20.10.2022 · IWW-Abrufnummer 231919
Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 18.05.2022 – 7 U 230/20
Eine formgerechte Widerrufsbelehrung nach § 8 Abs. 4 VVG a.F. erfordert nur eine ausreichende drucktechnische Hervorhebung, nicht aber eine Belehrung in drucktechnisch deutlicher Form entsprechend den zu § 5a VVG a.F. entwickelten Anforderungen.
OLG Frankfurt 7. Zivilsenat
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 01.10.2020 (Az. 7 O 218/20) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines im Jahr 1994 geschlossenen Lebensversicherungsvertrags nach erklärtem Widerruf des Versicherungsantrages.
Der Kläger unterschrieb am 21.02.1994 einen Antrag auf Abschluss einer Einzel-Kapitalversicherung im Tarif 2n der A AG. Blatt drei des vierseitigen Formulars ist nach den Antragsfragen der Bereich des Unterschriftenfeldes, in dem die Widerrufsbelehrung enthalten ist, folgendermaßen gestaltet:
(Von der Darstellung des nachfolgenden Bildes wird aus Datenschutzgründen abgesehen - die Red.)
Der Vertrag kam im Antragsmodell zustande. Der Kläger leistete die vereinbarten Beiträge, wobei der Umfang zwischen den Parteien streitig ist. Mit Schreiben vom 21.11.2019 erklärte er gegenüber der Beklagten den „Widerspruch“ gegen den Abschluss des Vertrages.
Der Kläger hat gemeint, die Widerrufsbelehrung im Antragsformular sei am Maßstab von § 8 Abs. 4 VVG a.F. nicht ausreichend, da sie optisch in den Hintergrund gestellt sei. Er hat vorgetragen, Prämien i.H.v. 63.777,56 € gezahlt zu haben.
Die Beklagte hat die Widerrufsbelehrung für ausreichend gehalten. Sie hat sich zudem auf Verwirkung berufen, da der Kläger die Beiträge zu der steuerbegünstigten Versicherung in seiner Steuererklärung angegeben, im Jahr 2011 und 2014 weitergehende vertragliche Ansprüche geltend gemacht und die vereinbarte Beitragsdynamik in einzelnen Jahren abgelehnt habe. Der Kläger habe Beiträge nur i.H.v. 57.564,46 € entrichtet. Ferner hat sie sich gegen die Nutzungsberechnung des Klägers gewandt.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand
des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 01.10.2020, das dem Kläger am 07.10.2020 zugestellt worden ist, die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages, weil der Widerruf erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erklärt worden sei. Die erteilte Belehrung sei wirksam gewesen, da sie vollständig gewesen sei und eine ausreichende drucktechnische Hervorhebung festgestellt werden könne.
Mit seiner am 04.11.2020 eingelegten und begründeten Berufung trägt der Kläger vor, der Bundesgerichtshof habe hinsichtlich der Anforderungen an die Belehrung eine Gleichsetzung von Verträgen nach dem Policen- und dem Antragsmodell vorgenommen. Die hohen Voraussetzungen, wie sie beim Policenmodell gefordert seien, seien auch beim Antragsmodell zu stellen und vorliegend nicht erfüllt. Die Widerrufsbelehrung sei geradezu darauf ausgelegt, nicht wahrgenommen zu werden. Sie habe sich inmitten der vollkommen überfrachteten dritten Seite des Antrags befunden und sei durch deren Gestaltung in den Hintergrund gedrängt worden (wird ausgeführt). Bei der Beurteilung sei insbesondere zu berücksichtigen, dass auf derselben Seite des Formulars eine weitere Passage fettgedruckt sei.
Der Kläger beantragt,
das am 01.10.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden mit dem Aktenzeichen 7 O 218/20 aufzuheben und
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 113.065,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. festzustellen, dass der Kläger seit dem 21.09.2019 zu keinen Beitragszahlungen mehr verpflichtet ist.
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.480,44 € nebst Zinsen i.H.v. 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Es liegt kein Berufungsgrund im Sinne von § 513 ZPO vor, da die Entscheidung des Landgerichts weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung in der Sache rechtfertigen.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der streitgegenständliche Versicherungsvertrag nicht rückabzuwickeln ist. Der Kläger hat damit gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung gezahlter Prämien oder Zahlung von Nutzungszinsen aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 BGB, denn er hat die Prämienzahlungen nicht ohne Rechtsgrund geleistet. Auch eine Feststellung, dass die Beitragspflicht aufgrund des Widerrufs entfallen sei, war danach nicht zu treffen.
Der Kläger wurde im Versicherungsantrag im Jahr 1994 wirksam über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt, so dass die Fristen im Jahr 1994 in Gang gesetzt wurden und zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerspruchs im Jahr 2019 bereits abgelaufen waren.
Für das Versicherungsverhältnis gilt § 8 Abs. 3, Abs. 4 VVG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung versicherungsrechtlicher Vorschriften vom 17.12.1990 (BGBl. I 1990, S. 2864).
Inhaltlich war danach über die Schriftform für den Widerruf, die Erklärungsfrist von zehn Tagen, den fristauslösenden Umstand ab Unterzeichnung des Versicherungsantrages und über das Eingangserfordernis für die Fristwahrung zu belehren. Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Belehrung. Sie weicht hiervon nur insofern ab, als zur Fristwahrung bereits die Absendung des Widerrufs genügen soll. Allerdings bleibt diese Abweichung als lediglich für den Versicherungsnehmer günstigere und in keiner Weise irreführende Regelung außer Betracht.
Hinsichtlich der zu beachtenden Form der Belehrung sah § 8 Abs. 4 S. 4 VVG a.F. lediglich eine „schriftliche“ Belehrung ohne das Erfordernis einer drucktechnischen Hervorhebung vor. Hierzu hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Belehrung über das Widerrufsrecht zur Erreichung ihres gesetzlichen Zweckes inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus Sicht der Verbraucher eindeutig sein musste. Das erforderte eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trug und darauf angelegt war, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2017 - IV ZR 173/15, NJW-RR 2017, 485 Rn. 18; BGH, Urteil vom 28. September 2016 - IV ZR 41/14, VersR 2016, 1483 Rn. 16; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, VersR 2013, 1513 Rn. 14).
In diesem Rahmen war auch eine „ausreichende drucktechnische“ Hervorhebung geschuldet (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 260/11, VersR 2015, 224 Rn. 16). Als unzureichend abgelehnt hat der Bundesgerichtshof deshalb beispielsweise eine in dem Antragsformular des Versicherers enthaltene Belehrung, die zwar über der Unterschriftszeile, dort aber als dritter von sechs Absätzen inmitten zahlreicher weiterer Hinweise und Informationen abgedruckt war. Da sie - im Gegensatz zu den ersten beiden Absätzen - auch nicht fettgedruckt oder auf andere Weise hervorgehoben sei, sei sie nicht geeignet, den Versicherungsnehmer auf das Widerrufsrecht aufmerksam zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2016 - IV ZR 166/12, juris Rn. 13).
Eine Gleichsetzung der Anforderungen nach § 5a VVG a.F. („Belehrung in drucktechnisch deutlicher Form“) mit den Anforderungen nach § 8 VVG a.F. ist den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes entgegen der Auffassung des Klägers aber nicht zu entnehmen. Eine solche hat der Bundesgerichtshof nicht vorgenommen. Vielmehr hat er durch die Wendung „ausreichende drucktechnische Hervorhebung“ im Urteil vom 17. Dezember 2014 zum Ausdruck gebracht, dass die Anforderungen an eine „ausreichende“ Hervorhebung gegenüber denjenigen an eine „deutliche“ Hervorhebung (wie nach § 5a VVG a.F.) erheblich herabgesetzt sind. Dem schließt der erkennende Senat sich an.
Gemessen an diesem Maßstab ist die Belehrung im vorliegenden Fall ausreichend drucktechnisch hervorgehoben. Eine noch ausreichende Hervorhebung wird durch eine Vielzahl von Gestaltungselementen sichergestellt (vgl. auch OLG München, Hinweisbeschluss vom 08.11.2017 - 25 U 2078/17; OLG Jena, Urteil vom 30.01.2020 - 4 U 421/18). Die gegen eine ausreichende drucktechnische Hervorhebung sprechenden Aspekte fallen demgegenüber nicht erheblich ins Gewicht (entgegen KG, Urteil vom 28.02.2017 - 6 U 65/16, Bl. 54 d.A.). Die drucktechnische Gestaltung der Belehrung wird nicht derart überlagert, dass sie im übrigen Text untergeht. Auch bei flüchtiger Durchsicht ist die Belehrung gut wahrnehmbar und die Aufmerksamkeit des Betrachters wird durch die farbige Hervorhebung des nachgelagerten Teils zuerst und zwangsläufig auf den Teil des Formulars gelenkt, der die Belehrung enthält.
Die Belehrung über das Widerrufsrecht und das blaue Informationsfeld sind nach oben und unten durch dick gedruckte Linien abgegrenzt und nicht mit anderen Informationselementen, Antragsfragen oder sonstigen Vertragselementen vermischt. Zwar ist das blaue Feld seinerseits durch eine ebenso starke Linie nach oben und unten zusätzlich abgegrenzt. Durch die starke farbige Hervorhebung ist diese weitere Abgrenzung jedoch kaum wahrnehmbar, da sie optisch durch die Texthervorhebungsfarbe deutlich schwächer wirkt. Beim Betrachten aus üblicher Entfernung von ca. ½ Meter unter Bürolichtverhältnissen entsteht der Eindruck, dass der Abschnitt „Widerrufsrecht“ bis zu den Unterschriften einen insoweit einheitlichen Block bildet, als dieser gegen die weiteren Bestandteile des Formulars abgegrenzt wird, sodass es auch nicht entscheidend darauf ankommt, dass im oberen Bereich des Formulars eine weitere Passage in Fettdruck gehalten ist. Die Widerrufsbelehrung ist zudem drucktechnisch so gestaltet, dass oberhalb beinahe eine volle Leerzeile und unterhalb eine halbe Leerzeile frei bleibt, sodass der Text gut wahrnehmbar ist und nicht in einem monolithischen Fließtext untergeht. Die Belehrungsbox wird außerdem durch eine durch Fettdruck und Unterstreichung hervorgehobene Überschrift „Widerrufsrecht“ eindeutig gekennzeichnet. Ferner ist ein zentrales Element der Belehrung, nämlich die Widerrufsfrist, auch im Text durch Unterstreichung hervorgehoben, wobei es für die Stärke der Hervorhebung spricht, dass im Übrigen von Unterstreichungen als Hervorhebungen nur zurückhaltend Gebrauch gemacht wurde. Die Belehrung befindet sich überdies in räumlicher Nähe zum Unterschriftenfeld. Zusammen mit der Belehrung über die Form der Erklärung handelt es sich um die einzigen Informationselemente, die auf die Antragsfragen folgen. Die Widerrufsbelehrung geht damit nicht in einer Vielzahl verschiedener Belehrung unter.
Mangels Anspruch auf die begehrte Hauptforderung entfallen auch die akzessorischen Nebenansprüche.
Da der Kläger mit seiner Berufung unterlegen ist, hat er gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision gegen das Urteil war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO).
18.05.2022
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 01.10.2020 (Az. 7 O 218/20) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines im Jahr 1994 geschlossenen Lebensversicherungsvertrags nach erklärtem Widerruf des Versicherungsantrages.
Der Kläger unterschrieb am 21.02.1994 einen Antrag auf Abschluss einer Einzel-Kapitalversicherung im Tarif 2n der A AG. Blatt drei des vierseitigen Formulars ist nach den Antragsfragen der Bereich des Unterschriftenfeldes, in dem die Widerrufsbelehrung enthalten ist, folgendermaßen gestaltet:
(Von der Darstellung des nachfolgenden Bildes wird aus Datenschutzgründen abgesehen - die Red.)
Die Hintergrundfarbe des Hervorhebungsfeldes ist als einzige Textpassage des gesamten Formulars in einem hellen Blauton gehalten.
Der Vertrag kam im Antragsmodell zustande. Der Kläger leistete die vereinbarten Beiträge, wobei der Umfang zwischen den Parteien streitig ist. Mit Schreiben vom 21.11.2019 erklärte er gegenüber der Beklagten den „Widerspruch“ gegen den Abschluss des Vertrages.
Der Kläger hat gemeint, die Widerrufsbelehrung im Antragsformular sei am Maßstab von § 8 Abs. 4 VVG a.F. nicht ausreichend, da sie optisch in den Hintergrund gestellt sei. Er hat vorgetragen, Prämien i.H.v. 63.777,56 € gezahlt zu haben.
Die Beklagte hat die Widerrufsbelehrung für ausreichend gehalten. Sie hat sich zudem auf Verwirkung berufen, da der Kläger die Beiträge zu der steuerbegünstigten Versicherung in seiner Steuererklärung angegeben, im Jahr 2011 und 2014 weitergehende vertragliche Ansprüche geltend gemacht und die vereinbarte Beitragsdynamik in einzelnen Jahren abgelehnt habe. Der Kläger habe Beiträge nur i.H.v. 57.564,46 € entrichtet. Ferner hat sie sich gegen die Nutzungsberechnung des Klägers gewandt.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand
des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil vom 01.10.2020, das dem Kläger am 07.10.2020 zugestellt worden ist, die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages, weil der Widerruf erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erklärt worden sei. Die erteilte Belehrung sei wirksam gewesen, da sie vollständig gewesen sei und eine ausreichende drucktechnische Hervorhebung festgestellt werden könne.
Mit seiner am 04.11.2020 eingelegten und begründeten Berufung trägt der Kläger vor, der Bundesgerichtshof habe hinsichtlich der Anforderungen an die Belehrung eine Gleichsetzung von Verträgen nach dem Policen- und dem Antragsmodell vorgenommen. Die hohen Voraussetzungen, wie sie beim Policenmodell gefordert seien, seien auch beim Antragsmodell zu stellen und vorliegend nicht erfüllt. Die Widerrufsbelehrung sei geradezu darauf ausgelegt, nicht wahrgenommen zu werden. Sie habe sich inmitten der vollkommen überfrachteten dritten Seite des Antrags befunden und sei durch deren Gestaltung in den Hintergrund gedrängt worden (wird ausgeführt). Bei der Beurteilung sei insbesondere zu berücksichtigen, dass auf derselben Seite des Formulars eine weitere Passage fettgedruckt sei.
Der Kläger beantragt,
das am 01.10.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Wiesbaden mit dem Aktenzeichen 7 O 218/20 aufzuheben und
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 113.065,96 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. festzustellen, dass der Kläger seit dem 21.09.2019 zu keinen Beitragszahlungen mehr verpflichtet ist.
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.480,44 € nebst Zinsen i.H.v. 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Es liegt kein Berufungsgrund im Sinne von § 513 ZPO vor, da die Entscheidung des Landgerichts weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO beruht noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung in der Sache rechtfertigen.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der streitgegenständliche Versicherungsvertrag nicht rückabzuwickeln ist. Der Kläger hat damit gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung gezahlter Prämien oder Zahlung von Nutzungszinsen aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 BGB, denn er hat die Prämienzahlungen nicht ohne Rechtsgrund geleistet. Auch eine Feststellung, dass die Beitragspflicht aufgrund des Widerrufs entfallen sei, war danach nicht zu treffen.
Der Kläger wurde im Versicherungsantrag im Jahr 1994 wirksam über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt, so dass die Fristen im Jahr 1994 in Gang gesetzt wurden und zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerspruchs im Jahr 2019 bereits abgelaufen waren.
Für das Versicherungsverhältnis gilt § 8 Abs. 3, Abs. 4 VVG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung versicherungsrechtlicher Vorschriften vom 17.12.1990 (BGBl. I 1990, S. 2864).
Inhaltlich war danach über die Schriftform für den Widerruf, die Erklärungsfrist von zehn Tagen, den fristauslösenden Umstand ab Unterzeichnung des Versicherungsantrages und über das Eingangserfordernis für die Fristwahrung zu belehren. Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Belehrung. Sie weicht hiervon nur insofern ab, als zur Fristwahrung bereits die Absendung des Widerrufs genügen soll. Allerdings bleibt diese Abweichung als lediglich für den Versicherungsnehmer günstigere und in keiner Weise irreführende Regelung außer Betracht.
Hinsichtlich der zu beachtenden Form der Belehrung sah § 8 Abs. 4 S. 4 VVG a.F. lediglich eine „schriftliche“ Belehrung ohne das Erfordernis einer drucktechnischen Hervorhebung vor. Hierzu hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Belehrung über das Widerrufsrecht zur Erreichung ihres gesetzlichen Zweckes inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus Sicht der Verbraucher eindeutig sein musste. Das erforderte eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trug und darauf angelegt war, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2017 - IV ZR 173/15, NJW-RR 2017, 485 Rn. 18; BGH, Urteil vom 28. September 2016 - IV ZR 41/14, VersR 2016, 1483 Rn. 16; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2013 - IV ZR 52/12, VersR 2013, 1513 Rn. 14).
In diesem Rahmen war auch eine „ausreichende drucktechnische“ Hervorhebung geschuldet (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - IV ZR 260/11, VersR 2015, 224 Rn. 16). Als unzureichend abgelehnt hat der Bundesgerichtshof deshalb beispielsweise eine in dem Antragsformular des Versicherers enthaltene Belehrung, die zwar über der Unterschriftszeile, dort aber als dritter von sechs Absätzen inmitten zahlreicher weiterer Hinweise und Informationen abgedruckt war. Da sie - im Gegensatz zu den ersten beiden Absätzen - auch nicht fettgedruckt oder auf andere Weise hervorgehoben sei, sei sie nicht geeignet, den Versicherungsnehmer auf das Widerrufsrecht aufmerksam zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2016 - IV ZR 166/12, juris Rn. 13).
Eine Gleichsetzung der Anforderungen nach § 5a VVG a.F. („Belehrung in drucktechnisch deutlicher Form“) mit den Anforderungen nach § 8 VVG a.F. ist den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes entgegen der Auffassung des Klägers aber nicht zu entnehmen. Eine solche hat der Bundesgerichtshof nicht vorgenommen. Vielmehr hat er durch die Wendung „ausreichende drucktechnische Hervorhebung“ im Urteil vom 17. Dezember 2014 zum Ausdruck gebracht, dass die Anforderungen an eine „ausreichende“ Hervorhebung gegenüber denjenigen an eine „deutliche“ Hervorhebung (wie nach § 5a VVG a.F.) erheblich herabgesetzt sind. Dem schließt der erkennende Senat sich an.
Gemessen an diesem Maßstab ist die Belehrung im vorliegenden Fall ausreichend drucktechnisch hervorgehoben. Eine noch ausreichende Hervorhebung wird durch eine Vielzahl von Gestaltungselementen sichergestellt (vgl. auch OLG München, Hinweisbeschluss vom 08.11.2017 - 25 U 2078/17; OLG Jena, Urteil vom 30.01.2020 - 4 U 421/18). Die gegen eine ausreichende drucktechnische Hervorhebung sprechenden Aspekte fallen demgegenüber nicht erheblich ins Gewicht (entgegen KG, Urteil vom 28.02.2017 - 6 U 65/16, Bl. 54 d.A.). Die drucktechnische Gestaltung der Belehrung wird nicht derart überlagert, dass sie im übrigen Text untergeht. Auch bei flüchtiger Durchsicht ist die Belehrung gut wahrnehmbar und die Aufmerksamkeit des Betrachters wird durch die farbige Hervorhebung des nachgelagerten Teils zuerst und zwangsläufig auf den Teil des Formulars gelenkt, der die Belehrung enthält.
Die Belehrung über das Widerrufsrecht und das blaue Informationsfeld sind nach oben und unten durch dick gedruckte Linien abgegrenzt und nicht mit anderen Informationselementen, Antragsfragen oder sonstigen Vertragselementen vermischt. Zwar ist das blaue Feld seinerseits durch eine ebenso starke Linie nach oben und unten zusätzlich abgegrenzt. Durch die starke farbige Hervorhebung ist diese weitere Abgrenzung jedoch kaum wahrnehmbar, da sie optisch durch die Texthervorhebungsfarbe deutlich schwächer wirkt. Beim Betrachten aus üblicher Entfernung von ca. ½ Meter unter Bürolichtverhältnissen entsteht der Eindruck, dass der Abschnitt „Widerrufsrecht“ bis zu den Unterschriften einen insoweit einheitlichen Block bildet, als dieser gegen die weiteren Bestandteile des Formulars abgegrenzt wird, sodass es auch nicht entscheidend darauf ankommt, dass im oberen Bereich des Formulars eine weitere Passage in Fettdruck gehalten ist. Die Widerrufsbelehrung ist zudem drucktechnisch so gestaltet, dass oberhalb beinahe eine volle Leerzeile und unterhalb eine halbe Leerzeile frei bleibt, sodass der Text gut wahrnehmbar ist und nicht in einem monolithischen Fließtext untergeht. Die Belehrungsbox wird außerdem durch eine durch Fettdruck und Unterstreichung hervorgehobene Überschrift „Widerrufsrecht“ eindeutig gekennzeichnet. Ferner ist ein zentrales Element der Belehrung, nämlich die Widerrufsfrist, auch im Text durch Unterstreichung hervorgehoben, wobei es für die Stärke der Hervorhebung spricht, dass im Übrigen von Unterstreichungen als Hervorhebungen nur zurückhaltend Gebrauch gemacht wurde. Die Belehrung befindet sich überdies in räumlicher Nähe zum Unterschriftenfeld. Zusammen mit der Belehrung über die Form der Erklärung handelt es sich um die einzigen Informationselemente, die auf die Antragsfragen folgen. Die Widerrufsbelehrung geht damit nicht in einer Vielzahl verschiedener Belehrung unter.
Mangels Anspruch auf die begehrte Hauptforderung entfallen auch die akzessorischen Nebenansprüche.
Da der Kläger mit seiner Berufung unterlegen ist, hat er gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision gegen das Urteil war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO).
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