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  • 22.12.2020 · IWW-Abrufnummer 219599

    Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 02.11.2020 – 4 W 641/20

    1.

    Wird einem Sachverständigen kein Sachverhalt vorgegeben, den er seiner Begutachtung zugrunde zu legen hat, kann der Vorwurf der Befangenheit nicht darauf gestützt werden, dass der Sachverständige den Sachverhalt eigenständig anhand der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen ermittelt.
    2.

    Allein dadurch, dass der Sachverständige dem Gericht Hinweise für die weitere Beweisaufnahme gibt, die außerhalb seines eigentlichen Antrags liegen, macht er sich noch nicht befangen.




    Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat in dem Verfahren 4 W 641/20 am 2. November 2020
    beschlossen:
    Tenor:

        1.

        Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Dresden vom 03.08.2020 - 6 O 2477/18 - wird zurückgewiesen.
        2.

        Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
        3.

        Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 63.203,00 € festgesetzt.

    Gründe

    I.

    Der Kläger begehrt von den Beklagten Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen behaupteter fehlerhafter Behandlung. Der am 13.11.1962 geborene Kläger alarmierte am 25.03.2012 gegen 15.53 Uhr den Rettungsdienst wegen plötzlichen Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Schweißausbruch. Um 17.40 Uhr wurde er über den Rettungsdienst in die Notaufnahme der Beklagten zu 1) gebracht. Seitens des Notarztes wurde ein Verdacht auf Gastritis (Essensvergiftung wegen Fischbrötchen) geäußert. In der Notaufnahme wurde er untersucht und die Diagnose Kopfschmerzen, möglicherweise in Form von Clusterkopfschmerzen gestellt. Ihm wurden drei Schmerzmittel verabreicht und anschließend wurde er nach Hause entlassen. Am 26.03.2012 stellte er sich in der yyyklinik D...... vor, wo eine CT-Untersuchung stattfand und eine Subarachnoidalblutung festgestellt wurde. Am 28.03.2012 zeigte sich beim Kläger eine Eintrübung, woraufhin ein CT durchgeführt und ein beginnender Hydrocephalus diagnostiziert wurde. Am selben Tag wurde eine Liquordrainage durchgeführt und am 03.04.2012 erfolgte eine Shunt-Anlage. Die Sächsische Landesärztekammer stellte mit Bescheid vom 17.11.2016 fest, dass der Kläger im Hause der Beklagten zu 1) nicht entsprechend dem Facharztstandard behandelt worden war.

    Der Kläger wirft den Beklagten vor, dass sie eine CT-Untersuchung zur Abklärung einer Hirnblutung nicht veranlasst haben. Es liege ein grober Befunderhebungsfehler vor. Wäre ein CT durchgeführt worden, wäre mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Hirnblutung erkannt worden. Dies hätte eine sofortige stationär Aufnahme und Behandlung des Klägers zur Folge gehabt. Beim Kläger seien partielle Hirnleistungsminderungen und leichte Störungen der Aufmerksamkeit verblieben. Bei sachgerechter Behandlung wären weitergehende Schmerzen sowie die weiteren Folgeschäden mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden worden.

    Die Beklagten behaupten, die Behandlung des Klägers sei entsprechend dem Facharztstandard durchgeführt worden. Primäre Symptome seien Übelkeit und Erbrechen gewesen, die mit einem verzehrten Fischbrötchen in Zusammenhang gebracht worden seien. Die Kopfschmerzen hätten nur eine mittlere Intensität aufgewiesen, weshalb entsprechend dem Sorgfaltsmaßstab in der Notfallambulanz die durchgeführte Untersuchung und Diagnostik vertretbar gewesen sei. Bestritten werde, dass bereits am 25.03.2012 bei einer CT-Untersuchung eine Subarachnoidalblutung festgestellt worden wäre. Zudem sei es extrem unwahrscheinlich, dass eine unterlassene diagnostische Befunderhebung zu einer weiteren Schädigung des Klägers beigetragen habe. Der Behandlungsverlauf wäre kein anderer gewesen.

    Das Landgericht hat den Sachverständigen PD Dr. C...... H...... mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt zu der Frage, ob ein Behandlungsfehler, insbesondere durch Unterlassen einer bildgebenden Diagnostik vorliege. Der Sachverständige hat sein Gutachten am 18.12.2019 erstellt. Die Beklagten haben mit Schriftsatz vom 13.02.2020 den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

    Das Landgericht Dresden hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 03.08.2020 zurückgewiesen. Gegen den den Beklagten am 13.08.2020 zugestellten Beschluss haben sie mit am 21.08.2020 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Sie meinen, der Sachverständige sei ihnen gegenüber voreingenommen. Er habe von einem "Ermittlungsverfahren" gesprochen und schon bei der Aufzählung der zur Begutachtung herangezogenen Unterlagen habe er negative Bewertungen zu ihren Lasten vorgenommen. Des Weiteren habe der Sachverständige bei der Beurteilung einen Sachverhalt zugrunde gelegt, den auch nicht der Kläger nicht vorgetragen habe, sondern der sich nur aus einer Anlage des klägerischen Vortrages ergebe. Er habe angenommen, dass die Lebensgefährtin des Klägers und die Rettungsassistenten den Verdacht einer Hirnblutung geäußert hätten, die behandelnden Ärzte der Beklagten gleichwohl dem nicht nachgegangen seien. Der Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung zum Zustand des Klägers bei seiner Einlieferung sei nicht beachtet worden. Seine Bewertung, die Kopfschmerzen seien schwer therapierbar gewesen, fuße nicht auf einem objektiven Sachverhalt. Soweit der Sachverständige von unerträglichen Kopfschmerzen spreche, beachte er weder den Vortrag der Beklagten noch die Dokumentation, denn der Kläger habe bei der Schmerzskala 1 bis 10 einen Kopfschmerz der Kategorie 5 angegeben. Er habe die Diagnose des Clusterkopfschmerzes als abwegig bezeichnet ohne dies zu begründen. Der Sachverständigen habe streitigen von unstreitigem Sachvortrag nicht getrennt und Parteivortrag der Beklagten nicht beachtet, während er Vortrag der Klägerseite ungeprüft übernommen habe.

    Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

    II.

    Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1, 569 ZPO zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen Dr. Hohenstein wegen Besorgnis der Befangenheit nicht gerechtfertigt ist.

    1.

    Die Ablehnung eines Sachverständigen findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 2 ZPO. Es muss sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken könne, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. BGH, Beschluss vom 11.04.2013 - VII ZB 32/12 - juris; vgl. Senat, Beschluss vom 12.12.2017 - 4 W 1113/17 - juris). Es kommt nicht darauf an, ob das Gericht selbst Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen hegt oder ob dieser tatsächlich parteiisch ist oder sich nach Lage der Dinge zumindest darüber hätte bewusst sein können, dass sein Verhalten geeignet sein könnte, Zweifel an seiner Neutralität aufkommen zu lassen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.01.2019 - 8 U 97/15 -; vgl. BGH Beschluss vom 23.10.2007 - X ZR 100/05 - - juris). Maßgeblich ist vielmehr, ob für die das Ablehnungsgesuch anbringende Partei der - nicht auf rein subjektiven oder unvernünftigen Vorstellungen beruhende - Anschein einer Voreingenommenheit besteht (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31.01.2019 - 8 U 97/15 - juris). Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass solche Gründe nicht vorliegen.

    a)

    Die Verwendung des Wortes "Ermittlungsverfahren" im Gutachten kann aus Sicht einer vernünftigen Partei die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen, denn es kann von einem Sachverständigen - der nicht Jurist ist - nicht erwartet werden, dass er juristische Begriffe stets korrekt einordnet. Ebenso wenig verfängt der Vorwurf, der Sachverständige trenne nicht streitigen von unstreitigem Vortrag, denn dies ist Aufgabe des Gerichtes. Dem Sachverständigen ist grundsätzlich ein Sachverhalt vorzugeben, den er bei seiner Beurteilung zugrunde zu legen hat (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.2004 - IV ZR 200/03; Beschluss vom 27.02.2008 - IV ZR 45/06 - juris). Erfolgen keine konkreten Vorgaben durch das Gericht, so kann es nicht den Vorwurf der Parteilichkeit begründen, wenn der Sachverständige sich auf die Behandlungsdokumentation und den Vortrag der Parteien stützt. Unabhängig davon ist das Behandlungsgeschehen in weiten Teilen unstreitig.

    b)

    Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Sachverständige wesentlichen Vortrag der Beklagtenseite nicht berücksichtigt hätte. Der Sachverständige hat weder das vom Notarzt ausgefüllte Notarzt-Protokoll noch die Eintragungen im Aufnahme-Schein/Notfall-Schein zur Anamnese unberücksichtigt gelassen. Ohne Erfolg machen die Beklagten geltend, dass das in der Klageerwiderung wiedergegebene Gedächtnisprotokoll des Beklagten zu 2) nicht berücksichtigt worden sei. Soweit der Beklagte zu 2) dort zur Anamnese angegeben hat, dass keine Bewusstlosigkeit, Kopfschmerzen mittelstark, nicht vernichtend, keine psychomotorische Unruhe, kein Trauma, keine Eintrübung des Bewusstseins, Pupillen beidseits mittelweit, lichtreagibel und keine neurologischen Ausfälle vorgelegen hätten, ist der Sachverhalt unstreitig. Ebenso ist eine Besserung der Kopfschmerzen nach symptomatischer Therapie mit ASS Novalgin, Paracetamol, MCP und Sauerstoff unstreitig wie auch der Umstand, dass kein Schädel-CT angefertigt wurde. Die Angabe "kein Erbrechen" ist jedoch falsch und wird bereits durch das Notarztprotokoll und den Notfallschein widerlegt, in denen Erbrechen dokumentiert wurde. Eine Abweichung ergibt sich des Weiteren daraus, dass der Beklagte zu 2) eine Entlassung mit dem Hinweis einer jederzeitigen Wiedervorstellung bei Verschlechterung im Gedächtnisprotokoll aufgenommen hat. Insoweit lässt sich aus der ärztlichen Behandlungsdokumentation aber nichts entnehmen. Dort ist die Rubrik "Therapie-Anweisung" leer. Der Kläger behauptet hierzu, er sei mit der Therapieempfehlung, sich bei erneuten Beschwerden bei einem ambulanten Neurologen vorzustellen, entlassen worden. Nachdem drei Sachverhaltsvarianten existieren, kann eine Partei dem Umstand, dass der Sachverständige sich auf die Behandlungsunterlagen stützt, nicht entnehmen, dieser sei ihr gegenüber voreingenommen.

    c)

    Eine Voreingenommenheit ergibt sich aus Sicht einer vernünftigen Partei auch nicht aus dem Umstand, dass der Sachverständige bei der Aufzählung der verwendeten Unterlagen bereits eine Bewertung vorgenommen hat, wie z. B. "Keine Prüfung auf Meningismus" und "Keine Dokumentation Blutdruck im Aufnahmeschein im Hause der Beklagten". Denn der Sachverständige hat auch den Entlassungsbrief der yyyklinik für Neurochirurgie D...... mit der Bemerkung "Brief sehr kurz" kommentiert. Im Übrigen war der Sachverständige damit beauftragt, das Behandlungsgeschehen im Hause der Beklagten umfassend zu bewerten, wozu auch die Dokumentation gehören kann. Es mag zwar in Sachverständigengutachten üblich sein, die vorliegenden Unterlagen und das Behandlungsgeschehen sachlich aufzuführen und erst in einem daran anschließenden Abschnitt eine Bewertung vorzunehmen. Dies ist jedoch eine Frage des Gutachtensstils und nicht der Parteilichkeit.

    d)

    Ohne Erfolg beanstanden die Beklagten, dass der Sachverständige die Ausführungen der vormaligen Anwältin des Klägers im Schreiben vom 04.02.2015 (Anlage K8) zugrunde gelegt hat. Dort wurde ausgeführt, dass die Rettungsassistentin aufgrund der Symptome eine Hirnblutung vermutet und den Notarzt gerufen sowie Rücksprache mit der Lebensgefährtin des Klägers genommen habe. Diese habe mehrfach eine CT-Untersuchung gefordert, die die Beklagten zu 2) und 3) jedoch abgelehnt hätten. Es trifft zu, dass diese Sachverhaltsdarstellung in der Klage nicht übernommen wurde. Wie bereits ausgeführt, kann aber von einem Sachverständigen nicht erwartet werden, dass er mit den Feinheiten des Prozessrechts vertraut ist und zwischen Sachvortrag und dem zu dessen Beweis vorgelegten Unterlagen differenzieren kann. Auch aus Sicht einer vernünftigen Partei kann sich aus diesem Umstand kein Anschein der Parteilichkeit ergeben. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Sachverständige jedenfalls erkannt hat, dass dieses Vorbringen streitig ist und dessen Richtigkeit noch geprüft werden muss. So führte er in seinem Gutachten Folgendes aus: "Den Informationen des anwaltlichen Schreibens zufolge, deren Richtigkeit an anderer Stelle geprüft werden muss, lässt sich entnehmen, dass auch nichtärztliches Personal (in diesem Fall eine Rettungsassistentin) sofort an die richtige Diagnose dachte und die klinische Präsentation des Patienten so gewesen sein muss, dass auch Ärzte hätten daran denken müssen."

    Die Besorgnis der Befangenheit ist auch nicht deshalb gegeben, weil der Sachverständige in seiner Stellungnahme zum Befangenheitsantrag vom 02.03.2020 folgendes ausgeführt hat: "Ein von der Klägerseite eingefügtes Schreiben K8 kann Inhalte betreffen, die für die Urteilsfindung des Gerichts sehr wohl von Bedeutung sein können. Insofern ist es von Interesse hierauf einzugehen. Ob die Inhalte falsch oder richtig sind, kann geprüft werden - im Gesamtzusammenhang sind die Inhalte aber wichtig. Wenn ich dies erkenne, so weise ich das Gericht darauf hin, was das Recht und die Pflicht eines Sachverständigen ist."

    Mit diesen Ausführungen hat der Sachverständige die Grenzen seines Gutachtenauftrages noch nicht überschritten. Die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen aus Sicht einer Partei kann als gerechtfertigt gewertet werden, wenn dieser in seinem die Grenzen seines Auftrages überschreitenden Gutachten den Prozessbeteiligten den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung des Rechtsstreits aufgezeigt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 11.04.2013 - VII ZB 32/12 - juris). Ein Befangenheitsgesuch kann als begründet angesehen werden, wenn der Sachverständige seinen Gutachterauftrag dadurch überschritten hat, dass er eine dem Gericht vorbehaltene Beweiswürdigung vorgenommen und seiner Beurteilung nicht die vorgegebenen Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat oder das Vorbringen der Parteien auf Schlüssigkeit und Erheblichkeit untersucht hat, statt die ihm abstrakt gestellte Beweisfrage zu beantworten (vgl. BGH, a.a.O.). Ob die Überschreitung eines Gutachterauftrages geeignet ist, bei einer Partei bei vernünftiger Betrachtung die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen hervorzurufen, ist einer schematischen Betrachtungsweise nicht zugänglich, sondern kann nur aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden (so BGH, a.a.O.). Der Sachverständige hat zwar in seinem Gutachten vom 18.12.2019 und in seiner Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch vom 02.03.2020 zu erkennen gegeben, dass für ihn das Schreiben der vormaligen Klägervertreterin vom 04.02.2015 (Anlage K8) eine Bedeutung hat. Er hat einer Anlage im Prozess eine Bedeutung zugemessen, die ihr nur von dem zur Entscheidung berufenen Gericht beigemessen werden darf. Gleichwohl hat er keine Beweiswürdigung vorgenommen, sondern klargestellt, dass die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung noch geprüft werden müsse. Er hat sich bei seiner Beurteilung nicht über vom Gericht vorgegebene Anknüpfungstatsachen hinweggesetzt und auch das Vorbringen der Parteien nicht auf Schlüssigkeit und Erheblichkeit überprüft, sondern es lediglich als seine Aufgabe angesehen, auf Umstände hinzuweisen, die nach seiner Auffassung wichtig sind. Es ist zwar Aufgabe des Gerichts, zu beurteilen, ob die Sachverhaltsdarstellung aus der Anlage K 8 für den Rechtsstreit erheblich ist. Gleichwohl kann sein Verständnis von seinen Aufgaben als Sachverständigen noch nicht als voreingenommen angesehen werden, denn er hat seine Rolle nur als Hinweisgeber verstanden, die Beurteilung jedoch dem Gericht überlassen.

    e)

    Aus Sicht einer vernünftigen Partei kann auch aus der Bewertung des Sachverständigen, dass der Kopfschmerz schwer zu therapieren gewesen sei, nicht auf eine Voreingenommenheit geschlossen werden. Vielmehr fußt seine Einschätzung auf einem objektiven Sachverhalt, und zwar der dreimaligen Verabreichung von unterschiedlichen Schmerzmitteln. Daraus zieht der Sachverständige den Schluss, dass die Gabe von nur einem oder zwei Schmerzmitteln nicht ausreichend gewesen ist, um eine nachhaltige Besserung zu erreichen. Dies stellt eine Bewertung dar, die in den Aufgabenkreis des Sachverständigen fällt.

    f)

    Soweit die Beklagten beanstanden, dass er in seinem Gutachten nicht begründet habe, weshalb die Verdachtsdiagnose Clusterkopfschmerzen abwegig gewesen sei, rechtfertigt dies aus Sicht einer vernünftigen Partei nicht die Besorgnis der Parteilichkeit. Unzulänglichkeiten mögen zwar das Gutachten eines Sachverständigen entwerten, rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit (vgl. BGH, Beschluss vom 05.11.2002 - X ZR 178/01 - juris). Hier wäre allenfalls eine ergänzende Befragung des Sachverständigen veranlasst gewesen. Der Sachverständige hat im Übrigen in seiner Stellungnahme vom 30.09.2020 die Begründung nachgeholt. Auch der Vorwurf, dass der Sachverständige in fehlerhafter Weise davon ausgegangen sei, dass dem Kläger drei "potente" Schmerzmittel verabreicht worden seien, weil die Medikamente nach der WHO-Stufe 1 am wenigsten potent seien, verfängt nicht. Dies betrifft ebenfalls allein die inhaltliche Richtigkeit des Gutachtens.

    g)

    Soweit der Sachverständige ausgeführt hat, dass ein Student bei Verkennung der Symptomatik einer Subarachnoidalblutung durch sein Staatsexamen gefallen wäre, begründet dies aus Sicht einer vernünftigen Partei ebenfalls nicht den Vorwurf der Befangenheit. Der Sachverständige wurde danach befragt, ob es sich um einen unvertretbaren Behandlungsfehler handelt. Dies hat er bejaht und ausgeführt, dass ein solcher Fehler schlechterdings einem Arzt mit gültiger Approbation nicht unterlaufen dürfe. In diesem Zusammenhang hat er erläutert, dass auch schon einem Studenten im Staatsexamen die klassische Symptomatik bekannt sein muss. Eine solche Formulierung veranschaulicht beispielgebend die besondere Schwere des Fehlers als Voraussetzung für die nicht vom Sachverständigen, sondern vom Gericht zu treffende Entscheidung, ob sich ein Verstoß gegen den Behandlungsstandard als "einfach" oder grob darstellt.

    2.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert bemisst sich gemäß § 3 ZPO auf ein Drittel des Hauptsachewertes (vgl. BGH, Beschluss vom 15.12.2003 - II ZB 32/03 - juris; Senat, Beschlüsse vom 26.05.2020 - 4 W 335/20; vom 12.12.2017 - 4 W 1113/17 - juris).