Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 24.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121578

    Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 10.11.2011 – 10 U 771/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Geschäftsnummer: 10 U 771/11
    16 O 431/09 LG Koblenz

    OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

    HINWEISBESCHLUSS
    (gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO)

    in dem Rechtsstreit XXX

    Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch XXX am 10. November 2011 einstimmig b e s c h l o s s e n :

    Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 19. Dezember 2011.

    Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

    Das Landgericht hat der Klage zu Recht vollumfänglich stattgegeben. Der Beklagte hat Anspruch auf die geltend gemachte Versicherungsleistung, da er den Beweis eines Nachschlüsseldiebstahls seiner hochwertigen Herrenarmbanduhren geführt hat. Zur weiteren Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Auch das Vorbringen in der Berufungsbegründung gibt zu einer anderen Würdigung keine Veranlassung.

    Die Berufung macht ohne Erfolg geltend, entgegen der landgerichtlichen Auf-fassung seien nicht genügend Beweisanzeichen vorhanden, denen hinreichend deutlich das äußere Bild eines bedingungsgemäß versicherten Diebstahls entnommen werden könne. Denn der Kläger habe den Beweis, dass die vorhandenen Originalschlüssel als Tatwerkzeug ausscheiden, nicht erbracht. Das Landgericht habe die Tatsache, dass der Kläger seinen Schlüssel zeitweilig im Rahmen von KFZ-Werkstattbesuchen einem dortigen Mitarbeiter übergeben habe, nicht ausreichend gewürdigt. Ebenso sei nicht berücksichtigt worden, dass der Kläger und seine Ehefrau oftmals den Schlüsselbund ausgetauscht hätten und die Ehefrau des Klägers nach eigenen Angaben den Schlüssel im Sportstudio lediglich in einen Spind einschließe. Sonach bestehe die nicht fernliegende Möglichkeit, dass im Rahmen von Werkstattbesuchen oder im Rahmen von Sportstudiobesuchen die Anfertigung eines Nachschlüssels jedenfalls grob fahrlässig begünstigt und hierdurch der Versicherungsfall wegen der unterlassenen Auswechslung der Schlösser grob fahrlässig herbeigeführt worden sei. Hinzu komme, dass unstreitig ein bei der Hausverwaltung hinterlegter Generalschlüssel zeitweise, und dies in unmittelbarem zeitlichem Rahmen des Einbruchtatgeschehens, nicht auffindbar gewesen sei.

    Nach den Angaben des Klägers bei seiner Anhörung hat er den Wohnungs-schlüssel bei KFZ-Werkstattbesuchen zwar gelegentlich dem Werkstatt-mitarbeiter übergeben, jedoch nicht dergestalt, dass der Schlüssel in der Werk-statt für eine längere Zeit unbeaufsichtigt verblieben wäre. Vielmehr erklärte der Kläger, dass er sich jeweils im Wartebereich der Werkstatt aufgehalten habe, während sein Fahrzeug dort repariert worden sei. Damit erscheint die Möglichkeit, dass innerhalb dieses relativ kurzen Zeitraums eine Kopie des Wohnungsschlüssels angefertigt worden sei, als fernliegend. Dies gilt auch für die rein theoretische Möglichkeit, dass in dem von der Ehefrau des Klägers besuchten Sportstudio deren Spindschloss - von ihr unbemerkt - geöffnet worden sein soll, um den darin befindlichen Wohnungsschlüssel zu kopieren. Auch aus dem Umstand, dass ein bei der Hausverwaltung hinterlegter Generalschlüssel zeitweise nicht auffindbar war, ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass dieser Originalschlüssel für das Eindringen in die klägerische Wohnung benutzt worden wäre. Die Zeugin A. hat nämlich angegeben, den Schlüssel in einer abgeschlossenen Kassette vorgefunden zu haben, die nur durch sie habe geöffnet werden können.

    Da der Kläger keine Kenntnis von dem erfolgten Kopieren des Wohnungs-schlüssels hatte, kann das Unterlassen des Schlossaustauschs auch nicht als grob fahrlässig angesehen werden. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass die Beklagte mangels Anpassung ihrer Versicherungsbedingungen an das neue VVG sich ohnehin nicht auf die Verletzung vertraglicher Obliegenheiten berufen kann (BGH Urteil vom 12. Oktober 2011 - IV ZR 199/10 -).
    Die Beklagte verweist weiterhin erfolglos auf § 21 der Allgemeinen Hauratsversicherungsbedingungen AHR 2004, wonach die Entschädigungsgrenze für Wertsachen 20.000 € beträgt. Bei den vorliegend entwendeten Herrenarmbanduhren handelt es sich nicht um Wertsachen im Sinne des § 21 AHR 2004. Nach dieser Klausel zählen zu Wertsachen unter anderem Schmucksachen sowie alle Sachen aus Gold oder Platin (§ 21 Nr. 1 c AHR 2004). Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich auch bei hochwertigen Herrenarmbanduhren nicht um Schmucksachen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass Uhren die Funktion der Zeitmessung zukommt und der Schmuckcharakter nicht der Hauptzweck des Gegenstandes ist. Etwas anderes kann auch nicht im Hinblick darauf gelten, dass es sich um teure Uhren handelt, die teilweise mit Edelmetallen verziert sind. Wie sich aus dem Begriff „Schmucksachen“ ergibt, umfasst dieser jegliche Form von Schmuck, also auch wertlosen Modeschmuck, solange der Gegenstand Schmuckcharakter hat. Folglich kann es auf den Wert des Gegenstandes für die Einordnung als „Schmucksache“ nicht ankommen. Maßgebend muss vielmehr nach dem allgemeinen Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers sein, ob ein Gegenstand primär zu Schmuckzwecken getragen wird oder - wie zum Beispiel eine Brille - nur als Sekundärzweck auch Schmuckzwecken dienen soll. Demnach fallen die entwendeten Uhren des Klägers nicht unter den Begriff „Schmucksachen“. Die Uhren waren auch nicht aus Gold oder Platin, selbst wenn sie in untergeordneten Bereichen mit derartigen Edelmetallen besetzt waren.

    Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 43.832 € festzusetzen.

    Anmerkung der Medienstelle:
    Anschließend wurde die Berufung zurückgenommen.

    RechtsgebietZPOVorschriften§ 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO