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  • 27.09.2021 · IWW-Abrufnummer 224867

    Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 14.04.2021 – 4 U 161/21

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Dresden
    Zivilsenat

    Landgericht Leipzig, 03 O 1562/19

    BESCHLUSS

    In dem Rechtsstreit

    J...... F......, ...
    - Klägerin und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt M...... R......, ...

    gegen

    XXX Allgemeine Versicherung AG, ...
    vertreten durch die Vorstände T...... B......, R...... D......, Dr. P...... G......, Dr. N...... P......, P...... S...... und R...... W......
    - Beklagte und Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte H......, W......, H......, ...

    wegen Forderung

    hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch

    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S......,
    Richterin am Oberlandesgericht Z...... und
    Richterin am Oberlandesgericht R......

    ohne mündliche Verhandlung am 14.04.2021

    beschlossen:

    1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.
    2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.
    3. Der auf den 27.04.2021 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
    4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren soll auf 6.149,00 € festgelegt werden.
    Gründe:

    Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

    Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht aufgrund des behaupteten Schadenereignisses vom 02./03.02.2019 kein Anspruch gegenüber der Beklagten aus der Hausratversicherung (A 4.1.1 Allgemeine Hausratversicherungsbedingungen ........... VHB 2017) zu. Sie hat den erforderlichen Beweis für einen versicherten Einbruchsdiebstahl nicht erbracht.

    Einbruchdiebstahl liegt nach A.4.1.1 VHB 2017 vor, wenn der Dieb in einen Raum eines Gebäudes einbricht, einsteigt oder mit falschem Schlüssel oder mithilfe von anderen Werkzeugen eindringt.

    Zu den Voraussetzungen des Begriffes "Einbrechen" gehört, dass Gewalt gegen Gebäudebestandteile ausgeübt wird, um sich Zugang zu dem Gebäude zu verschaffen. Ein gewaltsames Vorgehen belegende Einbruchspuren am Garagentor liegen nicht vor und konnten von den ermittelnden Polizeibeamten auch nicht festgestellt werden. Die dahingehenden Feststellungen des Landgerichts werden von der Berufung nicht begründet in Zweifel gezogen.

    Entgegen der Ansicht der Berufung hat die Klägerin auch nicht hinreichend bewiesen, dass ein versichertes Ereignis in Form eines Einbruchdiebstahls durch Verwendung eines Werkzeugs zur Überwindung des verschlossenen Garagentores als Zugangshindernis vorliegt.

    Dem Versicherungsnehmer werden in einer Sachversicherung zwar grundsätzlich Erleichterungen für den Beweis des Vorliegens eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalls zugebilligt, da sich das Leistungsversprechen des Versicherers auf einen typischerweise unbeobachteten Vorgang bezieht. Der Versicherungsnehmer genügt daher seiner ihm obliegenden Beweislast, wenn er das "äußere Bild" eines Einbruchdiebstahls beweist, also ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen Versicherungsfall schließen lassen. Hierzu muss der Versicherungsnehmer regelmäßig Einbruchsspuren nachweisen (vgl. BGH, Urt. vom 08.04.2015, Az.: IV ZR 171/13, NJW-RR 2015, 1247). Der Nachweis des äußeren Bildes setzt dabei allerdings nicht voraus, dass die nachgewiesenen Spuren völlig plausibel und "stimmig" in dem Sinne sind, dass sie zweifelsfrei auf ein unberechtigtes Eindringen schließen lassen. Der Versicherungsnehmer schuldet bei einem behaupteten Einbruchdiebstahl in Form des „Eindringens mithilfe von Werkzeugen“ aber jedenfalls den Beweis von Spuren, die damit in Einklang gebracht werden können und sich daher als "geeignete" Einbruchsspuren darstellen (vgl. BGH, Urt. vom 08.04.2015, Az.: IV ZR 171/13, VersR 2015, 710; OLG Hamm, Urt. vom 21.10.2011, Az.: I - 20 U 62/11, r+s 2012, 182). Für das äußere Bild des "Ob" des Diebstahls genügt zudem nicht nur das schlichte Vorhandensein von Einbruchspuren überhaupt, sondern es muss ein Mindestmaß an Tatsachen vorliegen, die nach der Lebenserfahrung den Schluss auf die "versicherte" - also bedingungsgemäße - Entwendung zulassen (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 17. März 2016 ‒ 2 O 403/13 ‒, Rn. 22 - 23, juris m.w.N.). Dies ist auch sachgerecht, da andernfalls eine Differenzierung zwischen versicherten Begehungsformen eines Diebstahls und nicht versicherten Begehungsformen eines Diebstahls von Hausrat, wie sie in den Versicherungsbedingungen üblicherweise vorgenommen wird, hinfällig wäre.

    Diesen Beweis geeigneter Einbruchspuren hat die Klägerin aber nicht erbracht. Dagegen spricht, dass die Klägerin bereits nicht bewiesen hat, dass das Garagentor zum Zeitpunkt der behaupteten Entwendung tatsächlich geschlossen war, also der Einsatz von Werkzeugen zur Überwindung des geschlossenen Tores und Eindringens in die Garage überhaupt erforderlich war. Denn ihr Ehemann hat in seiner polizeilichen Vernehmung angegeben, dass er am Morgen des 03.02.2019 beim Versuch, das offenstehende Garagentor zu verschließen, festgestellt habe, dass dies wegen eines in der Flucht des Sektionaltores stehenden Kompressors nicht möglich gewesen sei. Steht aber nicht fest, dass das Garagentor vor Schadenseintritt geschlossen war, ist der Klägerin der Nachweis einer im Sinne der Versicherungsbedingungen versicherten Begehungsform des Diebstahls nicht gelungen, ohne dass es auf die Frage eines Haftungsverzichts im Falle einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles ankommen würde.

    Ohne Erfolg verweist die Klägerin darauf, dass die Verwendung von Werkzeugen zur Überwindung des verschlossenen Garagentores durch eine von ihrem Ehemann später festgestellte Deformierung an der am Torrahmen angebrachten Gummilippe und einen kleinen Oberflächenschaden am obersten Sektionalelement innen belegt werde. Danach kommt zwar der Versicherungsfall in Form eines Eindringens mittels Werkzeug in Betracht; dessen Nachweis ist der Klägerin jedoch ebenfalls nicht gelungen.

    Der Versicherungsnehmer genügt insoweit seiner Beweislast schon dann, wenn er konkrete Umstände beweist, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass ein Werkzeug benutzt wurde. Da für den vom Versicherungsnehmer zu erbringenden Nachweis allgemein eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreicht, genügt es, dass ein Offenstehen des Garagentores unwahrscheinlich oder von mehreren möglichen Begehungsweisen das Eindringen mittels Spezialwerkzeug als versicherte Variante wahrscheinlicher ist (vgl. Senat, Beschluss vom 01. Februar 2018 ‒ 4 U 1642/17 ‒, Rn. 30, m.w.N., - juris). Vorliegend sind aber keine ausreichenden Umstände feststellbar, die in der Gesamtschau den Schluss zulassen, dass das Offenstehen des Tores unwahrscheinlich ist bzw. für die versicherte Möglichkeit der Verwendung eines Spezialwerkzeuges eine größere Wahrscheinlichkeit spricht. Angesichts des Umstandes, dass die Garage sehr vollgestellt war, das Tor auch am Abend des 02.03.2019 nur mittels Fernschalters verschlossen wurde und es dem Ehemann der Klägerin beim Betätigen des Fernschalters am Morgen des 03.02.2019 nicht gelang, das Tor vollständig zu schließen, ist bereits ein Offenstehenlassen des Garagentores nicht unwahrscheinlich. Da auch nicht feststeht, dass die genannten Auffälligkeiten bzw. Schäden in einem zeitlichen und/oder sachlichen Zusammenhang mit dem Schadensereignis stehen und durch ein bestimmungswidrig zum Öffnen des Garagentores eingesetztes Werkzeug hervorgerufen wurden, spricht für eine derartige Vorgehensweise gerade keine überwiegende Wahrscheinlichkeit. Da der Nachweis eines Zusammenhangs mit dem behaupteten Schadensereignis fehlt, kommt es im Ergebnis auch nicht darauf an, ob sich die dargestellten Spuren als grundsätzlich geeignet erweisen, die Behauptung der Klägerin zu stützen, die unbekannten Täter hätten mittels eines Spezialwerkzeuges den im Innenbereich der Garage befindlichen Strick mit Zugelement zur Öffnung des Garagentores erreichen können und seien auf diese Weise in die Garage eingedrungen.

    Der Senat rät angesichts der vorstehenden Ausführungen zur Rücknahme der Berufung, die zwei Gerichtsgebühren spart.