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  • 26.08.2015 · IWW-Abrufnummer 145191

    Oberlandesgericht Saarbrücken: Urteil vom 25.06.2014 – 5 U 83/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    5 U 83/13
    14 O 347/12 LG Saarbrücken

    Verkündet am 25.6.2014

    SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT

    Urteil

    Im Namen des Volkes

    In dem Rechtsstreit
    , , ,
    Kläger und Berufungsbeklagter,
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwältin,
    g e g e n
    C. L. AG, vertreten durch den Vorstand, 50-60, 6. S.,
    Beklagte und Berufungsklägerin,
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

    wegen Ansprüchen aus Berufsunfähigkeits- und Unfallzusatzversicherung

    hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts
    auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2014

    unter Mitwirkung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Prof. Dr. Rixecker, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Eckstein-Puhl und der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Müller
    für R e c h t erkannt:

    I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 31.10.2013 – 14 O 347/12 – aufgehoben.
    Die Klage wird abgewiesen.

    II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger.

    III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

    IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

    V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 85.295,19 € festgesetzt.

    G r ü n d e

    I.

    Der Kläger macht gegenüber dem beklagten Versicherer Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeits- und einer Unfallzusatzversicherung geltend. Er verlor infolge der von ihm ausgelösten Explosion einer sog. Kugelbombe am 26.12.2008 seine Hände. Dass die Leistungsvoraussetzungen jeweils prinzipiell gegeben wären, ist unstreitig. Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte den Ansprüchen einen für beide Versicherungen einschlägigen bedingungsgemäßen Leistungsausschluss entgegenhalten kann.

    Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine – schon vor dem Versicherungsfall, aber erst zum 1.2.2009 gekündigte – Risiko-Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits- und Unfallzusatzversicherung. Die Unfallzusatzversicherung unterlag den "Bedingungen für die Unfall-Zusatzversicherung mit Leistung bei Erwerbsunfähigkeit oder Todesfall" (im Folgenden: BUZV, Bl. 119 d.A.), die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung den Bedingungen der Beklagten für die "Berufsunfähigkeita-Zusatzversicherung – Comfort-Schutz –" (im Folgenden: BBUZ, Bl. 121 d.A.).

    Gemäß § 2 BUZV liegt ein Unfall vor,

    "wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet."

    Gemäß § 3 Nr. 2 b BUZV ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen für

    "Unfälle, die der versicherten Person dadurch zustoßen, dass sie vorsätzlich eine Straftat ausführt oder versucht".

    Ein ähnlicher Ausschluss des Versicherungsschutzes ist für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in § 3 Nr. 2 b BBUZ geregelt: Die Beklagte leistet nicht,

    "wenn die Berufsunfähigkeit verursacht ist:

    […]

    durch vorsätzliche Ausführung oder den strafbaren Versuch eines Verbrechens oder Vergehens durch die versicherte Person".

    Vor Weihnachten 2008 hatte der Kläger von einem Arbeitskollegen, dem polizeibekannten P. K., zwei Kugelbomben erworben, darunter die am 26.12.2008 gezündete. Es handelt sich dabei um pyrotechnische Gegenstände im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Sprengstoffgesetzes in der bis zum 30.9.2009 geltenden Fassung (im Folgenden: SprengG a.F.), und zwar solche der Gefahrenklasse IV ("Großfeuerwerk") gemäß § 6 Abs. 3 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz in der bis zum 30.9.2009 geltenden Fassung (siehe S. 5 des landgerichtlichen Urteils, Bl. 266 d.A.). Die Kugelbomben hatten ein Gewicht von je ca. 61 Gramm und einen Durchmesser von ca. 5,6 Zentimetern. Unter einer kugelförmigen Hülse befand sich eine Zerlegerladung, die über eine Zündleitung zur Explosion gebracht wird (siehe Lichtbilder Bl. 32 d.A.).

    In einem pyrotechnischen Gutachten des Landeskriminalamtes Sachsen betreffend weitere Kugelbomben aus dem Fundus des Verkäufers K., die im Rahmen einer dort erfolgten Wohnungsdurchsuchung gefunden worden waren, heißt es (Seite 4 des Gutachtens vom 9.2.2009, Bl. 148 der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft München II, 21 Js 849/09, Ablichtung Bl. 198 d.A.):

    "Die in Deutschland geforderten Zulassungszeichen und Hinweistexte sind an den Feuerwerkskörpern nicht vorhanden. Damit stellen die fünf Kugelbomben der Spur 05 nicht zugelassene pyrotechnische Gegenstände dar, deren Erwerb und Umgang im nichtgewerblichen Bereich gemäß § 27 SprengG einer Erlaubnis bedürfen."

    Die vom Kläger am 26.12.2008 gezündete Kugelbombe war den begutachteten in ihrer Bauart vergleichbar, auch ihr fehlte es an einer Zulassung (so das unwidersprochene Vorbringen der Beklagten, Bl. 179 d.A. i.V.m. Ziff. 3.6 des polizeilichen Abschlussberichts, Bl. 208 d.A.). Ebenso wenig verfügte der Kläger über eine Erlaubnis gemäß § 27 SprengG a.F. für den Erwerb von und den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen.

    Am 26.8.2008 reiste der Kläger mit acht weiteren Personen, unter anderem dem Zeugen M. B., von Thüringen in einem Kleinbus nach Garmisch-Partenkirchen zu einem Eishockey-Bundesligaspiel. Während der Fahrt wurde Alkohol getrunken. Der Kläger führte die zwei oben genannten Kugelbomben mit sich. Auf dem Parkplatz der Eissporthalle in Garmisch-Partenkirchen verließ die Gruppe das Fahrzeug. Der Kläger stand neben dem Zeugen B. am Kofferraum. Er bat diesen um ein Feuerzeug, steckte damit die Zündschnur einer der Kugelbomben an und warf sie von sich. Als sie nach etwa 30 Sekunden noch nicht explodiert war und die Zündschnur nicht mehr brannte, ging der Kläger zu ihr hin, hob sie auf und nahm sie mit zurück zum VW-Bus. Der Zeuge B. gab dem Kläger erneut sein Feuerzeug. Dieser zündete die Zündschnur nochmals an und beobachtete die Flamme. Dann explodierte die Kugelbombe. Dem Kläger wurden die Finger an beiden Händen abgerissen, der Zeuge B. erlitt eine Splitterwunde unterhalb des rechten Auges (zum Ablauf des Geschehens siehe die von der Beklagten in Bezug genommene polizeiliche Vernehmung des Zeugen B., Bl. 178 i.V.m. Bl. 191 ff. d.A.).

    Die Staatsanwaltschaft München II leitete gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren ein (Beiakte 21 Js 849/09). Das Amtsgericht Garmisch-Patenkirchen erließ am 16.7.2009 einen Strafbefehl, in dem er – unter anderem – gemäß den §§ 40 Abs. 1 Nr. 3, 27 Abs. 1 SprengG, § 308 Abs. 1, Abs. 5 StGB verurteilt wurde. Der Strafbefehl ist rechtskräftig (Bl. 186 d.A.).

    Der Kläger hat von der Beklagten die Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 922,32 € seit dem 1.1.2009 bzw. die Feststellung einer entsprechenden Leistungspflicht längstens bis zum 1.4.2040 verlangt, ferner Zahlung von 10.000 € aus dem Unfallzusatzversicherungsvertrag.

    Er hat in seinem Verhalten keine vorsätzlichen Straftaten im Sinne der versicherungsvertraglichen Ausschlussklauseln gesehen und behauptet, den Verkäufer K. nicht nach der Herkunft der Gegenstände gefragt und von der Erlaubnispflicht nichts gewusst zu haben; vielmehr habe er angenommen, es handele sich "um einen ganz normalen Feuerwerkskörper" (Bl. 54 d.A.; persönliche Anhörung des Klägers vor dem Landgericht im Termin am 11.7.2013, Bl. 233 d.A.). Ungeachtet dessen hat der Kläger sich mit Blick auf einen bei ihm festgestellten Blutalkoholgehalt von 1,16 Promille für nicht voll zurechnungsfähig gehalten.

    Die Beklagte hat sich auf die Risikoausschlüsse gemäß § 3 Abs. 2 b BBUZ und § 3 Abs. 2 b BUZV berufen. Nach ihrer Ansicht hat der Kläger sich sowohl gemäß § 308 Abs. 1 StGB als auch gemäß den §§ 40 Abs. 1 Nr. 3, 27 Abs. 1 SprengG a.F. strafbar gemacht.

    Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 31.10.2013 stattgegeben (Bl. 262 d.A.). Die Voraussetzungen der Leistungsausschlussklauseln hat es verneint. Der Kläger habe keine vorsätzliche Straftat begangen. Eine Explosion im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB habe er nicht herbeiführen wollen, solange sich der Sprengkörper in seiner Hand befunden habe. Das Anzünden der Zündschnur sei bloße Vorbereitungshandlung gewesen, der eingetretene Kausalverlauf – die Explosion in seiner Hand – wesentlich von seiner Vorstellung abgewichen. Auch gegen § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG habe der Kläger nicht vorsätzlich verstoßen. Es sei ihm nicht zu widerlegen, dass er gemeint habe, die gezündete Kugelbombe sei ein gemäß § 5 SprengG zugelassener pyrotechnischer Gegenstand im Sinne der in § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG geregelten Ausnahme.

    Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.

    Die Beklagte hat Berufung eingelegt.

    Die Annahme des Landgerichts zu einer den Vorsatz ausschließenden Abweichung vom Kausalverlauf teilt sie nicht.

    Zum Straftatbestand des § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG behauptet die Beklagte, der Kläger habe aufgrund der Schwere und Größe der Kugelbombe gewusst, dass es sich nicht um einen zugelassenen Feuerwerkskörper gehandelt habe; dies zeige sich auch daran, dass er sie nicht im Handel erworben habe. Die gesamten Umstände sprächen dafür, dass der Kläger die fehlende Zulassung jedenfalls billigend in Kauf genommen habe Die Beklagte sieht eine Strafbarkeit auch gemäß den §§ 41 Nr. 13, 42 SprengG a.F. gegeben.

    Die Beklagte beantragt,

    unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 31.10.2013 – 14 O 347/12 – die Klage abzuweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er hält das landgerichtliche Urteil für richtig.

    Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 11.7.2013 und des Senats vom 4.6.2014 sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 31.10.2013 und die beigezogene und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachte Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft München II, Az. 21 Js 849/09.

    II.

    Die Berufung ist begründet. Richtigerweise hätte das Landgericht die Klage abweisen müssen.

    1.

    Der Fall ist gemäß der Übergangsregelung in § 1 Abs. 2 EGVVG nach dem Versicherungsvertragsgesetz in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung zu beurteilen (im Folgenden: VVG a.F.). Es handelt sich um einen vor diesem Zeitpunkt geschlossenen Altvertrag, bei dem der Versicherungsfall vor dem 31.12.2008 eingetreten ist.

    2.

    Der Kläger kann von der Beklagten Leistungen weder aus der Unfallzusatzversicherung noch aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung verlangen.

    Allerdings ist der Versicherungsfall für beide Versicherungen eingetreten. Der Kläger hat durch ein Unfallereignis schwerste Amputationsverletzungen an beiden Händen erlitten und ist dadurch erwerbsunfähig und berufsunfähig geworden (§ 179 VVG a.F., §§ 1, 2 BUZV; §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 BBUZ). Die Parteien streiten darüber nicht.

    Die Beklagte ist von ihrer Leistungspflicht jedoch wegen der in § 3 Abs. 2b BUZV und in § 3 Abs. 2b BBUZ vereinbarten Risikoausschlüsse frei geworden.

    3.

    Ansprüche aus der Unfallzusatzversicherung scheitern daran, dass der Unfall infolge der vorsätzlichen Begehung einer Straftat eingetreten ist.

    a.

    Gemäß § 3 Abs. 2b BUZV besteht kein Versicherungsschutz für Unfälle, die der versicherten Person dadurch zustoßen, dass sie vorsätzlich eine Straftat ausführt oder versucht. Die Klausel ist rechtlich unbedenklich (vgl. Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl. 2013, § 5 AUB, Rdn. 27; BGH, Urt. v. 23.9.1998 – IV ZR 1/98VersR 1998, 1410).

    Der Risikoausschluss will die Einstandspflicht des Versicherers für ein selbstverschuldetes besonderes Unfallrisiko ausschalten, das mit der Ausführung einer strafbaren Handlung gewöhnlich verbunden ist. Die Klausel macht die Leistungsfreiheit mit der Formulierung "dadurch" davon abhängig, dass die Begehung der Straftat eine nicht hinweg zu denkende, adäquate Bedingung für den Unfall gewesen sein muss. Dazu genügt es, wenn eine erhöhte Gefahrenlage geschaffen worden ist, die generell Unfälle der eingetretenen Art herbeizuführen geeignet ist. Die Rechtsprechung legt das recht weit aus und verneint die Adäquanz des Ursachenzusammenhangs nur dann, wenn der Zusammenhang zwischen der Straftat und dem Unfall ein rein zufälliger ist und der dem Delikt eigentümliche Gefahrenbereich für den Schaden gar nicht ursächlich gewesen sein kann (BGH, Urt. v. 23.9.1998 – IV ZR 1/98VersR 1998, 1410; Dörner in: MünchKommVVG, 2011, § 178 Rdn. 134).

    Was eine Straftat im Sinne des Risikoausschlusses ist, richtet sich nach dem deutschen (Haupt- und Neben-)Strafrecht. Es fallen darunter Verbrechen und Vergehen im Sinne des § 12 StGB (Dörner in: MünchKommVVG, 2011, § 178 Rdn. 134). Auch die Beurteilung, ob sie "vorsätzlich" begangen wurde, folgt strafrechtlichen Grundsätzen (Senat, Urt. v. 22.3.1989 – 5 U 103/87VersR 1989, 1184). Danach ist Vorsatz der Wille – zumindest im Sinne eines billigenden Inkaufnehmens – zur Verwirklichung des Straftatbestands in Kenntnis aller relevanten objektiven Umstände einschließlich der wesentlichen Züge des Kausalverlaufs (zu den Bezugspunkten des Vorsatzes Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 15 Rdn. 15 ff.).

    b.

    Nach diesen Maßstäben hat der Kläger eine die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2b BUZV erfüllende vorsätzliche Straftat begangen.

    Der Kläger hat vorsätzlich eine Explosion herbeiführt und dadurch fahrlässig Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet (§ 308 Abs. 1, Abs. 5 StGB). Zu Recht ist er deshalb im Strafbefehl des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 16.7.2009 verurteilt worden.

    (1)

    Dass der Kläger am 26.12.2008 durch das Anbrennen der Zündschnur der Kugelbombe eine Explosion herbeigeführt hat, liegt auf der Hand.

    Explosion im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB ist ein chemischer oder physikalischer Vorgang, bei dem durch eine plötzliche Druckwelle Kräfte mit potenziell zerstörender Wirkung freigesetzt werden (Heine/Bosch in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 308 Rdn. 3). Ob gegen sprengstoffrechtliche Vorschriften verstoßen wurde, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. § 308 Abs. 1 StGB erfasst prinzipiell auch chemische Reaktionen handelsüblicher Feuerwerkskörper (Heine/Bosch in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 308 Rdn. 5-6).

    (2)

    Der Kläger hat durch die Explosion Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet.

    Die von § 308 Abs. 1 StGB vorausgesetzte Gefährdung muss eine konkrete gewesen sein. Sie ist anzunehmen, wenn die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus im Hinblick auf einen bestimmten Vorgang in eine kritische Situation geführt hat; in dieser Situation muss die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt worden sein, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (siehe – für § 315c StGB – BGH, Urt. v. 30.3.1995 – 4 StR 725/94VersR 1995, 978). Eine solche Gefährdung war hier mit Blick auf den bei der Explosion neben dem Kläger stehenden Zeugen B. eingetreten. Sie hat sich in Form einer Splitterwunde im Gesicht sogar verwirklicht.

    (3)
    Das Herbeiführen der Explosion ist vorsätzlich im Sinne des § 15 StGB erfolgt. Der Senat teilt die gegenläufige Einschätzung des Landgerichts nicht.

    (a)

    Der Tatvorsatz scheitert nicht an einem fehlenden Unrechtsbewusstsein.

    Dass der Kläger von der fehlenden Zulassung der Kugelbomben nichts gewusst und angenommen haben will, es habe sich um gewöhnliche Feuerwerkskörper gehandelt, ist im Rahmen des § 308 StGB schon deshalb unbeachtlich, weil der objektive Tatbestand des § 308 Abs. 1 StGB nicht voraussetzt, dass die Explosion mit einem verbotenen Tatmittel herbeigeführt wurde. Folgerichtig muss sich der Vorsatz darauf auch nicht beziehen.

    Soweit das Vorbringen des Klägers allgemein impliziert, er sei sich nicht im Klaren gewesen, Verbotenes zu tun, stellt auch das die vorsätzliche Tatbegehung nicht infrage. Die Verwendung des Vorsatzbegriffs in der vertraglichen Ausschlussregelung kann nicht dahingehend verstanden werden, dass der Versicherte bewusst gegen ein Strafgesetz verstoßen oder dass er jedenfalls die gesetzlichen Verhaltensregeln kennen müsste (Kloth, Private Unfallversicherung, 2008, K III, Rdn. 33; OLG Hamm, VersR 2006, 399). Die Bewertung eines Verhaltens als Straftat im Sinne des Risikoausschlusses richtet sich nach den strafrechtlichen Grundsätzen. Das gilt auch für die Beurteilung, ob sie "vorsätzlich" begangen wurde (Senat, Urt. v. 22.3.1989 – 5 U 103/87VersR 1989, 1184). Vorsatz im Sinne des § 15 StGB ist der Wille – zumindest im Sinne eines billigenden Inkaufnehmens – zur Verwirklichung des Straftatbestands in Kenntnis aller relevanten objektiven Umstände. Dass die fehlende Kenntnis eines zum gesetzlichen Tatbestand zählenden Umstands den Vorsatz entfallen lässt, folgt aus § 16 Abs. 1 StGB. Anderes gilt indessen, wenn der Täter zwar weiß, was er (nicht) tut, sein Verhalten indessen nicht als strafwürdiges Unrecht einstuft. Der dann in Rede stehende bloße Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB ist für den Vorsatz irrelevant. War er unvermeidbar, lässt er allenfalls die Schuld entfallen.

    Der gelegentlich in der versicherungsvertragsrechtlichen Literatur für die Auslegung von Risikoausschlussklauseln der hier in Rede stehenden Art vertretenen Auffassung, notwendiges Vorsatzelement sei – anders als im Strafrecht und den insoweit abweichenden Grundsätzen des allgemeinen bürgerlichen Rechts entsprechend (zur dort herrschenden Vorsatztheorie Schulze in: Schulze u.a., BGB, 7. Aufl. 2012, § 276 Rdn. 6) – das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit, so dass der Vorsatz insbesondere beim Verbotsirrtum entfalle (so Voit/Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 2. Aufl. 2009, D. Rdn. 85), folgt der Senat nicht. Dass die für vorsätzliche Straftaten geltende Ausschlussklausel Bestandteil einer privatrechtlichen Vereinbarung ist, unterwirft die Auslegung der in ihr verwendeten Begriffe, die – wie der Vorsatz – grundsätzlich sowohl im Strafrecht als auch im Zivilrecht eine Bedeutung haben, nicht zwingend und automatisch dem Regime des bürgerlichen Rechts. Vielmehr kommt es darauf an, welchen Inhalt der durchschnittliche Versicherungsnehmers ihnen beimisst. Dieser erkennt aber den in den Bedingungen festgeschriebenen Zusammenhang zwischen strafrechtlichen Verhaltensanforderungen und dem daran anknüpfenden Risikoausschluss. Er sieht, dass der Versicherer immer dann nicht leisten will, wenn der Eintritt des Versicherungsfalls im Zusammenhang steht mit einem von der Rechtsordnung als strafwürdiges Vorsatzunrecht missbilligten Verhalten und dass die Bewertung dieses Verhaltens den Maßstäben des Strafrechts folgt. Er vermag demzufolge auch zu erkennen, dass das für die Strafbarkeit als solche gemäß § 17 StGB irrelevante (vermeidbare) Fehlen einer Unrechtseinsicht die Anwendung des Risikoausschlusses nicht hindert (wie hier OLG Hamm, VersR 2006, 399, dort als allgemeine Meinung bezeichnet; Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl. 2013, § 5 AUB, Rdn. 27 f.; Rixecker in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 2. Aufl. 2009, § 46 Rdn. 201; Dörner in: MünchKommVVG, 2011, § 172 Rdn. 187 und § 178 Rdn. 136; Kloth, Private Unfallversicherung, 2008, K III, Rdn. 32; Senat, Urt. v. 22.3.1989 – 5 U 103/87VersR 1989, 1184).

    Bei Würdigung aller Gesamtumstände ist hier schon nicht von einem Verbotsirrtum auszugehen. Der Täter hat schon dann eine hinreichende Unrechtseinsicht, wenn er mit der Möglichkeit rechnet, sein Tun sei verboten, und dies billigend in Kauf nimmt. Es genügt mithin das Bewusstsein, die Handlung verstoße gegen irgendwelche, wenn auch im Einzelnen nicht klar vorgestellte gesetzliche Bestimmungen (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.2012 – 1 StR 213/10BGHSt 58, 15: die bloße Berufung eines Angeklagten auf einen Verbotsirrtum nötige nicht dazu, einen solchen als gegeben anzunehmen). Es ist lebensfremd, dass der Kläger gemeint haben sollte, es sei erlaubt, einen in zweifelhafter Weise erworbenen, außerhalb des Handels einem Privatmann abgekauften Gegenstand, der schon nach seinem Erscheinungsbild nichts mit einem gewöhnlichen Feuerwerkskörper zu tun hatte, vor einer Sportveranstaltung auf einem öffentlichen Platz zur Explosion zu bringen, ohne sich mit solchen Dingen in irgendeiner Weise auszukennen.

    Ungeachtet dessen wäre eine – unterstellte – Fehlvorstellung des Klägers über das Verbotensein seines Tuns mit Blick auf die genannten Umstände ohne weiteres vermeidbar gewesen: Hätte er all seine Erkenntniskräfte eingesetzt, hätte er zur Unrechtseinsicht kommen können.

    (b)

    Die Einschätzung des Landgerichts, an einer vorsätzlichen Tatbegehung fehle es deshalb, weil eine erhebliche Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf vorgelegen habe, hält der Senat nicht für richtig.

    Das für den Vorsatz erforderliche Wissen des Täters muss sich auch auf die Verbindung zwischen seiner Tathandlung und dem eingetretenen Erfolg beziehen. Da künftige Geschehensabläufe stets nur unvollkommen vorhersehbar sind, kommt es indessen nicht darauf an, ob Vorstellung und tatsächliches Geschehen sich in allen Einzelheiten decken, sondern es genügt eine Übereinstimmung in den wesentlichen Zügen (Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, 5. Aufl. 1996, § 29 V.6.b, S. 312). Nur erhebliche Abweichungen lassen den Tatvorsatz entfallen.

    Das Landgericht hat entgegen der zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen genommenen Formulierung, die Explosion sei im Rahmen einer erheblichen Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Geschehensablauf eingetreten (S. 12 des Urteils, Bl. 273 d.A.), der Sache nach den Vorsatz eigentlich nicht an einem wesentlichen Irrtum über den Kausalverlauf scheitern lassen. Vielmehr lässt sich den weiteren Ausführungen entnehmen, dass es schon die Schwelle zum Versuch (§ 22 StGB) als zu keinem Zeitpunkt überschritten betrachtet hat. Wäre dem aber so und hätte der Kläger nach seiner Vorstellung die in die Tatvollendung einmündende Ereigniskette noch gar nicht in Gang gesetzt, würde sich mangels eines rechtlich relevanten Vorsatzes die Frage einer (wesentlichen oder unwesentlichen) Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Verlauf nicht stellen und es käme von vornherein allenfalls eine fahrlässige Tatbegehung in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2001 – 3 StR 303/01NJW 2002, 1057).

    Die Einschätzung des Landgerichts, der Kläger habe lediglich Vorbereitungshandlungen durchgeführt, trifft allerdings nicht zu. Tatsächlich war das Stadium des Versuchs, eine Explosion im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB herbeizuführen, erreicht. Gemäß § 22 StGB liegt der Versuch einer Straftat vor, sobald der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Dies ist nicht erst dann der Fall, wenn er bereits eine der Beschreibung des gesetzlichen Tatbestandes entsprechende Handlung vornimmt oder ein Tatbestandsmerkmal verwirklicht. Auch eine frühere, vorgelagerte Handlung kann bereits die Strafbarkeit wegen Versuchs begründen, sofern sie nach der Vorstellung des Täters bei ungestörtem Fortgang ohne Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung einmündet oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang steht (st. Rspr.; siehe BGH, Urt. v. 6.12.2007 – 3 StR 325/07NStZ 2008, 209). Das war hier der Fall, und zwar schon beim ersten Anbrennen der Zündschnur. Der Kläger wollte – das ist unstreitig –, dass die Kugelbombe, nachdem er sie von sich geworfen hatte, explodieren würde, und er hatte alles dafür Erforderliche getan. Als die Explosion gleichwohl ausblieb, nahm er die Kugelbombe wieder an sich und wiederholte den Zündvorgang. Welche zusätzlichen Zwischenakte noch erforderlich gewesen sein sollten, um das Funktionieren der Explosion sicherzustellen, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist das eigentlich geplante (nochmalige) Wegwerfen der Kugelbombe insoweit ohne Bedeutung, denn es sollte nicht der Tatverwirklichung dienen, sondern eine Eigenverletzung verhindern. Zu keinem Zeitpunkt zwischen dem ersten Anzünden und der Explosion nahm der Kläger von seinem Vorhaben Abstand, weder subjektiv noch objektiv durch das Ergreifen ihrer Verhinderung dienender Maßnahmen. Vielmehr verfolgte er die Verwirklichung seines Tatplans mit Nachdruck weiter.

    War nach dem eben Gesagten die Phase der Vorbereitung aber überschritten, so kommen mit Blick auf den vom Kläger so wie geschehen nicht gewollten Geschehensablauf die strafrechtlichen Grundsätze zum Irrtum über den Kausalverlauf zum Tragen. Die vorsätzliche Tatbegehung scheitert unter diesem Gesichtspunkt nicht. Abweichungen zwischen dem vorgestellten und dem wirklichen Kausalverlauf sind dann unwesentlich und für den Tatbestandsvorsatz irrelevant, wenn sie sich noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren halten und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen (BGH, Urt. v. 30.8.2000 – 2 StR 204/00NStZ 2001, 29). Der Bundesgerichtshof hat das – betreffend einen bedingten Tötungsvorsatz – in einem Fall angenommen, in dem der Täter eine Gasexplosion ausgelöst hatte, um ein Haus unbewohnbar zu machen bzw. um Mietern Angst einzujagen und sie zum Auszug zu bewegen (BGH, Urt. v. 26.7.2007 – 3 StR 221/07NStZ 2007, 700); er wollte aus einer Leitung ausströmendes Gas durch ein Teelicht entzünden; die Explosion wurde aber nicht durch das – zwischenzeitlich erloschene – Teelicht, sondern durch eine andere Zündquelle ausgelöst; das Haus stürzte ein, und sechs Bewohner wurden getötet. Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, der bedingte Tötungsvorsatz scheitere weder daran, dass der Täter den Tod der Mieter nicht gewünscht habe, noch daran, dass die Explosion unerwartet stark ausgefallen sei und das Haus zum Einsturz gebracht habe. Die Abweichung vom vorgestellten Verlauf sei unerheblich. Maßgeblich für den Tötungsvorsatz seien die vom Angeklagten hingenommenen tödlichen Folgen der Explosion, nicht dagegen die genauen Abläufe, die zu diesen Folgen geführt hätten.

    Überträgt man diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall, hielt sich auch hier der tatsächliche Ablauf im Rahmen des Vorhersehbaren und rechtfertigt keine andere Bewertung der Tat. Trotz der für den Kläger persönlich höchst gravierenden und tragischen Folgen war die Abweichung im Rechtssinne "unwesentlich". Der Kläger hat Feuer an die Zündschnur einer Kugelbombe gelegt, und diese explodierte. Genau das entsprach seinem Tatplan. Dass er selber keinen Schaden nehmen wollte und das Eintreten der Explosion (schon bzw. erst) zu einem Zeitpunkt wünschte, in dem sich die Kugelbombe nicht (wieder bzw. mehr) in seiner Hand befinden würde, ist für die allein relevante Frage, ob er vorsätzlich eine Explosion im Sinne des § 308 Abs. 1 (i.V.m. Abs. 5) StGB herbeigeführt hat, unerheblich.

    Die vom Kläger begangene, die Leistungspflicht der Beklagten bedingungsgemäß ausschließende vorsätzliche Straftat gemäß §§ 308 Abs. 1, Abs. 5, 11 Abs. 2 StGB war vollendet, nicht bloß versucht (zur – je nach Fallgestaltung problematischen – Versuchsstrafbarkeit bei Vorsatz-Fahrlässigkeit-Kombinationen siehe Jescheck/Wiegend, Strafrecht AT, 5. Aufl. 1996, § 49 VII. 2., S. 524/525). Der Kläger hatte zur Tat unmittelbar angesetzt, sein Handeln mündete ein in den tatbestandsmäßigen Erfolg im strafrechtlichen Sinne – die Herbeiführung der Explosion und der Eintritt des konkreten Gefährdungserfolgs (dazu nachstehend) – und all das war von seinem Vorsatz gedeckt, die Tat damit vollendet (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2007 – 3 StR 325/07 – NStZ 2008: der Täter ließ im Keller seines Hauses Gas ausströmen, wollte die Explosion aber erst zu einem späteren Zeitpunkt auslösen; als seine Ehefrau am nächsten Morgen das Licht einschaltete, explodierte das Gas und die Ehefrau wurde schwer verletzt; der BGH hat – unter der noch nicht geklärten Prämisse, dass der Täter bei ungestörtem Fortgang mit der Explosion rechnete – eine Strafbarkeit wegen vollendeten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion angenommen).

    (c)

    Was die konkrete Gefährdung des Zeugen B. anbelangt, hat der Kläger, wie von § 308 Abs. 5 StGB vorausgesetzt, fahrlässig gehandelt.

    Dass insoweit kein Vorsatz vorlag, steht der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 2b BUZV nicht entgegen. Nach den für die Auslegung der Klausel maßgeblichen strafrechtlichen Grundsätzen ist eine Tat, wie sich aus § 11 Abs. 2 StGB ergibt, auch dann vorsätzlich, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit genügen lässt (dazu KG, r+s 2006, 80; Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl. 2013, § 5 AUB, Rdn. 28).

    Der Kläger hat die Gefahr für die Gesundheit des Zeugen B. – objektiv und subjektiv – vorhersehbar und pflichtwidrig herbeigeführt. Schon bei einem gewöhnlichen handelsüblichen Feuerwerkskörper und umso mehr bei der schon nach ihrer Größe und Form eine deutlich größere Explosionskraft nahelegenden Kugelbombe würde sich jedem Menschen aufdrängen, dass eine nach dem ersten Anbrennen der Zündschnur zunächst für eine gewisse Zeit ausgebliebene Explosion jederzeit eintreten kann und dass der betroffene Gegenstand keinesfalls wieder aufgehoben und in die unmittelbare Nähe eines Menschen gebracht werden darf.

    (4)

    Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, für die Tat wegen des ihr vorangegangenen Alkoholkonsums nicht verantwortlich zu sein. Zwar müssen „Gefahrerhöhungen“, wie die Begehung einer Straftat, die es einem Versicherer erlauben, seine Einstandspflicht zu begrenzen, dem Versicherten vorzuwerfen sein (Rixecker in: Beckmann/Matusche-Beckmann, 2. Aufl. 2009, § 46 Rdn. 201; siehe auch Grimm, Unfallversicherung, 5. Aufl. 2013, § 5 AUB, Rdn. 28). Ein Blutalkoholgehalt von 1,16 Promille, wie er beim Kläger gemessen wurde, stellt seine Schuldfähigkeit indessen nicht infrage.

    (5)

    Der Unfall ist dem Kläger, den Anforderungen des Risikoausschlusses entsprechend, auch "dadurch" zugestoßen, dass er vorsätzlich eine Straftat ausgeführt hat. Dass die im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB herbeigeführte Explosion condicio sine qua non für den eingetretenen Unfall gewesen ist, steht ebenso außer Frage wie die generelle Eignung der Tat, derartige Unfälle zu verursachen.

    c.

    Der Kläger hat sich auch nach Vorschriften des Sprengstoffrechts strafbar gemacht.

    Straftaten nach dem SprengG zählen zu denjenigen, deren vorsätzliche Begehung typischerweise die Anwendung von Risikoausschlussklauseln der in Rede stehenden Art zu begründen geeignet ist (vgl. Kloth, Private Unfallversicherung, 2008, K. III, Rdn. 41; KG, r+s 2006, 80). Die einschlägigen Strafvorschriften verfolgen erkennbar das Ziel, (Unfall-)Gefahren einzudämmen, die typischerweise aus dem Umgang unerfahrener Personen mit explosionsgefährlichen Stoffen erwachsen. Aus diesem Grund verlangt § 27 SprengG a.F. eine Erlaubnis für den Erwerb von oder den Umgang mit solchen Stoffen, knüpft § 8 Abs. 1 Nr. 2 SprengG a.F. die Erteilung der Erlaubnis an einen Fachkundenachweis und stellen die §§ 42, 41 Nr. 13 SprengG a.F. den ohne Erlaubnis erfolgten Erwerb oder Umgang, der eine konkrete Gefährdungslage geschaffen hat, unter Strafe.

    (1)

    Eine Vorsatzstraftat gemäß § 40 SprengG Abs. 1 Nr. 3 a.F. hat das Landgericht – obwohl auch diese Vorschrift der Verurteilung im Strafbefehl vom 16.7.2009 zu Grunde lag – wohl zu Recht verworfen. Gemäß dieser Vorschrift machte sich strafbar, wer entgegen § 27 Abs. 1 SprengG a.F. – also ohne Erlaubnis – explosionsgefährliche Stoffe, ausgenommen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 zugelassene pyrotechnische Gegenstände, erwarb oder mit diesen Stoffen umging. Die Vorschrift betraf den nichtgewerblichen Bereich (siehe Heinrich in: MünchKommStGB, 2007, § 40 Rdn.64). Der Kläger ist mit explosionsgefährlichen Stoffen in diesem Sinne umgegangen. Nach den – unstreitigen – Feststellungen in dem von der Beklagten zur Akte gereichten kriminaltechnischen Gutachten (Bl. 201 d.A.) verfügten die Kugelbomben nicht über eine sprengstoffrechtliche Zulassung (nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SprengG a.F.; vgl. zur Strafbarkeit nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG a.F. in einer ähnlichen Fallgestaltung KG, r+s 2006, 80). Allerdings wäre eine vorsätzliche Tatbegehung mit Blick auf § 16 StGB zweifelhaft. § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG a.F. nimmt zugelassene pyrotechnische Gegenstände ausdrücklich von den möglichen Tatobjekten aus. Hätte der Kläger, wie sich seinem Vorbringen entnehmen lassen könnte, gemeint, die Kugelbomben verfügten über eine sprengstoffrechtliche Zulassung, schließt das in der Tat seinen Vorsatz aus, denn das Fehlen der Zulassung ist Tatbestandsmerkmal (vgl. – für § 41 Nr. 2 SprengG a.F. – Heinrich in: Münchkomm StGB, 2007, § 41 Rdn. 8).

    (2)

    Der Kläger hat sich aber wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen die §§ 42 i.V.m. 41 Abs. 1 Nr. 13 SprengG a.F. strafbar gemacht.

    (a)

    Nach § 41 Abs. 1 Nr. 13 SprengG a.F. handelte derjenige, der entgegen § 27 Abs. 1 SprengG pyrotechnische Gegenstände (zur Definition siehe § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SprengG a.F.) – erwarb oder damit umging, zunächst nur ordnungswidrig. § 42 SprengG a.F. qualifizierte die Ordnungswidrigkeit zur Straftat, wenn durch eine der in § 41 Abs. 1 SprengG a.F., dort unter anderem in Nr. 13, bezeichneten vorsätzlichen Handlungen vorsätzlich oder fahrlässig eine Gefahr für Leib oder Leben eines Menschen oder für Sachen von bedeutendem Wert herbeigeführt wurde. Die in § 41 Abs. 1 Nr. 13 SprengG a.F. in Bezug genommenen Vorschrift des § 27 Abs. 1 SprengG a.F. regelte die Erlaubnispflichtigkeit des Erwerbs von explosionsgefährlichen Stoffen oder des Umgangs damit. Die Erlaubnis war u.a. dann zu versagen, wenn der Antragsteller die erforderliche Fachkunde nicht nachweisen konnte (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SprengG a. F.). Anders als § 40 SprengG a.F. nahm § 42 SprengG a.F. i.V.m. § 41 Abs. 1 Nr. 13 SprengG a.F. den Erwerb und den Umgang mit zugelassenen pyrotechnischen Gegenständen von der Strafbarkeit nicht aus (vgl. Heinrich in: Münchkomm StGB, 2007, § 41 SprengG Rdn. 39).

    (b)

    Der Kläger hat wissentlich und willentlich pyrotechnische Gegenstände erworben und ist damit umgegangen. Über eine Erlaubnis im Sinne des § 27 Abs. 1 SprengG a.F. verfügte er nicht. Er hat durch das Hantieren mit den Kugelbomben, wie oben zu § 308 StGB ausgeführt, Leib oder Leben eines Menschen konkret gefährdet.

    Selbst wenn er die Erlaubnispflicht gemäß § 27 Abs. 1 SprengG a.F. nicht gekannt hätte, ließe das im Zusammenhang mit den §§ 42, § 41 Abs. 1 Nr. 13 SprengG a.F. seinen Tatvorsatz nicht entfallen. Die rechtliche Einordnung von Irrtümern über Tatbestandsmerkmale, die wie das hiesige "entgegen § 27 Abs. 1 SprengG" ein Verhalten nur dann unter Strafe stellen, wenn der Täter damit ein öffentlich-rechtliches Erlaubnis-/Genehmigungserfordernis verletzt hat, ist schwierig. Richtigerweise ist zu differenzieren: Nahm der Täter fälschlich an, eine Erlaubnis sei ihm erteilt worden, oder kannte er die eine Genehmigungspflicht begründenden Tatsachen nicht, befand er sich im vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum (§ 16 Abs. 1 StGB). Anderes gilt, wenn er meinte, einer Erlaubnis nicht zu bedürfen. Ein solcher Irrtum legt im Bereich des Normativen und ist deshalb Verbotsirrtum gemäß § 17 StGB (vgl. Sternberg-Lieben/Schuster in: Schönke/SchröderStGB, 29. Aufl. 2014, § 17 Rdn. 12a; BGH, Urt. v. 7.3.1996 – 4 StR 742/95NJW 1996, 1604; BGH, Urt. v. 22.07.1993 – 4 StR 322/93NStZ 1993, 594). Die vom Kläger behauptete Unkenntnis der Erlaubnispflicht fällt unter die letztgenannte Fallgruppe (in diesem Sinne – für den Irrtum über die Zulassungspflicht im Rahmen des § 41 Nr. 2 SprengG a.F. – auch Heinrich in: Münchkomm StGB, 2007, § 41 Rdn. 8; siehe auch Senat, Urt. v. 22.3.1989 – 5 U 103/87VersR 1989, 1184, zum vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis und der Unbeachtlichkeit des Irrglaubens des Versicherungsnehmers, er dürfe mit dem deutschen Führerschein der Klasse 3 in Griechenland ein Motorrad mit 200 ccm Hubraum fahren; ebenso für einen vergleichbaren Fall OLG Hamm, VersR 2006, 399).

    Ein – unterstellter – Verbotsirrtum würde hier die Schuld des Klägers nicht unter dem Gesichtspunkt einer Unvermeidbarkeit entfallen lassen (§ 17 Satz 1 Halbsatz 2 StGB). Er hätte sich durch Einholung von Auskünften unschwer informieren können (vgl. – für waffenrechtliche Genehmigungserfordernisse – OLG Karlsruhe, NJW 1992, 1057).

    (c)

    Auch mit Blick auf die Tat gemäß §§ 42, 41 Nr. 13, 27 SprengG a.F. liegt der für die Anwendbarkeit des Risikoausschlusses erforderliche adäquat-kausale Zusammenhang zwischen Straftat und Unfall auf der Hand. Das Risiko eines selbstverschuldeten Unfalles infolge des unter Strafe gestellten Verhaltens hat sich hier mit Deutlichkeit verwirklicht. Der Kläger hätte die sprengstoffrechtliche Erlaubnis für den Erwerb und den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen nur erhalten, wenn er die erforderliche Fachkunde hätte nachweisen können (§§ 27 Abs. 3 Nr. 1, 8 Abs. 1 Nr. 2a SprengG a.F.). Das wäre ihm nicht gelungen, und es waren gerade das Fehlen jeglicher Fachkenntnis und die daraus resultierende Leichtfertigkeit, welche ihn zu dem unfallträchtigen Umgang mit der hoch gefährlichen Kugelbombe verleiteten.

    4.

    Der Kläger hat auch keine Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Für die Auslegung des in § 3 Abs. 2b BBUZ geregelten und inhaltlich mit § 3 Abs. 2b BUZV identischem Risikoausschlusses gelten die obigen Ausführungen entsprechend (zur Parallelität der einschlägigen Klauseln in der Unfall- und der Berufsunfähigkeitsversicherung Dörner in: MünchKommVVG, 2011, § 172 Rdn. 187; Lücke in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 5 BU, Rdn. 1).

    5.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

    Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird – entsprechend der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung im Beschluss vom 22.11.2013 (Bl. 284 d.A.) – auf 85.295,19 € festgesetzt.