25.10.2016 · IWW-Abrufnummer 189463
Oberlandesgericht Frankfurt/Main: Beschluss vom 02.06.2015 – 15 U 214/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Beschl. v. 02.06.2015
Az.: 15 U 214/14
[Hinweis]
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO). Denn das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Invaliditätsleistung nicht besteht.
Das Landgericht hat zutreffend bereits das Vorliegen eines Unfalls verneint. Ein Unfall liegt nach Ziffer 1.3 der Unfallversicherungsbedingungen 2005, die in den Versicherungsvertrag zwischen den Parteien einbezogen sind, vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet. Als Unfall ist damit jedes vom Versicherten nicht beherrschbare und in Bezug auf die dadurch verursachte Gesundheitsschädigung unfreiwillige Geschehen anzusehen (BGH VersR 2009, 492 [BGH 28.01.2009 - IV ZR 6/08]; OLG Köln VersR 2014, 492 [OLG Köln 10.05.2013 - 20 U 30/11]). Eine ungeschickte Körperbewegung, die als solche zu einer Gesundheitsschädigung führt, stellt dagegen kein von außen auf den Körper des Versicherten einwirkendes Ereignis dar (OLG Köln, a.a.O., mit zahlreichen Nachweisen). Eine vom Willen des Versicherten getragene und gesteuerte Eigenbewegung erfüllt nur dann die Voraussetzungen des Unfallbegriffs, wenn eine äußere Einwirkung hinzukommt und diese Einfluss auf die veränderte und nicht mehr beherrschbare Eigenbewegung genommen hat (BGH, a.a.O., mit zahlreichen Nachweisen).
Danach hat der Kläger keinen versicherten Unfall erlitten. Es ist zwar zu Gunsten des Klägers davon auszugehen, weil das Landgericht - von seinem Standpunkt aus zu Recht - dem Beweisangebot nicht nachgegangen ist, dass im Zuge der Reparatur eines Holzzaunes ein Zaun-Bauteil, das vom Kläger gehalten worden war, außer Kontrolle zu geraten drohte, und dass der Kläger, um ein Herabfallen des Bauteils zu verhindern, einen Schritt machte, wobei er falsch auftrat und sich das Knie verdrehte. Das stellt aber keinen Unfall dar. Das drohende Herabfallen des Bauteiles selbst stellt keine plötzliche Einwirkung von außen dar, weil das Bauteil nicht auf den Körper des Klägers einwirkte und schon gar nicht die Knieverletzung herbeiführte. Das auf den Körper des Klägers einwirkende Ereignis war vielmehr das falsche Auftreten mit dem Fuß (so die Darstellung in der dienstlichen Unfallanzeige sowie in der Unfall-Schadenanzeige gegenüber der Beklagten), bzw. dass er einen Schritt machte (so die Darstellung in der Klageschrift), bzw. dass er falsch gestanden hatte (so seine Darstellung bei der Anhörung vor dem Landgericht). Denn sowohl das Stehen, als auch das Auftreten mit dem Fuß, als auch das Schritt machen war eine vom Willen des Klägers getragene und gesteuerte Eigenbewegung, die als Unfall nicht in Betracht kommt. Eine weitere äußere Einwirkung, die die anfänglich willensgesteuerte Eigenbewegung des Klägers außer Kontrolle gebracht hätte, hat vorliegend nach seiner eigenen Schilderung nicht vorgelegen. Das unterscheidet das hier vorliegende Geschehen entscheidend von dem, das der zitierten Entscheidung des BGH (VersR 2009, 492 [BGH 28.01.2009 - IV ZR 6/08]) zugrunde gelegen hatte, bei dem der Versicherte einen Sack auf der Schulter tragend einem entgegenkommenden Handwerker ausweichen wollte, dabei mit einem Fuß über den Rand eines Plattenweges auf eine 30 bis 50 cm tiefer gelegene Grünfläche trat und dadurch zu Fall kam. Damit ist der vom Kläger geschilderte Geschehensablauf, bei dem das Verdrehen des Knies unmittelbar im Zuge einer willensgesteuerten Eigenbewegung geschah, nicht zu vergleichen.
Auf das Vorliegen eines Unfalls im Sinne von Ziffer 1.4.1 der Unfallversicherungsbedingungen 2005 kann sich der Kläger ebenfalls nicht berufen.
Danach gilt als Unfall zwar auch, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden. Eine erhöhte Kraftanstrengung hat der Kläger aber zu keinem Zeitpunkt behauptet.
Von dem fehlenden Unfall abgesehen muss die Berufung auch deshalb erfolglos bleiben, weil, worauf die Berufungserwiderung zu Recht hinweist, der Kläger das Vorliegen einer 10-%igen Invalidität nicht ausreichend vorgetragen hat, obgleich dies von der Beklagten in der Klageerwiderung bestritten wurde. Ohne jeglichen Sachvortrag hat der Kläger lediglich gemeint, die unfallbedingte Funktionsbeeinträchtigung werde "mit 1/10 zutreffend bemessen". In welcher Weise der Kläger aber überhaupt beeinträchtigt ist, ist nicht vorgetragen. Daran ändert auch die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses nichts, in welchem auf die Frage des Vorliegens einer dauernden unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigung lediglich "Belastungseinschränkung" angegeben ist. Inwiefern der Kläger in Bezug auf sein rechtes Knie in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, ist nicht beurteilbar.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zum vorstehenden Hinweis und gegebenenfalls Rücknahme der Berufung bis zum 30. Juni 2015.
Beschl. v. 02.06.2015
Az.: 15 U 214/14
[Hinweis]
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 ZPO). Denn das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch auf Invaliditätsleistung nicht besteht.
Das Landgericht hat zutreffend bereits das Vorliegen eines Unfalls verneint. Ein Unfall liegt nach Ziffer 1.3 der Unfallversicherungsbedingungen 2005, die in den Versicherungsvertrag zwischen den Parteien einbezogen sind, vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet. Als Unfall ist damit jedes vom Versicherten nicht beherrschbare und in Bezug auf die dadurch verursachte Gesundheitsschädigung unfreiwillige Geschehen anzusehen (BGH VersR 2009, 492 [BGH 28.01.2009 - IV ZR 6/08]; OLG Köln VersR 2014, 492 [OLG Köln 10.05.2013 - 20 U 30/11]). Eine ungeschickte Körperbewegung, die als solche zu einer Gesundheitsschädigung führt, stellt dagegen kein von außen auf den Körper des Versicherten einwirkendes Ereignis dar (OLG Köln, a.a.O., mit zahlreichen Nachweisen). Eine vom Willen des Versicherten getragene und gesteuerte Eigenbewegung erfüllt nur dann die Voraussetzungen des Unfallbegriffs, wenn eine äußere Einwirkung hinzukommt und diese Einfluss auf die veränderte und nicht mehr beherrschbare Eigenbewegung genommen hat (BGH, a.a.O., mit zahlreichen Nachweisen).
Danach hat der Kläger keinen versicherten Unfall erlitten. Es ist zwar zu Gunsten des Klägers davon auszugehen, weil das Landgericht - von seinem Standpunkt aus zu Recht - dem Beweisangebot nicht nachgegangen ist, dass im Zuge der Reparatur eines Holzzaunes ein Zaun-Bauteil, das vom Kläger gehalten worden war, außer Kontrolle zu geraten drohte, und dass der Kläger, um ein Herabfallen des Bauteils zu verhindern, einen Schritt machte, wobei er falsch auftrat und sich das Knie verdrehte. Das stellt aber keinen Unfall dar. Das drohende Herabfallen des Bauteiles selbst stellt keine plötzliche Einwirkung von außen dar, weil das Bauteil nicht auf den Körper des Klägers einwirkte und schon gar nicht die Knieverletzung herbeiführte. Das auf den Körper des Klägers einwirkende Ereignis war vielmehr das falsche Auftreten mit dem Fuß (so die Darstellung in der dienstlichen Unfallanzeige sowie in der Unfall-Schadenanzeige gegenüber der Beklagten), bzw. dass er einen Schritt machte (so die Darstellung in der Klageschrift), bzw. dass er falsch gestanden hatte (so seine Darstellung bei der Anhörung vor dem Landgericht). Denn sowohl das Stehen, als auch das Auftreten mit dem Fuß, als auch das Schritt machen war eine vom Willen des Klägers getragene und gesteuerte Eigenbewegung, die als Unfall nicht in Betracht kommt. Eine weitere äußere Einwirkung, die die anfänglich willensgesteuerte Eigenbewegung des Klägers außer Kontrolle gebracht hätte, hat vorliegend nach seiner eigenen Schilderung nicht vorgelegen. Das unterscheidet das hier vorliegende Geschehen entscheidend von dem, das der zitierten Entscheidung des BGH (VersR 2009, 492 [BGH 28.01.2009 - IV ZR 6/08]) zugrunde gelegen hatte, bei dem der Versicherte einen Sack auf der Schulter tragend einem entgegenkommenden Handwerker ausweichen wollte, dabei mit einem Fuß über den Rand eines Plattenweges auf eine 30 bis 50 cm tiefer gelegene Grünfläche trat und dadurch zu Fall kam. Damit ist der vom Kläger geschilderte Geschehensablauf, bei dem das Verdrehen des Knies unmittelbar im Zuge einer willensgesteuerten Eigenbewegung geschah, nicht zu vergleichen.
Auf das Vorliegen eines Unfalls im Sinne von Ziffer 1.4.1 der Unfallversicherungsbedingungen 2005 kann sich der Kläger ebenfalls nicht berufen.
Danach gilt als Unfall zwar auch, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden. Eine erhöhte Kraftanstrengung hat der Kläger aber zu keinem Zeitpunkt behauptet.
Von dem fehlenden Unfall abgesehen muss die Berufung auch deshalb erfolglos bleiben, weil, worauf die Berufungserwiderung zu Recht hinweist, der Kläger das Vorliegen einer 10-%igen Invalidität nicht ausreichend vorgetragen hat, obgleich dies von der Beklagten in der Klageerwiderung bestritten wurde. Ohne jeglichen Sachvortrag hat der Kläger lediglich gemeint, die unfallbedingte Funktionsbeeinträchtigung werde "mit 1/10 zutreffend bemessen". In welcher Weise der Kläger aber überhaupt beeinträchtigt ist, ist nicht vorgetragen. Daran ändert auch die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses nichts, in welchem auf die Frage des Vorliegens einer dauernden unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigung lediglich "Belastungseinschränkung" angegeben ist. Inwiefern der Kläger in Bezug auf sein rechtes Knie in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, ist nicht beurteilbar.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zum vorstehenden Hinweis und gegebenenfalls Rücknahme der Berufung bis zum 30. Juni 2015.