht beeinträchtigt war.
- Der Versicherte muss zu dieser konkreten beruflichen Tätigkeit in einem Ausmaß nicht mehr imstande sein, das nach den Versicherungsbedingungen einen Rentenanspruch begründet.
- Dies muss der VN darlegen und beweisen. Als Sachvortrag genügt dazu grundsätzlich nicht die Angabe des Berufstyps und der Arbeitszeit. Vielmehr muss für einen Außenstehenden ohne Weiteres nachvollziehbar werden,
- welcher Art die regelmäßig ausgeübten Tätigkeiten waren,
- welchen Umfang und welche Häufigkeit sie annahmen und
- welche Anforderungen sie an die Leistungsfähigkeit stellten.
- Daneben muss konkret dargelegt werden, welche gesundheitlichen Hindernisse der Fortführung der zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeit entgegenstehen.
- Dem wird ein VN zwar regelmäßig allein durch die Angabe seiner gesundheitlichen Leiden und die Behauptung einer daraus folgenden Berufsunfähigkeit genügen. In Tiefe und Breite der Darlegung darf von ihm als medizinischem Laien insoweit grundsätzlich nicht zu viel verlangt werden.
- Gerade aber bei vornehmlich psychischen Befindlichkeitsstörungen unklarer Wirkung wie z.B. Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Nervosität, nicht näher bezeichnete „Angstzustände“, die einen Berufstätigen mehr oder weniger oder überhaupt nicht nennenswert bei der Fortführung seiner Tätigkeit belasten, genügt die Behauptung nicht, die gesamte Tätigkeit könne nicht mehr ausgeübt werden. Andernfalls müsste ein gerichtlicher Sachverständiger erst ausforschen, in welcher Form welche „gesundheitlichen“ Belastungen oder nur Stimmungsschwankungen der Ausübung der Berufstätigkeit entgegenstehen.
- Deshalb muss ein VN, der eine Berufsunfähigkeit wegen psychischer Probleme behauptet, umfangreicher vortragen. Er muss darlegen, wann, wie oft, wie lange, mit welcher Intensität und Dauer welche tatsächlichen Störungen seiner beruflichen Tätigkeit aufgetreten sind, und aus welchen Gründen es ihm nicht möglich ist, seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch zugängliche und ohne Weiteres zumutbare eigene Anstrengungen „in den Griff“ zu bekommen.
Relevanz für die Praxis
Immer wenn es um eine Berufsunfähigkeit geht, muss umfangreich und detailliert vorgetragen werden. Da macht auch der PKH-Antrag keine Ausnahme. In der Regel kann dort auf einen beigefügten Klageentwurf verwiesen werden. Dem OLG hat hier der Sachvortrag gereicht.
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Im vorliegenden Fall hat dem OLG folgender Sachvortrag ausgereicht:
Der VN ist ängstlich, sozial verunsichert, depressiv, antriebsgestört und massiv eingeschränkt in der kognitiven und sozialen Belastbarkeit, sodass er Prüfungssituationen nicht aushält und diesen krankheitsbedingt aus dem Weg geht.
Seine Anspannung steigt ins Unerträgliche, wenn er sich irgendeiner Form sozialer Interaktion aussetzt. Er muss sich nach kurzer Zeit zurückziehen, da er durch die Anspannung Atemnot, Erstickungsgefühle, Brustschmerzen usw. bekommt.
Der VN hat zudem behauptet, dass er nicht mehr zu Absprachen (physisch oder per Telefon) mit den Kollegen in der Lage war. Eine Zusammenarbeit sei daher für ihn nicht mehr möglich. |