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  • 23.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141564

    Landgericht Köln: Urteil vom 10.07.2013 – 23 O 365/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Köln

    23 O 365/12

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand

    Die Klägerin ist Trägerin des Kreiskrankenhauses X. In der Zeit vom 27.12.2011 bis zum 29.02.2012 wurde Frau C (im folgenden: Versicherungsnehmerin) im vorgenannten Krankenhaus stationär behandelt. Diese war bis Ende 2005 bei der Beklagten im Rahmen einer Krankheitskostenvollversicherung versichert. Der Vertrag wurde seitens der Beklagten wegen bestehender Beitragsrückstände gekündigt. Danach war die Versicherungsnehmerin ohne Krankenversicherungsschutz.

    Mit Beschluss des Amtsgerichts X vom 03.01.2012 wurde für die Versicherungsnehmerin ein Betreuer bestellt u.a. für die Bereiche Gesundheitsfürsorge, Vermögensangelegenheiten und Krankenversicherungsangelegenheiten. Mit Schreiben vom 10.01.2012 teilte die Beklagte auf die ihr übersandte Kostenübernahmeanfrage des Kreiskrankenhauses X mit, seit dem 01.01.2006 bestehe kein Krankheitskostenversicherungsverhältnis mit der Versicherungsnehmerin mehr. Daraufhin wandte sich der Betreuer der Versicherungsnehmerin mit Schreiben vom 12.01.2012 unter Vorlage der Bestellungsurkunde an die Beklagte und vertrat die Auffassung, hinsichtlich des seinerzeit bestehenden Krankheitskostenversicherungsvertrages sei im Anschluss an die Beendigung zum 31.12.2005 das Ruhen der Vertrages festzustellen und der Vertrag im Anschluss daran im Basistarif fortzusetzen gewesen. Am 17.01.2012 kam es zu einem Telefonat zwischen dem Betreuer der Versicherungsnehmerin und der Beklagten. Im Rahmen dieses Telefonats erklärte der Betreuer, den Abschluss einer privaten Krankheitskostenversicherung im Basistarif für die Versicherungsnehmerin zu wünschen. Daraufhin übersandte die Beklagte ihm ein Antragsformular, das mit Schreiben vom 14.02.2012 an die Beklagte zurückgesandt wurde. Diesen Antrag nahm die Beklagte durch Übersendung des Versicherungsscheins rückwirkend zum 17.01.2012 an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Versicherungsschein Bezug genommen.

    Für die stationäre Behandlung der Versicherungsnehmerin im Kreiskrankenhaus X entstanden Kosten in Höhe von insgesamt 37.545,91 €. Wegen der Einzelheiten der Zusammensetzung dieses Betrages wird auf die in den Akten befindliche Rechnung vom 05.09.2012 Bezug genommen. Auf diesen Betrag zahlte die Beklagte den auf den Zeitraum vom 17.01.2012 bis zum Ende des Krankenhausaufenthalts entfallenden Teilbetrag in zwei Teilbeträgen von 8.713,05 € und 16.233,21 €.

    Mit der Klage verfolgt die Klägerin im Wege des Direktanspruches die Begleichung des noch offenen Restbetrages aus der Rechnung vom 05.09.2012. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei entsprechend dem Antrag des Betreuers der Versicherungsnehmerin verpflichtet gewesen, die Versicherungsnehmerin rückwirkend zum 27.12.2011 zu versichern, damit sämtliche Krankenhauskosten vom Versicherungsschutz abgedeckt seien. Dies allein entspreche dem Willen des Gesetzgebers, den dieser in § 193 IV VVG zum Ausdruck gebracht habe. Die Klägerin ist der Auffassung, soweit der Vertrag zum 17.01.2012 abgeschlossen worden sei, handele es sich um ein kollusives Zusammenwirken der Beklagten mit dem Betreuer der Versicherungsnehmerin zum Nachteil der Klägerin. Die Klägerin behauptet, der Betreuer der Versicherungsnehmerin habe bereits am 06.01.2013 gegenüber der Beklagten Versicherungsschutz geltend gemacht.

    Die Klägerin beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 12.599,65 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.04.2012 zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte bestreitet eine Kontaktaufnahme des Betreuers der Versicherungsnehmerin bereits am 06.01.2012 und behauptet, erstmals in dem Telefonat, das am 18.01.2012 geführt worden sei, sei der Abschluss einer Versicherung im Basistarif beantragt worden. Das ausgefüllte Antragsformular sei erst unter dem 14.02.2012 der Beklagten übermittelt worden. Die Beklagte ist der Auffassung, erst zu diesem Zeitpunkt sei ein Kontrahierungszwang ausgelöst worden. Lediglich entgegenkommenderweise habe man eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des telefonischen Begehrens vorgenommen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des mit der Klage geltend gemachten Betrages aus dem zwischen der Beklagten und ihrer Versicherungsnehmerin bestehenden Krankheitskostenversicherungsvertrag in Verbindung mit §§ 192 VVG, 1 ff. AVB.

    Zwar befand sich die Versicherungsnehmerin der Beklagten unstreitig im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum in stationärer Behandlung im Kreiskrankenhaus X. Diese stationäre Behandlung war auch unstreitig medizinisch notwendig und verursachte Gesamtkosten in Höhe von 37.545,91 €, wobei unstreitig der von der Beklagten bereits an die Klägerin erstattete Betrag in Höhe von 24.946,26 € auf den für den Zeitraum ab dem 17.01.2012 entfallenden Teil der Behandlung entfällt. Für diesen Zeitraum ist daher durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten Erfüllung eingetreten, § 362 BGB. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten des auf den Zeitraum vor dem 17.01.2012 entfallenden Behandlungsteils, den die Klägerin gemäß § 192 VII VVG unmittelbar gegenüber der Beklagten geltend machen kann, besteht indes nicht. Denn vor dem 17.01.2012 bestand für die Versicherungsnehmerin keine Versicherung bei der Beklagten. Zwar war die Versicherungsnehmerin unstreitig zu einem früheren Zeitpunkt einmal bei der Beklagten krankenversichert. Dieser Vertrag wurde indes unstreitig Ende des Jahres 2005 beendet und hätte ohnehin – da es sich nicht um einen Vertrag im Basistarif handelte – keinen Direktanspruch der Klägerin gegen die Beklagte begründet. Nach diesem Zeitpunkt bestanden zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten keine vertraglichen Beziehungen mehr. Ein neuer Vertrag ist jedenfalls nicht vor dem 17.01.2012 zustande gekommen. Auch ein Krankheitskostenversicherungsvertrag im Basistarif kommt zustande durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen in Form von Angebot und Annahme, § 145 BGB (s. hierzu auch OLG Köln NJW 2013, 1824). Erst die Abgabe eines annahmefähigen Angebots löst einen Kontrahierungszwang des Versicherers gemäß § 193 VVG aus (vgl. OLG Köln NJW 2013, 1824). Ein Angebot auf Abschluss eines neuen Vertrages im Basistarif ist am Tag der Aufnahme der Versicherungsnehmerin im Kreiskrankenhaus X unstreitig nicht gestellt worden; erst unter dem 03.01.2012 wurde ist ein Betreuer für die Versicherungsnehmerin bestellt. Unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob sich der Betreuer der Versicherungsnehmerin bereits unter dem 06.01.2012 an die Beklagte gewandt hat, ist bereits nicht schlüssig dargetan, dass diese Kontaktaufnahme bereits auf den Abschluss eines neuen Vertrages im Basistarif gerichtet war. Dies liegt auch fern, denn noch am 12.01.2012 gingen die Klägerin und der Betreuer der Versicherungsnehmerin – wie dem Schreiben vom 12.01.2012 zu entnehmen ist - übereinstimmend davon aus, dass der alte Krankheitskostenversicherungsvertrag der Versicherungsnehmerin bei der Beklagten, ggf. übergeleitet in den Basistarif, noch fortbestand und sich aus diesem bestehenden Vertragsverhältnis eine Erstattungspflicht der Beklagten ergab. Vor dem Hintergrund dieser dem in der Akte befindlichen Schreiben des Betreuers vom 12.01.2012 zweifelsfrei zu entnehmenden Vorstellung des Betreuers bestand für diesen keine Notwendigkeit zur Abgabe einer auf den Abschluss eines neuen Vertrages gerichteten Willenserklärung, weshalb ein Angebot auf Abschluss eines neuen Vertrages diesem Schreiben nicht, auch nicht im Wege der Auslegung gemäß § 133, 157 BGB aus dem maßgeblichen Empfängerhorizont nicht entnommen werden kann. Zu welchem anderen Zeitpunkt vor dem Telefonanruf des 17.01.2012 seitens des Betreuers ein solcher Antrag gestellt worden sein soll, ist seitens der insoweit in vollem Umfang darlegungsbelasteten Klägerin nicht schlüssig dargetan. Es ist damit von einer erstmaligen Antragstellung in dem telefonischen Kontakt am 17.01.2012 auszugehen. Mit diesem Antrag wurde für die Beklagte der gesetzlich normierte Kontrahierungszwang ausgelöst, § 193 VVG. Er wurde seitens der Beklagten mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung angenommen.

    Entgegen der klägerseits vertretenen Rechtsauffassung bestand keine Verpflichtung der Beklagten, den Vertrag rückwirkend bezogen auf den Zeitpunkt der Aufnahme der Versicherungsnehmerin in das Kreiskrankenhaus X abzuschließen, damit die Kosten des stationären Aufenthalts insgesamt abgedeckt sind. Nach der gesetzlichen Konzeption entsteht der Kontrahierungszwang erst mit Stellung eines entsprechenden annahmefähigen Antrags des Versicherungsnehmers (vgl. OLG Köln NJW 2013, 1824). Der Vertragsschluss erfolgt nach allgemeinen Grundsätzen mit Wirkung ex nunc. Etwas anderes kann auch der klägerseits herangezogenen Vorschrift des § 193 IV VVG nicht entnommen werden. Im Gegenteil handelt es sich bei dem in dieser Vorschrift vorgesehenen Beitragszuschlag um eine Sanktionsvorschrift für diejenigen Versicherungsnehmer, die sich entgegen der ab dem 01.01.2009 geltenden allgemeinen Versicherungspflicht nicht krankenversichern. Als finanziellen Ausgleich für den sich in der Zeit zwischen dem 01.01.2009 und dem Abschluss einer Versicherung anbahnenden (weiteren) Behandlungsrückstau sieht diese Vorschrift die Erhebung von Beitragszuschlägen für jeden Monat der Nichtversicherung vor. Aus dieser Regelung kann indes nicht gefolgert werden, die Versicherung müsse von seiten des Versicherers mit Rückwirkkung abgeschlossen werden. Dem steht bereits entgegen, dass die in § 193 IV VVG normierten Beitragszuschläge nicht den vollen monatlichen Beiträgen, die im Falle der rechtzeitigen Versicherung zu zahlen gewesen wären, entsprechen. Dem steht weiter entgegen, dass – wollte man die Vorschrift in dem Sinne auslegen wollen, der ihr seitens der Klägerin gegeben werden soll – diametral entgegengesetzt zur gesetzgeberischen Intention ein erheblicher Anreiz gesetzt würde, mit dem Abschluss einer Versicherung bis zum Zeitpunkt des Eintritts eines gravierenden Versicherungsfalles abzuwarten, da dies im Falle eines auf rückwirkenden Abschluss des Versicherungsvertrages gerichteten Kontrahierungszwangs mit keinerlei Risiken für den Versicherungsnehmer verbunden wäre.

    Unabhängig davon ist zu sehen, dass selbst im Falle eines Anspruchs des Versicherungsnehmers auf rückwirkenden Abschluss eines Versicherungsvertrages der aus § 192 VII VVG folgende Direkterstattungsanspruch der Klägerin aus einem bestehenden Versicherungsvertrag jedenfalls nicht so weitgehend ist, dass er der Klägerin einen Anspruch gegen die Versicherungsnehmerin und/oder die Beklagte auf Abschluss eines Vertrages, respektive auf Abschluss eines Vertrages zu einem bestimmten Zeitpunkt einräumen würde. Der Abschluss des Vertrages ist allein Sache der Vertragsparteien, ohne dass die Klägerin insoweit eine klagbare Rechtsstellung hätte. Auch für die von ihr reklamierte Kollusion zwischen dem Betreuer der Versicherungsnehmerin und der Beklagten bestehen keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil hat der Betreuer der Versicherungsnehmerin versucht, eine rückwirkende Versicherung abzuschließen. Wenn er für die Versicherungsnehmerin die Entscheidung trifft, die ablehnende Entscheidung der Beklagten zu akzeptieren und nicht anzugreifen, dann kann darin keine vorsätzliche Kollusion gesehen werden, dies zumal der spätere Vertragsbeginn dazu führt, dass die Versicherungsnehmerin selbst für die Kosten der Behandlung vor dem Vertragsbeginn einstandspflichtig ist.

    Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderungen.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 1, 2 ZPO.

    Streitwert: 12.599,65 €

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 145 BGB; § 362 BGB