12.05.2021 · IWW-Abrufnummer 222324
Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 11.02.2020 – 11 W 10/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Brandenburg
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag gegen die Antragsgegnerin wegen behaupteter Berufsunfähigkeit.
Die im Jahr 1978 geborene Antragstellerin schloss bei der Antragsgegnerin einen Vertrag über eine Invest Berufsunfähigkeitsversicherung mit Laufzeitbeginn 01.10.2000 und Laufzeitende zum 01.10.2043 unter Einbeziehung der Tarifbedingungen IBU2100F und der Allgemeinen Bedingungen der Antragsgegnerin für die Berufsunfähigkeitsversicherung. Für den Fall bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit sollte Beitragsfreiheit eintreten.
Von März 2011 bis Mai 2015 war die Antragstellerin bei der (X) GmbH als Mitarbeiterin in der Kundenbetreuung für die Zufriedenheitsanalyse und Kundenbindung in einer Vollzeitbeschäftigung (40 h per Woche) angestellt. Von August 2015 bis einschließlich Dezember 2015 war sie bei der ... GmbH & Co. KGaA im Rahmen einer Alltagsbegleitung einer Seniorenresidenz beschäftigt und arbeitete in den Monaten Januar und Februar 2016 bei der (Y) GmbH B... als Account Managerin.
Im Januar 2015 betrug der im Falle des Eintritts der Berufsunfähigkeit zu zahlende monatliche BU-Rentenbetrag 784,58 € und der monatlich von der Antragstellerin zu leistende Versicherungsbeitrag 46,16 €. Ab Juli 2015 zahlte die Antragstellerin trotz Mitteilung des Zahlungsverzugs mit Schreiben vom 06.07.2015 sowie Mahnung der Antragsgegnerin vom 07.08.2015 die vereinbarten Versicherungsbeiträge nicht mehr. Ab dem 01.09.2015 wurde der Vertrag beitragsfrei gestellt und mit reduzierter Versicherungssumme fortgeführt.
Seit 2004 war die Antragstellerin verschiedentlich in ärztlicher Behandlung, u.a. auch immer wieder wegen psychischer Beschwerden. Wegen der Krankenhistorie wird auf die zur Akte gereichte Anlage OK 4 Bezug genommen. Im Oktober 2017 zeigte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin erstmals den von ihr behaupteten Eintritt des BU-Versicherungsfalls an und teilte mit, dass sie seit dem 01.01.2016 an Depressionen erkrankt sei. Mit Schreiben vom 08.10.2017 teilte sie der Beklagten zudem mit, dass sie bereits wegen derselben Diagnose im Jahr 2015 krankgeschrieben gewesen sei und bat die Antragsgegnerin insoweit um Prüfung des Leistungsfalls. Die von ihr behauptete Berufsunfähigkeit stützte die Antragstellerin auf den Eintritt einer mittelgradigen Depression, multiple Nahrungsmittelintoleranzen, einen Verdacht auf Mastzellenaktivierungssyndrom und daraus resultierenden Chemikalienunverträglichkeiten, weshalb sie ihre zuletzt bei der (Y) GmbH ausgeübte Tätigkeit nicht mehr habe ausüben können.
Die Antragsgegnerin holte bei den von den die Antragstellerin behandelnden Ärzten, die diese von der Schweigepflicht entbunden hatte, Auskünfte über eine etwaige bei der Antragstellerin eingetretene Berufsunfähigkeit ein, wobei keiner der angefragten Ärzte den Eintritt einer Berufsunfähigkeit bei der Antragstellerin ab Januar 2015 bestätigte.
Aufgrund eines Bescheides der Deutsche Rentenversicherung ... vom 08.03.2018 erhält die Antragstellerin eine monatliche Rente wegen vollständiger Erwerbsminderung in Höhe von 771,18 €.
Die Antragstellerin hat behauptet, sie habe zum 01.01.2015 unter einer über 6 Monate hinausgehenden Periode unter einer mittelgradigen depressiven Episode, verschiedenen und kombinierten Persönlichkeitsstörungen (Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen, massive Schlafstörungen, Schuldgefühle), Anpassungsstörungen, akuten Belastungsstörungen und einer allergischen Kontaktdermatitis gelitten, wodurch bereits seit Januar 2015 die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit bei ihr eingetreten sei. Lediglich aus Pflichtbewusstsein und Existenzangst habe sie sich trotz objektiver Berufsunfähigkeit weiter zur Arbeit "geschleppt".
Sie verlangt mit ihrer beabsichtigten Klage von der Antragsgegnerin Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung sowie die Rückzahlung gezahlter Versicherungsbeiträge trotz Leistungsfreiheit.
Die Antragsgegnerin hat die von der Antragstellerin geforderten Leistungen und Zahlungen aus dem Versicherungsverhältnis verweigert, weil sich schon aus den von der Antragstellerin selbst vorgetragenen Umständen eine über sechs Monate andauernde Berufsunfähigkeit seit dem 01.01.2015 nicht ergebe.
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt, weil es der beabsichtigten Klage an der gebotenen Erfolgsaussicht fehle. Die Antragstellerin sei zum Zeitpunkt 01.01.2015 ihrerseits nicht von einer bestehenden Berufsunfähigkeit ausgegangen. Zudem habe sie weder hinreichend vorgetragen durch welches zur Berufsunfähigkeit gehörende Krankheitsbild sie an welcher konkreten Tätigkeit gehindert gewesen sei. Darüber hinaus sei auch für einen späteren Zeitpunkt eine Berufsunfähigkeit nicht vorgetragen worden.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie im einzelnen ihren Tätigkeitsablauf bei der Firma (X) GmbH im Zeitraum Januar bis Mai 2015 beschreibt und weitere Patientenunterlagen zur Akte gereicht hat.
Die Antragsgegnerin meint, dass auch dieser Vortrag nicht hinreichend substantiiert die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit beschreibe.
II.
Die gemäß den §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 569 ZPO i.V.m. mit § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 25.02.2019 gegen den ihr mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage wegen Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung versagenden Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 14.01.2019 hat in der Sache keinen Erfolg. Das Rechtsmittel ist unbegründet.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO sind nicht erfüllt. Zutreffend hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage verneint.
An die Prüfung der Erfolgsaussichten sind zwar grundsätzlich keine überspannten Anforderungen zu stellen. Hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht daher bereits dann, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Partei, die um Prozesskostenhilfe nachsucht, für vertretbar hält und von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (BGH, NJW 1994, S. 1160 [BGH 14.12.1993 - VI ZR 235/92]). Entscheidend ist, ob das in der Sache selbst verfolgte materiell-rechtliche Begehren Erfolg verspricht, so dass nicht allein auf den bloß vorläufigen Erfolg eines Rechtsmittels abgestellt werden darf (BGH, BeckRS 2017, 119118). Der für die Erfolgsaussicht anzulegende Prüfungsmaßstab ist summarischer Natur, so dass sich eine Beweisaufnahme über entscheidungserhebliches Tatsachenvorbringen im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren regelmäßig verbietet (vgl. BeckOK ZPO/Reichling, 35. Ed. 1.1.2020, ZPO § 114 Rn. 28).
Hier bestehen jedoch bei dem gebotenen großzügigen Prüfungsmaßstab die auch vom Landgericht vorgebrachten Bedenken an der Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags für einen Leistungsanspruch nach § 2 der Allgemeinen Bedingungen für die ... Berufsunfähigkeitsversicherung i.V.m. dem zwischen den Parteien im Jahr 2000 abgeschlossenen Versicherungsvertrag. Zur Schlüssigkeit einer Klage wegen Berufsunfähigkeit aus einem Versicherungsvertrag hat die Antragstellerin nämlich nicht nur darzulegen, dass sie ihren ausgeübten Beruf nicht mehr dauerhaft ausüben kann. Sie muss darüber hinaus auch vortragen, dass sie keine andere Tätigkeit mehr verrichten kann, die auf Grund ihrer Ausbildung und Erfahrung von ihr ausgeübt werden könnte und ihrer bisherigen Lebensstellung entspräche. Für letzteres genügt summarischer Vortrag, woraufhin der Versicherer sodann gegebenenfalls bestehende Möglichkeiten eines solchen Vergleichsberufs aufzuzeigen hat.
An einem solchen Vortrag fehlt es, worauf das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung sowie in seiner Nichtabhilfeentscheidung hingewiesen hat sowohl für die bezifferten Leistungsanträge zur Ziffer 1) noch hinsichtlich künftiger Rentenansprüche zu Ziffer 2) der beabsichtigten Klageanträge.
Zwar hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren etwas ausführlicher als noch in ihrer Antragsschrift das tägliche Aufgabengebiet bei der (X) GmbH beschrieben, welches sie im ersten Halbjahr 2015 ausgeübt haben will. Zutreffend moniert das Landgericht jedoch weiterhin in seiner Nichtabhilfeentscheidung, dass es nach wie vor nicht klar sei, welches Krankheitsbild hier die Antragstellerin an welcher der ausgeübten Tätigkeiten gehindert habe. So ist schon nicht plausibel dargelegt, welche beruflichen Beeinträchtigungen die Antragstellerin, die in ihrer Antragsschrift ein multiples Berufsunfähigkeitsbild skizziert, etwa aufgrund einer Duftallergie im Rahmen einer Call-Centertätigkeit, der sie zuletzt teilweise nachgegangen ist, gehindert sein soll. Unklar ist auch, an welchen Tagen etwa Schlafstörungen bestanden haben und wie sich diese auf die beschriebenen Tätigkeiten ausgewirkt haben sollen. Gerade bei einem multiplen und diffusen Krankheitsbild, das im wesentlichen psychische Befindlichkeitsstörungen, etwa Angstzustände, Schlaf- und Konzentrationsstörungen und ähnliche Beschwerden zum Gegenstand hat, genügt es nicht, wenn sich ein Versicherungsnehmer darauf beschränkt zu sagen, dass alle seine bisherigen Tätigkeiten nicht mehr möglich gewesen seien (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, ZfSch 2006, S. 644 f, zitiert nach juris). Gar nicht verhält sich der Vortrag der Antragstellerin zu etwaigen alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen ihres Ausbildungsstandes.
Hinzu kommt schließlich, dass es als nahezu ausgeschlossen angesehen werden kann, dass die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren den Beweis der Berufsunfähigkeit ab Januar 2015 wird führen können. Der Versicherte muss nach § 2 der Versicherungsbedingungen der Antragsgegnerin über einen Zeitraum von sechs Monaten "ununterbrochen" berufsunfähig gewesen sein. Gesunde Phasen beenden den Lauf der Fiktionszeit. Auch wenn später nach einem Rückfall insgesamt rechnerisch sechs Monate vorliegen, gilt der Versicherte nicht als berufsunfähig (vgl. Neuhaus Berufsunfähigkeitsversicherung, Kapitel 6. Medizinische Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit Rn. 168, beck-online).
Einen solchen Zeitraum ununterbrochener Berufsunfähigkeit wird die Antragstellerin hier schon aufgrund ihrer eigenen vorprozessualen Angaben, zu denen sie sich in erhebliche Widersprüche setzen müsste, nicht beweisen können. Bei der Beantwortung der Frage, ob in tatsächlicher Hinsicht eine Möglichkeit der Beweisführung besteht, genügt es zwar für die Bejahung der Erfolgsaussicht grundsätzlich, dass eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der bedürftigen Partei ausgehen wird (vgl. BeckOK ZPO/Reichling, 35. Ed. 1.1.2020, ZPO § 114 Rn. 31). In gewissem Umfang ist aber auch eine Beweisantizipation zulässig. Erfolgt ein Beweisantritt gewissermaßen "ins Blaue hinein" um durch Ausforschung die für ein schlüssiges Klagevorbringen erforderlichen Tatsachen erst zu gewinnen, so ist er unerheblich; dies kann bereits im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren berücksichtigt werden (vgl. OLG Saarbrücken, OLGR 2007, S. 423). Gleiches gilt dann, wenn eine Gesamtwürdigung aller schon feststehenden Umstände und Indizien eine positive Beweiswürdigung zugunsten des Bedürftigen als ausgeschlossen erscheinen lässt, er sich also ersichtlich in unüberwindlichen Beweisschwierigkeiten befindet (OLG München, BeckRS 2011, 23755).
Dies ist hier der Fall: Gegen die von der Antragstellerin geltend gemachte ununterbrochene Berufsunfähigkeit seit 01.01.2015 über einen Zeitraum von sechs Monaten spricht bereits der Umstand, dass die Antragstellerin zum 01.01.2015 und noch weitere fünf Monate in Vollzeit bei der (X) GmbH gearbeitet hat. Hinzu kommt, dass sich die Antragstellerin ausweislich der von ihr bei der Antragsgegnerin eingereichten Unterlagen im Sommer 2015 beruflich neu orientierte und dann ab August 2015 eine neue Tätigkeit aufgenommen hat.
In der faktischen Ausübung des Berufs kann nach allgemeiner obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, insoweit ein starkes Indiz dafür gesehen werden, dass beim Versicherungsnehmer keine Berufsunfähigkeit vorliegt (vgl. OLG Köln, r + s 1987, 296; OLG Nürnberg, NJW-RR 1992, S. 673, beck-online). Dabei kann der Umstand der tatsächlichen Berufsausübung sogar einen höheren Beweiswert haben, als die dem entgegenstehenden ärztlichen Befunde. War die tatsächliche Berufsausübung über einen erheblichen Zeitraum hinweg im Wesentlichen vollwertig, so kann dies sogar im Gegensatz zu einer abweichenden ärztlichen Beurteilung stehen (so etwa OLG Nürnberg, NJW-RR 1992, 673 [OLG Nürnberg 27.02.1992 - 8 U 2577/91], beck-online).
Im Übrigen besagte selbst der Umstand, dass der Versicherte (mehr als) sechs Monate arbeitsunfähig "krankgeschrieben" war, nichts darüber, ob er während der Dauer der Krankschreibung auch tatsächlich im bedingungsgemäßen Umfang berufsunfähig gewesen ist (vgl. Neuhaus Berufsunfähigkeitsversicherung, Kapitel 6. Medizinische Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit Rn. 170, beck-online).
Im Streitfall hat die Antragstellerin ab dem 01.01.2015 nicht einmal kontinuierliche, ärztlich attestierte Krankschreibungen vorgelegt, die Gegenstand einer nunmehrigen gerichtlichen Begutachtung sein könnten. In der Anlage OK 4, auf die sich die Antragstellerin beruft, sind zwar die Zeiträume aufgelistet, in denen der Antragstellerin seitens der ....-Krankenkasse eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde. Diese Darstellung, die im Übrigen erst ab dem 27.01.2015 Einträge für das Kalenderjahr 2015 enthält, ist jedoch ebenfalls zu entnehmen, dass die Antragstellerin im ersten Halbjahr 2015 immer wieder, teilweise auch mehrere Wochen nicht krankgeschrieben war und dementsprechend ihrer beruflichen Vollzeitverpflichtung nachgekommen ist. Auch stützen sich einige der Krankschreibungen auf akute Infekte der Atemwege oder Prellungen des Ellenbogens, also Einschränkungen, die mit den hier angegebenen Gründen einer etwaigen Berufsunfähigkeit nichts zu tun haben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem mit der Beschwerdebegründung vom 11.03.2019 eingereichten Aktenkonvolut aus der Patientenakte der Antragstellerin. In den im Übrigen nicht lesbaren handschriftlichen Notizen, bei denen lediglich die Behandlungsdaten durch einen Stempel erkennbar sind, sind Eintragungen für den hier in Rede stehenden Zeitraum ab 01.01.2015 nicht enthalten.
Hinzu kommt, dass die Ärzte, bei denen die Antragstellerin im fraglichen Zeitraum in Behandlung war, eine Berufsunfähigkeit der Antragstellerin auf Nachfrage der Antragsgegnerin unstreitig nicht bestätigt haben.
Schließlich hat die Antragstellerin keine plausible Erklärung dafür geliefert, dass es ihr trotz behaupteter Berufsunfähigkeit überhaupt möglich gewesen sei, in Vollzeitbeschäftigung zu arbeiten. Die von der Antragstellerin in der Antragsschrift angeführten Gründe erscheinen angesichts der eigenen vorprozessualen Einlassungen der Antragstellerin offensichtlich vorgeschoben. Dass die Antragstellerin hier aus Existenzangst "Raubbau an ihrem Körper" betrieben habe, ist angesichts der Krankheitszeiten, die sie während des Beschäftigungsverhältnisses bei der (X) GmbH hatte, schon nicht plausibel. Anders als in Fällen, in denen etwa ein Geschäftsführer um das Überleben "seiner" Firma kämpft und dadurch unter Zurückstellung seiner Gesundheit Raubbau an seinem Körper betreibt, hat sich die Antragstellerin ausweislich der von ihr vorgelegten Krankenhistorie (Anlage OK 4) auch für 2-3 Tage wegen einer Erkältungskrankheit oder einer Ellenbogenprellung arbeitsunfähig gemeldet.
Zutreffend weist das Landgericht auch darauf hin, dass es die Antragstellerin selber gewesen ist, die in ihrem Leistungsantrag im Oktober 2017 ausgeführt hat, dass sie lediglich "zufällig" auf eine Krankschreibung aus dem Jahr 2015 gestoßen sei, die dieselbe Symptomatik aufgewiesen habe und deshalb um Prüfung bat, ob noch eine Leistung zu erhalten sei (Anlage B 8). Die Antragstellerin selbst hat vorprozessual - als sie sich offensichtlich über die versicherungsrechtlichen Weiterungen noch nicht rechtlich hat beraten lassen - die von ihr behauptete Berufsunfähigkeit auf den 01.01.2016 datiert (B7, B 8).
All das spricht mit sehr deutlichen und eigenen Worten der Antragstellerin dagegen, dass sie selbst im Januar 2015 eine Berufsunfähigkeit auch nur ansatzweise in Betracht gezogen haben und dass hier im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens ein entsprechender Nachweis geführt werden könnte.
Ob zu einem späteren Zeitpunkt eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eingetreten ist, ist nicht Gegenstand des beabsichtigten Klageverfahrens und die Antragstellerin hat hierzu im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren auch nichts weiter vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO.
Gründe zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht, vgl. § 574 Abs. 2 ZPO.
Beschluss vom 11.02.2020
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 14.01.2019 - 2 O 293/18 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag gegen die Antragsgegnerin wegen behaupteter Berufsunfähigkeit.
Die im Jahr 1978 geborene Antragstellerin schloss bei der Antragsgegnerin einen Vertrag über eine Invest Berufsunfähigkeitsversicherung mit Laufzeitbeginn 01.10.2000 und Laufzeitende zum 01.10.2043 unter Einbeziehung der Tarifbedingungen IBU2100F und der Allgemeinen Bedingungen der Antragsgegnerin für die Berufsunfähigkeitsversicherung. Für den Fall bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit sollte Beitragsfreiheit eintreten.
Von März 2011 bis Mai 2015 war die Antragstellerin bei der (X) GmbH als Mitarbeiterin in der Kundenbetreuung für die Zufriedenheitsanalyse und Kundenbindung in einer Vollzeitbeschäftigung (40 h per Woche) angestellt. Von August 2015 bis einschließlich Dezember 2015 war sie bei der ... GmbH & Co. KGaA im Rahmen einer Alltagsbegleitung einer Seniorenresidenz beschäftigt und arbeitete in den Monaten Januar und Februar 2016 bei der (Y) GmbH B... als Account Managerin.
Im Januar 2015 betrug der im Falle des Eintritts der Berufsunfähigkeit zu zahlende monatliche BU-Rentenbetrag 784,58 € und der monatlich von der Antragstellerin zu leistende Versicherungsbeitrag 46,16 €. Ab Juli 2015 zahlte die Antragstellerin trotz Mitteilung des Zahlungsverzugs mit Schreiben vom 06.07.2015 sowie Mahnung der Antragsgegnerin vom 07.08.2015 die vereinbarten Versicherungsbeiträge nicht mehr. Ab dem 01.09.2015 wurde der Vertrag beitragsfrei gestellt und mit reduzierter Versicherungssumme fortgeführt.
Seit 2004 war die Antragstellerin verschiedentlich in ärztlicher Behandlung, u.a. auch immer wieder wegen psychischer Beschwerden. Wegen der Krankenhistorie wird auf die zur Akte gereichte Anlage OK 4 Bezug genommen. Im Oktober 2017 zeigte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin erstmals den von ihr behaupteten Eintritt des BU-Versicherungsfalls an und teilte mit, dass sie seit dem 01.01.2016 an Depressionen erkrankt sei. Mit Schreiben vom 08.10.2017 teilte sie der Beklagten zudem mit, dass sie bereits wegen derselben Diagnose im Jahr 2015 krankgeschrieben gewesen sei und bat die Antragsgegnerin insoweit um Prüfung des Leistungsfalls. Die von ihr behauptete Berufsunfähigkeit stützte die Antragstellerin auf den Eintritt einer mittelgradigen Depression, multiple Nahrungsmittelintoleranzen, einen Verdacht auf Mastzellenaktivierungssyndrom und daraus resultierenden Chemikalienunverträglichkeiten, weshalb sie ihre zuletzt bei der (Y) GmbH ausgeübte Tätigkeit nicht mehr habe ausüben können.
Die Antragsgegnerin holte bei den von den die Antragstellerin behandelnden Ärzten, die diese von der Schweigepflicht entbunden hatte, Auskünfte über eine etwaige bei der Antragstellerin eingetretene Berufsunfähigkeit ein, wobei keiner der angefragten Ärzte den Eintritt einer Berufsunfähigkeit bei der Antragstellerin ab Januar 2015 bestätigte.
Aufgrund eines Bescheides der Deutsche Rentenversicherung ... vom 08.03.2018 erhält die Antragstellerin eine monatliche Rente wegen vollständiger Erwerbsminderung in Höhe von 771,18 €.
Die Antragstellerin hat behauptet, sie habe zum 01.01.2015 unter einer über 6 Monate hinausgehenden Periode unter einer mittelgradigen depressiven Episode, verschiedenen und kombinierten Persönlichkeitsstörungen (Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen, massive Schlafstörungen, Schuldgefühle), Anpassungsstörungen, akuten Belastungsstörungen und einer allergischen Kontaktdermatitis gelitten, wodurch bereits seit Januar 2015 die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit bei ihr eingetreten sei. Lediglich aus Pflichtbewusstsein und Existenzangst habe sie sich trotz objektiver Berufsunfähigkeit weiter zur Arbeit "geschleppt".
Sie verlangt mit ihrer beabsichtigten Klage von der Antragsgegnerin Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung sowie die Rückzahlung gezahlter Versicherungsbeiträge trotz Leistungsfreiheit.
Die Antragsgegnerin hat die von der Antragstellerin geforderten Leistungen und Zahlungen aus dem Versicherungsverhältnis verweigert, weil sich schon aus den von der Antragstellerin selbst vorgetragenen Umständen eine über sechs Monate andauernde Berufsunfähigkeit seit dem 01.01.2015 nicht ergebe.
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt, weil es der beabsichtigten Klage an der gebotenen Erfolgsaussicht fehle. Die Antragstellerin sei zum Zeitpunkt 01.01.2015 ihrerseits nicht von einer bestehenden Berufsunfähigkeit ausgegangen. Zudem habe sie weder hinreichend vorgetragen durch welches zur Berufsunfähigkeit gehörende Krankheitsbild sie an welcher konkreten Tätigkeit gehindert gewesen sei. Darüber hinaus sei auch für einen späteren Zeitpunkt eine Berufsunfähigkeit nicht vorgetragen worden.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie im einzelnen ihren Tätigkeitsablauf bei der Firma (X) GmbH im Zeitraum Januar bis Mai 2015 beschreibt und weitere Patientenunterlagen zur Akte gereicht hat.
Die Antragsgegnerin meint, dass auch dieser Vortrag nicht hinreichend substantiiert die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit beschreibe.
II.
Die gemäß den §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 569 ZPO i.V.m. mit § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 25.02.2019 gegen den ihr mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage wegen Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung versagenden Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 14.01.2019 hat in der Sache keinen Erfolg. Das Rechtsmittel ist unbegründet.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO sind nicht erfüllt. Zutreffend hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage verneint.
An die Prüfung der Erfolgsaussichten sind zwar grundsätzlich keine überspannten Anforderungen zu stellen. Hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht daher bereits dann, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Partei, die um Prozesskostenhilfe nachsucht, für vertretbar hält und von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (BGH, NJW 1994, S. 1160 [BGH 14.12.1993 - VI ZR 235/92]). Entscheidend ist, ob das in der Sache selbst verfolgte materiell-rechtliche Begehren Erfolg verspricht, so dass nicht allein auf den bloß vorläufigen Erfolg eines Rechtsmittels abgestellt werden darf (BGH, BeckRS 2017, 119118). Der für die Erfolgsaussicht anzulegende Prüfungsmaßstab ist summarischer Natur, so dass sich eine Beweisaufnahme über entscheidungserhebliches Tatsachenvorbringen im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren regelmäßig verbietet (vgl. BeckOK ZPO/Reichling, 35. Ed. 1.1.2020, ZPO § 114 Rn. 28).
Hier bestehen jedoch bei dem gebotenen großzügigen Prüfungsmaßstab die auch vom Landgericht vorgebrachten Bedenken an der Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags für einen Leistungsanspruch nach § 2 der Allgemeinen Bedingungen für die ... Berufsunfähigkeitsversicherung i.V.m. dem zwischen den Parteien im Jahr 2000 abgeschlossenen Versicherungsvertrag. Zur Schlüssigkeit einer Klage wegen Berufsunfähigkeit aus einem Versicherungsvertrag hat die Antragstellerin nämlich nicht nur darzulegen, dass sie ihren ausgeübten Beruf nicht mehr dauerhaft ausüben kann. Sie muss darüber hinaus auch vortragen, dass sie keine andere Tätigkeit mehr verrichten kann, die auf Grund ihrer Ausbildung und Erfahrung von ihr ausgeübt werden könnte und ihrer bisherigen Lebensstellung entspräche. Für letzteres genügt summarischer Vortrag, woraufhin der Versicherer sodann gegebenenfalls bestehende Möglichkeiten eines solchen Vergleichsberufs aufzuzeigen hat.
An einem solchen Vortrag fehlt es, worauf das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung sowie in seiner Nichtabhilfeentscheidung hingewiesen hat sowohl für die bezifferten Leistungsanträge zur Ziffer 1) noch hinsichtlich künftiger Rentenansprüche zu Ziffer 2) der beabsichtigten Klageanträge.
Zwar hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren etwas ausführlicher als noch in ihrer Antragsschrift das tägliche Aufgabengebiet bei der (X) GmbH beschrieben, welches sie im ersten Halbjahr 2015 ausgeübt haben will. Zutreffend moniert das Landgericht jedoch weiterhin in seiner Nichtabhilfeentscheidung, dass es nach wie vor nicht klar sei, welches Krankheitsbild hier die Antragstellerin an welcher der ausgeübten Tätigkeiten gehindert habe. So ist schon nicht plausibel dargelegt, welche beruflichen Beeinträchtigungen die Antragstellerin, die in ihrer Antragsschrift ein multiples Berufsunfähigkeitsbild skizziert, etwa aufgrund einer Duftallergie im Rahmen einer Call-Centertätigkeit, der sie zuletzt teilweise nachgegangen ist, gehindert sein soll. Unklar ist auch, an welchen Tagen etwa Schlafstörungen bestanden haben und wie sich diese auf die beschriebenen Tätigkeiten ausgewirkt haben sollen. Gerade bei einem multiplen und diffusen Krankheitsbild, das im wesentlichen psychische Befindlichkeitsstörungen, etwa Angstzustände, Schlaf- und Konzentrationsstörungen und ähnliche Beschwerden zum Gegenstand hat, genügt es nicht, wenn sich ein Versicherungsnehmer darauf beschränkt zu sagen, dass alle seine bisherigen Tätigkeiten nicht mehr möglich gewesen seien (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, ZfSch 2006, S. 644 f, zitiert nach juris). Gar nicht verhält sich der Vortrag der Antragstellerin zu etwaigen alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten im Rahmen ihres Ausbildungsstandes.
Hinzu kommt schließlich, dass es als nahezu ausgeschlossen angesehen werden kann, dass die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren den Beweis der Berufsunfähigkeit ab Januar 2015 wird führen können. Der Versicherte muss nach § 2 der Versicherungsbedingungen der Antragsgegnerin über einen Zeitraum von sechs Monaten "ununterbrochen" berufsunfähig gewesen sein. Gesunde Phasen beenden den Lauf der Fiktionszeit. Auch wenn später nach einem Rückfall insgesamt rechnerisch sechs Monate vorliegen, gilt der Versicherte nicht als berufsunfähig (vgl. Neuhaus Berufsunfähigkeitsversicherung, Kapitel 6. Medizinische Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit Rn. 168, beck-online).
Einen solchen Zeitraum ununterbrochener Berufsunfähigkeit wird die Antragstellerin hier schon aufgrund ihrer eigenen vorprozessualen Angaben, zu denen sie sich in erhebliche Widersprüche setzen müsste, nicht beweisen können. Bei der Beantwortung der Frage, ob in tatsächlicher Hinsicht eine Möglichkeit der Beweisführung besteht, genügt es zwar für die Bejahung der Erfolgsaussicht grundsätzlich, dass eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der bedürftigen Partei ausgehen wird (vgl. BeckOK ZPO/Reichling, 35. Ed. 1.1.2020, ZPO § 114 Rn. 31). In gewissem Umfang ist aber auch eine Beweisantizipation zulässig. Erfolgt ein Beweisantritt gewissermaßen "ins Blaue hinein" um durch Ausforschung die für ein schlüssiges Klagevorbringen erforderlichen Tatsachen erst zu gewinnen, so ist er unerheblich; dies kann bereits im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren berücksichtigt werden (vgl. OLG Saarbrücken, OLGR 2007, S. 423). Gleiches gilt dann, wenn eine Gesamtwürdigung aller schon feststehenden Umstände und Indizien eine positive Beweiswürdigung zugunsten des Bedürftigen als ausgeschlossen erscheinen lässt, er sich also ersichtlich in unüberwindlichen Beweisschwierigkeiten befindet (OLG München, BeckRS 2011, 23755).
Dies ist hier der Fall: Gegen die von der Antragstellerin geltend gemachte ununterbrochene Berufsunfähigkeit seit 01.01.2015 über einen Zeitraum von sechs Monaten spricht bereits der Umstand, dass die Antragstellerin zum 01.01.2015 und noch weitere fünf Monate in Vollzeit bei der (X) GmbH gearbeitet hat. Hinzu kommt, dass sich die Antragstellerin ausweislich der von ihr bei der Antragsgegnerin eingereichten Unterlagen im Sommer 2015 beruflich neu orientierte und dann ab August 2015 eine neue Tätigkeit aufgenommen hat.
In der faktischen Ausübung des Berufs kann nach allgemeiner obergerichtlicher Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, insoweit ein starkes Indiz dafür gesehen werden, dass beim Versicherungsnehmer keine Berufsunfähigkeit vorliegt (vgl. OLG Köln, r + s 1987, 296; OLG Nürnberg, NJW-RR 1992, S. 673, beck-online). Dabei kann der Umstand der tatsächlichen Berufsausübung sogar einen höheren Beweiswert haben, als die dem entgegenstehenden ärztlichen Befunde. War die tatsächliche Berufsausübung über einen erheblichen Zeitraum hinweg im Wesentlichen vollwertig, so kann dies sogar im Gegensatz zu einer abweichenden ärztlichen Beurteilung stehen (so etwa OLG Nürnberg, NJW-RR 1992, 673 [OLG Nürnberg 27.02.1992 - 8 U 2577/91], beck-online).
Im Übrigen besagte selbst der Umstand, dass der Versicherte (mehr als) sechs Monate arbeitsunfähig "krankgeschrieben" war, nichts darüber, ob er während der Dauer der Krankschreibung auch tatsächlich im bedingungsgemäßen Umfang berufsunfähig gewesen ist (vgl. Neuhaus Berufsunfähigkeitsversicherung, Kapitel 6. Medizinische Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit Rn. 170, beck-online).
Im Streitfall hat die Antragstellerin ab dem 01.01.2015 nicht einmal kontinuierliche, ärztlich attestierte Krankschreibungen vorgelegt, die Gegenstand einer nunmehrigen gerichtlichen Begutachtung sein könnten. In der Anlage OK 4, auf die sich die Antragstellerin beruft, sind zwar die Zeiträume aufgelistet, in denen der Antragstellerin seitens der ....-Krankenkasse eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wurde. Diese Darstellung, die im Übrigen erst ab dem 27.01.2015 Einträge für das Kalenderjahr 2015 enthält, ist jedoch ebenfalls zu entnehmen, dass die Antragstellerin im ersten Halbjahr 2015 immer wieder, teilweise auch mehrere Wochen nicht krankgeschrieben war und dementsprechend ihrer beruflichen Vollzeitverpflichtung nachgekommen ist. Auch stützen sich einige der Krankschreibungen auf akute Infekte der Atemwege oder Prellungen des Ellenbogens, also Einschränkungen, die mit den hier angegebenen Gründen einer etwaigen Berufsunfähigkeit nichts zu tun haben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem mit der Beschwerdebegründung vom 11.03.2019 eingereichten Aktenkonvolut aus der Patientenakte der Antragstellerin. In den im Übrigen nicht lesbaren handschriftlichen Notizen, bei denen lediglich die Behandlungsdaten durch einen Stempel erkennbar sind, sind Eintragungen für den hier in Rede stehenden Zeitraum ab 01.01.2015 nicht enthalten.
Hinzu kommt, dass die Ärzte, bei denen die Antragstellerin im fraglichen Zeitraum in Behandlung war, eine Berufsunfähigkeit der Antragstellerin auf Nachfrage der Antragsgegnerin unstreitig nicht bestätigt haben.
Schließlich hat die Antragstellerin keine plausible Erklärung dafür geliefert, dass es ihr trotz behaupteter Berufsunfähigkeit überhaupt möglich gewesen sei, in Vollzeitbeschäftigung zu arbeiten. Die von der Antragstellerin in der Antragsschrift angeführten Gründe erscheinen angesichts der eigenen vorprozessualen Einlassungen der Antragstellerin offensichtlich vorgeschoben. Dass die Antragstellerin hier aus Existenzangst "Raubbau an ihrem Körper" betrieben habe, ist angesichts der Krankheitszeiten, die sie während des Beschäftigungsverhältnisses bei der (X) GmbH hatte, schon nicht plausibel. Anders als in Fällen, in denen etwa ein Geschäftsführer um das Überleben "seiner" Firma kämpft und dadurch unter Zurückstellung seiner Gesundheit Raubbau an seinem Körper betreibt, hat sich die Antragstellerin ausweislich der von ihr vorgelegten Krankenhistorie (Anlage OK 4) auch für 2-3 Tage wegen einer Erkältungskrankheit oder einer Ellenbogenprellung arbeitsunfähig gemeldet.
Zutreffend weist das Landgericht auch darauf hin, dass es die Antragstellerin selber gewesen ist, die in ihrem Leistungsantrag im Oktober 2017 ausgeführt hat, dass sie lediglich "zufällig" auf eine Krankschreibung aus dem Jahr 2015 gestoßen sei, die dieselbe Symptomatik aufgewiesen habe und deshalb um Prüfung bat, ob noch eine Leistung zu erhalten sei (Anlage B 8). Die Antragstellerin selbst hat vorprozessual - als sie sich offensichtlich über die versicherungsrechtlichen Weiterungen noch nicht rechtlich hat beraten lassen - die von ihr behauptete Berufsunfähigkeit auf den 01.01.2016 datiert (B7, B 8).
All das spricht mit sehr deutlichen und eigenen Worten der Antragstellerin dagegen, dass sie selbst im Januar 2015 eine Berufsunfähigkeit auch nur ansatzweise in Betracht gezogen haben und dass hier im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens ein entsprechender Nachweis geführt werden könnte.
Ob zu einem späteren Zeitpunkt eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit eingetreten ist, ist nicht Gegenstand des beabsichtigten Klageverfahrens und die Antragstellerin hat hierzu im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren auch nichts weiter vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO.
Gründe zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht, vgl. § 574 Abs. 2 ZPO.
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