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  • 06.04.2021 · IWW-Abrufnummer 221564

    Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 07.12.2020 – 4 U 1691/20

    1. Ist nach den maßgelblichen Versicherungsbedingungen in der Kaskoversicherung ein Versicherungsfall innerhalb einer Woche anzuzeigen, hat der Versicherungsnehmer innerhalb dieser Frist zugleich die wesentlichen, den Versicherungsfall begründenden Tatsachen mitzuteilen. Hierzu gehören Angaben zu Ort und Zeit des Versicherungsfalls und die Bezugnahme auf einen bestimmten Versicherungsvertrag.

    2. Die Beweislast für die Behauptung, dass sich eine verspätete oder unzureichende Anzeige des Versicherungsfalls nicht ausgewirkt hat, trägt der Versicherungsnehmer. Der Versicherer hat aber im Rahmen der ihn treffenden sekundären Darlegungslast vorzutragen, was er bei rechtzeitiger Meldung getan hätte. Die pauschale Behauptung des Verlusts eigener Erkenntnismöglichkeiten genügt hierfür nicht.


    Oberlandesgericht Dresden

    Beschluss vom 07.12.2020


    In dem Rechtsstreit
    J...... H......, ...
    - Kläger und Berufungsbeklagter -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte R......, L...... & W......, ...
    gegen
    XXX Allgemeine Versicherung AG, ...
    vertreten durch den Vorstand
    - Beklagte und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt Dr. J...... K......, ...

    wegen Feststellung

    hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S......,
    Richterin am Oberlandesgericht Z...... und
    Richterin am Oberlandesgericht W......

    ohne mündliche Verhandlung am 07.12.2020 beschlossen:

    Tenor:

    1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
    2. Die Beklagte hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
    3. Der Verhandlungstermin vom 22.12.2020 wird aufgehoben.
    4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 17.672,00 € festzusetzen.

    Gründe

    Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Beklagten bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

    1. Das Landgericht hat ohne Fehler in der Beweiswürdigung gemäß § 529 ZPO angenommen, dass der Kläger den Beweis für das äußere Bild eines versicherten Diebstahls geführt hat und der Beklagten der ihr obliegende Gegenbeweis eines nur vorgetäuschten Diebstahls nicht gelungen ist. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich auf die Beweiswürdigung im Urteil des Landgerichts Bezug. Die Berufungsbegründung setzt dem nichts entgegen, was eine erneute Beweiserhebung geböte. Insbesondere zeigt die Beklagte keine Umstände auf, die gegen die Redlichkeit des Klägers sprechen, der sowohl das Abstellen des Fahrzeugs als auch dessen Entwendung beobachtet und übereinstimmend mit seiner Aussage im Ermittlungsverfahren geschildert hat. Weil in der Lebenswirklichkeit der redliche und nicht der unredliche Versicherungsnehmer der Regelfall ist, gilt dabei zugunsten des Versicherungsnehmers eine Glaubwürdigkeitsvermutung, die nur entfällt, wenn aufgrund unstreitig feststehender oder bewiesener Tatsachen, die Unglaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers feststeht oder aber schwerwiegende Zweifel an der Glaubwürdigkeit und der behaupteten Entwendung gegeben sind (allg. Auffassung, vgl. nur KG Berlin, Beschluss vom 22. Juli 2011 - 6 U 24/11 -, juris). Seine krankheitsbedingte Einschränkung infolge eines Schlaganfalls unmittelbar vor dem behaupteten Diebstahl deckt sich mit den Angaben im Ermittlungsverfahren, ist durch die Anlage K 9 hinreichend substantiiert und wird von der Beklagten lediglich ins Blaue hinein bestritten. Die bis in das Jahr 2016 verzögerte Rücksendung der Schadensmeldung (K3) ist ebenfalls nicht geeignet, allgemeine Zweifel an der Redlichkeit des Klägers zu erwecken, dessen Aussage das Landgericht folglich zugrunde legen durfte.

    Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch nicht insofern fehlerhaft, als es die ehemalige Lebensgefährtin des Klägers als Zeugin vernommen und das Beweisergebnis auch auf deren Aussage gestützt hat. Diese hat zwar das letzte Abstellen des Fahrzeugs in den Morgenstunden des 22.9.2014 nicht selbst gesehen und auch den Diebstahl nicht beobachtet, sondern konnte nur berichten, dass sie vom Kläger unmittelbar nach dem behaupteten Ereignis geweckt und über den Tatablauf informiert wurde. Sie ist daher lediglich Zeugin vom Hörensagen. In Ergänzung zur Aussage des Klägers selbst ist ihre Aussage jedoch als Indiz geeignet, zur Überzeugung des Tatrichters im Sinne des § 286 ZPO beizutragen.

    2. Die Berufung der Beklagten auf eine Obliegenheitsverletzung schließt die Leistungspflicht ebenfalls nicht aus.

    a) Dem Kläger fällt allerdings ein Verstoß gegen die Anzeigeobliegenheit (Ziff. E. 1.1.1 AKB) zur Last. Nach den von den Parteien zwar nicht vorgelegten, zwischen ihnen aber unstreitig vereinbarten AKB ist der Versicherungsfall innerhalb einer Woche anzuzeigen. Die vom Versicherungsnehmer zu erstattende Anzeige muss die Tatsachen umfassen, deren Kenntnis es dem Versicherer ermöglicht, in die Prüfung seiner Leistungspflicht einzutreten und ggf. notwendige Maßnahmen der Schadenabwendung und -minderung zu ergreifen. Erforderlich ist damit die Mitteilung der wesentlichen Umstände, aus denen sich der Eintritt des Versicherungsfalls ergibt, nicht aber darüber hinaus eine umfassende Darstellung aller Umstände, die für die Eintrittspflicht des Versicherers von Relevanz sind. Mit der Erfüllung seiner Anzeigeobliegenheit hat der Versicherungsnehmer den Versicherer von sich aus soweit zu informieren, dass dieser Ermittlungen zur Prüfung und Feststellung seiner Leistungspflicht treffen kann. Dies bedeutet, dass es regelmäßig nicht ausreicht mitzuteilen, dass sich ein Versicherungsfall ereignet hat - es sind vielmehr die wesentlichen, den Versicherungsfall begründenden Tatsachen mitzuteilen, einschließlich der Angaben zu Ort und Zeit und der Bezugnahme auf einen bestimmten Versicherungsvertrag (HK-VVG/Dirk Halbach, 4. Aufl. 2020, AKB 2015 E. Rn. 2). Dass die telefonische Mitteilung der Assistentin des Klägers, die sich auf die kurze Mitteilung der Entwendung beschränkte, ohne diese nach Ort und Zeit näher zu umreißen, diesen Anforderungen nicht genügt, ist zwischen den Parteien unstreitig und wird auch vom zutreffend unterstellt. Nach E.1.3.1 AKB war die Entwendung des Fahrzeugs überdies abweichend von E.1.1.1 in Textform anzuzeigen, worauf sich die Beklagte freilich nicht berufen hat.

    Zu Recht hat das Landgericht aber eine vorsätzliche Verletzung dieser Anzeigeobliegenheit verneint. Insoweit genügt bedingter Vorsatz, der nach allgemeinen Regeln vorliegt, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheitsverletzung für möglich hält und sie billigend in Kauf nimmt, also nicht ernsthaft darauf vertraut, dass der Erfolg ausbleiben werde (Prölss/Martin/Armbrüster, VVG 30. Aufl. 2015, § 28, Rn. 188; BGH, Urteil vom 03. Oktober 1979 - IV ZR 45/78, Rn. 29, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 21. Juni 2017 - 20 U 42/17 -, Rn. 16 - 17, juris Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 12. Juli 2006 - 5 U 6/06 - 1 Rn. 15, juris; OLG Naumburg, Urteil vom 29.04.2004 - 4 U 167/03 -, VersR 2004, 1172, Rn. 28, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 01.11.1996 - 24 U 309/94 Rn. 16, juris). Angesichts der hier gegebenen Umstände ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte der sie auch insoweit treffenden Darlegungs- und Beweislast nicht genügt hat. Dass der Kläger davon ausging, mit der telefonischen Meldung durch seine Angestellte seiner Anzeigeobliegenheit bereits genügt zu haben sich nicht darum kümmerte, was die Assistentin der Beklagten im einzelnen mitgeteilt hatte und sich auch in der Folgezeit nicht um eine Konkretisierung seiner Angaben bemüht hat, stellt sich auch für den Senat nicht als vorsätzlicher, sondern lediglich als grob fahrlässiger Verstoß gegen die Anzeigeobliegenheit dar, unabhängig davon, ob der Kläger an weiteren Angaben durch seine Erkrankung gehindert war.

    Keinen Erfolg hat die Berufung der Beklagten auch insoweit, als sie sich gegen die Auffassung des Landgerichts wendet, dem Kläger sei der ihm obliegende Kausalitätsgegenbeweis gemäß § 28 Abs. 3 S. 1 VVG geglückt. Verhindert der Versicherungsnehmer eigene Feststellungen des Versicherers, indem er etwa den Schaden dem Versicherer nicht unverzüglich meldet, muss der Versicherungsnehmer grundsätzlich ausschließen, dass vom Versicherer veranlasste oder durch Dritte getroffene Feststellungen zu keinem anderen, für diesen vorteilhafteren Ergebnis geführt hätten. Kann er dies nicht, ist der Kausalitätsgegenbeweis nicht geführt. Allerdings muss der Versicherer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zunächst vorbringen, was er bei rechtzeitiger Meldung getan hätte, es sei denn, sein Vorgehen liegt auf der Hand (BeckOK VVG/Marlow, 8. Ed. 1.8.2020, VVG § 28 Rn. 192). Allein mit der pauschalen Behauptung des Verlusts eigener Erkenntnismöglichkeiten genügt der Versicherer dieser sekundären Darlegungslast nicht, weil nicht bereits ein irgendwie gearteter Einfluss der Obliegenheitsverletzung auf den Gang des Feststellungsverfahrens den Kausalitätsgegenbeweis ausschließt. Wenn - wie hier - unstreitig ist, dass der Versicherungsnehmer einen Diebstahl unmittelbar bei der Polizei angezeigt hat, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen aber nicht zum Erfolg geführt haben, genügt der Versicherungsnehmer seiner Darlegungslast bereits dann, wenn er auf die staatsanwaltlichen Ermittlungen und Feststellungen hinweist. Es ist dann Sache des Versicherers darzulegen, welche Maßnahmen bei rechtzeitiger Anzeige ergriffen worden wären und weshalb sich daraus weitergehende Erkenntnisse zum Eintritt des Versicherungsfalles oder zum Umfang der Leistungspflicht hätten treffen lassen (BGH, Urteil vom 04.04.2001, IV ZR 63/00 - juris).

    Vorliegend hat die Beklagte, selbst wenn man ihr erstmaliges Vorbringen in der Berufungsinstanz berücksichtigt, sie hätte ggf. "eigene Ermittler vor Ort zur Aufnahme des konkreten Sachverhalts" beauftragt, dieser sekundären Darlegungslast nicht genügt. Eigene Ermittlungen zum Wert des Fahrzeugs wären auch diesen Ermittlern nicht möglich gewesen, nachdem das Fahrzeug für eine Untersuchung nicht zur Verfügung stand. Die Möglichkeit des Einsatzes von ausländischen Ermittlern zur "Überprüfung von Grenzübertritten" hätte die Beklagte unabhängig von einer vollständigen Schadensanzeige bereits aufgrund der unstreitigen telefonischen Benachrichtigung über den Diebstahl und unabhängig vom Eingang einer vollständigen Schadensmeldung wahrnehmen können, bei Eingang des mit Schreiben vom 23.10.2014 übermittelten Schadensformulars (K3), d. h. mehr als einen Monat nach dem behaupteten Diebstahl waren diese Erkenntnismöglichkeiten überdies bereits erkaltet. Wieso gleichwohl der Einsatz derartiger Ermittler den Maßnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft überlegen gewesen wäre, trägt die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht vor. Für eine arglistige Obliegenheitsverletzung, die eine Berufung des Klägers auf den Kausalitätsgegenbeweis ausschlösse, hat die Berufung keine Anhaltspunkte aufgezeigt. Allein die verzögerte Einreichung des Schadensmeldebogens reicht hierfür schon deshalb nicht aus, weil dieser keine Frist für die Einreichung enthält und die Beklagte in der Folgezeit an dessen Einreichung auch nicht erinnert hat.

    b) Im Ergebnis zu Recht bleibt der Beklagten auch die Berufung auf eine Verletzung der Aufklärungs- und Untersuchungsobliegenheit verwehrt. Dies folgt allerdings noch nicht daraus, dass sich die Beklagte in der Leistungsablehnung vom 19.09.2016 nur auf die Verletzung der Anzeigeobliegenheit berufen hat. Zwar tritt Leistungsfreiheit bei der Verletzung einer Obliegenheit nicht von selbst ein, sondern muss vom Versicherer geltend gemacht werden (BGH VersR 2005, 493; Prölss/Martin/Armbrüster a.a.O. § 28 Rn. 183). Stützt der Versicherer seine vorprozessuale Leistungsablehnung auf die Verletzung einer bestimmten Obliegenheit, so steht es ihm aber weiterhin offen, jedenfalls alsbald im ersten Rechtszug die Verletzung weiterer Obliegenheiten geltend zu machen (OLG Frankfurt, Urteil vom 05.10.2006 - 7 U 215/04 -, Rn. 26, juris; OLG Düsseldorf VersR 1993, 425 [OLG Düsseldorf 04.08.1992 - 4 U 30/92]; OLG Schleswig VersR 1994, 169 [OLG Schleswig 16.06.1993 - 9 U 37/91]; OLG Karlsruhe VersR 1994, 1183 [OLG Karlsruhe 18.02.1993 - 12 U 155/92]). Dies ist hier erfolgt, die Beklagte hat ihre Leistungsablehnung bereits vor dem Landgericht ergänzend auf die Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit und die Nichtvorlage der Kfz-Schlüssel gestützt.

    Unabhängig von der Frage, ob dem Kläger auch insoweit der Kausalitätsgegenbeweis gelungen ist, kann sich die Beklagte aber nach § 28 Abs. 4 VVG hierauf nicht berufen, weil sie den Kläger insofern nicht hinreichend belehrt hat. Die Verletzung von nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden vertraglichen Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten führt nur dann zur vollständigen oder teilweisen Leistungsfreiheit, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer formgerecht auf diese Rechtsfolgen hingewiesen hat. Zweck des aus der früheren Relevanzrechtsprechung fortentwickelten Hinweiserfordernisses ist es, den Versicherungsnehmer nachdrücklich vor dem Verlust seines gesamten oder von Teilen seines Anspruchs durch illoyale Verweigerung, Verspätung oder inhaltlich unzulängliche Mitwirkung an der Feststellung des Versicherungsfalles oder des Umfangs der Leistungspflicht zu warnen. Das Belehrungserfordernis gilt nur für Auskunfts- und Aufklärungsobliegenheiten. Es bezieht sich also auf die vertragliche Konkretisierung der gesetzlichen Obliegenheiten des § 31 VVG. Die Obliegenheit zur Anzeige des Versicherungsfalles zählt dazu schon dem Wortlaut nach nicht. In der Regel genügt eine einmalige Belehrung, die typischerweise im Schadenanzeigeformular enthalten ist (Langheid/Rixecker/Rixecker, 6. Aufl. 2019, VVG § 28 Rn. 109). Diese muss allerdings inhaltlich klar, unmissverständlich, richtig und vollständig sein. Dem genügt sie nur dann, wenn sie Rechtsfolgenbelehrung mit der Nichterfüllung des zuvor gestellten Informationsverlangens verknüpft und die Art der Verletzung erläutert, indem das Unterlassen von Auskünften, ihre Verspätung oder ihre inhaltliche Unrichtigkeit erwähnt werden. Unterlässt der Versicherer, eine dieser Verletzungsformen zu erwähnen, kann er sich insoweit nicht auf Leistungsfreiheit berufen (Langheid/Rixecker/Rixecker, 6. Aufl. 2019, VVG § 28 Rn. 113). Vorliegend enthielt die dem Kläger im Schadensanzeigeformular (K1) erteilte Rechtsfolgenbelehrung nur einen Hinweis auf die Folgen "vorsätzlich falscher, unvollständiger oder unwahrer Angaben", nicht jedoch auf die Rechtsfolgen einer verspäteten Vorlage. Wie bereits erwähnt, hatte die Beklagte dem Kläger auch keine Frist zur Einreichung des Schadensanzeigebogens und der Vorlage der Fahrzeugschlüssel gesetzt, auch wenn sie darum bat, die Fahrzeugschlüssel "schnellstmöglich" zu übersenden. Der Hinweis in der Anlage K 1, wonach die Beklagte den Schaden "frühestens einen Monat nach Eingang der schriftlichen Schadensanzeige abrechnen" könne, suggerierte vielmehr, dass es allein im Eigeninteresse des Versicherungsnehmers liegt, wann er diese Auskünfte erteilt. Zwar kann es auch bei einer unzureichenden Belehrung dem Versicherungsnehmer nach Treu und Glauben verwehrt sein, die Verletzung von § 28 Abs. 4 VVG geltend zu machen, wenn er selbst arglistig gehandelt hat, weil sich ein schwer schuldhaft Handelnder nicht auf ein geringer gewichtiges Fehlverhalten seines Gegenübers berufen darf (BGH VersR 2014, 565 [BGH 12.03.2014 - IV ZR 306/13]). Allein die verzögerte Einreichung des Schadensanzeigebogens reicht jedoch wie ausgeführt für einen solchen Vorwurf nicht aus.

    3. Die vom Landgericht auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Herzog vom 18.12.2019 ermittelten Schadenshöhe hat die Beklagte nicht bestritten. Ob sich infolge der vom Sachverständigen vorgenommenen Auswertung der Marktlage möglicherweise noch ein höherer Versicherungswert ergäbe, kann für das Berufungsverfahren dahinstehen, nachdem der Kläger keine (Anschluss-)Berufung eingelegt hat. Die Beklagte wird hierdurch jedenfalls nicht beschwert. Die erstmalige Behauptung einer Selbstbeteiligung von 150,00 € ist nicht durch Vorlage des Versicherungsscheins substantiiert worden.

    Der Senat rät auf dieser Grundlage zu einer Rücknahme der Berufung, die zwei Gerichtsgebühren spart.

    RechtsgebietVVGVorschriften§ 28 Abs. 4 VVG