· Fachbeitrag · Private Zahnzusatzversicherung
In diesen Fällen hat die Heilbehandlung schon vor Vertragsbeginn begonnen
| Immer wieder schließen Patienten eine private Zahnzusatzversicherung ab, nachdem bei einem Zahnarztbesuch die Behandlungsbedürftigkeit ihres Gebisses festgestellt worden ist. Das kann später zu Schwierigkeiten mit dem VR führen, wie zwei vom OLG Karlsruhe entschiedene Fälle zeigen. |
Das OLG machte deutlich, dass der Versicherungsschutz nicht vor Abschluss des Versicherungsvertrags und vor Ablauf der Wartezeit beginnt. Damit haftet der VR nicht für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind. Versicherungsfall ist die „medizinisch notwendige Heilbehandlung“. Für den „Beginn der Heilbehandlung“ ist der richtige Bezugspunkt nicht der konkrete Auftrag des Patienten an den Arzt, sondern die behandlungsbedürftige Krankheit selbst. Heilbehandlung ist jede ärztliche Tätigkeit, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf die Heilung oder Linderung der Krankheit abzielt. Die Heilbehandlung beginnt mit der ersten Inanspruchnahme einer solchen ärztlichen Tätigkeit, also schon mit der ersten ärztlichen Untersuchung, die auf die Erkennung des Leidens abzielt ohne Rücksicht darauf, ob sofort oder erst nach weiteren Untersuchungen eine endgültige oder richtige Diagnose gestellt und mit den eigentlichen Heilmaßnahmen begonnen wird. Zur Heilbehandlung gehört auch die Erstellung eines Heil- und Kostenplans. Der Versicherungsfall endet erst, wenn nach objektiv medizinischem Befund keine Behandlungsbedürftigkeit mehr besteht.
Den Beginn der Heilbehandlung musste das OLG in zwei Fällen bestimmen:
- Der Versicherungsfall ist schon vor Eintritt des Versicherungsschutzes eingetreten, wenn der VN im Zuge einer anderweitigen Behandlung in eine oralchirurgische Praxis zur Anfertigung eines Orthopantomogramms überwiesen und über Zahnersatz und Implantate beraten wurde. Das gilt zumindest, sofern zu diesem Zeitpunkt das Gebiss paradontal zerstört und die Entfernung aller verbliebenen Zähne notwendig war (OLG Karlsruhe 7.5.13, 12 U 153/12, Abruf-Nr. 132219).
- Noch kein Versicherungsfall liegt dagegen vor, wenn bei der Untersuchung festgestellt wird, dass im Bereich akut nicht behandelter Zähne ein nicht idealer Gebisszustand mit teilinsuffizienter Brücken- bzw. Kronensituation vorhanden ist und der VN diesbezüglich beschwerdefrei ist. War es medizinisch gut vertretbar, zu diesem Zeitpunkt noch keine Implantatbehandlung vorzunehmen, ist die mit der Untersuchung begonnene Heilbehandlung abgeschlossen. Auch wenn sich die Frage der Behandlungsbedürftigkeit nach objektiven Kriterien bemisst, besteht ein Entscheidungsspielraum für den Arzt (OLG Karlsruhe 27.6.13, 12 U 127/12, Abruf-Nr. 132220). Dieses Ermessen muss der Anwalt also besonders hervorstellen.