23.09.2022 · IWW-Abrufnummer 231416
Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 17.05.2022 – 4 U 2388/21
1. Eine Regelung in der AVB eines Krankenversicherers, die § 8b Abs. 1 MB/KK entspricht, ist nicht wegen Verstoßes gegen § 306 BGB unwirksam.
2. Eine Prämienerhöhung ist auch bei Absinken des in dem Begründungsschreiben genannten Faktors nicht ausgeschlossen, weil dieser lediglich die vollständige Neuberechnung der Prämie auslöst (Festhaltung Senat, Urteil vom 19. April 2022, Az.: 4 U 2416/21).
Oberlandesgericht Dresden
In dem Rechtsstreit
T...... P......, ...
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
G...... R...... Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, ...
gegen
... Krankenversicherung a.G., ...
vertreten durch den Vorstand
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
B...... L...... D...... Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, ...
Richterin am Oberlandesgericht P...... und
Richterin am Oberlandesgericht W......
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 06.10.2021 (Az. 8 O 2448/20) wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.845,69 EUR festgesetzt.
Gründe
Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen seiner Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Pflicht zur Herausgabe der aus dem Prämienanteil insoweit gezogenen Nutzungen und die Rückzahlung bereits entrichteter Beiträge für einzelne Tariferhöhungen.
Den einzelnen Tariferhöhungen gingen im Oktober bzw. November des Vorjahres der jeweiligen Beitragserhöhung seitens der Beklagten versandte Mitteilungen zur Beitragsanpassung voraus. Wegen der Einzelheiten des Inhaltes der Schreiben wird auf die Anlage BLD 6 verwiesen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 06.10.2021 die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren - mit Ausnahme der wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbaren Ansprüche - weiter und erweitert zugleich den Leistungsantrag um die nach Anhängigkeit der Klage gezahlten Beiträge i.H.v. insgesamt 453,34 EUR. Er ist weiterhin der Auffassung, dass die Beitragsanpassungen formell unwirksam seien. Auch wenn die Beklagte mitgeteilt habe, die Beiträge würden in dem betroffenen Tarif aufgrund veränderter Versicherungsleistungen angepasst, sei doch der Hinweis unterblieben, dass die Veränderungen von nicht nur vorübergehender Natur seien. Von einem Versicherungsnehmer könne insoweit auch nicht erwartet werden, dass er aus allgemeinen Informationen die eventuell dauerhafte Veränderung der Rechnungsgrundlage ableite. Zudem habe das Landgericht verkannt, dass die Prämienneufestsetzungen in den Tarifen PNE zum 01.01.2015, TK50 zum 01.01.2019, PN zum 01.01.2019 und TG43/128 zum 01.01.2020 auch materiell unwirksam gewesen seien, da diesen Erhöhungen eine Schwellenwertabweichung unterhalb des gesetzlich festgelegten Wertes von 10% zugrunde gelegen habe und die Regelung in § 8b der AVB der Beklagten unwirksam sei. Schließlich habe das Landgericht übersehen, dass die Beitragserhöhung im Tarif TK50 zum 01.01.2019 unwirksam gewesen sei, weil sie trotz gesunkener Leistungsausgaben erfolgt sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Dresden vom 06.10.2021 abzuändern und
1) festzustellen, dass folgende Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen der Klägerseite und der Beklagten bestehenden Kranken-/Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer 0000000.0 unwirksam waren:
a) in den Tarifen für T...... P......
aa) im Tarif TG43/128 die Erhöhung zum 01.01.2014 i.H.v. 3,75 EUR,
bb) im Tarif PNW die Erhöhung zum 01.01.2017 i.H.v. 65,67 EUR,
cc) im Tarif gesetzl. Beitragszuschlag die Erhöhung zum 01.01.2017 i.H.v. 6,57 EUR,
dd) im Tarif TK50 die Erhöhung zum 01.10.2019 i.H.v. 0,66 EUR,
ee) im Tarif TG43/128 die Erhöhung zum 01.01.2020 i.H.v. 6,67 EUR,
b) in den Tarifen für K...... J...... P......
aa) im Tarif PNE die Erhöhung zum 01.01.2015 i.H.v. 0,66 EUR,
bb) im Tarif PVZ660 die Erhöhung zum 01.01.2017 i.H.v. 0,08 EUR,
cc) im Tarif PN die Erhöhung zum 01.01.2019 i.H.v. 10,56 EUR,
und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbeitrages verpflichtet war.
2) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite 4.145,02 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
3) festzustellen, dass die Beklagte
a) der Klägerseite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter 1) aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,
b) die nach 4a) herauszugebenden Nutzungen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
I.
Die Klage ist zwar mit dem auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen gerichteten Antrag zulässig. Ein feststellungsfähiges gegenwärtiges Rechtsverhältnis liegt insoweit vor. Allein mit dem vom Kläger erstrebten Leistungsurteil auf Rückzahlung überzahlter Beiträge wäre nicht rechtskräftig festgestellt, dass er zukünftig nicht zur Zahlung des sich aus den streitgegenständlichen Beitragsanpassungen ergebenden Erhöhungsbetrages verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 - IV ZR 148/20 -, Rn. 18 - 20, juris). Das Feststellungsinteresse ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Begründungsmängel der genannten Beitragsanpassungen zwischenzeitlich geheilt sind. Die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienerhöhung ist vielmehr eine Vorfrage für den Leistungsantrag und geht zugleich über das dort erfasste Rechtsschutzziel des Klägers hinaus; sie ist deshalb auch als Zwischenfeststellungsklage im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 17). Bei der Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO macht die Vorgreiflichkeit das sonst für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 - IV ZR 148/20 -, Rn. 18 - 20, juris; BGH, Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 Rn. 29).
Allerdings hat der Kläger mit dem Feststellungsbegehren keinen Erfolg, weil sämtliche Beitragsanpassungen wirksam waren.
1.
Die Mitteilungen zur Beitragsanpassung zum 01.01.2014, zum 01.01.2015, zum 01.01.2017, zum 01.01. 2019 sowie zum 01.01.2020 genügten jeweils den formellen Anforderungen des § 203 Abs.5 VVG.
a)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 16. Dezember 2020, Az. IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19 - juris; Urteil vom 20. Oktober 2021, Az. IV ZR 148/20 - juris) erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Der Gesetzeswortlaut sieht die Angabe der "hierfür maßgeblichen Gründe" vor und macht damit deutlich, dass sich diese auf die konkret in Rede stehende Prämienanpassung beziehen müssen; eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergibt, genügt danach nicht (so BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. IV ZR 294/16, Rdnr. 26 - juris). Zugleich folgt aus dem Wortlaut "maßgeblich", dass nicht alle Gründe genannt werden müssen, sondern lediglich die für die Prämienanpassung entscheidenden Umstände. In diesem Sinne entscheidend ist nur, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in den § 155 Abs. 3 und 4 VAG oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte überschreitet oder nicht. Dagegen ist die konkrete Höhe der Veränderung der Rechnungsgrundlagen, der Umfang der Überschreitung des Schwellenwerts oder die Angabe, ob sich der überschrittene Schwellenwert aus dem Gesetz oder den Versicherungsbedingungen ergibt, zur Information des Versicherungsnehmers nicht erforderlich (vgl. BGH a.a.O.; BGH, Urteil vom 21. Juli 2021, Az. IV ZR 191/20 - juris; OLG Celle, Urteil vom 13. Januar 2022, Az. 8 U 134/21 - juris). Ferner ist über die Nennung der Rechnungsgrundlage hinaus ein ausdrücklicher Hinweis auf eine nicht nur vorübergehende Veränderung dieser nicht geboten (vgl. dazu nur OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.02.2022, Az. 12 U 202/21; OLG Stuttgart, Urteil vom 04.11.2021, Az. 7 U 204/21 - juris). Vielmehr gehört neben der veränderten Rechnungsgrundlage lediglich die Angabe, dass ein vorab festgelegter Schwellenwert überschritten worden ist, zum notwendigen Begründungsumfang einer Mitteilung nach § 203 Abs.5 VVG (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2021, a.a.O.; Senat, Urteil vom 08. Februar 2022, Az. 4 U 1728/21; OLG Celle, a.a.O.). Denn die Mitteilung erfüllt so den Zweck, dem Versicherungsnehmer zu verdeutlichen, dass weder sein individuelles Verhalten noch eine freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung waren, sondern dass eine bestimmte Veränderung der Umstände dies aufgrund gesetzlicher Regelungen veranlasst hat (so BGH, a.a.O.). Dagegen hat die Mitteilungspflicht nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen (so BGH, a.a.O.; Senat, a.a.O.).
b)
Unter Berücksichtigung dessen sind die nach § 203 Abs. 5 VVG erforderlichen Angaben in den streitgegenständlichen Mitteilungen zu den Beitragserhöhungen enthalten, so dass die Prämienanpassungen sich insgesamt als wirksam darstellen.
aa) In dem Mitteilungsschreiben zur Beitragsanpassung zum 01.01.2014 heißt es wie folgt: "... zum 01.01.2014 müssen in einigen Krankenversicherungstarifen die Beiträge angepasst werden. In Zusatztarifen werden die Beiträge aufgrund veränderter Leistungsausgaben überwiegend gesenkt oder auch nur teilweise erhöht. Die private Krankenversicherung (PKV) hat die Verpflichtung, die jederzeitige Bezahlbarkeit der vertraglich zugesagten Leistungen zu gewährleisten. Daher ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass wir die Beiträge im kalkulatorisch notwendigen Umfang erhöhen müssen, wenn der Rechnungsausgleich nicht mehr gesichert ist. Andere Möglichkeiten zur Wiederherstellung des Gleichgewichts von Leistungen und Beiträgen hat die PKV nicht. Die oben erwähnten Beitragssenkungen zeigen, dass der Beitragsanpassungsmechanismus in beide Richtungen wirkt. Die Auswirkungen, speziell auf Ihren Vertrag, ersehen Sie bitte aus der beiliegenden Änderungsmitteilung ...". In der beigefügten tabellarischen Übersicht überschrieben mit "Mitteilung über die Änderung der Beiträge zur Kranken-/Pflegeversicherung ab 01.01.2014" wird durch Fettdruck der geänderte Beitrag hervorgehoben.
Damit ist hinsichtlich der Beitragsanpassung zum 01.01.2014 in dem Mitteilungsschreiben ausdrücklich angegeben, dass die Rechnungsgrundlage "Leistungsausgaben" die Beitragsänderung ausgelöst hat. Denn bei dem Tarif TG 43/128 handelt es sich um einen Krankentagegeldversicherungstarif und somit um einen Zusatztarif i.S.d. Mitteilungsschreiben, so dass die Rechnungsgrundlage, die die Beitragsanpassung ausgelöst hat, genannt worden ist. Zwar wird nicht ausdrücklich erklärt, dass eine Überschreitung des Schwellenwerts die Beitragsänderung notwendig gemacht hat, dennoch konnte der Versicherungsnehmer dem Schreiben noch hinreichend entnehmen, dass nicht etwa ein individuelles Verhalten seinerseits oder eine freie Entscheidung der Beklagten Grund für die Beitragserhöhung war, sondern gesetzlich verbindliche Regelungen die Beitragsanpassung bedingt haben. Schließlich wurde durch die Beklagte aber auch nicht nur die allgemeine Verfahrensweise zur Beitragsanpassung erläutert, sondern zum Ausdruck gebracht, dass es sich um das Ergebnis der aktuellen Überprüfung bezogen auf den konkreten Tarif ("die Auswirkungen, speziell auf Ihren Vertrag ...") handelt.
bb) Im Anschreiben zur Beitragsanpassung zum 01.01.2015 wird u.a. ausgeführt: "... dank Ihres umfassenden Versicherungsschutzes profitieren Sie nicht nur von bewährten, sondern auch von innovativen Behandlungsmethoden und anderen Verbesserungen der modernen Medizin. Meist gehen diese Leistungen allerdings mit höheren Kosten einher. Gleichzeitig steigt erfreulicherweise die allgemeine Lebenserwartung stetig an. Daher müssen wir sicherstellen, dass wir trotzdem dauerhaft alle vertraglich vereinbarten Leistungen für unsere Mitglieder übernehmen können. Aus diesem Grund sind wir gesetzlich verpflichtet, jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen zu vergleichen, um die Beiträge, sofern sich dort eine dauerhafte Abweichung ergibt, entsprechend anzupassen. ... Die Änderung Ihres Beitrags entnehmen Sie bitte der beiliegenden Änderungsmitteilung". In der beigefügten Änderungsmitteilung vom 18.11.2014, mit der der Versicherungsnehmer über die Änderung der Beiträge zur Kranken-/Pflegeversicherung ab 01.01.2015 informiert wird, ist in der Tabelle, die die einzelnen Tarife mit ihren bisherigen sowie neuen monatlichen Beiträgen auflistet, eine Spalte eingefügt, die bei dem Tarif, der einer Änderung unterliegt, ausdrücklich mit einem "Hinweis" unter Nennung des Buchstabens "A" versehen ist. In der beigefügten "Information zu den Beitragsänderungen zum 01.01.2015" heißt es dazu eingangs erläuternd wie folgt: "In welchen Punkten sich Ihr Vertrag ändert, haben wir in der Änderungsmitteilung mit dem Buchstaben A und/oder B gekennzeichnet. A Anpassung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge infolge veränderter Versicherungsleistungen". Zwar wird auch hier ein ausdrücklicher Hinweis auf die Überschreitung des Schwellenwertes nicht vorgenommen, es geht aber dennoch hinreichend aus dem Anschreiben hervor, dass allein die bestehende gesetzliche Verpflichtung die Beitragsanpassung bedingt hat.
cc)
Auch die Beitragsmitteilungen zum 01.01.2017, 01.01.2019 und 01.01.2020 sind formell wirksam. In der Änderungsmitteilung ist jeweils unter Gegenüberstellung der bisherigen sowie der neuen monatlichen Beiträge bei den Tarifen, bei denen es zu einer Beitragsänderung kam, ein ausdrücklicher Hinweis mit dem Buchstaben "A" erfolgt. Auf der nachfolgenden Seite ist die Erläuterung des Hinweises unter "A", wonach die Rechnungsgrundlage, die die Prämienanpassung ausgelöst hat, die veränderten Leistungsausgaben sind, enthalten. Ferner ist in den Anschreiben bzw. den beigefügten Informationsblättern ausdrücklich erwähnt, dass die Überschreitung des Schwellenwertes die konkrete Beitragsanpassung bedingt hat.
2.
Die Berufung hat auch nicht wegen der unterhalb des gesetzlichen Schwellenwertes liegenden Veränderungen der auslösenden Faktoren Erfolg. Unstreitig halten sich sämtliche Erhöhungen innerhalb des durch § 8 b der zwischen den Parteien vereinbarten AVB vorgegebenen Rahmens. Auf eine Gesamtnichtigkeit dieser Regelung kann sich der Kläger nicht stützten. Der Senat bleibt insoweit vielmehr bei seiner bereits mehrfach ausgesprochenen Rechtsauffassung (vgl. nur Urteil vom 22.03.2022, Az. 4 U 1958/21 oder Urteil vom 22.02.2022, Az. 4 U 1712/21 ab Seite 7 m.w.N.). Dort heißt es:
"§ 8 b Abs. 2 MB/KK verstößt zwar gegen § 203 Satz 2 VVG und ist daher gemäß § 307 Abs. 2 BGB unwirksam (ebenso Boetius in Münchner Kommentar zum VVG, 2017, § 203 Rdnr. 940), denn § 8 b Abs. 2 MB/KK enthält eine Abweichung zum Nachteil der Versicherungsnehmer, wonach von einer Prämienanpassung abgesehen werden kann, wenn die Veränderung der Versicherungsleistung als vorübergehend anzusehen ist. In diesem Fall muss jedoch gemäß § 203 Abs. 2 von einer Prämienanpassung abgesehen werden (vgl. Boetius, a.a.O.; ebenso OLG Köln, Urteil vom 22.09.2020 - 9 U 237/19 in VersR 2021, Seiten 95 f.). Dem Versicherer steht insoweit kein Ermessen zu. § 8 Abs. 3 MB/KK wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne versicherungsvertragliche Spezialkenntnisse aber dahingehend verstehen, dass dem Versicherer bei einer nur vorübergehenden Veränderung der Versicherungsleistung ein Ermessensspielraum bei der Entscheidung darüber eingeräumt wird, ob es zu einer Prämienanpassung kommt oder nicht (so OLG Köln, a.a.O.). Dies widerspricht § 203 Abs. 2 VVG. Danach ist eine Prämienanpassung nur dann zulässig ist, wenn die Veränderung nicht nur vorübergehender Art ist. Nach der halb zwingenden Vorschrift des § 208 Abs. 1 VVG kann von der gesetzlichen Regelung nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden (so OLG Köln, a.a.O.).
Anders als das Oberlandesgericht Köln in seinem Urteil vom 22.09.2020 (9 U 237/19) ist der Senat jedoch der Auffassung, dass die Regelungen in den Absätzen 1 und 2 in keinem untrennbaren Zusammenhang stehen und bei isolierter Betrachtung von § 8 b Abs. 1 MB/KK eine Beitragsanpassung nur dann erfolgen kann, wenn der maßgebliche Schwellenwert dauerhaft überschritten ist. Der Wortlaut von § 8 b Abs. 1 MB/KK erwähnt zwar das Kriterium der Dauerhaftigkeit nicht, dieses ergibt sich aber aus der zwingenden gesetzlichen Regelung.
Der Senat schließt sich der Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart in seinem Urteil vom 18.11.2021 (7 U 244/21 - juris) insoweit an. Dort hat es Folgendes ausgeführt:
Nach § 306 Abs. 1 BGB bleibt der Vertrag dann, wenn allgemeine Geschäftsbedingungen teilweise unwirksam sind, im Übrigen rechtsbeständig. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch dann Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen - unwirksamen - Regelungen stehen. Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrages nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel. Die inhaltliche Trennbarkeit einer Klausel und damit ihre Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil ist immer dann gegeben, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (blue-pencel-Test). Ob beide Bestimmungen den gleichen Regelungsgegenstand betreffen, ist dabei unerheblich (so z. B. BGH, Urteile vom 31.03.2021 - IV ZR 221/19 Rdnr. 64 und vom 13.02.2020 - IX ZR 140/19 Rdnr. 26).
Hiervon ausgehend, kann die Regelung in § 8 b Abs. 1 MB/KK ohne Weiteres Bestand haben, auch wenn § 8 Abs. 2 MB/KK gestrichen wird. Der Sinn von Abs. 1 leidet nicht darunter, die Regelung in Abs. 1 verstößt bei ihrem isolierten Bestehenbleiben auch nicht gegen die in § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG, § 203 Abs. 2 VVG vorgesehene Voraussetzung einer nicht nur vorübergehenden Veränderung.
...
Betrachtet man § 8 b Abs. 1 MB/KK isoliert und ohne die Regelung in Abs. 2 ergibt sich bereits kein Hinweis auf die Voraussetzung einer nicht nur vorübergehenden Veränderung. Ein solcher Schluss lässt sich allenfalls mit Blick auf Abs. 2 ziehen. § 8 b Abs. 1 MB/KK ist - für sich betrachtet - kein Hinweis auf das Erfordernis einer Dauerhaftigkeit zu entnehmen. Durch die weiterhin geltenden gesetzlichen Regelungen ist überdies gesichert, dass nur bei einer nicht nur vorübergehenden Veränderung der Rechnungsgrundlagen die Beiträge angepasst werden dürfen. Das Verständnis von § 8 b Abs. 1 MB/KK ergibt sich mithin unter Berücksichtigung der zwingenden Gesetzesvorschriften, von denen ersichtlich eine Abweichung nicht vorgenommen werden soll. Eine Wiederholung sämtlicher Voraussetzungen für eine Beitragsanpassung in den MB/KK ist - auch mit Blick auf den durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer - nicht erforderlich."
3.
Auch die geltend gemachte Nichtigkeit der Beitragsanpassung wegen Kalkulationsunterschreitung im Tarif TK50 zum 01.01.2019 greift nicht durch.
Auch hier kann auf die Ausführungen in den zuvor zitierten Senatsentscheidungen verwiesen werden, in denen der Senat sich insoweit der Auffassung des OLG Nürnberg in dessen Hinweisbeschluss vom 30.01.2019 (Az.8 U 1482/19) angeschlossen hat. Dort heißt es unter anderem:
""Insbesondere teilt der Senat nicht die Auffassung des Klägers, schon der Wortlaut, jedenfalls aber der Sinn der vertraglichen Regelung verbiete es, bei einer 'Abweichung nach unten' eine 'Prämienanpassung nach oben' vorzunehmen. Denn diese Argumentation vermengt die zwei Stufen des gesetzlich und vertraglich geregelten Anpassungsverfahrens.
Eine 'Abweichung' von mehr als 5% bedeutet sowohl im Wortlaut als auch im Wortsinne nur eine Differenz bestimmter Größenvorgabe ohne Beschränkung auf eine 'abweichende' Richtung. Wenn diese Differenzvorgabe erfüllt ist - wie unstreitig im vorliegenden Fall - dann ist ein bedingungsgemäßes Anpassungsverfahren eröffnet. Wie dann das Ergebnis dieser Neukalkulation des Versicherers ausfällt, steht auf einem anderen Blatt und ist in dieser Prüfstufe unerheblich.
Da die Möglichkeit der Prämienanpassung dem Versicherer die aufsichtsrechtlich gebotene Neuberechnung der Prämie ermöglichen soll, führt auch eine für den Versicherer positive Abweichung bei der Sterbewahrscheinlichkeit oder beim Leistungsvolumen dazu, dass bei Überschreitung des Auslösewertes die Prämie neu berechnet wird. Bei Steigerungen in anderen Rechnungsfaktoren kann es so im Ergebnis auch zu einer Prämienerhöhung kommen (Prölss/Martin/Voit, 30. Aufl. 2018, VVG § 203 Rn.; Hervorhebung durch den Senat).
Für die Prämienanpassung ist zunächst erforderlich, dass sich die Rechnungsgrundlage der Versicherungsleistungen verändert und die Veränderung einen bestimmten Schwellenwert (den sog. auslösenden Faktor) überschreitet. Eine Abweichung des auslösenden Faktors 'nach unten' hindert Versicherer nicht an einer Prämienerhöhung, denn der auslösende Faktor zeigt nur die Notwendigkeit einer Prüfung an, sagt aber nichts darüber aus, ob im Ergebnis eine Anpassung der Prämien nach oben oder unten angezeigt ist (Langheid/Rixecker/Muschner, 6. Aufl. 2019, VVG § 203 Rn. 23 - 24; Hervorhebung durch den Senat).
In welcher Richtung sich die Rechnungsgrundlage verändert, ist rechtlich ohne Belang. § 230 Abs. 2 Satz 1 VVG spricht richtungsneutral nur von 'Veränderung'. Im Regelfall sind dies zwar Veränderungen, die zu einer Prämienerhöhung führen. Dies ist jedoch nicht zwingend. Das Versicherungsunternehmen ist auch bei einer für den Versicherungsnehmer günstigen Entwicklung der Rechnungsgrundlagen zu einer Prämiensenkung verpflichtet, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die vereinzelte Gegenmeinung in der Literatur fand schon bisher in § 178 g Abs. 2 VVG a. F. keine Grundlage. Jede zu überprüfende Rechnungsgrundlage muss selbständig auf ihren Veränderungsbedarf hin überprüft werden und die Veränderungsvoraussetzungen erfüllen. Dies kann zur Folge haben, dass im selben Tarif einige Rechnungsgrundlagen zu Prämienerhöhungen und andere Rechnungsgrundlagen zu Prämiensenkungen führen. Prämienerhöhungen und Prämiensenkungen werden dann miteinander saldiert und ergeben im Saldo die eigentliche Prämienanpassung. Wenn eine maßgebliche Rechnungsgrundlage sich prämiensenkend verändert und eine Nachkalkulation auslöst, kann es gleichwohl zu einer Prämienerhöhung kommen, sofern die übrigen Rechnungsgrundlagen sich in noch stärkerem Umfang prämienerhöhend verändert haben. Die These des OLG Köln, eine dem Versicherungsnehmer günstige Veränderung einer maßgebenden Rechnungsgrundlage veranlasse 'allein auf Prüfung dahin, ob eine Prämiensenkung in Betracht kommt', widerspricht sowohl dem Inhalt als auch dem Zweck der gesetzlichen Vorschriften über die Prämienanpassung. Die Veränderungsrichtung der maßgeblichen Rechnungsgrundlage bestimmt nicht gleichzeitig die Veränderungsrichtung der Prämienanpassung (Langheid/Wandt/Boetius, MünchKommVVG, 2. Aufl. 2017, VVG § 203 Rn. 793 - 795 m.w.N.).
Vor diesem Hintergrund kommt es auf die vom Berufungsführer in den Vordergrund gestellte Entscheidung des OLG Köln aus 2012 (Urteil vom 20.07.2012, 20 U 149/11, VersR 2013, 1561) nicht entscheidungserheblich an.
Zunächst ist diese Rechtsprechung zu einer anderen Gesetzeslage aus der Zeit vor der VVG-Reform ergangen (Prämienanpassungsvorgang aus dem Jahre 2001 nach § 178 g Abs. 2 VVG a. F.) und deshalb nicht (mehr) maßgeblich für den hier zu beurteilenden (neueren) Fall.
Zudem hat die Berufungserwiderung vom 04.10.2018 (dort S. 6) zu Recht dargelegt, dass derselbe Senat des Oberlandesgerichts Köln in einer oben zitierten späteren Entscheidung vom 07.04.2017 (betreffend einen vergleichbaren Altfall der Prämienanpassung aus 2005 bei unveränderter Gesetzeslage wie in dem 2012 entschiedenen Fall) einen 'auslösenden Faktor' von 0,704 hat ausreichen lassen, um den Prämienanpassungsmechanismus in Gang zu setzen (OLG Köln, a.a.O., Rn. 26); hingegen dieser Faktor im vorliegenden Verfahren bezogen auf die Anpassung zum 01.01.2016 vom Sachverständigen auf 0,911 veranschlagt wurde (vgl. GA S. 19 - 21).
Dass aber - entgegen der damals vom OLG Köln apodiktisch niedergelegten Auffassung (vgl. OLG Köln, a.a.O. Rn. 29 juris) - 'Sinn und Zweck der Anpassungsvorschriften' sehr wohl auch im Interesse der betroffenen Versicherungsnehmer eine Prämienüberprüfung und Anpassung gebieten, selbst wenn der auslösende Faktor kleiner 1 ist und bei isolierter Betrachtung eine einzelne Rechnungsgrundlage zugunsten des Versicherungsnehmers eine 'Überdeckung' aufzeigen mag, kann nach den oben unter lit. a) dargestellten Grundsätzen nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden."
II.
Vor dem dargestellten Hintergrund kann der Kläger ebenfalls keine weiteren, auf die Pflicht zur Herausgabe von Nutzungsersatz gerichteten Feststellungsansprüche und auch keine Zahlungsansprüche mit Erfolg geltend machen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10; 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren erfolgt gemäß §§ 3. 9 ZPO. Der Streitwert setzt sich aus dem Wert des Zahlungsantrages in Höhe von 4.145,02 EUR und dem Wert des Feststellungsbegehrens bezogen auf die Nichtleistungspflicht in Höhe von 3.622,99 EUR zusammen. Für den Feststellungsantrag der künftigen Nichtleistungspflicht ist zwar grundsätzlich nach § 9 ZPO analog der Zeitraum von 3,5 Jahren anzusetzen. Der wirtschaftlich identische Feststellungsantrag erhöht den Streitwert aber nicht, soweit er sich auf denselben Zeitraum wie der Zahlungsantrag bezieht (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2021 - IV ZR 353/19 - juris). Der für die Feststellung der künftigen Nichtleistungspflicht zugrunde zu legende Zeitraum von 3,5 Jahren ab Anhängigkeit des Feststellungsantrages wirkt sich daher nur zum Teil streitwerterhöhend aus, da der Zeitraum im Tarif TG 43/128 (Erhöhung zum 01.01.2014) und PNW (Erhöhung zum 01.01.2017) bis zum 01.04.2021 und im Tarif TG 43/128 (Erhöhung zum 01.01.2020) bis zum 19.10.2021 auch vom Zahlungsantrag umfasst ist. Schließlich ist noch der Wert des Feststellungsantrages wegen Herausgabe der Nutzungen, der mit 1% des Streitwertes aus Leistungs- und Feststellungsbegehren wegen der Nichtleistungspflicht (zusammen 7.768,01 EUR) bemessen wird und daher 77,68 EUR beträgt, zu addieren.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beschränkt auf die Frage zuzulassen, ob § 8 b Abs. 1 MB/KK nach § 307 Abs. 2 BGB unwirksam ist. Diese Frage wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Urteil vom 22.09.2020 - 9 U 237/19 - angenommen, dass § 8 b Abs. 1 und 2 MB/KK unwirksam sind. Der Senat hat sich der gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichtes Stuttgart in seinem Urteil vom 18.11.2021 (7 U 244/21 - juris) und des OLG Schleswig (Urteil vom 13.12.2021 16 U 94/21 - juris) angeschlossen.
Urteil vom 17.05.2022
In dem Rechtsstreit
T...... P......, ...
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
G...... R...... Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, ...
gegen
... Krankenversicherung a.G., ...
vertreten durch den Vorstand
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
B...... L...... D...... Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, ...
wegen Beitragserhöhung
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S......,Richterin am Oberlandesgericht P...... und
Richterin am Oberlandesgericht W......
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.05.2022 für Recht erkannt:
Tenor:
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.845,69 EUR festgesetzt.
Gründe
A.
Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen seiner Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Pflicht zur Herausgabe der aus dem Prämienanteil insoweit gezogenen Nutzungen und die Rückzahlung bereits entrichteter Beiträge für einzelne Tariferhöhungen.
Den einzelnen Tariferhöhungen gingen im Oktober bzw. November des Vorjahres der jeweiligen Beitragserhöhung seitens der Beklagten versandte Mitteilungen zur Beitragsanpassung voraus. Wegen der Einzelheiten des Inhaltes der Schreiben wird auf die Anlage BLD 6 verwiesen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 06.10.2021 die Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren - mit Ausnahme der wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbaren Ansprüche - weiter und erweitert zugleich den Leistungsantrag um die nach Anhängigkeit der Klage gezahlten Beiträge i.H.v. insgesamt 453,34 EUR. Er ist weiterhin der Auffassung, dass die Beitragsanpassungen formell unwirksam seien. Auch wenn die Beklagte mitgeteilt habe, die Beiträge würden in dem betroffenen Tarif aufgrund veränderter Versicherungsleistungen angepasst, sei doch der Hinweis unterblieben, dass die Veränderungen von nicht nur vorübergehender Natur seien. Von einem Versicherungsnehmer könne insoweit auch nicht erwartet werden, dass er aus allgemeinen Informationen die eventuell dauerhafte Veränderung der Rechnungsgrundlage ableite. Zudem habe das Landgericht verkannt, dass die Prämienneufestsetzungen in den Tarifen PNE zum 01.01.2015, TK50 zum 01.01.2019, PN zum 01.01.2019 und TG43/128 zum 01.01.2020 auch materiell unwirksam gewesen seien, da diesen Erhöhungen eine Schwellenwertabweichung unterhalb des gesetzlich festgelegten Wertes von 10% zugrunde gelegen habe und die Regelung in § 8b der AVB der Beklagten unwirksam sei. Schließlich habe das Landgericht übersehen, dass die Beitragserhöhung im Tarif TK50 zum 01.01.2019 unwirksam gewesen sei, weil sie trotz gesunkener Leistungsausgaben erfolgt sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Dresden vom 06.10.2021 abzuändern und
1) festzustellen, dass folgende Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen der Klägerseite und der Beklagten bestehenden Kranken-/Pflegeversicherung mit der Versicherungsnummer 0000000.0 unwirksam waren:
a) in den Tarifen für T...... P......
aa) im Tarif TG43/128 die Erhöhung zum 01.01.2014 i.H.v. 3,75 EUR,
bb) im Tarif PNW die Erhöhung zum 01.01.2017 i.H.v. 65,67 EUR,
cc) im Tarif gesetzl. Beitragszuschlag die Erhöhung zum 01.01.2017 i.H.v. 6,57 EUR,
dd) im Tarif TK50 die Erhöhung zum 01.10.2019 i.H.v. 0,66 EUR,
ee) im Tarif TG43/128 die Erhöhung zum 01.01.2020 i.H.v. 6,67 EUR,
b) in den Tarifen für K...... J...... P......
aa) im Tarif PNE die Erhöhung zum 01.01.2015 i.H.v. 0,66 EUR,
bb) im Tarif PVZ660 die Erhöhung zum 01.01.2017 i.H.v. 0,08 EUR,
cc) im Tarif PN die Erhöhung zum 01.01.2019 i.H.v. 10,56 EUR,
und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbeitrages verpflichtet war.
2) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite 4.145,02 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
3) festzustellen, dass die Beklagte
a) der Klägerseite zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den die Klägerseite auf die unter 1) aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,
b) die nach 4a) herauszugebenden Nutzungen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
I.
Die Klage ist zwar mit dem auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen gerichteten Antrag zulässig. Ein feststellungsfähiges gegenwärtiges Rechtsverhältnis liegt insoweit vor. Allein mit dem vom Kläger erstrebten Leistungsurteil auf Rückzahlung überzahlter Beiträge wäre nicht rechtskräftig festgestellt, dass er zukünftig nicht zur Zahlung des sich aus den streitgegenständlichen Beitragsanpassungen ergebenden Erhöhungsbetrages verpflichtet ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 - IV ZR 148/20 -, Rn. 18 - 20, juris). Das Feststellungsinteresse ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Begründungsmängel der genannten Beitragsanpassungen zwischenzeitlich geheilt sind. Die begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Prämienerhöhung ist vielmehr eine Vorfrage für den Leistungsantrag und geht zugleich über das dort erfasste Rechtsschutzziel des Klägers hinaus; sie ist deshalb auch als Zwischenfeststellungsklage im Sinne von § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 - IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297 Rn. 17). Bei der Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO macht die Vorgreiflichkeit das sonst für die Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse entbehrlich (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2021 - IV ZR 148/20 -, Rn. 18 - 20, juris; BGH, Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 Rn. 29).
Allerdings hat der Kläger mit dem Feststellungsbegehren keinen Erfolg, weil sämtliche Beitragsanpassungen wirksam waren.
1.
Die Mitteilungen zur Beitragsanpassung zum 01.01.2014, zum 01.01.2015, zum 01.01.2017, zum 01.01. 2019 sowie zum 01.01.2020 genügten jeweils den formellen Anforderungen des § 203 Abs.5 VVG.
a)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 16. Dezember 2020, Az. IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19 - juris; Urteil vom 20. Oktober 2021, Az. IV ZR 148/20 - juris) erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Der Gesetzeswortlaut sieht die Angabe der "hierfür maßgeblichen Gründe" vor und macht damit deutlich, dass sich diese auf die konkret in Rede stehende Prämienanpassung beziehen müssen; eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergibt, genügt danach nicht (so BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. IV ZR 294/16, Rdnr. 26 - juris). Zugleich folgt aus dem Wortlaut "maßgeblich", dass nicht alle Gründe genannt werden müssen, sondern lediglich die für die Prämienanpassung entscheidenden Umstände. In diesem Sinne entscheidend ist nur, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in den § 155 Abs. 3 und 4 VAG oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte überschreitet oder nicht. Dagegen ist die konkrete Höhe der Veränderung der Rechnungsgrundlagen, der Umfang der Überschreitung des Schwellenwerts oder die Angabe, ob sich der überschrittene Schwellenwert aus dem Gesetz oder den Versicherungsbedingungen ergibt, zur Information des Versicherungsnehmers nicht erforderlich (vgl. BGH a.a.O.; BGH, Urteil vom 21. Juli 2021, Az. IV ZR 191/20 - juris; OLG Celle, Urteil vom 13. Januar 2022, Az. 8 U 134/21 - juris). Ferner ist über die Nennung der Rechnungsgrundlage hinaus ein ausdrücklicher Hinweis auf eine nicht nur vorübergehende Veränderung dieser nicht geboten (vgl. dazu nur OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.02.2022, Az. 12 U 202/21; OLG Stuttgart, Urteil vom 04.11.2021, Az. 7 U 204/21 - juris). Vielmehr gehört neben der veränderten Rechnungsgrundlage lediglich die Angabe, dass ein vorab festgelegter Schwellenwert überschritten worden ist, zum notwendigen Begründungsumfang einer Mitteilung nach § 203 Abs.5 VVG (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2021, a.a.O.; Senat, Urteil vom 08. Februar 2022, Az. 4 U 1728/21; OLG Celle, a.a.O.). Denn die Mitteilung erfüllt so den Zweck, dem Versicherungsnehmer zu verdeutlichen, dass weder sein individuelles Verhalten noch eine freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung waren, sondern dass eine bestimmte Veränderung der Umstände dies aufgrund gesetzlicher Regelungen veranlasst hat (so BGH, a.a.O.). Dagegen hat die Mitteilungspflicht nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen (so BGH, a.a.O.; Senat, a.a.O.).
b)
Unter Berücksichtigung dessen sind die nach § 203 Abs. 5 VVG erforderlichen Angaben in den streitgegenständlichen Mitteilungen zu den Beitragserhöhungen enthalten, so dass die Prämienanpassungen sich insgesamt als wirksam darstellen.
aa) In dem Mitteilungsschreiben zur Beitragsanpassung zum 01.01.2014 heißt es wie folgt: "... zum 01.01.2014 müssen in einigen Krankenversicherungstarifen die Beiträge angepasst werden. In Zusatztarifen werden die Beiträge aufgrund veränderter Leistungsausgaben überwiegend gesenkt oder auch nur teilweise erhöht. Die private Krankenversicherung (PKV) hat die Verpflichtung, die jederzeitige Bezahlbarkeit der vertraglich zugesagten Leistungen zu gewährleisten. Daher ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass wir die Beiträge im kalkulatorisch notwendigen Umfang erhöhen müssen, wenn der Rechnungsausgleich nicht mehr gesichert ist. Andere Möglichkeiten zur Wiederherstellung des Gleichgewichts von Leistungen und Beiträgen hat die PKV nicht. Die oben erwähnten Beitragssenkungen zeigen, dass der Beitragsanpassungsmechanismus in beide Richtungen wirkt. Die Auswirkungen, speziell auf Ihren Vertrag, ersehen Sie bitte aus der beiliegenden Änderungsmitteilung ...". In der beigefügten tabellarischen Übersicht überschrieben mit "Mitteilung über die Änderung der Beiträge zur Kranken-/Pflegeversicherung ab 01.01.2014" wird durch Fettdruck der geänderte Beitrag hervorgehoben.
Damit ist hinsichtlich der Beitragsanpassung zum 01.01.2014 in dem Mitteilungsschreiben ausdrücklich angegeben, dass die Rechnungsgrundlage "Leistungsausgaben" die Beitragsänderung ausgelöst hat. Denn bei dem Tarif TG 43/128 handelt es sich um einen Krankentagegeldversicherungstarif und somit um einen Zusatztarif i.S.d. Mitteilungsschreiben, so dass die Rechnungsgrundlage, die die Beitragsanpassung ausgelöst hat, genannt worden ist. Zwar wird nicht ausdrücklich erklärt, dass eine Überschreitung des Schwellenwerts die Beitragsänderung notwendig gemacht hat, dennoch konnte der Versicherungsnehmer dem Schreiben noch hinreichend entnehmen, dass nicht etwa ein individuelles Verhalten seinerseits oder eine freie Entscheidung der Beklagten Grund für die Beitragserhöhung war, sondern gesetzlich verbindliche Regelungen die Beitragsanpassung bedingt haben. Schließlich wurde durch die Beklagte aber auch nicht nur die allgemeine Verfahrensweise zur Beitragsanpassung erläutert, sondern zum Ausdruck gebracht, dass es sich um das Ergebnis der aktuellen Überprüfung bezogen auf den konkreten Tarif ("die Auswirkungen, speziell auf Ihren Vertrag ...") handelt.
bb) Im Anschreiben zur Beitragsanpassung zum 01.01.2015 wird u.a. ausgeführt: "... dank Ihres umfassenden Versicherungsschutzes profitieren Sie nicht nur von bewährten, sondern auch von innovativen Behandlungsmethoden und anderen Verbesserungen der modernen Medizin. Meist gehen diese Leistungen allerdings mit höheren Kosten einher. Gleichzeitig steigt erfreulicherweise die allgemeine Lebenserwartung stetig an. Daher müssen wir sicherstellen, dass wir trotzdem dauerhaft alle vertraglich vereinbarten Leistungen für unsere Mitglieder übernehmen können. Aus diesem Grund sind wir gesetzlich verpflichtet, jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen zu vergleichen, um die Beiträge, sofern sich dort eine dauerhafte Abweichung ergibt, entsprechend anzupassen. ... Die Änderung Ihres Beitrags entnehmen Sie bitte der beiliegenden Änderungsmitteilung". In der beigefügten Änderungsmitteilung vom 18.11.2014, mit der der Versicherungsnehmer über die Änderung der Beiträge zur Kranken-/Pflegeversicherung ab 01.01.2015 informiert wird, ist in der Tabelle, die die einzelnen Tarife mit ihren bisherigen sowie neuen monatlichen Beiträgen auflistet, eine Spalte eingefügt, die bei dem Tarif, der einer Änderung unterliegt, ausdrücklich mit einem "Hinweis" unter Nennung des Buchstabens "A" versehen ist. In der beigefügten "Information zu den Beitragsänderungen zum 01.01.2015" heißt es dazu eingangs erläuternd wie folgt: "In welchen Punkten sich Ihr Vertrag ändert, haben wir in der Änderungsmitteilung mit dem Buchstaben A und/oder B gekennzeichnet. A Anpassung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge infolge veränderter Versicherungsleistungen". Zwar wird auch hier ein ausdrücklicher Hinweis auf die Überschreitung des Schwellenwertes nicht vorgenommen, es geht aber dennoch hinreichend aus dem Anschreiben hervor, dass allein die bestehende gesetzliche Verpflichtung die Beitragsanpassung bedingt hat.
cc)
Auch die Beitragsmitteilungen zum 01.01.2017, 01.01.2019 und 01.01.2020 sind formell wirksam. In der Änderungsmitteilung ist jeweils unter Gegenüberstellung der bisherigen sowie der neuen monatlichen Beiträge bei den Tarifen, bei denen es zu einer Beitragsänderung kam, ein ausdrücklicher Hinweis mit dem Buchstaben "A" erfolgt. Auf der nachfolgenden Seite ist die Erläuterung des Hinweises unter "A", wonach die Rechnungsgrundlage, die die Prämienanpassung ausgelöst hat, die veränderten Leistungsausgaben sind, enthalten. Ferner ist in den Anschreiben bzw. den beigefügten Informationsblättern ausdrücklich erwähnt, dass die Überschreitung des Schwellenwertes die konkrete Beitragsanpassung bedingt hat.
2.
Die Berufung hat auch nicht wegen der unterhalb des gesetzlichen Schwellenwertes liegenden Veränderungen der auslösenden Faktoren Erfolg. Unstreitig halten sich sämtliche Erhöhungen innerhalb des durch § 8 b der zwischen den Parteien vereinbarten AVB vorgegebenen Rahmens. Auf eine Gesamtnichtigkeit dieser Regelung kann sich der Kläger nicht stützten. Der Senat bleibt insoweit vielmehr bei seiner bereits mehrfach ausgesprochenen Rechtsauffassung (vgl. nur Urteil vom 22.03.2022, Az. 4 U 1958/21 oder Urteil vom 22.02.2022, Az. 4 U 1712/21 ab Seite 7 m.w.N.). Dort heißt es:
"§ 8 b Abs. 2 MB/KK verstößt zwar gegen § 203 Satz 2 VVG und ist daher gemäß § 307 Abs. 2 BGB unwirksam (ebenso Boetius in Münchner Kommentar zum VVG, 2017, § 203 Rdnr. 940), denn § 8 b Abs. 2 MB/KK enthält eine Abweichung zum Nachteil der Versicherungsnehmer, wonach von einer Prämienanpassung abgesehen werden kann, wenn die Veränderung der Versicherungsleistung als vorübergehend anzusehen ist. In diesem Fall muss jedoch gemäß § 203 Abs. 2 von einer Prämienanpassung abgesehen werden (vgl. Boetius, a.a.O.; ebenso OLG Köln, Urteil vom 22.09.2020 - 9 U 237/19 in VersR 2021, Seiten 95 f.). Dem Versicherer steht insoweit kein Ermessen zu. § 8 Abs. 3 MB/KK wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne versicherungsvertragliche Spezialkenntnisse aber dahingehend verstehen, dass dem Versicherer bei einer nur vorübergehenden Veränderung der Versicherungsleistung ein Ermessensspielraum bei der Entscheidung darüber eingeräumt wird, ob es zu einer Prämienanpassung kommt oder nicht (so OLG Köln, a.a.O.). Dies widerspricht § 203 Abs. 2 VVG. Danach ist eine Prämienanpassung nur dann zulässig ist, wenn die Veränderung nicht nur vorübergehender Art ist. Nach der halb zwingenden Vorschrift des § 208 Abs. 1 VVG kann von der gesetzlichen Regelung nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden (so OLG Köln, a.a.O.).
Anders als das Oberlandesgericht Köln in seinem Urteil vom 22.09.2020 (9 U 237/19) ist der Senat jedoch der Auffassung, dass die Regelungen in den Absätzen 1 und 2 in keinem untrennbaren Zusammenhang stehen und bei isolierter Betrachtung von § 8 b Abs. 1 MB/KK eine Beitragsanpassung nur dann erfolgen kann, wenn der maßgebliche Schwellenwert dauerhaft überschritten ist. Der Wortlaut von § 8 b Abs. 1 MB/KK erwähnt zwar das Kriterium der Dauerhaftigkeit nicht, dieses ergibt sich aber aus der zwingenden gesetzlichen Regelung.
Der Senat schließt sich der Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart in seinem Urteil vom 18.11.2021 (7 U 244/21 - juris) insoweit an. Dort hat es Folgendes ausgeführt:
Nach § 306 Abs. 1 BGB bleibt der Vertrag dann, wenn allgemeine Geschäftsbedingungen teilweise unwirksam sind, im Übrigen rechtsbeständig. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch dann Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen - unwirksamen - Regelungen stehen. Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrages nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel. Die inhaltliche Trennbarkeit einer Klausel und damit ihre Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil ist immer dann gegeben, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (blue-pencel-Test). Ob beide Bestimmungen den gleichen Regelungsgegenstand betreffen, ist dabei unerheblich (so z. B. BGH, Urteile vom 31.03.2021 - IV ZR 221/19 Rdnr. 64 und vom 13.02.2020 - IX ZR 140/19 Rdnr. 26).
Hiervon ausgehend, kann die Regelung in § 8 b Abs. 1 MB/KK ohne Weiteres Bestand haben, auch wenn § 8 Abs. 2 MB/KK gestrichen wird. Der Sinn von Abs. 1 leidet nicht darunter, die Regelung in Abs. 1 verstößt bei ihrem isolierten Bestehenbleiben auch nicht gegen die in § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG, § 203 Abs. 2 VVG vorgesehene Voraussetzung einer nicht nur vorübergehenden Veränderung.
...
Betrachtet man § 8 b Abs. 1 MB/KK isoliert und ohne die Regelung in Abs. 2 ergibt sich bereits kein Hinweis auf die Voraussetzung einer nicht nur vorübergehenden Veränderung. Ein solcher Schluss lässt sich allenfalls mit Blick auf Abs. 2 ziehen. § 8 b Abs. 1 MB/KK ist - für sich betrachtet - kein Hinweis auf das Erfordernis einer Dauerhaftigkeit zu entnehmen. Durch die weiterhin geltenden gesetzlichen Regelungen ist überdies gesichert, dass nur bei einer nicht nur vorübergehenden Veränderung der Rechnungsgrundlagen die Beiträge angepasst werden dürfen. Das Verständnis von § 8 b Abs. 1 MB/KK ergibt sich mithin unter Berücksichtigung der zwingenden Gesetzesvorschriften, von denen ersichtlich eine Abweichung nicht vorgenommen werden soll. Eine Wiederholung sämtlicher Voraussetzungen für eine Beitragsanpassung in den MB/KK ist - auch mit Blick auf den durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer - nicht erforderlich."
3.
Auch die geltend gemachte Nichtigkeit der Beitragsanpassung wegen Kalkulationsunterschreitung im Tarif TK50 zum 01.01.2019 greift nicht durch.
Auch hier kann auf die Ausführungen in den zuvor zitierten Senatsentscheidungen verwiesen werden, in denen der Senat sich insoweit der Auffassung des OLG Nürnberg in dessen Hinweisbeschluss vom 30.01.2019 (Az.8 U 1482/19) angeschlossen hat. Dort heißt es unter anderem:
""Insbesondere teilt der Senat nicht die Auffassung des Klägers, schon der Wortlaut, jedenfalls aber der Sinn der vertraglichen Regelung verbiete es, bei einer 'Abweichung nach unten' eine 'Prämienanpassung nach oben' vorzunehmen. Denn diese Argumentation vermengt die zwei Stufen des gesetzlich und vertraglich geregelten Anpassungsverfahrens.
Eine 'Abweichung' von mehr als 5% bedeutet sowohl im Wortlaut als auch im Wortsinne nur eine Differenz bestimmter Größenvorgabe ohne Beschränkung auf eine 'abweichende' Richtung. Wenn diese Differenzvorgabe erfüllt ist - wie unstreitig im vorliegenden Fall - dann ist ein bedingungsgemäßes Anpassungsverfahren eröffnet. Wie dann das Ergebnis dieser Neukalkulation des Versicherers ausfällt, steht auf einem anderen Blatt und ist in dieser Prüfstufe unerheblich.
Da die Möglichkeit der Prämienanpassung dem Versicherer die aufsichtsrechtlich gebotene Neuberechnung der Prämie ermöglichen soll, führt auch eine für den Versicherer positive Abweichung bei der Sterbewahrscheinlichkeit oder beim Leistungsvolumen dazu, dass bei Überschreitung des Auslösewertes die Prämie neu berechnet wird. Bei Steigerungen in anderen Rechnungsfaktoren kann es so im Ergebnis auch zu einer Prämienerhöhung kommen (Prölss/Martin/Voit, 30. Aufl. 2018, VVG § 203 Rn.; Hervorhebung durch den Senat).
Für die Prämienanpassung ist zunächst erforderlich, dass sich die Rechnungsgrundlage der Versicherungsleistungen verändert und die Veränderung einen bestimmten Schwellenwert (den sog. auslösenden Faktor) überschreitet. Eine Abweichung des auslösenden Faktors 'nach unten' hindert Versicherer nicht an einer Prämienerhöhung, denn der auslösende Faktor zeigt nur die Notwendigkeit einer Prüfung an, sagt aber nichts darüber aus, ob im Ergebnis eine Anpassung der Prämien nach oben oder unten angezeigt ist (Langheid/Rixecker/Muschner, 6. Aufl. 2019, VVG § 203 Rn. 23 - 24; Hervorhebung durch den Senat).
In welcher Richtung sich die Rechnungsgrundlage verändert, ist rechtlich ohne Belang. § 230 Abs. 2 Satz 1 VVG spricht richtungsneutral nur von 'Veränderung'. Im Regelfall sind dies zwar Veränderungen, die zu einer Prämienerhöhung führen. Dies ist jedoch nicht zwingend. Das Versicherungsunternehmen ist auch bei einer für den Versicherungsnehmer günstigen Entwicklung der Rechnungsgrundlagen zu einer Prämiensenkung verpflichtet, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die vereinzelte Gegenmeinung in der Literatur fand schon bisher in § 178 g Abs. 2 VVG a. F. keine Grundlage. Jede zu überprüfende Rechnungsgrundlage muss selbständig auf ihren Veränderungsbedarf hin überprüft werden und die Veränderungsvoraussetzungen erfüllen. Dies kann zur Folge haben, dass im selben Tarif einige Rechnungsgrundlagen zu Prämienerhöhungen und andere Rechnungsgrundlagen zu Prämiensenkungen führen. Prämienerhöhungen und Prämiensenkungen werden dann miteinander saldiert und ergeben im Saldo die eigentliche Prämienanpassung. Wenn eine maßgebliche Rechnungsgrundlage sich prämiensenkend verändert und eine Nachkalkulation auslöst, kann es gleichwohl zu einer Prämienerhöhung kommen, sofern die übrigen Rechnungsgrundlagen sich in noch stärkerem Umfang prämienerhöhend verändert haben. Die These des OLG Köln, eine dem Versicherungsnehmer günstige Veränderung einer maßgebenden Rechnungsgrundlage veranlasse 'allein auf Prüfung dahin, ob eine Prämiensenkung in Betracht kommt', widerspricht sowohl dem Inhalt als auch dem Zweck der gesetzlichen Vorschriften über die Prämienanpassung. Die Veränderungsrichtung der maßgeblichen Rechnungsgrundlage bestimmt nicht gleichzeitig die Veränderungsrichtung der Prämienanpassung (Langheid/Wandt/Boetius, MünchKommVVG, 2. Aufl. 2017, VVG § 203 Rn. 793 - 795 m.w.N.).
Vor diesem Hintergrund kommt es auf die vom Berufungsführer in den Vordergrund gestellte Entscheidung des OLG Köln aus 2012 (Urteil vom 20.07.2012, 20 U 149/11, VersR 2013, 1561) nicht entscheidungserheblich an.
Zunächst ist diese Rechtsprechung zu einer anderen Gesetzeslage aus der Zeit vor der VVG-Reform ergangen (Prämienanpassungsvorgang aus dem Jahre 2001 nach § 178 g Abs. 2 VVG a. F.) und deshalb nicht (mehr) maßgeblich für den hier zu beurteilenden (neueren) Fall.
Zudem hat die Berufungserwiderung vom 04.10.2018 (dort S. 6) zu Recht dargelegt, dass derselbe Senat des Oberlandesgerichts Köln in einer oben zitierten späteren Entscheidung vom 07.04.2017 (betreffend einen vergleichbaren Altfall der Prämienanpassung aus 2005 bei unveränderter Gesetzeslage wie in dem 2012 entschiedenen Fall) einen 'auslösenden Faktor' von 0,704 hat ausreichen lassen, um den Prämienanpassungsmechanismus in Gang zu setzen (OLG Köln, a.a.O., Rn. 26); hingegen dieser Faktor im vorliegenden Verfahren bezogen auf die Anpassung zum 01.01.2016 vom Sachverständigen auf 0,911 veranschlagt wurde (vgl. GA S. 19 - 21).
Dass aber - entgegen der damals vom OLG Köln apodiktisch niedergelegten Auffassung (vgl. OLG Köln, a.a.O. Rn. 29 juris) - 'Sinn und Zweck der Anpassungsvorschriften' sehr wohl auch im Interesse der betroffenen Versicherungsnehmer eine Prämienüberprüfung und Anpassung gebieten, selbst wenn der auslösende Faktor kleiner 1 ist und bei isolierter Betrachtung eine einzelne Rechnungsgrundlage zugunsten des Versicherungsnehmers eine 'Überdeckung' aufzeigen mag, kann nach den oben unter lit. a) dargestellten Grundsätzen nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden."
II.
Vor dem dargestellten Hintergrund kann der Kläger ebenfalls keine weiteren, auf die Pflicht zur Herausgabe von Nutzungsersatz gerichteten Feststellungsansprüche und auch keine Zahlungsansprüche mit Erfolg geltend machen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10; 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren erfolgt gemäß §§ 3. 9 ZPO. Der Streitwert setzt sich aus dem Wert des Zahlungsantrages in Höhe von 4.145,02 EUR und dem Wert des Feststellungsbegehrens bezogen auf die Nichtleistungspflicht in Höhe von 3.622,99 EUR zusammen. Für den Feststellungsantrag der künftigen Nichtleistungspflicht ist zwar grundsätzlich nach § 9 ZPO analog der Zeitraum von 3,5 Jahren anzusetzen. Der wirtschaftlich identische Feststellungsantrag erhöht den Streitwert aber nicht, soweit er sich auf denselben Zeitraum wie der Zahlungsantrag bezieht (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2021 - IV ZR 353/19 - juris). Der für die Feststellung der künftigen Nichtleistungspflicht zugrunde zu legende Zeitraum von 3,5 Jahren ab Anhängigkeit des Feststellungsantrages wirkt sich daher nur zum Teil streitwerterhöhend aus, da der Zeitraum im Tarif TG 43/128 (Erhöhung zum 01.01.2014) und PNW (Erhöhung zum 01.01.2017) bis zum 01.04.2021 und im Tarif TG 43/128 (Erhöhung zum 01.01.2020) bis zum 19.10.2021 auch vom Zahlungsantrag umfasst ist. Schließlich ist noch der Wert des Feststellungsantrages wegen Herausgabe der Nutzungen, der mit 1% des Streitwertes aus Leistungs- und Feststellungsbegehren wegen der Nichtleistungspflicht (zusammen 7.768,01 EUR) bemessen wird und daher 77,68 EUR beträgt, zu addieren.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beschränkt auf die Frage zuzulassen, ob § 8 b Abs. 1 MB/KK nach § 307 Abs. 2 BGB unwirksam ist. Diese Frage wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Urteil vom 22.09.2020 - 9 U 237/19 - angenommen, dass § 8 b Abs. 1 und 2 MB/KK unwirksam sind. Der Senat hat sich der gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichtes Stuttgart in seinem Urteil vom 18.11.2021 (7 U 244/21 - juris) und des OLG Schleswig (Urteil vom 13.12.2021 16 U 94/21 - juris) angeschlossen.