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  • · Fachbeitrag · Private Krankenversicherung

    Sonnenbrillen - medizinisch notwendig oder nur modisches Accessoire?

    von RA Marc O. Melzer, FA MedR, SozR und VersR und RRef. Stephan Domke, Bad Lippspringe

    | Wohin auch immer es einen in den Urlaub verschlägt, ob an den Strand, in die Berge oder auf den heimischen Balkon. Pünktlich mit der Ankunft des Sommers fragen sich einige VN: Übernimmt meine private Krankenversicherung die Kosten für eine Sonnenbrille? |

     

    Bereits die Kostenübernahme für normale Sehhilfen war lange Zeit streitig. In der gesetzlichen Krankenversicherung muss das Hilfsmittel bekanntlich ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Zum 1.1.04 wurde die Sehhilfe allerdings aus dem „Leistungskatalog der GKV“ genommen. Seitdem wird nur noch Kindern und Jugendlichen bis zur Volljährigkeit ein Zuschuss gewährt. Begründet wurde dies seinerzeit mit dem Argument, die Fehlsichtigkeit gelte nicht als Krankheit. Erwachsene erhalten Zuschüsse nur in sehr seltenen Ausnahmefällen.

    1. Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit in der PKV

    Demgegenüber hängt die Kostenübernahme für Leistungen in der privaten Krankenversicherung maßgeblich von der „medizinischen Notwendigkeit“ ab (§ 1 Abs. 2 MB/KK). Was darunter zu verstehen ist, hat der BGH bereits im Jahre 1979 (VersR 79, 221) für die Heilbehandlung definiert (vgl. zuletzt BGH VersR 10, 1171):

     

    • Medizinische Notwendigkeit

    Medizinisch notwendig ist eine [Heilbehandlung], wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen.

     

    2. Nutzen der Sonnenbrille

    Sonnenbrillen sind Sehhilfen, deren getönte Gläser die Lichtdurchlässigkeit zu den Augen des Trägers verringern. Primärer Zweck ist demgemäß der Schutz der Augen vor schädlichen Auswirkungen des Sonnenlichts. Im Gegensatz zur gewöhnlichen Brille dient der primäre Zweck der Sonnenbrille somit gerade nicht der Sehhilfe oder der Sehkorrektur. Insofern dürfte regelmäßig eine Übermaßbehandlung vorliegen (§ 5 Abs. 2 MB/KK). Der VR soll gerade für die private Lebensgestaltung des VN nicht aufkommen. Dies ist im Hinblick auf die Entwicklungen der vergangenen Jahre auch dringend nötig, wird der Gesundheitsmarkt doch zunehmend mit Möglichkeiten fernab des medizinisch Notwendigen geflutet.

     

    3. Erstattungsfähigkeit von Sonnenbrillen

    Die Kosten einer Sonnenbrille sind also nur dann bedingungsgemäß im tariflichen Umfang zu erstatten, wenn die ärztliche Verordnung durch objektive medizinische Befunde und Erkenntnisse getragen wird. Maßgeblich wären also bestimmte Augenerkrankungen, die bei Sonneneinstrahlung das Tragen von Lichtschutzgläsern erfordern, um einer Verschlimmerung entgegenzuwirken. Entsprechende Krankheiten mögen z.B. sein:

     

    • blendungsbedingte entzündliche oder degenerative Erkrankungen der Netzhaut oder der Sehnerven,
    • chronisch-rezidivierende Reizzustände der vorderen und mittleren Augenabschnitte,
    • totale Farbenblindheit,
    • Albinismus oder
    • unerträgliche Blendungserscheinungen bei praktischer Blindheit.

     

    Nun könnten sich findige VN abschließend auf den Standpunkt stellen, dass bei der Anfertigung der als medizinisch notwendig angesehenen Brille sogleich sog. selbsttönende (phototrophe) Gläser verwendet werden. Ob die Kosten für entsprechende spezielle Brillengläser von den privaten Krankenversicherungen übernommen werden, richtet sich letztlich nach den individuellen Tarifen des VR. Doch auch hier steht die medizinische Notwendigkeit im Vordergrund. Deshalb ist wie bereits bei der „Lichtschutzbrille“ darauf abzustellen, ob ein entsprechender medizinischer Befund diese Gläser medizinisch notwendig macht.

     

    Hinweis | Pro Jahr wird in der Regel nur ein Hilfsmittel erstattet. Muss also die normale Brille aufgrund einer Veränderung der Sehstärke gewechselt werden, kann im gleichen Jahr keine Sonnenbrille, die ebenfalls die entsprechende Sehstärke aufweist, erstattungsberechtigt beschafft werden.

     

    Fazit | Grundsätzlich müssen die privaten Krankenversicherungen die Kosten für Sonnenbrillen mangels medizinischer Notwendigkeit nicht erstatten.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 143 | ID 42232571