05.10.2012 · IWW-Abrufnummer 123045
Oberlandesgericht Stuttgart: Urteil vom 19.07.2012 – 7 U 50/12
Wird in einer Privathaftpflichtversicherung der Versicherungsschutz auf die Deckung von Forderungsausfällen des Versicherungsnehmers erweitert, so gelten auch im Rahmen der erweiterten Deckung die vereinbarten Risikobegrenzungen und Risikoausschlüsse. Diese Begrenzung gilt auch, wenn die in der Haftpflichtversicherung ausgeschlossenen Ansprüche aus vorsätzlichem Handeln in den Bereich der Forderungsausfallversicherung einbezogen werden (anders OLG Celle, Urteil vom 12.08.2012, AZ: 8 u 240/09).
7 U 50/12
Im Rechtsstreit
wegen Versicherungsleistungen
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2012 unter Mitwirkung von
Vors. Richter am Oberlandesgericht Gramlich
Richter am Oberlandesgericht Ade
Richterin am Amtsgericht Bizer
für Recht erkannt:
Tenor:
1.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 09.03.2012 - 4 O 158/11 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 54.965,12 EUR
Gründe
I.
Die Parteien wenden sich mit ihren Berufungen gegen ein Urteil des Landgerichts Heilbronn, mit dem die Beklagte auf Zahlung von 47.500,00 EUR nebst Zinsen verurteilt wurde. Die darüber hinausgehende Klage wurde abgewiesen.
Während der Kläger unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heilbronn eine Verurteilung der Beklagten auf Zahlung von 54.965,12 EUR nebst Zinsen begehrt, beantragt die Beklagte, die Klage insgesamt abzuweisen
Der Kläger macht als Versicherungsnehmer einer Privathaftpflichtversicherung mit eingeschlossener Forderungsausfalldeckung als Versicherungsleistung einen durch Anlagebetrug erlittenen Schaden geltend.
Die Parteien schlossen im Jahr 2007 einen Vertrag über eine Privathaftpflichtversicherung mit der Versicherungs-Nr. 34... (vgl. Versicherungsschein, Anl. K1, Bl. 25). In den Vertrag wurden die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB 07/06) (Anl. K2, Bl. 27) sowie die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR) und Zusatzbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Privatpersonen ... (Stand 07/06) (Anl. K3, Bl. 37) mit einbezogen.
Die Bedingungen haben unter anderem folgenden Inhalt:
AHB 2. Vermögensschaden, ...
Dieser Versicherungsschutz kann durch besondere Vereinbarung erweitert werden auf die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des Versicherungsnehmers wegen
2.1 Vermögensschäden, die weder durch Personen- noch durch Sachschäden entstanden sind;
...
AHB 7. Ausschlüsse
Falls im Versicherungsschein oder seinen Nachtr ägen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, sind von der Versicherung ausgeschlossen:
7.1 Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben.
...
BBR I. Versichertes Risiko
Versichert ist ... die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers (VN) als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens.
BBR III. 11. Tiere
a) ...
Nicht versichert ist das Halten und Hüten von Hunden (...), Rindern, Pferden, ...
BBR III. 15. Vermögensschäden
1. Versichert ist im Rahmen des Vertrages die gesetzliche Haftpflicht wegen Vermögensschäden im Sinne der 2.1 AHB wegen Versicherungsfällen, die während der Wirksamkeit der Versicherung eingetreten sind.
2. Ausgeschlossen sind Ansprüche wegen Schäden
...
4. aus Vermittlungsgeschäften aller Art
...
6. aus Anlage-, Kredit-, Versicherungs-, Grundstücks-, Leasing- oder ähnlichen wirtschaftlichen Geschäften, aus Auszahlungsvorgängen aller Art, aus Kassenführung sowie Untreue oder Unterschlagung;
...
BBR VI. 11. Forderungsausfalldeckung
1. Gegenstand der Ausfalldeckung
Die G. bietet dem Versicherungsnehmer und den mitversicherten Personen Versicherungsschutz für den Fall, dass eine versicherte Person während der Wirksamkeit der Versicherung von einem Dritten geschädigt wird und die daraus entstandene Schadenersatzforderung gegen den Schädiger nicht durchgesetzt werden kann.
Inhalt und Umfang der versicherten Schadenersatzansprüche richten sich nach dem Deckungsumfang der Privat-Haftpflichtversicherung dieses Vertrages.
Darüber hinaus besteht Versicherungsschutz für Schadenersatzansprüche, denen ein vorsätzliches Handeln des Schädigers zu Grunde liegt, und für Schadenersatzansprüche, die aus der Eigenschaft des Schädigers als Tierhalter oder -hüter entstanden sind.
...
2. Erfolglose Vollstreckung
Voraussetzung für die Entschädigung ist, dass die versicherte Person einen rechtskräftigen vollstreckbaren Titel gegen den Schädiger im streitigen Verfahren vor einem ordentlichen Gericht eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union ... erwirkt hat und jede sinnvolle Zwangsvollstreckung aus diesem Titel gegen den Schädiger erfolglos geblieben ist.
...
Der Kläger schloss am 28.07.2008 mit einem Herrn J. einen so genannten Verwaltungsvertrag (Anl. K7, Bl. 88) "für Investmentzwecke". Danach sollte der Kläger, wie geschehen, dem Vertragspartner 50.000 EUR überlassen. Nach Ablauf von 3 Jahren sollte der Kläger den Betrag mit 5% verzinst zurückerhalten. Eine Rückzahlung erfolgte jedoch nicht. Der Kläger erwirkte deshalb einen rechtskräftigen Teil-Vollstreckungsbescheid gegen J. über einen Betrag von 50.000 EUR zuzüglich Zinsen.
Nach Widerspruch des damaligen Beklagten hinsichtlich der im Mahnbescheid enthaltenen Rechtsanwaltskosten wurde durch rechtskräftiges Vers äumnisurteil des Landgerichts Konstanz vom 23.03.2010 Herr J. zur Zahlung der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.761,08 EUR verurteilt. Zusätzlich wurde festgestellt, dass die im Vollstreckungsbescheid geltend gemachten Ansprüche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung entstanden sind. Am 02.08.2009 hat Herr J. die eidesstattliche Versicherung abgegeben.
Mit Schreiben vom 15.03.2011 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die entsprechende Schadensmeldung. Die Beklagte lehnte die Regulierung zuletzt mit Schreiben vom 15.06.2011 ab.
Der Kläger vertrat im ersten Rechtszug die Auffassung, er habe gegen die Beklagte aus der bestehenden Privathaftpflichtversicherung mit eingeschlossener Forderungsausfallversicherung einen Anspruch auf Ersatz des durch Herrn J. erlittenen Schadens in Höhe von insgesamt 57.289,04 EUR, nämlich in Höhe des eingezahlten Kapitals von 50.000 EUR sowie eines entgangenen Gewinns i.H.v. 7.289,04 EUR.
Die Beklagte argumentierte, der Deckungsumfang aus der Forderungsausfallversicherung richte sich nach dem Deckungsumfang der Privathaftpflichtversicherung dieses Vertrages. Danach seien unter Ziff. 15 BBR Ansprüche wegen Schäden aus Anlage- Kredit-, Versicherungs-,... oder ähnlichen wirtschaftlichen Geschäften ausgeschlossen.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage in der Hauptforderung i.H.v. 47.500 EUR stattgegeben. Die darüber hinausgehende Klage wurde abgewiesen. Abgewiesen wurde die Klage hinsichtlich des geltend gemachten entgangenen Gewinns sowie eines weiteren Betrages i.H.v. 2.500 EUR wegen des vereinbarten Selbstbehaltes sowie hinsichtlich der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Der Tenor des landgerichtlichen Urteils lautet wie folgt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 47.500,00 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v.5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.08.2011 zu bezahlen.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Das Landgericht bejahte die tatbestandlichen Voraussetzungen der Forderungsausfallversicherung aus VI Ziff.11. BBR. Die titulierten Ansprüche des Klägers gegen Herrn J. fielen unter Ziff.11.1 S. 3 BBR. Diese Bedingung sei für einen aufmerksamen Versicherungsnehmer so zu verstehen, dass es bei Vorsatz des Schädigers gerade nicht auf die zusätzlichen Voraussetzungen der Privat-Haftpflichtversicherung des Vertrages ankomme, weil Satz 3 unmittelbar an Satz 2 anknüpfe, der für Inhalt und Umfang des Deckungsschutzes auf den Deckungsumfang des Vertrages im Übrigen verweise. Andernfalls sei die Wendung "darüber hinaus" überflüssig. Hinsichtlich der Schadenshöhe führte das Landgericht aus, dass der mit der Klage geltend gemachte entgangene Gewinn nicht tituliert sei und daher aufgrund des eindeutigen Wortlautes von Ziff.11.3 BBR auch nicht zu ersetzen. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, anstelle des entgangenen Gewinns Zinsen ersetzt zu bekommen, weil nach dem eindeutigen Wortlaut von Ziff.11.1b) BBR kein Versicherungsschutz für Verzugszinsen bestehe. Darüber hinaus sei, wie in den Bedingungen unter Ziff.11.3 S. 2 BBR vereinbart, ein Selbstbehalt i.H.v. 2.500 EUR abzuziehen. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sprach das Landgericht nicht zu, weil die Beklagte sich im Zeitpunkt der Beauftragung des Bevollmächtigten gegenüber dem Kläger nicht in Verzug befunden habe.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts und der angestellten rechtlichen Erwägungen im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Die Berufung des Klägers verfolgt das Ziel, auch den entgangenen Gewinn sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten zugesprochen zu bekommen.
Hinsichtlich des geltend gemachten Betrages i.H.v. 7.289,04 EUR habe das Gericht rechtsfehlerhaft verkannt, dass damit primär entgangener Gewinn geltend gemacht werde und nicht Verzugszinsen. Das Erstgericht irre, wenn es die Meinung vertrete, dass der entgangene Gewinn grundsätzlich unter die Deckungseinschränkung der Verzugszinsen falle. Hinsichtlich der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren habe das Erstgericht keinerlei gerichtlichen Hinweis erteilt, dass dieser geltend gemachte Nebenanspruch aufgrund fehlender Kausalität nicht zugesprochen würde. Insoweit wird beantragt, den neuen Vortrag zuzulassen, dass die Beklagte bereits vor dem 15.03.2011 eine endgültige Erfüllungsverweigerung gezeigt habe, wodurch eine Mandatierung des Klägervertreters angezeigt gewesen sei.
Der Kläger beantragt:
Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heilbronn - 4 O 158/11 Ma - wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger 54.965,12 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Die Beklagte beantragt:
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten verfolgt ihren erstinstanzlichen Klagabweisungsantrag in vollem Umfang weiter.
Die Beklagte beantragt im Wege der Berufung:
Die Klage wird unter entsprechender Abänderung des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 09.03.2012 - 4 O 158/11 Ma - insgesamt abgewiesen.
Der Kläger beantragt:
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte ist der Meinung, das Landgericht habe in seinem Urteil die maßgeblichen und auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne weiteres erkennbaren Zusammenhänge rechtsfehlerhaft ausgeblendet. Maßgeblich für den Versicherungsschutz im Rahmen der Forderungsausfallversicherung sei selbstverständlich das Deckungskonzept der allgemeinen Privathaftpflichtversicherung. Bei der Forderungsausfallversicherung seien lediglich die Rollen vertauscht. S. 3 der Ziff. 11.1 BBR erkläre sich vor dem Hintergrund, dass bei der Haftpflichtversicherung kein Versicherungsschutz für vorsätzlich herbeigeführte Schäden und Schäden aus der Eigenschaft als Tierhalter oder -hüter bestehe. Der Vorsatzeinschluss könne nicht dahingehend verstanden werden, dass es dadurch auf alle übrigen Voraussetzungen des bedingungsgemäßen Versicherungsfalles nicht mehr ankommen solle. Deshalb seien auch alle einschlägigen Ausschlusstatbestände zu berücksichtigen. Hier seien die Ziffern 15.4 (Vermittlungsgeschäfte aller Art) und 15.6 (Anlage-, Kredit-,... oder ähnliche wirtschaftliche Geschäfte... sowie Untreue oder Unterschlagung) zu berücksichtigen. Der Anspruch scheide auch deshalb aus, weil der Zeuge J. nicht als Privatperson gehandelt habe. Bei der Forderungsausfallversicherung handele es sich aber um eine Mitversicherung im Rahmen der Privathaftpflichtversicherung. Der Schädiger müsse als Privatperson gehandelt haben.
Der Kläger ist der Meinung, die Berufung der Beklagten sei bereits mangels einer hinreichenden Berufungsbegründung unzulässig. Die Begründung erstrecke sich in allgemeinen rechtlichen Ausführungen zum Deckungskonzept und zur Forderungsausfallversicherung. Es werde nicht einmal behauptet, dass das Eingangsgericht eine falsche Auslegung der den Streitfall entscheidenden Versicherungsbedingungen vorgenommen habe und dass hierauf ein falsches Urteil beruhe. Das Landgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Auslegung des Klägers als ein Auslegungsergebnis vertretbar sei. Aufgrund der Unklarheitsregel führe die vom Kläger vorgenommene Auslegung zur Unanwendbarkeit der Ausschlussregelungen des 15.2.6 BBR. Der Haftungsausschluss beschreibe lediglich Tätigkeiten des Versicherungsnehmers. Darüber hinaus spreche die Regelung nur von Haftpflichtansprüchen, die der durchschnittliche Versicherungsnehmer so verstehe, dass dies Ansprüche seien, die gegen ihn gestellt werden. Die Behauptung der Beklagten, dass der Schädiger im Rahmen der Forderungsausfallversicherung als Privatperson gehandelt haben muss, bleibe ohne Begründung und ergäbe sich nicht einmal im Ansatz aus den Bedingungen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Beide Berufungen sind zulässig. Die Berufung des Klägers ist unbegründet, die Berufung der Beklagten ist begründet.
1. Berufung der Beklagten
1.1.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Auffassung des Klägers, die Berufungsbegründung der Beklagten entspreche nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO, trifft nicht zu.
Die Beklagte nimmt in ihrer Berufungsbegründung konkret Bezug zum landgerichtlichen Urteil und der darin vorgenommenen Auslegung der entscheidungserheblichen VI Ziff. 11 BBR. Insbesondere ist ausführlich begründet, weshalb das Landgericht nach Ansicht der Beklagten die maßgebliche Klausel falsch ausgelegt habe. Dass die Beklagte der Meinung ist, dass deshalb das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sei und abgeändert werden müsse, ergibt sich bereits aus dem ersten Satz der Berufungsbegründung.
1.2.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Entschädigungsanspruch aus der zwischen den Parteien geschlossenen streitgegenständlichen PrivathaftpflichtTop-Partnerversicherung in Verbindung mit der nach den AHB und den besonderen Bedingungen (BBR) in VI. Ziff.11 vereinbarten Forderungsausfallversicherung.
Gemäß VI. Ziff. 11.1 S. 1 BBR bietet die Beklagte dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz für den Fall, dass eine versicherte Person von einem Dritten geschädigt wird und die daraus entstandene Schadensersatzforderung gegen den Schädiger nicht durchgesetzt werden kann. Diese Regelung über die Mitversicherung von Forderungsausfällen stellt eine Ergänzung zu der Regel der Ziff. 1.1 AHB dar, wonach Versicherungsschutz für den Fall besteht, dass der Versicherungsnehmer wegen eines Schadensereignisses aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird. Hier wird zusätzlich ein Eigenschaden des Versicherungsnehmers mitversichert, der durch die Schädigung eines Dritten entstanden ist. Insofern ist ein "Rollentausch" zwischen Schädiger und Geschädigtem vorgenommen worden.
Das Landgericht hat zunächst zutreffend festgestellt, dass der Kläger als versicherte Person von einem Dritten geschädigt wurde und ihm daraus eine Schadensersatzforderung gegen den Schädiger entstanden ist, die nicht durchgesetzt werden konnte (VI. Ziff.11.1 S. 1 BBR).
Die weitere Voraussetzung der erfolglosen Vollstreckungsversuche gemäß VI. Ziff. 11.2 BBR ist zumindest i.H.v. 50.000 EUR erfüllt. Auch dies wurde vom Landgericht richtig gesehen.
Ob auch ein Titel vorliegt, der "im streitigen Verfahren" erreicht wurde, und ob diese Einschränkung transparent formuliert wurde, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, weil der Klageanspruch aus anderem Grund nicht begründet ist.
1.3.
Zu Recht rügt die Beklagte, dass das Landgericht auf die streitgegenständliche ausgefallene Schadensersatzforderung des Klägers aus der vorsätzlich begangenen Betrugshandlung des Herrn J. die vereinbarten Haftungsausschlüsse nicht angewandt hat.
1.3.1. Gem äß VI. Ziff. 11.1 S. 2 BBR richtet sich Inhalt und Umfang der Forderungsausfallversicherung nach dem Deckungsumfang der Privat-Haftpflichtversicherung des Vertrages.
Die in diesem Satz enthaltene Verweisung auf die vereinbarten Bedingungen bez üglich der Privat-Haftpflichtversicherung überfordert den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht und verstößt deshalb auch nicht, wie der Kläger meint, gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.
Nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGH, Urt. v. 23.06.1993, VersR 1993, 957; und Urt. v. 17.05.2000, VersR 2000, 1090 und ständig) und allgemein anerkannter Auffassung sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne juristische Kenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an.
Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann bei aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs Satz 2 der Ziff. 11.1. nur so verstehen, dass er die voranstehenden Bedingungen bezüglich der Privat-Haftpflichtversicherung durchlesen muss, wenn er Auskunft über die Reichweite der vereinbarten Forderungsausfallversicherung erlangen möchte. Insbesondere erkennt der Versicherungsnehmer, dass der Deckungsumfang der Haftpflichtversicherung in vielerlei Hinsicht eingeschränkt ist. Satz 2 der Klausel versteht er so, dass diese Einschränkungen auch für die Forderungsausfallversicherung gelten. Dabei weiß er auch, dass er beim Lesen der entsprechenden Haftpflichtklauseln an die Stelle des Wortes Versicherungsnehmer das Wort Schädiger setzen muss, wenn er sich über die getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich der Forderungsausfallversicherung Klarheit verschaffen möchte. Der Kläger kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass in den Bedingungen für die Haftpflichtversicherung nur der Versicherungsnehmer genannt ist und diese schon deshalb nicht für ein Verhalten eines fremden Dritten oder für Schäden, die von einem Dritten verursacht wurden, gelten könnten.
1.3.2. Der Versicherungsschutz ist nach Satz 2 aber nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil der Schädiger vorsätzlich gehandelt hat. Vielmehr wurde der Versicherungsschutz bei der Forderungsausfallversicherung insoweit durch Satz 3 erweitert. Danach besteht Versicherungsschutz über den in Satz 2 normierten Versicherungsschutz hinaus auch "... für Schadensersatzansprüche, denen ein vorsätzliches Handeln des Schädigers zugrundeliegt, ...". Gerade weil nach den Bedingungen der Privat-Haftpflichtversicherung eine Haftung f ür Schäden vorsätzlich begangener Taten gem. Ziff. 7.1 AHB, § 103 VVG ausgeschlossen ist, wurde der Versicherungsschutz bei der Forderungsausfallversicherung dahingehend erweitert, dass der Versicherungsnehmer auch dann Ersatz erhalten soll, wenn er Geschädigter aus einer vorsätzlich begangenen Tat wurde. Aus diesem Grund ist die Wendung "darüber hinaus" keinesfalls überflüssig (anders OLG Celle, Urt. v. 12.08.2010, 8 U 240/09). Auch dies erkennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer.
In vergleichbarer Weise wurde der Versicherungsschutz auch über den bei der Haftpflichtversicherung bestehenden Schutz hinaus erweitert "für Schadensersatzansprüche, die aus der Eigenschaft des Schädigers als Tierhalter oder -hüter entstanden sind". Ohne diese Erweiterung wäre der Versicherungsnehmer als Opfer eines Angriffs eines fremden Hundes im Falle des Forderungsausfalls nämlich nicht geschützt, soweit er als Halter z.B. eines Hundes mit der Privathaftpflicht ausgeschlossen wäre (vgl. III. Ziff. 11.a) BBR).
1.3.3. Einen darüber hinausgehenden Inhalt hat Satz 3 der Zusatzbedingungen (VI. 11.1. BBR) nicht (anders OLG Celle, a.a.O.). Er bringt insbesondere nicht zum Ausdruck, dass es bei Vorsatz des Schädigers nicht auf die zusätzlichen Voraussetzungen ankommen solle, vielmehr eine davon unabhängige Deckung bestehe. Die Erweiterung in Satz 3 erstreckt sich dem Wortlaut nach allein auf den Verschuldensmaßstab und die Tierhalterhaftung. Anhaltspunkte dafür, dass durch die verwendete Formulierung für Vorsatztaten der im Satz zuvor in Bezug genommene Deckungsumfang mit seinen zahlreichen Risikobegrenzungen und Risikoausschlüssen unanwendbar sein soll, werden dem Versicherungsnehmer nicht gegeben. Ein solches Verständnis liegt auch nicht nahe. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer meint nicht, aus - wie gezeigt verfehlten - dogmatischen Gründen ergäbe sich in diesem Punkt eine über den Wortlaut hinausgehende Erweiterung des übernommenen Risikos.
1.3.4. Deshalb sind auch die in der Haftpflichtversicherung vorgesehenen Risikoausschlüsse zu beachten. Der vom Kläger durch den Betrug des Herrn J. erlittene Schaden ist wegen des Ausschlusses von Schäden durch Anlagegeschäfte nicht vom Versicherungsschutz umfasst (III. Ziff. 15.2.6 BBR).
Bei der Forderung des Klägers handelt es sich zwar um einen deliktischen Anspruch privatrechtlichen Inhalts gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und § 826 BGB im Sinne von Ziff. 1.1 AHB. Der Versicherungsschutz wurde gemäß Ziff.2.1 AHB in Verbindung mit III. Ziff.15.1 BBR auch auf Vermögensschäden erweitert. Allerdings wurden dabei unter III. Ziff.15.2.6 BBR "Ansprüche wegen Schäden ... aus Anlage-, Kredit-, ... oder ähnlichen wirtschaftlichen Geschäften ... sowie Untreue und Unterschlagung" ausgeschlossen.
Dieser Ausschluss hat auch - wie gezeigt - Geltung im Falle der Geltendmachung eines Schadens im Rahmen der Forderungsausfallversicherung.
Von diesem Ausschluss ist der durch den Kläger erlittene Schaden umfasst. Ein Anspruch des Klägers aus der Forderungsausfallversicherung besteht nicht.
Die Berufung der Beklagten ist in vollem Umfang begründet, das Urteil des Landgerichts Heilbronn ist abzuändern und die Klage abzuweisen.
2. Berufung des Klägers
Da ein Anspruch des Klägers aus der zwischen den Parteien vereinbarten Forderungsausfallversicherung dem Grunde nach nicht besteht und die Klage abzuweisen ist (vgl. oben), ist auch die Berufung des Klägers im Hinblick auf den von der Hauptforderung abhängigen geltend gemachten Anspruch auf Bezahlung von Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns und außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten unbegründet und zurückzuweisen.
III.
1.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, 711 S. 2 i.V.m § 709 S. 2 ZPO.
2.
Mit Rücksicht auf die zur Auslegung vergleichbarer Klauseln ergangenen Entscheidungen des OLG Celle vom 30.04.2009 (8 U 11/09) und vom 10.08.2010 (8 U 240/09) - denselben Versicherungsfall betreffend - hat der Senat die Revision zugelassen.
Gramlich Vors. Richter am Oberlandesgericht
Ade Richter am Oberlandesgericht
Bizer Richterin am Amtsgericht
Verkündet am 19. Juli 2012