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  • 01.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142290

    Landgericht Dortmund: Urteil vom 08.11.2013 – 2 O 162/13

    § 205 Abs. 6 VVG findet bei einer Kündigung wegen Eintritts gesetzlicher Krankenversicherungspflicht keine Anwendung


    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils

    vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
    Tatbestand

    Die Klägerin nimmt dieBeklagte auf Versicherungsprämie für den Zeitraum von August 2011 bis Dezember 2012 in Anspruch.

    Die Klägerin ist ein privates Krankenversicherungsunternehmen. Die Beklagte unterhielt seit Mai 2008 bei der Klägerin einen Krankenversicherungsvertrag. Die Beklagte ist seit dem 01.06.2011 durch ihren Ehemann familienversichert. Sie kündigte die Versicherung bei der Klägerin mit Schreiben vom 29.05.2011, welches der Klägerin am 17.06.2011 zuging. Die Beklagte erbrachte den Nachweis über die Familienversicherung erst während des Rechtsstreits.

    Der Monatsbeitrag belief sich in der Zeit von August 2011 bis Dezember 2011 auf monatlich 262,21 € und in der Zeit von Januar 2012 bis Dezember 2012 auf monatlich 322,38 €.

    Die Klägerin behauptet, sie habe die Beklagte mit Schreiben vom 20.06.2011, 26.01.2012, 26.03.2012, 15.06.2012 und 06.07.2012 schriftlich aufgefordert, den Nachweis über den tatsächlichen Eintritt der Versicherungspflicht zu erbringen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.179,61 € nebst einem Säumniszuschlag in Höhe von 1 von 100 für jeden angefangenen Monat des Rückstandes (Beginn des Rückstandes am 01.08.2011 mit 262,21 €) sowie 2,50 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie behauptet, ihr sei mehrfach durch Mitarbeiter der Klägerin zugesichert worden, dass aufgrund der Kündigung keine Beiträge mehr abgebucht werden. Sie ist der Ansicht, sie habe den Versicherungsvertrag wirksam zum 01.06.2011 gekündigt. Sie behauptet, sie habe die von der Klägerin genannten Schreiben, mit denen zum Nachweis aufgefordert worden sei, nicht erhalten.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung der Versicherungsprämie für den Zeitraum von August 2011 bis Dezember 2012 zu, da eine wirksame Kündigung des Krankenversicherungsvertrages zum 01.06.2011 durch die Beklagte gemäß § 205 Abs. 2 VVG erfolgt ist.

    § 205 Abs. 2 Satz 1 VVG bestimmt, dass eine versicherte Person, die kraft Gesetzes krankenversicherungspflichtig wird, binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskostenversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen kann. Gemäß § 205 Abs. 2 S. 5 VVG steht der Versicherungspflicht der gesetzliche Anspruch auf Familienversicherung gleich.

    Eine solche Kündigung hat die Beklagte mit Schreiben vom 29.05.2011 aufgrund des Eintritts in die Familienversicherung ihres Ehemanns ausgesprochen. Der Wirksamkeit der Kündigung durch die Beklagte steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass sie den Eintritt in die Familienversicherung der Klägerin erst im Rahmen des Rechtsstreits nachgewiesen hat. Denn die Nachweispflicht gemäß § 205 Abs. 2 S. 2 VVG entsteht erst durch Aufforderung durch den Versicherer. Die Beklagte hat jedoch den Zugang der Aufforderungsschreiben bestritten. Der Klägerin hätte damit der Beweis des Zugangs der Aufforderungsschreiben oblegen. Beweis für den Zugang dieser Schreiben hat die Klägerin nicht angeboten. Ein Anscheinsbeweis dahingehend, dass eine zur Post gegebene Sendung den Empfänger auch erreicht, existiert nicht (vgl., BGH, Urteil v. 17.02.1964 - II ZR 87/61 in NJW 1964, 1176). Ein solcher Anscheinsbeweis besteht auch nicht für den Fall, dass mehrere Schreiben versandt werden. Zwar erscheint der Verlust mehrerer Schreiben auf dem Postwege als unwahrscheinlicher, er ist dennoch nicht ausgeschlossen. Da die Klägerin den Zugang der Aufforderung zum Nachweis nicht beweisen konnte, war die Kündigung durch die Beklagte von Anfang an wirksam. Da die Beklagte von ihrem Kündigungsrecht innerhalb der Dreimonatsfrist Gebrauch gemacht hat, steht der Klägerin die Prämie nur zu bis zu diesem Zeitpunkt zu (§ 205 Abs. 2 S. 3 VVG). Die Regelung des § 205 Abs. 6 VVG führt vorliegend nicht dazu, dass die Kündigung erst mit dem Nachweis wirksam wird, denn § 205 Abs. 2 VVG enthält eine ausdrückliche Regelung sowohl für das Wirksamwerden der Kündigung, als auch für den Zeitpunkt des Endes der Verpflichtung zur Prämienzahlung. Die durch § 205 Abs. 6 VVG normierte Nachweispflicht bedarf es im Fall des § 205 Abs. 2 VVG nicht, da § 205 Abs. 2 VVG eine solche Nachweispflicht bereits vorsieht (vgl. hierzu Hütt in Bach/Moser, Private Krankenversicherung, § 13 MB/KK, Rn. 34).

    Ein Anspruch auf Zahlung der Prämien für den Zeitraum August 2011 bis Dezember 2012 besteht daher nicht. Mangels Erfolges des Hauptantrages besteht auch kein Anspruch auf die Nebenforderungen.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    Vorschriften§ 205 Abs. 2 VVG § 205 Abs. 6 VVG