14.02.2012 · IWW-Abrufnummer 113361
Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 27.07.2011 – I-20 U 146/10
1. Sehen die Versicherungsbedingungen (hier: Hausrat) für den Fall der arglistigen Täuschung des Versicherungsnehmers die vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers vor (hier: § 22 Komfort VHB 2001), genügt es für dessen Leistungsfreiheit – von dem Fall unbilliger Härte abgesehen – , wenn der Versicherungsnehmer nur über eine für die Entschädigung relevante Tatsache zu täuschen versucht und zwar auch dann, wenn die Täuschung im Ergebnis folgenlos bleibt, § 28 Abs. 3 S. 2 VVG (Verwirkungsbestimmung mit Strafcharakter).
2. Voraussetzung für die Annahme einer arglistigen Täuschung ist, dass über Tatsachen getäuscht wird, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind. Insoweit genügt jede objektiv falsche Angabe oder das Verschweigen offenbarungspflichtiger Tatsachen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Versicherungsnehmer zu Herkunft und Höhe eines von ihm als gestohlen gemeldeten Bargeldbetrages unwahre bzw. bewusst unvollständige Angaben macht, um hierdurch die Aussichten für eine Schadensregulierung durch den Versicherer insgesamt zu erhöhen.
Oberlandesgericht Hamm
I-20 U 146/10
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 16.06.2010 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.
Der Klägerin werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
A.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage aus Anlass eines behaupteten Einbruchdiebstahls vom ##.##.#### Entschädigungsleistungen aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Hausratversicherung, der die Komfort VHB 2001 der Beklagten zugrunde liegen.
Hinsichtlich des in 1. Instanz vorgetragenen Sachverhalts wird gemäß § 540 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Dortmund vom 16.06.2010 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage nach teils durchgeführter Beweisaufnahme, auf die es seine Entscheidung letztlich nicht gestützt hat, abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass zum einen schon das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls nicht erwiesen sei. Die Klägerin habe den ihr insoweit obliegenden Beweis nicht erbringen können, da es bereits an ausreichendem Sachvortrag dahin fehle, dass die von ihr benannten Zeugen zeitnah das Vorhandensein jeweils bestimmter Gegenstände noch vor dem Zeitpunkt des behaupteten Einbruchdiebstahls bestätigen könnten und aus diesem Grund eine Vernehmung der Zeugen nicht in Betracht gekommen sei. Ihre eigenen Angaben reichten zum Nachweis des äußeren Bildes ebenfalls nicht aus, da die grundsätzlich für den Versicherungsnehmer streitende Redlichkeitsvermutung aufgrund einer Reihe von – in den Urteilsgründen im einzelnen aufgeführten – Indizien widerlegt sei. Zum anderen sei aufgrund der Indizienlage eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung eines Versicherungsfalls zu bejahen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Zur Begründung führt sie mit näherer Darlegung an, dass die vom Landgericht angeführten, teils streitigen Indizien weder ihre Redlichkeit erschütterten noch den Schluss auf die erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung eines Versicherungsfalls zuließen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 49.500,00 € nebst 5%-Punkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 26.04.2009 nebst vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.641,96 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Darüber hinaus trägt sie in zweiter Instanz unwidersprochen vor, dass die Klägerin gegenüber der die Schadensanzeige aufnehmenden Versicherungsagentin der Beklagten, der Zeugin I, im Zuge der Schadensaufnahme zur Herkunft des als gestohlen gemeldeten Bargeldbetrages von insgesamt 5.000,00 € angegeben habe, dass ihr Sohn das Geld bei ihr deponiert habe, um es vor dem Zugriff seines Vaters zu schützen. Demgegenüber hatte sich die Klägerin bis dahin – ebenfalls unstreitig – im Zuge des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ebenso wie im hiesigen Rechtsstreit stets und ausschließlich darauf berufen, der entwendete Bargeldbetrag sei von einer Bekannten, nämlich der Zeugin N L, vor dem Hintergrund einer schwelenden Ehekrise vorsorglich bei ihr deponiert worden.
Die Klägerin räumt ein, gegenüber der Zeugin I bei Schadensaufnahme angegeben zu haben, das gestohlene Geld gehöre ihrem Sohn. Dies sei jedoch weder als Widerspruch zu ihrem bisherigen Vorbringen noch als Falschangabe gegenüber der Beklagten zu werten. Denn – so ihre Behauptung – sie habe tatsächlich 2 x 5.000,00 € in identischer Stückelung von jeweils 10 x 500,00 € in ihrer Wohnung verwahrt, nämlich 1 x 5.000,00 € für ihren Sohn und 1 x 5.000,00 € für die Zeugin L. Davon, dass auch die Zeugin L 5.000,00 € bei ihr deponiert habe, habe sie zum Zeitpunkt der Schadensaufnahme durch die Zeugin I jedoch noch keine Kenntnis gehabt und diesen Umstand deshalb auch nicht angeben können. Eine Korrektur ihrer Angabe habe sie später nicht mehr vorgenommen, um im Zuge der sich zu diesem Zeitpunkt bereits schwierig gestaltenden Regulierung nicht unnötig "Sand ins Getriebe zu bringen".
Der Senat hat die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Koblenz – #### UJs #####/## – und des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler – # IK ##/## – zu Beweiszwecken beigezogen und die Klägerin persönlich angehört. Auf die beiden Berichterstattervermerke wird insoweit Bezug genommen Darüber hinaus hat der Senat am 18.03.2011 einen Beweisbeschluss verkündet, auf dessen Inhalt (Bl. 262/263 d.A.) Bezug genommen wird. Von dessen Ausführung hat der Senat nach geänderter Sachlage und erneuter Anhörung der Klägerin im Senatstermin am 27.07.2011 allerdings wieder Abstand genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen verwiesen.
B.
I.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zu. Denn die Beklagte ist gemäß § 22 Komfort VHB 2001 wegen arglistiger Täuschung durch die Klägerin vollständig leistungsfrei.
Zwar kommt es aus diesem Grund letztlich nicht entscheidungserheblich darauf an, gleichwohl merkt der Senat mit Blick auf das entsprechende Vorbringen der Beklagten sowie die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung vorab folgendes an:
Soweit das Landgericht meint, der Klägerin stehe der geltend gemachte Entschädigungsanspruch schon deshalb nicht zu, weil ihr die Darlegung des sog. "äußeren Bildes" einer bedingungsgemäßen Entwendung nicht gelungen wäre, weist der Senat darauf hin, dass angesichts der in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Koblenz – #### UJS #####/## – dokumentierten Einbruchspuren aus Sicht des Senates viel dafür spricht, dass zumindest ein Einbruch zum Nachteil der Klägerin tatsächlich stattgefunden hat. Was die weitere, sich im Zusammenhang mit dem "äußeren Bild" ebenfalls stellende, vom Landgericht im Ergebnis verneinte Frage angeht, ob der wesentliche Teil der angegebenen Beute vor der Tat vorhanden und danach nicht mehr auffindbar war, hat der Senat zwar die in diesem Zusammenhang erforderliche und zunächst beabsichtigte Beweisaufnahme (vgl. Beweisbeschluss vom 18.03.2011, Bl. 262/263 d.A.) letztlich nicht durchgeführt. Er hat in diesem Zusammenhang aber durchaus zur Kenntnis genommen, dass der einbruchbedingte Gesamtschaden von der Klägerin gegenüber der Polizei zunächst mit (lediglich) ca. 11.200,00 € beziffert worden war, laut später erstellter Schadenslisten im Ergebnis aber mehr als das 6fache, nämlich rund 68.000,00 € betragen haben soll und das, obwohl der gesamte in Rede stehende Hausrat am 01.01.2006 (vgl. Bl. 64 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Koblenz, #### UJS #####/##) für nur 5.000,00 € an den Zeugen L sicherungsübereignet worden war.
Soweit das Landgericht von einer erhebliche Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalls ausgegangen ist, steht der Senat auf dem Standpunkt, dass die von der Beklagten vorgebrachten – zum Teil streitigen und daher ohne entsprechende Beweisaufnahme nicht zum Nachteil der Klägerin verwertbaren – Indizien selbst in ihrer Gesamtschau die Annahme einer, von der Beklagten zu beweisenden erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung des Versicherungsfalls nicht rechtfertigen dürften.
Das landgerichtliche Urteil erweist sich im Ergebnis gleichwohl als richtig. Denn die Beklagte ist, wie eingangs erwähnt, wegen arglistiger Täuschung leistungsfrei:
1.
Nach § 22 der hier einbezogenen maßgeblichen Komfort VHB 2001 ist die Beklagte als Versicherer von ihrer Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer – hier die Klägerin – versucht, arglistig über Tatsachen zu täuschen, die für den Grund oder für die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind. Für die in § 22 Komfort VHB 2001 vorgesehene Rechtsfolge der vollständigen Leistungsfreiheit genügt es, wenn – von dem hier nicht gegebenen Fall unbilliger Härte abgesehen – der Versicherungsnehmer nur über eine für die Entschädigung relevante Tatsache zu täuschen versucht. Insbesondere führt Arglist auch dann zur vollständigen Leistungsfreiheit, wenn sie folgenlos bleibt, § 28 Abs. 3 S. 2 VVG (Verwirkungsbestimmung mit Strafcharakter). Hintergrund ist, dass dem Versicherer nach der Wertung des Gesetzgebers (nicht zuletzt auch im Interesse der redlichen Versicherungsnehmer) nicht angesonnen werden kann und soll, den denkbaren wirklichen Anspruch eines arglistig handelnden Versicherungsnehmers zu ermitteln, um diesen dann ohne Verhängung einer Sanktion zu erfüllen. Die Sanktion der Arglist soll den Versicherer von einer Prüfung der Berechtigung des Anspruchs entlasten und dem Versicherungsnehmer jedwede Möglichkeit nehmen, darauf zu spekulieren, bei der Entdeckung der Arglist immerhin das ihm Zustehende zu erhalten (vgl. Prölss/Martin, VVG 28. Aufl., § 28 Rn 115).
Die an eine (versuchte) arglistige Täuschung i.S.d. § 22 Komfort VHB 2001 zu stellenden Anforderungen, für die die Beklagte als Versicherer darlegungs- und beweisbelastet ist, sind vorliegend sowohl in objektiver wie in subjektiver Hinsicht erfüllt.
1.1
In objektiver Hinsicht ist Voraussetzung für einen Täuschungsversuch im Sinne des § 22 Komfort VHB 2001, dass über Tatsachen getäuscht wird, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil v. 02.10.1985, Iva ZR 18/84, Zitat nach juris, Tz 11 = VersR 1986, 77). Insoweit genügt jede objektiv falsche Angabe oder das Verschweigen offenbarungspflichtiger Tatsachen (vgl. Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch 2. Aufl., § 33 Rn 171 u. 173 m.w.N.).
Vorliegend hat die Klägerin über Herkunft und Umfang des von ihr als gestohlen gemeldeten Bargeldbetrages getäuscht bzw. zu täuschen versucht:
Sowohl im Zuge des polizeilichen Ermittlungsverfahrens als auch im Verlauf des laufenden Rechtsstreits hat die Klägerin stets angegeben bzw. vortragen lassen, dass es sich bei dem von ihr als gestohlen behaupteten Bargeld um einen Betrag von (1 x) 5.000,00 € in einer Stückelung von 10 x 500,00 € handele und sie diesen Betrag für eine gute Bekannte, nämlich die Zeugin N L, verwahrt habe:
Im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung vor der Polizei am 18.02.2009 (vgl. Bl. 58 der Ermittlungsakte #### UJS #####/##, Staatsanwaltschaft Koblenz) hatte die Klägerin angegeben:
"Das Geld gehörte einer Bekannten von mir, der Frau N L. (…) Die Frau L und ihr Mann hatten Krach und da war sie zwei Tage bei mir. (…) Das Geld hatte sie bei mir in Verwahrung gelassen, da sie nicht wusste, ob es mit ihrem Mann wieder klappt."
Diese Darstellung wurde von der Zeugin L im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung bei der Polizei bestätigt (vgl. Bl. 74 der Ermittlungsakte #### UJS #####/##, Staatsanwaltschaft Koblenz). Dort heißt es:
"Anfang des Jahres hatte ich familiäre Probleme. Die waren so heftig, dass ich mich entschloss, die gemeinsame Wohnung zu verlassen und zu meiner Freundin nach Ahrweiler fuhr. (…) Da ich nicht wusste, wie sich die ganze Angelegenheit weiter entwickelt, habe ich 5.000,00 € in bar mitgenommen. Die deponierte ich bei der F T. Das Geld befand sich in einem Schmuckkästchen im Schlafzimmer. Am 04.01. bin ich aber wieder zurück (…). (…) Das Geld blieb absichtlich dort, da ich zu dem Zeitpunkt noch nicht absehen konnte, ob die Versöhnung von Dauer sein würde. Dabei blieb es zunächst. Abgesprochen war, dass ich meine restlichen Sachen dort abholen würde oder aber die F würde sie mir bringen."
Im laufenden Rechtsstreit hat die Klägerin sodann mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.09.2009 (dort S. 3/4 = Bl. 71/72 d.A.) als Eigentümerin des in ihrer Wohnung verwahrten Geldbetrages (allein) die Zeugin N L benannt. Im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 01.06.2010 (dort S. 3 = Bl. 110 d.A.) wurde erneut dafür, "dass die Klägerin in ihrer Wohnung einen Bargeldbetrag in Höhe von 5.000,00 € aufbewahrt hat" (nur) auf die Zeugin N L verwiesen.
Zu Herkunft und Höhe des als gestohlen behaupteten Bargeldbetrages ist die Klägerin sodann vor dem Landgericht im Termin vom 16.06.2010 persönlich angehört worden. Ausweislich des Sitzungsprotokolls (vgl. Bl. 125 d.A.) hat sie dort u.a. folgendes angegeben:
"Frau L hat bei mir übernachtet. Es ist eine gute Bekannte. Sie hatte Krach mit ihrem Mann. Es sah so aus, als ob sie diesmal nicht zu ihrem Mann zurückkehren würde. Sie hatte die 5.000,00 € mitgebracht, als sie bei mir übernachtete. Sie war etwa 4 Tage bei mir. (…) Das Geld blieb bei mir bis zum Einbruchdiebstahl."
Im gesamten Prozessverlauf war wie schon bei Anzeigenaufnahme durch die Polizei am 23.01.2009 (vgl. Bl. 3 der Ermittlungsakte #### UJS #####/##, Staatsanwaltschaft Koblenz) und Aufnahme der Schadenanzeige durch die Versicherungsagentin der Beklagten (vgl. Anlagen B 2 und B 3, Bl. 51, 54 d.A.) stets nur die Rede von 1 x 5.000,00 €. Zudem war als Herkunft des Geldes in den v.g. Ermittlungsakten ebenso wie im laufenden Rechtsstreit ausschließlich davon die Rede, die Klägerin habe diesen Betrag für die Zeugin L verwahrt, die das Geld aufgrund einer Ehekrise vorsorglich bei ihr habe in Sicherheit bringen wollen.
Mit Schriftsatz vom 15.03.2011 (dort S. 3 = Bl. 253 d.A.) hat die Beklagte in 2. Instanz nach Vornahme entsprechender Recherchen dann schließlich (erstmalig) vorgetragen, dass die Klägerin gegenüber der Zeugin I beim Ausfüllen der Schadenanzeige mündlich angegeben habe, ihr Sohn – und nicht, wie in Ermittlungsverfahren und Prozess stets behauptet, die Zeugin L – habe Bargeld in Höhe von 1 x 5.000,00 € bei ihr deponiert, um es vor dem Zugriff seines Vaters zu schützen. Weder habe die Klägerin gegenüber der Zeugin I erwähnt, dass das Geld einer Frau L gehöre noch sei von einem höheren Bargeldbetrag als 5.000,00 € die Rede gewesen. Die Klägerin hat daraufhin eingeräumt, dass diese Darstellung richtig sei. In der Tat habe sie gegenüber der Zeugin I bei Aufnahme der Schadenanzeige einen Betrag von 1 x 5.000,00 € Bargeld als gestohlen gemeldet und zur Herkunft angegeben, das Geld gehöre ihrem Sohn. Zur Rechtfertigung hat die Klägerin erstmals mit Anlage zum Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigen vom 13.04.2011 (Bl. 295 d.A.) und erneut im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat am 27.07.2011 sodann vorgetragen, dass sich in ihrer Wohnung zum Zeitpunkt des Einbruchs tatsächlich nicht nur – wie bis dahin stets behauptet – 1 x, sondern 2 x 5.000,00 € in einer Stückelung von jeweils 10 x 500,00 € befunden hätten und beide Beträge auch gestohlen worden seien, also 1 x 5.000,00 € betreffend ihren Sohn und weitere 5.000,00 € betreffend Frau L. Ihre Angabe gegenüber der Zeugin I bei Schadensaufnahme sei aber, so die Klägerin weiter, gleichwohl richtig gewesen. Denn von den 5.000,00 € der Zeugin L habe sie erst erfahren, als der Schaden von Frau I bereits aufgenommen gewesen sei. Deshalb habe sie letztlich schweren Herzens bei der Polizei nur die 5.000,00 € der Zeugin L zur Anzeige gebracht und es auch gegenüber der Beklagten bei einem Betrag von nur 1 x 5.000,00 € belassen aus Sorge, die Beklagte werde sie andernfalls "in der Luft zerreißen" (Bl. 295 d.A.). Sie sei "kein Engel und gebrauche auch schon einmal Notlügen, aber keine die [sie] nicht wieder gerade stellen [könne], ohne dabei weiter in den Spiegel schauen zu können" (Bl. 293 d.A.). Was die 2 x 5.000,00 € Bargeld angehe, entspreche ihre Darstellung aber der Wahrheit.
Ihre Darstellung, es seien zwar tatsächlich 2 x und nicht nur 1 x 5.000,00 € Bargeld bei ihr deponiert und auch gestohlen worden, ihre abweichenden Angaben gegenüber der Zeugin I bei Schadenaufnahme seien aber letztlich gleichwohl richtig gewesen, da sie von den zweiten 5.000,00 € schließlich erst nach Aufnahme der Schadensanzeige erfahren habe, nimmt der Senat der Klägerin nicht ab, steht diese Darstellung doch im eklatanten Widerspruch zu ihrem gesamten bisherigen Vorbringen sowohl im Ermittlungsverfahren als auch im laufenden Rechtsstreit.
Abgesehen davon, dass es vom Standpunkt eines redlichen Versicherungsnehmers aus betrachtet keinen Sinn macht, den vermeintlich zweiten Betrag, von dem die Klägerin erst nach der Strafanzeige bei der Polizei und nach der Schadenanzeige gegenüber der Beklagten erfahren haben will (nach ihrem Vorbringen also die 5.000,00 € der Zeugin L), im gesamten späteren Verlauf des polizeilichen Ermittlungsverfahrens und des Rechtstreits als allein maßgeblichen Sachverhalt darzustellen, anstatt bei der (angeblich) ursprünglichen Version zu bleiben, das Geld gehöre dem Sohn, ist die weitere Angabe der Klägerin, sie habe erst im Nachhinein davon erfahren, dass (auch) die Zeugin L bei ihr Geld in zumal gleicher Höhe und Stückelung deponiert habe, schon gemessen an ihren eigenen früheren Aussagen in Ermittlungsverfahren und Prozess schlicht falsch. Dort hatte die Klägerin nämlich – insbesondere im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Landgericht in 1. Instanz –im Gegenteil zum Ausdruck gebracht, dass ihr sehr wohl bekannt war, dass die Zeugin L wegen der damals schwelenden Ehekrise 5.000,00 € vorsorglich bei ihr verwahrt hatte. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehend bereits zitierten Angaben der Klägerin, insbesondere im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Vernehmung bei der Polizei (Bl. 58 der Ermittlungsakte #### UJS #####/##, Staatsanwaltschaft Koblenz) sowie vor dem Landgericht im Termin vom 16.06.2010 (Bl. 125 d.A.) Bezug genommen, die sich überdies mit der – ebenfalls bereits zitierten – Darstellung der Zeugin L im polizeilichen Ermittlungsverfahren decken (vgl. Bl. Bl. 74 der Ermittlungsakte #### UJS #####/##, Staatsanwaltschaft Koblenz).
Diesen Widerspruch zu ihrer bisherigen Darstellung hat die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat am 27.07.2011 nicht aufklären können. Im Gegenteil hat sie auf Vorhalt ihrer früheren Angaben sowie der Aussage der Zeugin L entgegnet, es sei spitzfindig, ihr dies zum Nachteil auszulegen, da dies damals so nicht gemeint gewesen sei, und ihre Anhörung schließlich durch Verlassen des Sitzungssaales abgebrochen mit der Begründung, sie sei es leid und habe es nicht nötig, sich vor dem Senat rechtfertigen zu müssen. Auf den Berichterstattervermerk vom 27.07.2011 wird insoweit ergänzend Bezug genommen.
1.2
Dass es sich bei der Frage nach Herkunft und Umfang des Bargeldes um eine Tatsache handelt, die aus Sicht der Beklagten für die Frage ihrer Einstandspflicht, insbesondere für die Feststellung der Höhe des zu regulierenden Gesamtschadens von Bedeutung war, liegt auf der Hand. Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Beklagten aufgrund der Einsichtnahme in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Koblenz doch selbst hätte auffallen können, dass bei dem Einbruch 2 x 5.000,00 € Bargeld entwendet worden seien, die Beklagte also den vollständigen Sachverhalt auch selbst hätte ermitteln können. Denn für die Beklagte war es trotz Einsichtnahme in die Ermittlungsakte gerade nicht ohne weiteres ersichtlich, dass es sich, wie die Klägerin nunmehr behauptet, um eigentlich 2 x 5.000,00 € statt 1 x 5.000,00 € entwendeten Bargeldes gehandelt haben soll, da sich in den Ermittlungsakten allein Hinweise auf einen für die Zeugin L von der Klägerin verwahrten Bargeldbetrag von 1x 5.000,00 € ergeben. Mit keinem Wort findet in der Ermittlungsakte hingegen ein weiterer, für den Sohn der Klägerin verwahrter Bargeldbetrag in gleicher Höhe Erwähnung. Dies hätte die Beklagte nur durch weitere Ermittlungen, nämlich eine gezielte Nachfrage bei der Versicherungsagentin I herausfinden können. Für eine solche Nachfrage bestand aber angesichts des Umstandes, dass der aus dem Ermittlungsverfahren ersichtliche Bargeldbetrag von 1 x 5.000,00 € zu dem in der Schadensanzeige genannten Betrag von ebenfalls 1 x 5.000,00 € (ohne jeden Hinweis auf dessen Herkunft), nicht in Widerspruch stand, überhaupt kein Anlass.
Im Übrigen ist es für den objektiven Pflichtverstoß des Versicherungsnehmers ohnehin ohne Bedeutung, ob der Versicherer mit einigem Aufwand in der Lage gewesen wäre, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der gemachten Angaben zu durchschauen (vgl. st. Rspr. BGH, Urteil v. 11.03.1965, II ZR 25/63, Zitat nach juris = VersR 65, 451; Prölss/Martin, 28. Aufl., § 31 VVG Rn 17 m.w.N.). Etwas anderes kann zwar z.B. dann gelten, wenn der Versicherungsnehmer seine eigenen Angaben ausdrücklich unter den Vorbehalt des Ermittlungsergebnisses stellt bzw. im Zusammenhang mit seinen Angaben ausdrücklich auf die Ermittlungsakten verweist (vgl. Prölss/Martin a.a.O. Rn 18) oder wenn der Versicherer erwiesenermaßen sichere Kenntnis darüber hat, dass die Angaben des Versicherungsnehmers unrichtig sind (vgl. Senatsurteil v. 18.02.2000, 20 U 68/99, Zitat nach juris = VersR 2001, 1419; Senatsurteil v. 12.02.1992, 20 U 89/91, Zitat nach juris = RuS 1993, 442). Dass dies vorliegend der Fall gewesen wäre, behauptet die Klägerin indes selbst nicht. Die bloße – zumal, wenn sie nur mit einigem Aufwand möglich ist – Erkennbarkeit einer Falschangabe genügt demgegenüber nicht. Denn der Versicherer muss sich, um sachgemäße Entschlüsse fassen zu können, darauf verlassen können, dass der Versicherungsnehmer von sich aus richtige und lückenlose Angaben über den Versicherungsfall macht (vgl. Senatsurteil v. 02.03.2011, 20 U 124/10, Zitat nach juris, Tz 13; vgl. a. Prölss/Martin, VVG 28. Aufl., § 31 Rn 18).
1.3
Die Voraussetzungen für den Versuch einer arglistigen Täuschung i.S.d. § 22 Komfort VHB 2001 sind auch in subjektiver Hinsicht erfüllt. In subjektiver Hinsicht ist für eine arglistige Täuschung – entgegen der Annahme der Klägerin – nicht erforderlich, dass der Versicherungsnehmer sich bereichern will und Tatsachen vortäuscht, die zu einer höheren als der geschuldeten Entschädigung führen würden, oder Tatsachen verschweigt, die eine niedrigere Entschädigung zur Folge hätten. Ausreichend ist die Verfolgung eines gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zwecks – sei es die Beschleunigung der Schadenregulierung oder das Ausräumen von Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche – verbunden mit dem Wissen, dass durch dieses Fehlverhalten die Schadenregulierung des Versicherers möglicherweise beeinflusst werden kann (st. Rspr. BGH, Urt. v. 02.10.1985, IVa ZR 18/84, Zitat nach juris = VersR 1986, 77; Urt. v. 08.07.1991, II ZR 65/90, Zitat nach juris = VersR 1991, 1129; Senatsurteil vom 12.07.2002, 20 U 113/01, Zitat nach juris = RuS 2002, 423; vgl. a. Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch 2. Aufl., § 33 Rn 172 m.w.N.).
Nach ständiger höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung liegt eine arglistige Täuschung schon vor, wenn der Versicherungsnehmer wissentlich falsche Angaben über Tatsachen macht oder wissentlich Tatsachen verschweigt in der Absicht, den Versicherer zu täuschen, und wenn der Versicherungsnehmer erwartet oder zumindest billigend in Kauf nimmt, auf die Entscheidung des Versicherers zum eigenen Vorteil einzuwirken. Eine zur Leistungsfreiheit des Versicherers führende arglistige Täuschung ist nicht nur dann anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer einen Vermögensvorteil erstrebt, auf den er keinen Anspruch hat; es genügt, dass er nur die Schadensregulierung beschleunigen, einen Verdacht von sich abwenden oder Schwierigkeiten bei der Feststellung seiner berechtigten oder für berechtigt gehaltenen Ansprüche vermeiden will. Er darf befürchteten Beweisschwierigkeiten oder Verzögerungen der Regulierung nicht durch Täuschungen entgegenwirken oder durch Täuschung auf die Entschließung des Versicherers über die Auszahlung der Entschädigung Einfluss nehmen (vgl. nur Senatsurteil vom 12.07.2002, 20 U 113/01, Zitat nach juris = RuS 2002, 423; Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch 2. Aufl., § 33 Rn 172; jeweils m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin hat im Senatstermin am 27.07.2011 ausdrücklich ausgeführt, dass sie mit ihren Angaben zu Herkunft und Umfang des in Rede stehenden Bargeldbetrages dafür habe Sorge tragen wollen, dass es bei der Regulierung des Schadensfalles keine weiteren Probleme geben werde. Denn angesichts des Umstandes, dass es von Anfang an Schwierigkeiten mit der Abwicklung des Schadensfalles gegeben habe, ihr insbesondere der Vorwurf gemacht worden sei, sie habe den Einbruch nur vorgetäuscht, habe sie sich gedacht, dass es besser sei, mit einer so unglaubwürdig klingenden Geschichte, nämlich dass sie für 2 Personen jeweils genau 5.000,00 € Bargeld in identischer Stückelung verwahrt habe, "besser keinen Sand ins Getriebe zu bringen". Vielmehr habe sie gehofft, dass es durch die unterlassene Richtigstellung gegenüber der Beklagten doch noch zu der von ihr angestrebten zeitnahen und vollständigen Regulierung des geltend gemachten Schadens kommen werde.
2.
Schon der Versuch einer arglistigen Täuschung führt in der Regel – so auch hier – zur vollen Verwirkung des Versicherungsschutzes. Nur unter ganz besonderen Umständen hat die Rechtsprechung die Inanspruchnahme der völligen Leistungsfreiheit als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen, wenn der Verlust des Versicherungsschutzes für den Versicherungsnehmer eine unbillige Härte darstellte. Das wird angenommen, wenn Billigkeitsmomente zugunsten des Versicherungsnehmers ins Gewicht fielen und sein Verschulden als gering anzusehen war, etwa, weil die Täuschung nur einen geringen Teil des versicherten Schadens betraf, andererseits aber die Versagung des gesamten Versicherungsschutzes den Versicherungsnehmer in seiner wirtschaftlichen Existenz bedrohte (vgl. BGH, Urt. v. 08.02.1984, IVa ZR 203/81, Zitat nach juris = VersR 1084, 453; BGH, Urt. v. 02.10.1985, IVa ZR 18/84, Zitat nach juris = VersR 1986, 77; BGH, Urt.v. 23.09.1992, IV ZR 199/91, Zitat nach juris = VersR 1992, 1465; BGH, Urt. v. 12.05.1993, IV ZR 120/92, Zitat nach juris = VersR 1993, 1351, Senatsurteil vom 12.07.2002, 20 U 113/01, Zitat nach juris = RuS 2002, 423; Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch 2. Aufl., § 33 Rn 178 m.w.N.). Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer unzulässigen Rechtsausübung obliegt dem Versicherungsnehmer (BGH, Urt. v. 02.10.1985, a.a.O.). Die Klägerin hat indes keine Umstände aufgezeigt, aus denen eine unbillige Härte im Fall der Versagung des Versicherungsschutzes abzuleiten wäre. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
3.
Angesichts der festgestellten arglistigen Täuschung und der hieraus resultierenden Leistungsfreiheit der Beklagten hat der Senat davon abgesehen, im Wege der hierfür erforderlichen Beweisaufnahme weiter aufzuklären, ob die Klägerin die Beklagte bei Aufnahme des Schadensantrages darüber hinaus, wie die Beklagte behauptet, auch über die Eigentumsverhältnisse an den von ihr als gestohlen gemeldeten Gegenständen und den Umstand des am 25.08.2006 eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahrens (6 IK 48/06, AG Bad Neuenahr-Ahrweiler, Wohlverhaltensphase bis 25.08.2012) getäuscht, insbesondere die unstreitig erfolgte Sicherungsübereignung ihres gesamtes Hausrates an den Zeugen L verschwiegen hat. Die von der Klägerin unterschriebene Schadenanzeige (Anlagen B 2 und B 3, Bl. 49 ff d.A.) weist sie jedenfalls – trotz der unstreitig erfolgten Sicherungsübereignung – als Alleineigentümerin der gestohlenen Gegenstände aus; ein Hinweis auf das laufende Verbraucherinsolvenzverfahren ist ebenfalls nicht dokumentiert.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die für die Entscheidung maßgeblichen Rechtsfragen sind solche des Einzelfalls.