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  • · Fachbeitrag · Prozessrecht

    Der VR kann nur begrenzt mauern und Tatsachen mit Nichtwissen bestreiten

    | Kann sich der Berufsunfähigkeits-VR zu dem Berufsbild des VN im Rechtsstreit schlicht mit Nichtwissen erklären, obschon er zuvor umfassend Auskünfte einholen konnte und eingeholt hat und keine Anhaltspunkte für Falschangaben des VN bestehen? Das OLG Hamm hat die Frage zwar offengelassen. Es stellt aber auch klar, dass sich der VR im Einzelnen zu dem Vortrag des VN erklären muss. Sein Bestreiten kann gemäß § 138 Abs. 2 ZPO unbeachtlich sein. |

     

    1. OLG Hamm zeigt Tendenz bei Zulässigkeit des pauschalen Bestreitens

    Das OLG Hamm (13.9.23, 20 U 371/22, Abruf-Nr. 243097) hat das so formuliert:

     

    „Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte, die zum Berufsbild Auskünfte bei der Klägerin einholen durfte und eingeholt hat, sich zu dem von der Klägerin jedenfalls im Berufungsverfahren detailliert und konkret geschilderten Tätigkeitsbild überhaupt in rechtlich beachtlicher Weise einfach mit Nichtwissen erklären und dieses pauschal bestreiten kann (vgl. Wermeckes/Seggewiße, VersR 19, 271). Es spricht viel dafür, dass es in dem zwischen den Parteien bestehenden Vertragsverhältnis, welches in besonderer Weise von Treu und Glauben geprägt ist und in welchem ‒ im Übrigen ‒ die Klägerin als VN zur Vermeidung von Rechtsnachteilen jedenfalls bis zur Leistungsablehnung gehalten gewesen ist, stets vollständig und wahrheitsgemäß Angaben zu machen (Obliegenheiten vor Vertragsschluss und nach dem Versicherungsfall), unbeachtlich ist, wenn der beklagte VR ohne erkennbaren Anhalt, auch ohne Anhalt für irgendeine Falschangabe der Klägerin, und gleichsam ins Blaue hinein seiner VN pauschal vorwirft, diese habe zu ihrer Tätigkeit falsche Angaben gemacht.“

     

    2. In diesem Fall ist das Bestreiten auf jeden Fall unbeachtlich

    Im Speziellen fährt das OLG Hamm fort: „Jedenfalls im Streitfall hätte sich die Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 ZPO näher erklären müssen. Dies gilt erst recht, nachdem die Klägerin im Berufungsrechtszug ihre Tätigkeit näher beschrieben und damit unter anderem die Informationen vorgetragen hat, die die Beklagte in ihrer Klageerwiderung selbst angemahnt hatte.

     

    So hätte die Beklagte zur vorgetragenen wöchentlichen Arbeitszeit der VN Konkretes vorbringen müssen, wenn sie diese bestreiten wollte. Außerdem war die Tätigkeitsbeschreibung Gegenstand der Leistungsprüfung der Beklagten und auch der von der Beklagten veranlassten umfangreichen Begutachtung. Es ist widersprüchlich, außergerichtlich die Schilderungen des VN hinzunehmen, um diese dann im Rechtsstreit schlicht „mit Nichtwissen“ zu bestreiten. Erst recht ist es widersprüchlich, zunächst ergänzenden Vortrag anzumahnen und diesen dann gehaltenen Vortrag weiterhin schlicht „mit Nichtwissen“ zu bestreiten, nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Termin vor dem Senat zunächst ausdrücklich mitgeteilt hat, zum Tätigkeitsbild der Klägerin keine weiteren Fragen mehr zu haben.“

    Quelle: Ausgabe 09 / 2024 | Seite 155 | ID 50063008