20.12.2019 · IWW-Abrufnummer 213259
Landgericht Wuppertal: Urteil vom 14.11.2019 – 9 S 106/19
Kaskoversicherung: Erwirbt der Versicherungsnehmer, nachdem sein versicherter Pkw gestohlen worden war, ein regelbesteuertes Neufahrzeug, ist der Wiederbeschaffungswert mit voller Umsatzsteuer (und nicht nur differenzbesteuert) jedenfalls dann zu erstatten, wenn gleichwertige Gebrauchtfahrzeuge überwiegend regelbesteuert werden.
Landgericht Wuppertal
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Solingen vom 07.05.2019, AZ 12 C 41/19, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Gründe
I.
Zwischen den Parteien bestand ein Kraftfahrtversicherungsvertrag bezüglich eines im Eigentum der Beklagten stehenden BMWs, der dieser im Jahr 2018 entwendet worden war. Die Klägerin erstattete den Schaden auf der Grundlage eines von ihr eingeholten Gutachtens der E GmbH H vom 16.04.2018, wonach der Wiederbeschaffungswert 19.902,54 € und differenzbesteuert 20.400 € betrug abzüglich der Selbstbeteiligung i.H.v. 150 €. Zudem wies sie darauf hin, dass die Mehrwertsteuer gemäß Ziff. A.2.6.5 AKB nur dann erstattet würde, wenn und soweit sie bei der gewählten Schadensbeseitigung auch tatsächlich anfalle, beispielsweise bei der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges.
Nachdem die Beklagte eine Auftragsbestätigung für die Anschaffung eines Neufahrzeuges mit einem Kaufpreis i.H.v. 27.563,05 € netto nachgewiesen hatte, zahlte die Klägerin der Beklagten einen weiteren Betrag i.H.v. 3.781,56 €, entsprechend 19 % Mehrwertsteuer ausgehend von einem Nettobetrag i.H.v. 19.902,44 € zzgl. 500 € für Überführungs- und Zulassungskosten.
Die Klägerin hat behauptet, dass diese Zahlung auf einer irrtümlichen Programmeingabe der zuständigen Sachbearbeiterin beruhe, welche statt der Differenzbesteuerung die Regelbesteuerung eingegeben habe. Es könne dahinstehen, ob der hypothetische Wiederbeschaffungsaufwand differenz- oder regelbesteuert abzurechnen sei, da der Sachverständige einen Wiederbeschaffungswert von 20.400 € brutto ermittelt habe. Zuzüglich der Überführungs-/ Zulassungskosten von 500 €, der Rechtsanwaltskosten von 571,44 € und der in Abzug zu bringenden Selbstbeteiligung von 150 € seien somit nur 21.321,44 € geschuldet. Aufgrund der- unstreitig- erfolgten Zahlung i.H.v. 24.605,34 €, sei somit eine Überzahlung i.H.v. 3.283,90 € erfolgt.
Die Beklagte hat behauptet, dass die Abrechnung der Klägerin entsprechend ihres Schreibens vom 13.11.2018 nicht anders zu verstehen gewesen sei, als dass die Klägerin bereit gewesen sei, aufgrund des tatsächlich von ihr nachgewiesenen Ankaufs die Mehrwertsteuer zu erstatten. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, weshalb von einer Differenzbesteuerung auszugehen sei, da sie das Fahrzeug von einem Händler gekauft habe. Im Übrigen sei eine Rückforderung nach § 814 BGB ausgeschlossen.
Durch das angefochtene Urteil vom 07.05.2019 hat das Amtsgericht Solingen die Beklagten verurteilt, an die Klägerin 3.283,90 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Klägerin habe eine höhere Kaskoentschädigung gezahlt, als nach dem Versicherungsvertrag geschuldet gewesen sei. Tatsächlich geschuldet sei ein Wiederbeschaffungswert einschließlich Mehrwertsteuer. Das seien 20.400 € einschließlich eines Differenzsteueranteils von 497,56 €.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung mit der sie unter Aufhebungdes angefochtenen Urteils beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Amtsgericht habe sich mit der Frage, ob der Wiederbeschaffungswert mit der Umsatzsteuer von 19 % oder mit der Differenzbesteuerung von rund 2 % zu berechnen sei, nicht auseinandergesetzt. Die Klägerin selbst sei in ihren Abrechnungsschreiben vom 15.02.2018 (Bl. 160 ff. GA) und 06.03.2018 (Bl. 168 ff. GA) von einer 19-prozentigen Mehrwertsteuer ausgegangen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte habe ein Neufahrzeug mit einer stärkeren Motorisierung und einer besseren Ausstattung angeschafft. Sie selbst sei nur verpflichtet das zu leisten, was für den Erwerb eines gebrauchten Fahrzeuges entsprechend des Zustandes des entwendeten Fahrzeuges erforderlich gewesen wäre.
Von einer weiteren Sachverhaltsdarstellung wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung eines Betrages i.H.v. 3.283,90 € nebst Zinsen aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Denn die Zahlung erfolgte mit Rechtsgrund, nämlich aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages.
Der Beklagten stand nach der Entwendung ihres Fahrzeuges aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. Ziff. A.2.6.1a und e der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz ‒ Versicherung (AKB), insoweit auch nicht in Streit, ein Anspruch auf Zahlung des Wiederbeschaffungswertes i.H.v. 19.902,44 € netto zu.
Darüber hinaus stand der Beklagten gemäß Ziffer A.2.6.5 AKB ein Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer zu, da diese tatsächlich angefallen war. Insoweit ist es unerheblich, ob die Beklagte ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug, mithin ein gebrauchtes Fahrzeug erwarb oder ein Neufahrzeug. Entscheidend ist ausschließlich, dass tatsächlich Mehrwertsteuer angefallen war.
In welcher Höhe die Mehrwertsteuer zu erstatten ist, mithin ob ein Anspruch auf Zahlung der Mehrwertsteuer i.H.v. 19 % oder lediglich ein Anspruch auf Zahlung der Differenzsteuer gemäß § 25 a UStG besteht, ergibt sich aus Ziffer A.2.6.5 AKB hingegen nicht. Vielmehr ist entsprechend Ziffer A. 2.6.1e auch insoweit abzustellen auf den Preis, den die Beklagte für den Kauf eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeuges am Tag des Schadensereignisses hätte bezahlen müssen.
Vorliegend kann dahinstehen, ob der Auffassung zu folgen ist, nach der jedenfalls in den Fällen, in denen der Versicherungsnehmer wie hier ein regelbesteuertes Ersatzfahrzeug erwirbt, also in der Rechnung die Mehrwertsteuer mit (derzeit) 19% ausgewiesen wurde, der Versicherungsnehmer den Netto-Wiederbeschaffungswert zuzüglich des in der Rechnung konkret enthaltenen Mehrwertsteueranteils erhält und nur in den Fällen, in den Ersatzbeschaffung unterblieben ist, zu klären ist, ob ein gleichwertiges Fahrzeug regel- oder differenzbesteuert hätte erworben werden können (so wohl Koch in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2018, A.2 Kaskoversicherung ‒ für Schäden an Ihrem Fahrzeug , Rn. 568-571).
Denn auch dann, wenn man darauf abstellt, dass bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes immer der tatsächlich vorhandene Gebrauchtwagenmarkt zu berücksichtigen ist und jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen ist, ob der Schadensausgleich durch Erwerb eines differenzbesteuerten Fahrzeuges möglich gewesen wäre, bestünde im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer i.H.v. 19 %.
Denn die Klägerin hat als Bereicherungsgläubigerin die Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich die Voraussetzungen des Anspruchs ergeben, mithin vorliegend, dass es der Beklagten zumutbar war, ein „ lediglich “ differenzbesteuertes Fahrzeug zu erwerben, so dass sie die gezahlte Mehrwertsteuer ohne Rechtsgrund erhielt. Dies hat die Klägerin bereits nicht hinreichend dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen.
Zwar hat der Sachverständige F der E GmbH in seinem Gutachten vom 16.04.2018 ausgeführt, dass vergleichbare Fahrzeuge überwiegend differenzbesteuert angeboten werden würden. Konkrete Anhaltspunkte, woraus sich diese Einschätzung ergibt, werden vom Sachverständigen jedoch nicht mitgeteilt.
Dieser Einschätzung steht jedenfalls die Bewertung des Sachverständigen Renner vom 23.01.2018 entgegen, wonach die Besteuerungsart mit Regelbesteuerung angegeben wird. Auch hier erfolgte zwar keine konkrete Begründung, jedoch der Hinweis, dass die Wertermittlung auf Basis des Marktspiegels erfolgt sei. Zudem hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 06.03.2018 die Grundlage seiner Marktrecherche angegeben, wonach 37 % differenzbesteuert und 63 % der Fahrzeuge regelbesteuert angeboten werden.
Dass es der Beklagten ausgehend von diesen Zahlen innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich und auch zumutbar war, ein regelbesteuertes Fahrzeug zu erwerben, hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt und bewiesen. Zum einen war es der Klägerin selbst, Abteilung Naturalersatz, ausweislich des Schreibens vom 18.03.2019 nicht möglich, überhaupt ein vergleichbares Ersatzfahrzeug anzubieten. Auch die von der Beklagten eingeholten Angebote wiesen entweder relevante Abweichungen vom abhandengekommenen Fahrzeug auf oder waren deutlich teurer als der vom Sachverständigen angegebene Wiederbeschaffungswert. Damit hat weder die Klägerin mit ihrer Abteilung Naturalersatz noch die Beklagte innerhalb eines Zeitraums von fast drei Monaten ein Fahrzeug auffinden können, welches mit ca. 20.400 € (Differenzbesteuert) angeboten worden wäre. Damit war die Beklagte berechtigt, ein Fahrzeug mit einem Mehrwertsteueranteil von 19 % zu erwerben. Diese ist zwar nur beschränkt auf den vom Sachverständigen ermittelten Netto ‒ Wiederbeschaffungswert von 19.902,44 € zu ersetzen und nicht in Höhe des tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuersatzes. Die Klägerin hat jedoch auch nur diesen Mehrwertsteueranteil an die Beklagte überwiesen, so dass kein Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB besteht.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Der Schriftsatz vom 11.11.2019 gab keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 I Nr. 1, II ZPO), bestand nicht. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Eine grundsätzliche Bedeutung ist nämlich nur dann zu bejahen, wenn die Entscheidung der Sache von einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt, die über den konkreten Rechtsstreit hinaus in Rechtsprechung und Rechtslehre oder den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist (BGH, IV ZR 543/15, bei juris).
Streitwert für die Berufungsinstanz: 3.283,90 €
Urteil vom 14.11.2019
Az.: 9 S 106/19
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Solingen vom 07.05.2019, AZ 12 C 41/19, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Zwischen den Parteien bestand ein Kraftfahrtversicherungsvertrag bezüglich eines im Eigentum der Beklagten stehenden BMWs, der dieser im Jahr 2018 entwendet worden war. Die Klägerin erstattete den Schaden auf der Grundlage eines von ihr eingeholten Gutachtens der E GmbH H vom 16.04.2018, wonach der Wiederbeschaffungswert 19.902,54 € und differenzbesteuert 20.400 € betrug abzüglich der Selbstbeteiligung i.H.v. 150 €. Zudem wies sie darauf hin, dass die Mehrwertsteuer gemäß Ziff. A.2.6.5 AKB nur dann erstattet würde, wenn und soweit sie bei der gewählten Schadensbeseitigung auch tatsächlich anfalle, beispielsweise bei der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges.
Nachdem die Beklagte eine Auftragsbestätigung für die Anschaffung eines Neufahrzeuges mit einem Kaufpreis i.H.v. 27.563,05 € netto nachgewiesen hatte, zahlte die Klägerin der Beklagten einen weiteren Betrag i.H.v. 3.781,56 €, entsprechend 19 % Mehrwertsteuer ausgehend von einem Nettobetrag i.H.v. 19.902,44 € zzgl. 500 € für Überführungs- und Zulassungskosten.
Die Klägerin hat behauptet, dass diese Zahlung auf einer irrtümlichen Programmeingabe der zuständigen Sachbearbeiterin beruhe, welche statt der Differenzbesteuerung die Regelbesteuerung eingegeben habe. Es könne dahinstehen, ob der hypothetische Wiederbeschaffungsaufwand differenz- oder regelbesteuert abzurechnen sei, da der Sachverständige einen Wiederbeschaffungswert von 20.400 € brutto ermittelt habe. Zuzüglich der Überführungs-/ Zulassungskosten von 500 €, der Rechtsanwaltskosten von 571,44 € und der in Abzug zu bringenden Selbstbeteiligung von 150 € seien somit nur 21.321,44 € geschuldet. Aufgrund der- unstreitig- erfolgten Zahlung i.H.v. 24.605,34 €, sei somit eine Überzahlung i.H.v. 3.283,90 € erfolgt.
Die Beklagte hat behauptet, dass die Abrechnung der Klägerin entsprechend ihres Schreibens vom 13.11.2018 nicht anders zu verstehen gewesen sei, als dass die Klägerin bereit gewesen sei, aufgrund des tatsächlich von ihr nachgewiesenen Ankaufs die Mehrwertsteuer zu erstatten. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, weshalb von einer Differenzbesteuerung auszugehen sei, da sie das Fahrzeug von einem Händler gekauft habe. Im Übrigen sei eine Rückforderung nach § 814 BGB ausgeschlossen.
Durch das angefochtene Urteil vom 07.05.2019 hat das Amtsgericht Solingen die Beklagten verurteilt, an die Klägerin 3.283,90 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Klägerin habe eine höhere Kaskoentschädigung gezahlt, als nach dem Versicherungsvertrag geschuldet gewesen sei. Tatsächlich geschuldet sei ein Wiederbeschaffungswert einschließlich Mehrwertsteuer. Das seien 20.400 € einschließlich eines Differenzsteueranteils von 497,56 €.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung mit der sie unter Aufhebungdes angefochtenen Urteils beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Amtsgericht habe sich mit der Frage, ob der Wiederbeschaffungswert mit der Umsatzsteuer von 19 % oder mit der Differenzbesteuerung von rund 2 % zu berechnen sei, nicht auseinandergesetzt. Die Klägerin selbst sei in ihren Abrechnungsschreiben vom 15.02.2018 (Bl. 160 ff. GA) und 06.03.2018 (Bl. 168 ff. GA) von einer 19-prozentigen Mehrwertsteuer ausgegangen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte habe ein Neufahrzeug mit einer stärkeren Motorisierung und einer besseren Ausstattung angeschafft. Sie selbst sei nur verpflichtet das zu leisten, was für den Erwerb eines gebrauchten Fahrzeuges entsprechend des Zustandes des entwendeten Fahrzeuges erforderlich gewesen wäre.
Von einer weiteren Sachverhaltsdarstellung wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung eines Betrages i.H.v. 3.283,90 € nebst Zinsen aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Denn die Zahlung erfolgte mit Rechtsgrund, nämlich aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages.
Der Beklagten stand nach der Entwendung ihres Fahrzeuges aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. Ziff. A.2.6.1a und e der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz ‒ Versicherung (AKB), insoweit auch nicht in Streit, ein Anspruch auf Zahlung des Wiederbeschaffungswertes i.H.v. 19.902,44 € netto zu.
Darüber hinaus stand der Beklagten gemäß Ziffer A.2.6.5 AKB ein Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer zu, da diese tatsächlich angefallen war. Insoweit ist es unerheblich, ob die Beklagte ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug, mithin ein gebrauchtes Fahrzeug erwarb oder ein Neufahrzeug. Entscheidend ist ausschließlich, dass tatsächlich Mehrwertsteuer angefallen war.
In welcher Höhe die Mehrwertsteuer zu erstatten ist, mithin ob ein Anspruch auf Zahlung der Mehrwertsteuer i.H.v. 19 % oder lediglich ein Anspruch auf Zahlung der Differenzsteuer gemäß § 25 a UStG besteht, ergibt sich aus Ziffer A.2.6.5 AKB hingegen nicht. Vielmehr ist entsprechend Ziffer A. 2.6.1e auch insoweit abzustellen auf den Preis, den die Beklagte für den Kauf eines gleichwertigen gebrauchten Fahrzeuges am Tag des Schadensereignisses hätte bezahlen müssen.
Vorliegend kann dahinstehen, ob der Auffassung zu folgen ist, nach der jedenfalls in den Fällen, in denen der Versicherungsnehmer wie hier ein regelbesteuertes Ersatzfahrzeug erwirbt, also in der Rechnung die Mehrwertsteuer mit (derzeit) 19% ausgewiesen wurde, der Versicherungsnehmer den Netto-Wiederbeschaffungswert zuzüglich des in der Rechnung konkret enthaltenen Mehrwertsteueranteils erhält und nur in den Fällen, in den Ersatzbeschaffung unterblieben ist, zu klären ist, ob ein gleichwertiges Fahrzeug regel- oder differenzbesteuert hätte erworben werden können (so wohl Koch in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2018, A.2 Kaskoversicherung ‒ für Schäden an Ihrem Fahrzeug , Rn. 568-571).
Denn auch dann, wenn man darauf abstellt, dass bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes immer der tatsächlich vorhandene Gebrauchtwagenmarkt zu berücksichtigen ist und jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen ist, ob der Schadensausgleich durch Erwerb eines differenzbesteuerten Fahrzeuges möglich gewesen wäre, bestünde im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Ersatz der Mehrwertsteuer i.H.v. 19 %.
Denn die Klägerin hat als Bereicherungsgläubigerin die Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich die Voraussetzungen des Anspruchs ergeben, mithin vorliegend, dass es der Beklagten zumutbar war, ein „ lediglich “ differenzbesteuertes Fahrzeug zu erwerben, so dass sie die gezahlte Mehrwertsteuer ohne Rechtsgrund erhielt. Dies hat die Klägerin bereits nicht hinreichend dargelegt, jedenfalls aber nicht bewiesen.
Zwar hat der Sachverständige F der E GmbH in seinem Gutachten vom 16.04.2018 ausgeführt, dass vergleichbare Fahrzeuge überwiegend differenzbesteuert angeboten werden würden. Konkrete Anhaltspunkte, woraus sich diese Einschätzung ergibt, werden vom Sachverständigen jedoch nicht mitgeteilt.
Dieser Einschätzung steht jedenfalls die Bewertung des Sachverständigen Renner vom 23.01.2018 entgegen, wonach die Besteuerungsart mit Regelbesteuerung angegeben wird. Auch hier erfolgte zwar keine konkrete Begründung, jedoch der Hinweis, dass die Wertermittlung auf Basis des Marktspiegels erfolgt sei. Zudem hat der Sachverständige in seinem Gutachten vom 06.03.2018 die Grundlage seiner Marktrecherche angegeben, wonach 37 % differenzbesteuert und 63 % der Fahrzeuge regelbesteuert angeboten werden.
Dass es der Beklagten ausgehend von diesen Zahlen innerhalb eines angemessenen Zeitraums möglich und auch zumutbar war, ein regelbesteuertes Fahrzeug zu erwerben, hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt und bewiesen. Zum einen war es der Klägerin selbst, Abteilung Naturalersatz, ausweislich des Schreibens vom 18.03.2019 nicht möglich, überhaupt ein vergleichbares Ersatzfahrzeug anzubieten. Auch die von der Beklagten eingeholten Angebote wiesen entweder relevante Abweichungen vom abhandengekommenen Fahrzeug auf oder waren deutlich teurer als der vom Sachverständigen angegebene Wiederbeschaffungswert. Damit hat weder die Klägerin mit ihrer Abteilung Naturalersatz noch die Beklagte innerhalb eines Zeitraums von fast drei Monaten ein Fahrzeug auffinden können, welches mit ca. 20.400 € (Differenzbesteuert) angeboten worden wäre. Damit war die Beklagte berechtigt, ein Fahrzeug mit einem Mehrwertsteueranteil von 19 % zu erwerben. Diese ist zwar nur beschränkt auf den vom Sachverständigen ermittelten Netto ‒ Wiederbeschaffungswert von 19.902,44 € zu ersetzen und nicht in Höhe des tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuersatzes. Die Klägerin hat jedoch auch nur diesen Mehrwertsteueranteil an die Beklagte überwiesen, so dass kein Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB besteht.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Der Schriftsatz vom 11.11.2019 gab keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 I Nr. 1, II ZPO), bestand nicht. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Eine grundsätzliche Bedeutung ist nämlich nur dann zu bejahen, wenn die Entscheidung der Sache von einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt, die über den konkreten Rechtsstreit hinaus in Rechtsprechung und Rechtslehre oder den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist (BGH, IV ZR 543/15, bei juris).
Streitwert für die Berufungsinstanz: 3.283,90 €