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  • 27.09.2013 · IWW-Abrufnummer 133028

    Landgericht Wuppertal: Urteil vom 04.04.2013 – 9 S 72/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Wuppertal

    9 S 72/12

    Tenor:

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal, 391 C 134/11, vom 09.02.2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.Die Revision wird wegen der Frage, ob § 7 lit. a) AVB dem Transparenzgebot standhält, zugelassen.

    Gründe

    I.

    Der Kläger verlangt von der Beklagten Leistungen aus einer 2008 abgeschlossenen Ratenschutzversicherung. Wegen der Berechnung der Forderung wird auf die Klageschrift, Seite 5 = Bl. 5 d.A. Bezug genommen. Er macht geltend, er sei 2009 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte vertritt die Auffassung, sie sei nicht zur Leistung verpflichtet, und trägt dazu vor, der Kläger sei binnen zwölf Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes aufgrund einer ernstlichen Erkrankung, nämlich einer sonstigen Meniskusschädigung im Krankenhaus behandelt worden, was in ursächlichem Zusammenhang mit der zur angeblichen Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung stehe.Der Kläger hat beantragt,die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 1.262,80 € zuzüglich Zinsen von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.6.2009 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 186,24 € zu zahlen.Die Beklagte hat beantragt,die Klage abzuweisen.Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Bei dem Meniskusschaden des Klägers handele es sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme um eine im ursächlichen Zusammenhang stehende ärztliche Erkrankung im Sinne von § 7 lit. a) AVB, der wirksam sei.Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der sein ursprüngliches Begehren weiterverfolgt, meint, § 7 lit a) AVB werde dem Transparenzgebot nicht gerecht, und die Beweiswürdigung angreift.II.Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Dem Kläger steht kein Anspruch aus der mit der Beklagten abgeschlossenen Ratenschutzversicherung deshalb zu, weil er ab dem 23.1.2009arbeitsunfähig erkrankt gewesen wäre.Das ergibt sich jedenfalls aus § 7 lit a) AVB, wonach der Versicherer nicht leistet, wenn der Versicherungsfall verursacht ist durch der versicherten Person bekannte ernstliche Erkrankungen (zum Beispiel Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs, der Verdauungsorgane, Krebs, HIV-Infektionen/Aids, chronische Erkrankungen, Erkrankungen der Wirbelsäule und Gelenke) oder Unfallfolgen, wegen derer sie in den letzten zwölf Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes ärztlich beraten oder behandelt wurde, wenn der Versicherungsfall innerhalb der nächsten 24 Monate seit Beginn des Versicherungsschutzes eintritt und mit diesen Erkrankungen oder Unfallfolgen in ursächlichem Zusammenhang steht (Bl. 15f d.A.). Die Voraussetzungen dieser Bestimmung liegen vor und sie ist auch wirksam.1.Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Kläger in den letzten zwölf Monaten vor Beginn des Versicherungsverhältnisses an einer ernstlichen Erkrankung litt und dass diese ursächlich für die behauptete streitgegenständliche Arbeitsunfähigkeit geworden ist. Von diesen Feststellungen hat die Kammer auszugehen.Gemäß § 529 I ZPO hat das Berufungsgericht nämlich seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Solche konkreten Anhaltspunkte können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt unter anderem dann vor, wenn Umständen Indizwirkungen zuerkannt werden, die sie nicht haben können, oder wenn die Ambivalenz von Indiztatsachen nicht erkannt wird (BGH V ZR 257/03, Rn. 8f). Solche konkreten Anhaltspunkte sind im Entscheidungsfall weder dargelegt worden, noch sonst ersichtlich.Der Sachverständige Professor Dr. W hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 20.07.2011 dargelegt, dass bei dem Kläger seit 2005 immer wieder Beschwerden im rechten Knie, hervorgerufen durch Schäden des Meniskus sowie – primär – eine Arthrose aufgetreten seien, die mit, zum Teil monatelangen, Krankschreibungen einhergingen.Der Nachvollziehbarkeit und Überzeugungskraft seiner Ausführungen steht nicht entgegen, dass er trotz entsprechender Bemühungen die Behandlungsunterlagen aus der Zeit von 2007 nicht zur Verfügung hatte. Seine Feststellungen beruhen dennoch nicht, wie es der Kläger meint, „nur auf Spekulationen“. Zum einen hat der Kläger, der trotz seiner zahlreichen, auch stationär erfolgten Behandlungen des rechten Knies in den Jahren ab 2005 in seiner Klageschrift von Ende 2009 vorgetragen hat, er sei „seit mehreren Jahren beschwerdefrei“ und er könne sich „nicht mehr erinnern, wie oft oder ob (er) vorher schon behandelt worden“ sei, selbst gar nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, 2007 operiert worden zu sein. Zum anderen stellt es eine rein theoretische Möglichkeit dar, dass der Kläger ausgerechnet im Jahre 2007 an anderen Beschwerden des rechten Knies gelitten hat, als in den Jahren davor und danach.Angesichts der von dem Sachverständigen im einzelnen aufgelisteten Häufung von Behandlungen des rechten Knies des Klägers und damit zum Teil einhergehenden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit stellt sich die Behauptung des Klägers, er sei seit mehreren Jahren beschwerdefrei gewesen, als widerlegte Schutzbehauptung dar. Mithin handelte es sich bei dem Meniskusschaden/der Arthrose im rechten Knie um eine dem Kläger im Sinne von § 7 lit. a) AVB bekannte Erkrankung. Dies wird durch die Bescheinigung der praktischen Ärztin Frau Dr. E vom 12.3.2009, auf die sich der Kläger stützt, bestätigt, in der diese unter anderem ausgeführt hat, dem Kläger sei diese Erkrankung seit April 2005 bekannt (Bl. 28 d.A.).Diese Erkrankung war auch eine ernstliche im Sinne der vorgenannten Bestimmung. Dabei kann dahinstehen, ob es sich hierbei um eine dem Sachverständigenbeweis zugängliche Tatsache oder nicht vielmehr um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt.Der Sachverständige Professor Dr. W hat nämlich ausgeführt, angesichts der durch die Kniebeschwerden hervorgerufenen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und der Beeinträchtigung des Gesamtbefindens des Klägers sei durchaus eine Vergleichbarkeit mit sämtlichen in der genannten Bestimmung aufgeführten Erkrankungen mit Ausnahme von Aids und Krebs zu bejahen.Wird andererseits die Voraussetzung ernstliche Erkrankung als unbestimmter Rechtsbegriff aufgefasst, dann obliegt er uneingeschränkt der richterlichen Beurteilung und ist im Ergebnis sein Vorliegen zu bejahen, weil § 7 lit. a) zur Verdeutlichung, was mit ernstlichen Erkrankungen gemeint ist, beispielhaft verschiedene Erkrankungen aufführt, die sämtlich als ernstlich einzuschätzen seien. Daraus folgt, dass eine ernstliche Erkrankung nicht erst dann vorliegt, wenn der Versicherungsnehmer an Aids oder Krebs erkrankt ist, sondern dass hierfür jede chronische Erkrankung und jede Erkrankung der Wirbelsäule und Gelenke ausreicht.

    2.§ 7 lit.a) AVB ist wirksam.Insoweit kann zunächst zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die sorgfältig begründeten Darlegungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden, zumal diese in der Berufung nur hinsichtlich der Wahrung des Transparenzgebotes nach § 307 I 2 BGB – undlediglich mit denselben Erwägungen wie in erster Instanz – angegriffen worden sind.Im Ergebnis teilt die Kammer die Auffassung des Amtsgerichts, dass ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nicht vorliegt.Im Bereich allgemeiner Versicherungsbedingungen bedeutet das Transparenzgebot, dass der Verwender von AVB gehalten ist, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Ist der Verwender diesem Gebot nicht gefolgt, liegt schon darin eine unangemessene Benachteiligung des anderen Vertragspartners (BGH IV 252/06 bei juris).§ 7 AVB regelt ausdrücklich und unmissverständlich Leistungsausschlüsse, also Fälle in denen der Versicherer trotz Vorliegen eines Versicherungsfalls nicht leisten muss. Ebenfalls klar verständlich wird geregelt, dass ein Ausschluss der Leistungspflicht nur dann in Betracht kommt, wenn der Versicherungsnehmer in den letzten zwölf Monaten vor Beginn des Versicherungsverhältnisses wegen einer ernstlichen Erkrankung ärztlich beraten oder behandelt wurde und der binnen zwei Jahren nach Beginn des Versicherungsschutzes eintretende Versicherungsfall in ursächlichem Zusammenhang mit dieser früheren Erkrankung steht. Auch das Merkmal „ernstlich“ gibt zu Zweifeln, ob dem Transparenzgebot Genüge getan worden ist, letztlich keinen Anlass. Wie oben bei der Auslegung dargelegt, erläutert die streitgegenständliche Bestimmung nämlich den Begriff der Ernstlichkeit selbst, indem beispielhaft und nicht abschließend Erkrankungen aufgeführt werden. Dabei handelt es sich nicht nur um lebensbedrohliche Erkrankungen, sondern um solche aus verschiedenen Bereichen, denen gemein ist, dass es sich nicht um Bagatellerkrankungen handelt, wegen deren darüber hinaus eine ärztliche Beratung oder Behandlung stattgefunden haben muss und zwar innerhalb der letzten zwölf Monate und die dem Versicherungsnehmer zudem bekannt sein müssen.III.Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.262,80 € (§§ 43 I, 48 I GKG, 6 S. 1 ZPO)Die Revision war gemäß § 543 II Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen.

    Der Schriftsatz des Klägers vom 22.03.2013 gab keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

    RechtsgebietBGB